Auf Pad im 4x4 Camper: Camping in Namibia

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In der Hitze Namibias wird das Auge nicht nur vom Staub, sondern auch von der hohen Sonneneinstrahlung und dem damit verbundenen intensiven Schattenschlag gefordert. Mögliche Schlaglöcher, Sandverwehungen, Steine, Rinnen etc. werden oft erst in letzter Sekunde oder zu spät entdeckt. Dann heißt es aber wiederum: Durchfahren und durchrütteln lassen ist allemal besser als das Lenkrad noch schnell ruckartig herumzureißen.

Durchhalten ist auch beim sogenannten „Wellblech“ angesagt. Dabei handelt es sich um unbefestigte Straßen, die quer zur Fahrtrichtung liegende Bodenwellen ähnlich einem Wellblechmuster aufweisen. Voraussetzung für die Entstehung dieser Strukturen sind schwere und schnelle Fahrzeuge und eine schon vorhandene Vertiefung in der Fahrbahnoberfläche. Beim Herausfahren aus der Vertiefung bewegt sich das Rad wie auf einer Rampe nach oben, um nach einem kurzen Sprung eine weitere Bodenvertiefung vorzubereiten. So entsteht nach und nach eine Wellblechpiste, die Mensch und Material vor eine harte Prüfung stellen, zumal es keine gute Lösung gibt. Entweder man fährt langsam über den Streckenabschnitt hinweg, reitet dann aber jede Bodenwelle ab. Oder man fährt bzw. fliegt schneller darüber hinweg, so dass die Räder nicht jede Querrille mitnehmen. Dabei läuft man allerdings Gefahr die Bodenhaftung komplett zu verlieren und ins Schleudern zu geraten.


In Namibia das normalste der Welt: Fahren auf Schotter!

Als guter Vergleich kann die Fahrt auf Schotter mit der auf einer schneebedeckten Bundesstraße verglichen werden. Umsichtiges und vorausschauendes Fahren ist oberstes Gebot! Dies gilt besonders für das Bremsen: Durch abruptes und heftiges Bremsen (Vollbremsung!) kann der Wagen leicht ins Schleudern geraten. Durch gefühlvolles Bremsen und leichte Ausweichmanöver können die meisten schwierigen Situationen wie Wildwechsel, geplatzter Reifen etc. gemeistert werden. Auch der Zeitpunkt des Bremsens ist entscheidend: Bei scharfen Kurven sollte z. B. nie in der Kurve selbst gebremst werden. Vielmehr sollte der Bremsvorgang schon weit vor der Kurve begonnen und die Kurve anschließend mit gedrosselter Geschwindigkeit durchfahren werden.

Über den Zustand der Schotterpisten, mögliche Gefahrenpunkte und etwaig bessere oder schönere Ersatzrouten wissen Einheimische am besten Bescheid. Wer fragt, gewinnt also (Informationen dazu)! Gelegenheiten bieten sich immer: in der Unterkunft beim Ein- oder Auschecken, an der Tankstelle oder beim Einkauf im Shop. Auch die Aussagen anderer Reisender, z. B. entgegenkommender Fahrzeuge, können wichtige Informationen liefern.

Allrad

Einer der häufigsten Fehler ist es, den Allrad erst dann zu benutzen, wenn es schon (fast) zu spät ist. Der Allradantrieb darf aber auch schon gern verwendet werden, bevor man sich festfährt. Sobald das Fahren unsicher und das Gelände rauer werden, sollte ein Allradgang eingelegt werden. Allrad verbessert das Fahrverhalten auch schon auf normalen Schotterstraßen; die vier angetriebenen Räder erhöhen die Bodenhaftung des Fahrzeuges. Einzig der Kraftstoffverbrauch „leidet“ unter dem Einsatz des Allrad.

Doch wie benutzt man den Allrad eigentlich? Und welche Arten des Allrad-Fahrens gibt es?

Ein Großteil der in Namibia zur Verfügung stehenden Mietwagen mit Allrad verfügen über einen zuschaltbaren Allradantrieb und eine automatische Freilaufnabe. Der zuschaltbare Allradantrieb ermöglicht das Wechseln zwischen Zweiradantrieb und Allradbetrieb.


H2 ( high two )

H2 (high two) = Zweiradantrieb

Einstellung für das Fahren auf Straßen und hohe Geschwindigkeiten.

Diese Stellung erlaubt wirtschaftlicheres, geräuscharmes Fahren mit dem geringsten Verschleiß.


H4 ( high four )

H4 (high four) = Vierradantrieb/Allrad (Untersetzung ausgeschaltet)

Einstellung für Pisten, Schotterstraßen etc., d. h. potenziell rutschigen Untergrund.

Diese Stellung bietet eine stärkere Traktion als der Zweiradantrieb. Höchstgeschwindigkeit: 80 km/h


L4 ( low four )

L4 (low four) = Vierradantrieb/Allrad (Untersetzung eingeschaltet)

Geländegang für schwierige, langsam zu befahrende Passagen wie steile Bergauf- oder Bergabfahrten und Geländefahrten in Sand oder Schlamm. Diese Stellung sorgt für mehr Drehmoment und Traktion.

Höchstgeschwindigkeit: 40 km/h

Sollte der low four (L4) wirklich nicht ausreichen, gibt es auch noch die Differenzialsperre (englisch: differential lock oder kurz diff lock). Differenziale gleichen Drehzahlunterschiede zwischen den Rädern einer Achse oder zwischen Vorder- und Hinterrädern aus, wie sie in Kurven auftreten. Im Gelände kann es dazu kommen, dass einzelne Räder durchdrehen, während die anderen stillstehen. Die Differenzialsperre bewirkt eine starre Verbindung zwischen den Rädern einer Achse (vordere oder hintere Differenzialsperre) oder zwischen Vorderachse und Hinterachse (zentrale Differenzialsperre) und verhindert so das Durchdrehen der Räder.

Differenzialsperren sollte nur in Ausnahmefällen betätigt werden, z. B. wenn ein Rad in einer Bodenvertiefung oder auf rutschigem oder gewelltem Untergrund durchdreht. Weder beim Zuschalten der Sperre noch beim Entriegeln darf eine Kraft über den Antriebsstrang geleitet werden. Wie man schnell merken wird, bedarf das Fahren mit der Differenzialsperre einem höheren Lenkaufwand und damit größerer Vorsicht in Kurven. Die maximale Geschwindigkeit mit eingerücktem Differenzial liegt bei 8 bis 10 km/h. Differenzialsperren sind nicht für den Dauerbetrieb und dem Gebrauch auf festem Untergrund gefertigt und können dabei beschädigt oder zerstört werden.

Bevor es mit dem zunächst noch fremden Mietwagen auf Pad und ins Gelände geht, sollte dieser ausgiebig getestet werden. Das beinhaltet auch das Verstehen und Ausprobieren der verschiedenen technischen Einstellungen und Antriebsvarianten. Denn auch das Fahrverhalten des Geländewagens ändert sich je nach verwendetem Geländegang. Es ist allemal besser, dies im Vorhinein zu erlernen und zu erfahren, als sich mit der Materie erst zu beschäftigen, wenn das Auto schon fest im Sand eingegraben ist.

Wasser: Riviere und Matsch

Nach heftigen Regenfällen verwandeln sich viele Schotterstraßen in rutschigmatschige Pisten und die Trockenflüsse in z. T. reißende Flüsse. Die Riviere „laufen“ – eine freudige Nachricht für die Farmer, problematisch für die meisten Touristen. Die Tiefe eines laufenden Riviers ist kaum einzuschätzen, zumal Verspülungen und Löcher im Untergrund warten. Hier sollten der Wagemut und die Reiselust dem Menschenverstand weichen. Als Anfänger empfiehlt es sich, erst einmal abzuwarten und darauf zu hoffen, dass erfahrene Fahrer vor dem gleichen Problem stehen, die Situation aber besser einschätzen können. Ist und bleibt man allein, dann heißt es Aussteigen und beide Fahrspuren abgehen. So misst man einerseits die Wassertiefe und kann feststellen, ob im Flussbett Hindernisse, Schlickstellen oder Schlaglöcher die Durchfahrt behindern. Kniehohes Wasser ohne starke Strömung sollte mit den meisten Allradwagen problemlos zu befahren sein. Übersteigt das Wasser Kniehöhe, ist von einer Durchfahrt strengstens abzuraten. Wasser könnte in die Zündanlage und in den Luftfilter eindringen und diese beschädigen. Ist die Strömung auch bei flachen Rivieren sehr stark, besteht die Gefahr, dass das Fahrzeug weggespült werden kann. Ist man sich sicher, dass der Fluss zu bewältigen ist, schaltet man in den L4, legt den zweiten Gang ein und fährt langsam, aber konstant in den Fluss. Schnelles Fahren muss unbedingt vermieden werden, da dadurch eine Bugwelle vor dem Fahrzeug entsteht und Wasser angesaugt werden kann.


Eine Wasserpassage sollte gut durchdacht sein!


Problemlose Wasserdurchfahrt

Nach dem Regen kommt der Schlamm und damit eine weitere Herausforderung. Im Schlamm fahren sieht auf Bildern immer spektakulär aus, ist aber oft sehr tückisch, denn im Schlamm lauern Felsen, Löcher oder Untiefen. Doch auch diese sind zumeist zu bewältigen. Das Warten auf ein weiteres Fahrzeug zum möglichen Herausziehen kann hilfreich sein, das Warten auf das Trocknen des Schlamms ist allerdings keine Option. Oftmals hilft nur auszusteigen und die Schlammpassage zu Fuß zu erkunden. Sollte diese kostenlose Fangopackung positiv verlaufen, wird der Allradantrieb eingeschaltet und die Differenziale gesperrt. Mit L4, dem 2. Gang und gesperrtem Differenzial geht es dann ins Schlammbad. Am besten fährt man mit mittlerer Drehzahl gleichmäßig durch den Schlamm, möglichst ohne Lenkbewegung. Bei durchdrehenden Rädern heißt es, etwas vom Gas zu gehen, bis die Reifen wieder Grip haben. Der Balanceakt zwischen Gas geben bei Traktion der Räder und Gas wegnehmen bei durchdrehenden Rädern ist zugegebenermaßen nicht ganz einfach. Sind im Schlamm Spurrillen vorhanden, kann man versuchen mit dem Reifen am Rand einer solchen Spurrille entlang zu fahren und so zusätzlichen Grip durch die Seitenwand des Reifens zu bekommen.

 

Sand

Das Volk der San kennt eine Vielzahl an unterschiedlichen Wörtern für Sand. Wir Mitteleuropäer spüren zumeist nur den farblichen Unterschied der Sandkörner auf. Aber die Art und Beschaffenheit von Sand unterscheidet sich je nach Entstehungsgeschichte, Temperatur und Feuchte. Je heißer und trockener der Sand ist, desto schwieriger ist er zu befahren. Warmer und trockener Sand ist weicher, womit sich die mögliche Fahrgeschwindigkeit verringert, der Kraftstoffverbrauch und die Gefahr des Einsinkens bzw. Festfahrens erhöht. Steht also eine längere Sandpassage an, sollte diese – wenn möglich – in den Morgenstunden absolviert werden, wenn der Sand durch die Morgenfeuchtigkeit noch tragfähiger ist. Bei Sanddurchfahrten muss der Allradantrieb eingeschaltet und die Differenziale gesperrt werden (empfohlene Gangstellung: L4 und 2. Gang). Zudem ist das „Luftablassen“ an den Reifen von großer Bedeutung. Eine Reduzierung auf minimal 0,8 bis maximal 1,5 bar ist für Sandpassagen empfohlen. Je lockerer der Sand erscheint, umso niedriger muss der gewählte Luftdruck liegen. Die Reduzierung des Luftdrucks vergrößert die Auflagefläche des Reifens auf dem Sand und damit den Grip auf dem Sand. In bereits ausgefahrenen Spuren ist der Sand bereits verdichtet und bietet damit ebenfalls eine höhere Angriffsfläche für den Reifen. Beim Ritt durch die Sandfelder sollte ein Gangwechsel unbedingt vermieden werden. Jeder Schaltvorgang wirkt wie eine Bremsung. Möchte man anhalten, sollte ein Platz mit festen Untergrund oder abfallendem Terrain ausgewählt werden. Anstatt zu bremsen, kann der Wagen dort einfach ausrollen. Beim Bremsen entsteht ein kleiner Sandwall vor den Vorderrädern, der das Anfahren unnötig schwierig macht.

Sollte sich der Wagen trotz aller Vorkehrungen einmal festgefahren haben, ist dies nicht weiter schlimm, sondern gehört zum Erlebnis Sandfahren einfach dazu. Der beste Weg weiter ist der Weg zurück! Statt sich nach vorn oder gar zur Seite zu wühlen, sollte der Wagen in der eigenen Spur zurückbewegt werden. Anschließend kann die Problemzone mit höherer Geschwindigkeit oder auf einem anderen Weg überwunden werden. Tja, und dann gibt es natürlich auch noch Schaufel, Sandbleche und Wagenheber als Hilfsmittel.

Offroad

Die endlos erscheinenden Ebenen der Namib-Wüste und die weiten Sanddünen der Küste verlocken Allradfahrer geradezu, sich und ihr Fahrzeug einmal so richtig „offroad“ auszuprobieren. Die meisten dieser Flächen besitzen den höchsten Schutzstatus Namibias, den eines Nationalparks. Das Verlassen der Straßen und Wege ist im Nationalpark strengstens verboten! Bei Zuwiderhandlung kann das fragile Ökosystem stark in Mitleidenschaft gezogen werden, denn blindes Querfeldeinfahren schadet der Natur nachhaltig. Speziell an das Wüstenklima adaptierte, langsam wachsende Pflanzen und Flechten werden geschädigt, Kleintiere oder ihre Nester gar überfahren. Auch der optische Eindruck bleibt erhalten: Fahrzeugspuren bleiben in diesem regenarmen Gebiet oft Jahrhunderte unverändert erhalten.


Offroad-Fahren ist auch in Namibia an den meisten Stellen untersagt!

Die Geländefahrt mit einem echten Allradfahrzeug kann ein aufregendes und spaßiges Unterfangen sein, wenn man sich denn mit dem Allradfahren auskennt und an die bestehenden Regeln hält. Die „Sau rauslassen“ kann man also gern zu Hause oder auf dafür vorgesehenem Gelände in Namibia (z. B. auf verschiedenen Gästefarmen) oder auf speziellen Veranstaltungen.

Ähnliches gilt für die abgelegenen Gebiete des Landes, wie z. B. das Kaoko-veld und Khaudum. Hierher sollten nur erfahrene und umsichtige Afrika- und Allrad-Reisende fahren! Aber auch als selbsternannter Kenner von Namibia und Geländewagen sollte man sich in diese Regionen nicht allein aufmachen. Ein lokaler Guide ist von unschätzbarem Wert hinsichtlich der Orientierung und im Umgang mit der lokalen Bevölkerung. Außerdem sollten sich zwei Fahrzeuge zu einem Konvoi zusammenschließen, um sich im Notfall gegenseitig helfen zu können. Im Khaudum National Park sind zwei Allradfahrzeuge in Kolonne sogar von der Parkverwaltung vorgeschrieben.

Teil 2 Reise-Route


Beeindruckendes Ende eines viel zu kurzen Tages

4. Streckenplanung


Viele Wege führen durch Namibia!

4. Streckenplanung

Die Strecken- und Etappenplanung ist bei einer Selbstfahrerreise im Südlichen Afrika von entscheidender Bedeutung und bedarf einiger Voraussicht. Zumindest Start- und Zielpunkt der Reise sollten durch die interkontinentalen Flüge und die Mietbedingungen des Fahrzeuges (Ort der Abholung und der Abgabe etc.) vorgegeben sein. Doch zwischen dem Anfang und dem Ende der Reise harren hohe Erwartungen, unvergessliche Erlebnisse, einige Abenteuer und vor allem die große Freiheit.

Mit einer Grundfläche von weit über 800.000 Quadratkilometern ist Namibia mehr als doppelt so groß wie die Bundesrepublik Deutschland. Dem Reisenden eröffnet sich also eine riesige Spielwiese voll intensiver Naturerlebnisse. Einige Regionen fallen jedoch aufgrund der fehlenden touristischen Infrastruktur oder einem hohen Schutzstatus (Kernzonen der Nationalparks) von vornherein aus der Reiseplanung heraus. Dennoch können die verbleibenden Landesteile und die vorhandenen Urlaubstage den Reisenden erst einmal vor einige Probleme stellen. Anders als in Mitteleuropa ist die Fahrtzeit zwischen Start- und Zielpunkt nicht so stark abhängig von der Entfernung bzw. den dazwischenliegenden Straßenkilometern. Viel entscheidender für die Reisegeschwindigkeit sind der Straßenbelag (Asphalt, Schotter, Sand, …) und der Zustand der jeweiligen Straßen.

4.1 Der erste grobe Plan

In der Regel verwenden mitteleuropäische Touristen ca. 10 bis 20 Urlaubstage für eine Fernreise. Das ist definitiv zu wenig Zeit, um Namibias wunderbare Vielfalt und beeindruckende Weite in seiner Gesamtheit zu erleben. Der Tourismus in Namibia freut sich daher über einen hohen Prozentsatz an „Wiederholungstätern“. Doch egal ob Erstbesucher, Selbstfahrer bzw. Namibia-Kenner: Sinnvolle und empfehlenswerte Routen ergeben sich immer aus den persönlichen Interessen und einer realistischen Einschätzung der Streckenabschnitte.

Es gibt viele Gründe, eine (Selbstfahrer-)Reise zu unternehmen! Je nach Interessenlage der Mitreisenden sollten bestimmte Schwerpunkte auf der Route festgelegt werden, gleichbedeutend mit einer Beschränkung auf einige Höhepunkte. Das bedeutet, es können nicht alle Dörfer der Himbas im Kaokoveld besucht, nicht alle noch fehlenden Vogelarten abgehakt und auch nicht alle geologischen Formationen bestaunt werden. Einschlägige Internetforen und die unterschiedlichsten Reiseführer helfen da als Vorabinformation und Einschätzungsgrundlage. Der häufigste Fehler bei einer Fernreise stellt ein zu vollgepacktes Programm dar. Der allgegenwärtige Drang, möglichst viel in der (zu) kurzen Urlaubszeit zu sehen, ist erstaunlich groß. Auch wenn sich genügend Argumente für dieses Phänomen finden (Reisepreis, Flugzeit etc.), ist weniger häufiger mehr. Die Gefahr eines überladenen Programms besteht auch bei einer Selbstfahrerreise, bei der man sich die Reise, Route und Inhalte individuell zusammenstellen kann. Dies liegt sowohl an der Fülle an Programmpunkten bzw. Reiseinhalten als auch an der Verkennung von Entfernungen und Reisezeiten.


Übernachtung im Zelt oder im Hotel!? Namibia bietet für alle Geschmäcker etwas.

Im Normalfall sollten Tagesetappen von maximal 300 bis 400 Kilometern ausgewählt werden. Damit dürften ein entspannter Tagesablauf und ein problemloses, frühes Erreichen des Nachtquartiers möglich sein. Entfernungstabellen helfen bei der groben Einschätzung der Abstände, für die detaillierte Routenplanung steht gutes Kartenmaterial (auch in digitaler Form) zur Verfügung. Besonderes Augenmerk sollte dabei auf die Standorte von Tankstellen und Lebensmittelshops gelegt werden. Auch der schönste Urlaub endet mit leerem Tank bzw. leerem Magen. Die Wegstrecken Namibias sind ohnehin immer wieder mit Überraschungen, Herausforderungen und Erlebnissen gespickt. Die Begegnungen mit anderen Menschen und Kulturen, Haus- und Wildtieren sowie das Auftreten von Pannen und Unfällen werden später noch näher beleuchtet (s. S. 246 ff.).

„Die Europäer haben die Uhren, die Afrikaner die Zeit!“. Getreu diesem Motto sollte man es gerade in Afrika und zudem als Selbstfahrer gemütlich und entspannt angehen lassen. Denn als Selbstfahrer hat man den großen Vorteil, sein Reisetempo selbst bestimmen zu können. Demnach besteht auch immer die Möglichkeit, den im Vorhinein verfassten Reiseplan individuell und flexibel anzupassen und abzuändern. Derart kann man auf aktuelle und lokale Ereignisse jederzeit reagieren. Wäre es nicht ein Jammer, wenn man das Dorffest abseits der Route verpassen würde? Ist es wirklich so schlimm, noch eine weitere Nacht auf diesem schönen Campingplatz mit den neuen, netten Bekanntschaften zu verbringen? Generell sollte der Routenplan so angelegt sein, dass in regelmäßigen Abständen immer wieder zwei Übernachtungen an einer Stelle angedacht sind. Dies gibt dem Reisenden die Gelegenheit, sich zu sammeln und die Ereignisse der letzten Tage zu verarbeiten, zumal auch das Camping-Equipment (samt Lebensmittel) und das Fahrzeug immer wieder Pflege und Kontrolle benötigen.

Streckenplanung:

• individuelle Auflistung aller interessanten Sehenswürdigkeiten und wichtigen Aktivitäten

• Vorabinformation über das geplante Programm mittels Printmedien oder Internet

• Rücksprache mit den Mitreisenden (Partner, Freunde, Kinder etc.)

• Überarbeitung der Programmliste:

– Streichen bzw. Hinzufügen von Programmpunkten

– Anpassung: Programmpunkte – Urlaubstage

• Markierung der Programmpunkte auf einer Karte

• Erstellung eines ersten Routenverlaufs durch Verbinden der einzelnen Programmpunkte

• Feinplanung der Strecke, der einzelnen Tage und notwendigen Infrastruktur (Lebensmittel, Treibstoff, Übernachtungsmöglichkeiten etc.)

4.2 Streckenplanung nach Jahreszeit und Saison

Ähnlich wie in Deutschland drehen sich viele Gespräche in Namibia (zumindest außerhalb der Städte) um das Wetter. Landesweites Gesprächsthema Nummer eins sind Regenfälle und die damit verbundenen Niederschlagsmengen, die über das Wohlergehen der Farmen entscheiden. Also bloß nicht wundern, wenn auf Gästefarmen über Millimeterangaben philosophiert wird. Das Auftreten und die Intensität des Regens hält das ganze Land in Atem. Charakteristisch für das Klima Namibias sind oft jahrelange Dürreperioden (schlechte Jahre). In guten Jahren kommt der Regen wie geplant während des warm-heißen Sommers (Oktober bis April), mit den ergiebigsten Niederschlägen zwischen Januar und März. Die Trockenzeit fällt in den namibischen Winter (Mai bis September), der durch kühle bis kalte Nächte gekennzeichnet ist. Deutlich kühler als das abgeschlossene Binnenland erweist sich die Atlantikküste, an welcher der kalte Benguelastrom (12 bis 14°C Wassertemperatur) vorherrscht. Diese aus der Antarktis stammende Strömung ist einer der entscheidenden Wetterfaktoren in Namibia und Ursache für die Trockenheit des Landes. Aufgrund des großen Temperaturunterschiedes zwischen Wasser- und Lufttemperatur findet keine Wolkenbildung statt, lediglich Morgennebel ist in Küstennähe zu beobachten. Die Regenwolken, die das Land erreichen, dringen vom Äquator über Angola und Sambia nach Süden vor und erreichen Namibias Norden und Nordosten. Je weiter es nach Südwesten geht, umso geringer werden die durchschnittlichen Niederschlagsmengen.

 

Die Trockenzeit von Mai bis September eignet sich am besten für Tierbeobachtungen. Mit zunehmender Trockenheit sind die Wildtiere gezwungen, regelmäßig zu den vorhandenen Wasserstellen zu kommen. Im Juni und Juli liegen die Temperaturen am niedrigsten – tagsüber in der Sonne erreichen die Temperaturen angenehme 20°C, abends wird es jedoch schnell recht frisch. Die Nachttemperaturen können dann z. T. deutlich unter den Gefrierpunkt rutschen.


Nebel in Swakopmund


Regenwolken am namibischen Himmel

TIPP: Dachzelte im Sturm

Ab Mitte August bis September wird es tagsüber allmählich wärmer, nachts ist es jedoch noch kalt. Wegen der großen Temperaturunterschiede kommt es zu starken Winden bis hin zu heftigen Stürmen. Ein ähnliches Phänomen findet sich während der Regenzeit an den Gewitterfronten. Dann gehen die großen, schwarzen Wolken mit starkem Wind einher.

Wind und Sturm sind per se unangenehm, können zudem auch den Gebrauch und die Funktion eines Dachzeltes beeinträchtigen. So kann ein im Wind stehender, geöffneter Eingang das gesamte Dachzelt wieder zusammenklappen lassen. Bei allzu heftigem Zusammenkrachen des Zeltes kann es zu Schäden am Zelt und besonders am Zeltgestänge kommen. Darum ist im Fall des Falles auf die Windrichtung zu achten und das Fahrzeug bzw. das Dachzelt derart zu positionieren, dass dem Wind möglichst wenig Angriffsfläche entgegengebracht wird. Eingänge und Fenster sollten bei Wind möglichst geschlossen werden.

Ab Oktober steigt neben den Temperaturen auch zunehmend das Niederschlagsrisiko. Oftmals fallen die Niederschläge in Form von Starkregen, der von dem ausgedorrten Boden nicht aufgenommen werden kann. Die Wassermassen bahnen sich ihren Weg, werden zu Sturzbächen, überspülen Straßen und lassen Trockenflüsse (Riviere) zu reißenden Strömen werden. Die Gefahr, in Wüsten zu ertrinken, liegt anscheinend auf einem ähnlichen Niveau wie das Risiko des Verdurstens. Die eigene Gesundheit im Sinne und die Unversehrtheit des Fahrzeuges (und die damit verbundenen Kosten) im Hinterkopf, ist vom Campen in Rivieren abzusehen. Auch bei der Durchfahrt laufender Riviere ist Vorsicht geboten, da die Beschaffenheit des Bodens sowie die Tiefe und Fließgeschwindigkeit des Wassers zunächst unbekannt sind. Befindet sich man erst einmal in den Fängen des Wassers, gibt es oftmals kein Vor und Zurück mehr für das Fahrzeug samt Insassen und Equipment. Aber auch außerhalb der Riviere kann das sich ergießende und aufgestaute Wasser zu Problemen führen. Weite Teile des Caprivi-Zipfels im Nordosten des Landes stehen in der Regenzeit regelmäßig unter Wasser, so dass ein Besuch dieser Region von vornherein problembehaftet bis unmöglich ist.

Mit den Niederschlägen steigt in vielen Landesteilen auch die Anzahl der (stechenden) Insekten und damit auch das Malariarisiko (besonders im Nordosten). Damit wird das Thema Mückenschutz zu einem zentralen Thema – vor allem während der Dämmerung, aber auch nachts. Diverse Cremes, Sprays, Bänder und Funktionstextilien sollen die Plagegeister vom erwärmten, duftenden Körper fernhalten. In der Nacht sollte man sich tunlichst unter den Schutz eines Moskitonetzes begeben. In der Regel verfügen alle festen Unterkünfte (d. h. Lodges und Hotels) über Netze an ihren Betten. Die auf den Fahrzeugen montierten Dachzelte verfügen ebenfalls über Moskitonetze an den Eingängen und Fenstern. Nachts kann es allerdings bei Temperaturen über 20°C unangenehm warm werden unter der Moskitohaube. Da steckt man dann leicht in der Zwickmühle, was man im Zelt haben möchte: „dicke“ Luft oder Blutsauger.

Neben dem Wetter sind bei der Reiseplanung auch die Ferienzeiten im Südlichen Afrika und die Hochsaison des internationalen Tourismus zu berücksichtigen. Während dieser Zeiten ist es ratsam, Flüge, Unterkünfte (auch Campingplätze) und Mietwagen weit im Voraus zu reservieren. Knapp wird es vor allen Dingen an den touristischen Hotspots, wie z. B. dem Etosha National Park und in der Namib-Wüste in unmittelbarer Nähe zu Sossusvlei.

Mitte Juni beginnen in Südafrika die großen Ferien, so dass sich viele Südafrikaner auf den Weg ins Nachbarland machen. Daran schließen sich die europäischen Sommerferien an – einhergehend mit einem Heer an internationalen Touristen. Im Dezember sind die großen namibischen Schulferien: Viele Namibianer (und Südafrikaner) zieht es zu ihren Familien oder an die Küste; einige Gästefarmen schließen gänzlich während dieser Zeit. Und auch während der Osterzeit wird es traditionell recht voll in Namibia.


In der Zeit von Oktober bis April kann es zu Starkregen kommen.

Die Mietwagenpreise orientieren sich natürlich auch an der Nachfrage; mit erhöhter Nachfrage und knapperem Angebot steigen die Preise. Die Fahrzeugflotte der verschiedenen Anbieter ist nicht unendlich; oftmals sind während der Hochsaison alle Fahrzeuge unterwegs. Da heißt es, so früh wie möglich seinen Wunsch-Mietwagen zu buchen, um an den schönsten Tagen des Jahres nicht ohne Wagen dazustehen. Die Preise variieren je nach Anbieter, Ausstattung, Mietdauer und Mietzeitraum. Allerdings lässt sich das umfangreiche Angebot stark vereinfacht auf folgende kurze Formel bringen: Die Preise liegen in den ersten sechs Monaten eines jeden Jahres z. T. bedeutend unter den veranschlagten Raten im zweiten Halbjahr.

4.3 Der Tagesplan

Die Tage in Namibia sind kurz und gehen leider viel zu schnell vorüber. Über das Jahr hinweg variieren Sonnenstand und Tageslänge natürlich, doch der Vereinfachung halber kann man grob damit rechnen, dass gegen 6 Uhr die Sonne auf- und gegen 18 Uhr wieder untergeht. Auch wenn Sachsen-Anhalt diesen Slogan bereits für sich vereinnahmte, so ist Namibia sicherlich das „Land der Frühaufsteher“. Dies wird am deutlichsten auf einer der vielen Gästefarmen des Landes. In den frühen Morgenstunden kommen die Farmarbeiter am Farmhaus zusammen, um mit dem Farmverwalter oder Vorarbeiter den Arbeitseinsatz des Tages zu besprechen. Kurz danach laufen auch schon die ersten Maschinen bzw. Fahrzeuge an und der Arbeitstag beginnt lautstark. Aber auch Touristen können den Langschläfer jäh aus den schönsten Träumen reißen. Die Camps in den Nationalparks sind komplett eingezäunt als Vorsichtsmaßnahme gegen unliebsame und gefährliche Tiere. Der einzige Zugang erfolgt über ein Tor (gate), das während des Tages geöffnet, während der Nacht verschlossen ist. Die Öffnungszeiten des gates richten sich nach Aufgang bzw. Untergang der Sonne. Darum herrscht auf den Campingplätzen innerhalb der Parks meist schon gegen 5 Uhr die erste Aufbruchstimmung, die einem festen, ungeschriebenen Ritual folgt. Nach dem Gang zur Toilette wird das Feuer für den morgendlichen Kaffee entfacht – entweder fauchen Gasbrenner auf, oder mit noch müder Lungenkraft wird das Lagerfeuer des letzten Abends wiederbelebt. Danach wird das Zelt geräumt und wieder zusammengefaltet. Kurz vor 6 Uhr machen sich die ebenfalls noch kalten Diesel-Fahrzeuge auf dem Weg zum gate und starten zum morgendlichen game drive. Die Eile am Morgen macht insofern Sinn, als dass die Hauptaktivitätszeiten der Tiere nachts und in den kühleren Morgen- bzw. Abendstunden liegen. Die heißeren Stunden des Tages verbringen die Tiere mit möglichst wenig Bewegung und zumeist im Schatten.


Rotstock-Berg in den Morgenstunden


Der Tag beginnt früh in der Namib.

Es ist ratsam, dem Beispiel der Tiere zu folgen! Nach einem frühen Start in den Tag (es muss ja nicht immer zum Sonnenaufgang sein!) sollte die kühle, frische Luft des Morgens genutzt werden. Zu tun und zu erleben gibt es genug! Die normale Camper-Routine (Nachtlager und Zelt zusammenpacken; Frühstück zubereiten etc.) sollte auf das Fahrzeug und die Camper-Ausstattung ausgeweitet werden. Wie sieht es in den Tanks von Treibstoff und Brauchwasser aus? Was machen die Lebensmittelreserven samt Trinkwasser? Welche Wege erwarten uns und unser Fahrzeug heute (ggf. Kontrolle des Reifendrucks)? Wo liegt das heutige Ziel? Welche lohnenswerten Stopps liegen auf der Etappe? Wo kann man wahrscheinlich mit Karte zahlen? Wie viel Bargeld verbleibt?

Im Idealfall sind all diese Fragen schon am Vorabend geklärt worden, so dass mehr Zeit darauf verwendet werden kann, die nähere Umgebung zu erkunden, sei es nun der Weg in den Souvenirladen (curio shop), der zweite Kaffee im Restaurant oder ein morgendlicher Spaziergang. Persönlich würde ich mich für Letzteres entscheiden, u. a. um die farbenprächtige Vogelwelt Afrikas zu bestaunen. Auf jeden Fall schadet körperliche Bewegung nicht, zumal ein paar Stunden Fahrt auch an diesem Tag sicherlich warten.