Meditation ohne Geheimnis

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b) Reinigung von festgefahrenen Emotionen

Emotionen, die wir häufig haben, weil wir ja leider immer wieder nach dem gleichen Muster reagieren, lagern sich ganz besonders stark ab. Die sind dann unsere Verspannungen, die es uns schwermachen, zur Klarheit zu kommen, weil sie als Hindernisse in uns haften. Mit genügend konzentrierter Achtsamkeit, können wir an verschiedenen Körperstellen Emotionen feststellen, zum Beispiel Ärger, Kummer, Missmut, Ablehnung, Furcht. Es ist jedoch nicht nötig zu wissen, wieso eine Emotion sich in irgendeinem Körperteil abgelagert hat. Es ist nur wichtig, sie fallen zu lassen, sonst können wir ja nicht weitermeditieren, sondern sitzen an derselben Stelle, mit denselben Emotionen, fest.

Wenn wir an eine Blockierung herankommen, die sich irgendwie zeigt, schwach oder stark, die sich anfühlen kann wie Eisen, wie Leder, wie ein Ball zum Beispiel, können wir sie durch Fallen lassen und Weitergehen loswerden, mitunter beim ersten Mal, meistens nach einigen Wiederholungen. Lässt sich der Körper geschmeidiger und einfacher handhaben, hilft es unserem Geist, der ja immer auf die Gefühle reagiert.

Hat ein Körperteil ganz besonders unangenehme Gefühle, was sehr häufig vorkommt, verfängt sich der Geist immer wieder in ihnen; man kann sein eigenes Leid nicht vollkommen loslassen. Das vermag ohnedies nur der Erleuchtete.

Aber wir können das Fallen lassen in der Meditation immer und immer wieder praktizieren, bis es uns zur zweiten Natur geworden ist. Dann erkennen wir unsere eigenen absurden Reaktionen als den Grund für unser Unglücklichsein. Keiner wird bestreiten, wie absurd zum Beispiel die Umweltverschmutzung ist. Aber dass sie aus unseren eigenen absurden Reaktionen entstanden ist, will uns nicht in den Kopf. Sie ist nur ein Spiegel der Verschmutzung in uns selbst.

Man kann sich mit Hilfe der Konzentration von Schmerzen befreien, bei genügend starker Konzentration sogar von Krankheiten – eine angenehme Auswirkung, aber keineswegs Sinn und Zweck dieser Methode. Der ist in erster Linie die Reinigung von festgefahrenen Emotionen, die sich als Verspannungen der Schultern, des Nackens und so weiter, als Blockaden oder Klöße im Brustkorb zeigen können. Durch diese Methode – deshalb heißt sie vipassanā (Einsicht/Klarblick) – erkennt man sie überhaupt erst.

Wir müssen mit dem Geist das reinigen, was der Geist verschmutzt hat. Unser innerer Besen heißt Loslassen.

Dieser Reinigungsprozess ist sehr, sehr wichtig. Denn je mehr wir uns reinigen und läutern, desto einfacher ist es, die wertvollen Gefühle in sich zu kultivieren, vielleicht sogar zu seinen einzigen zu machen: Liebende Güte, Mitgefühl, Mitfreude und Gleichmut.

Läuterung geschieht in der Meditation von selbst: Solange wir uns auf ein Gefühl konzentrieren, für viele übrigens einfacher als die Konzentration auf den Atem, können wir nichts Unreines denken.

Läuterung kommt durch Konzentration und dadurch, dass wir an die Blockierungen im Körper herankommen, die uns das Leben erschweren. Jede Schwere, die wir in uns haben, hindert uns daran, die Wahrheit zu erkennen und vollkommenes inneres Glück und Frieden zu erleben.

Wir erfahren also eine Reinigung von körperlichen Blockierungen und die Läuterung der Gedanken mittels einer beinahe automatisch wirkenden Methode. Es ist der Zweck einer Methode, dass sie einen dazu bringt, gar nicht mehr anders zu können.

c) Auf Gefühle nicht reagieren

Will man verhindern, dass sich Emotionen von neuem als Blockierungen ablagern, muss man künftig anders reagieren. Damit sind wir bei der nächsten wichtigen Wirkung dieser Methode: Sie lehrt uns, auf Gefühle nicht zu reagieren.

Wenn im Alltag Ärger hochkommt, haben wir sofort einen Sündenbock zur Hand und reden uns ein, über diese Person oder Situation müsse man sich ärgern. Was für eine Absurdität! Von sich ärgern müssen kann ebenso wenig die Rede sein wie von sich ärgern wollen – es ist nichts als eine instinktive Reaktion auf ein unangenehmes Gefühl.

Tritt aber in der Meditation ein unangenehmes Gefühl auf, können wir nicht umhin, daraus den Schluss zu ziehen, dass eine negative Reaktion gar nicht nötig ist. Wendet man die Achtsamkeit von dem Gefühl ab, ist es in diesem Moment verflogen, man geht zur nächsten Stelle, ein anderes Gefühl ist da.

Wir sind also in der glücklichen Lage, im gegenwärtigen Moment von der gewohnten Reaktion wegzukommen und einzusehen, dass der Ärger nur aus einem einzigen Grund hochgekommen ist, weil er nämlich in uns sitzt. Sich nun darüber zu ärgern wäre noch närrischer. Jeder ist mit sechs Wurzeln geboren, drei heilsamen und drei unheilsamen – ich werde darauf noch zu sprechen kommen. Hier nur soviel: Alle sechs tanzen in uns einen ewigen Tanz, den mal die eine, mal die andere anführt. Wären wir ihrer mächtig, würden wir uns die drei aussuchen, die uns das Leben leichtmachen, uns beglücken. Hätten wir nicht beides in uns, wären wir nicht Menschen geworden.

Gefühle verwandeln sich und entschwinden ständig, im Alltag genauso wie in der Meditation. Es lohnt sich also gar nicht, in einer negativen Form zu reagieren, denn die bereitet uns nur ein neues unangenehmes Gefühl.

Wenn wir es in der Meditation oft genug schaffen, nicht negativ, sondern mit Gleichmut zu reagieren, glückt es uns auch im Alltag. Ohne Gleichmut kann man ein Gefühl nicht fallen lassen, weil man entweder damit beschäftigt ist, es zu hassen, also loswerden will, oder daran anhaftet. Gleichmut sagt „es ist nur ein Gefühl“, und das bringt Einsicht in seine Unbeständigkeit und Substanzlosigkeit.

Wenn wir der Vipassanā-Methode folgen, haben wir eine automatische Klärung dessen, was wirklich vor sich geht: Zuerst ist die Berührung; in diesem Fall berühren wir mit der Achtsamkeit eine Körperstelle. Dadurch entsteht ein Gefühl. Dem folgt sehr häufig die Wahrnehmung, die sagt „Schmerz“, „unangenehm“, „angenehm“; oder detaillierter: „Vibration“, „Stechen“, „Kälte“, „Wärme“, „Prickeln“, was immer.

Und hier können wir aus der Reaktion austreten und zur nächsten Stelle gehen, ohne zu sagen „das hab ich gern“ oder „das hab ich nicht gern“, was man auch mit „Gier“ und „Hass“ übersetzen kann, obwohl die meisten Menschen das gar nicht gerne hören. „Ich hasse doch nicht, ich bin doch nicht gierig, ich habe nur das und das gern und das und das nicht gern“ – das ist aber dasselbe. Es hat keinen Sinn, zu vorsichtig mit sich selbst umzugehen. Da kommt man der Wahrheit nicht nahe. Hass und Gier sind unser Erbe, das Erbe unseres Karmas. Sie sind kein Grund, sich selbst zu betrügen oder zu tadeln.

Aber wir können ganz klar erkennen, dass es möglich ist, aus ihnen auszutreten. Je öfter wir es tun, desto leichter wird es uns fallen. Es ist der einzige Weg heraus aus allem Leid. Unsere Reaktion des Habenwollens (Gier) und Nichthabenwollens (Hass), lässt uns immer wieder in den Kreislauf von Geburt und Wiedergeburt eintreten; die Gier des Habenwollens lässt uns immer wieder an den Annehmlichkeiten anhaften und macht uns vergessen, dass die Unannehmlichkeiten genauso häufig sind.

Bei der Vipassanā-Meditation ist es wohl kaum zu übersehen, dass sich angenehme und unangenehme Gefühle ungefähr die Waage halten. Je stärker das Gefühl – angenehm oder unangenehm –, desto größer ist die Gefahr anzuhaften. Die angenehmen verwickeln uns in Leidenschaften, die uns dann nichts als Schwierigkeiten einbrocken. Die unangenehmen verwandeln sich in Hass, der so eskalieren kann, dass er sich, aus völlig unerklärlichen Gründen, gegen ganze Völkerstämme richtet. Alles fängt in unserem eigenen Körper und Geist an, darin sitzt die ganze Welt – und nur da können wir sie verändern. Es bedarf nimmermüder Praxis und eines Geistes, der erkennen kann und will.

Jegliches Festhalten hindert uns zu wachsen. Wo immer wir festhängen, sind wir verwachsen. Sich damit zu identifizieren bedeutet, dass das Ego wieder einmal etwas gefunden hat, das seine Illusion nährt, es existiere. In der Meditation können wir dieser Illusion auf die Schliche kommen. Intellektuell können wir sie zwar verstehen, aber nur in der Meditation empfinden.

Es ist bedeutend einfacher und ein besserer Weg, zuerst einmal etwas zu fühlen und dann dieses Gefühl zu erkennen. Zu allem bloß verstandesmäßig Gewussten lässt sich auch eine Gegenthese aufstellen.

Da wir mit Emotionen des Anhaftens und Widerwillens vertraut sind, erkennen wir sie leicht. Schwieriger ist es bei Emotionen anderer Art. Wir brauchen Anweisungen.

Der Buddha hat nichts weiter getan, als Richtlinien gegeben und dazu aufgefordert, sie selbst zu überprüfen. Wer Widerwillen oder Abscheu hat, ihnen zu folgen, sollte seinen Widerwillen und seine Abscheu untersuchen, nicht die Richtlinien in Zweifel ziehen.

Ein Gefühl kommt also und vergeht. Wieso vergeht es? Erstens ist Vergänglichkeit seine Charaktereigenschaft, zweitens existiert für uns nur das, worauf wir unsere Achtsamkeit lenken. Wozu also die Achtsamkeit auf etwas lenken, das uns unglücklich macht? Das heißt nicht, den Kopf in den Sand stecken, das wäre töricht. Wenn etwas nicht unseren Wünschen und Vorstellungen entspricht, brauchen wir unsere Achtsamkeit nicht auf unglücklich oder ärgerlich werden zu lenken. Wir können sie auf das Erkennen dessen lenken, was da zu erkennen ist. Wir brauchen uns nicht mehr hin- und hertreiben zu lassen. Jeder lässt sich von seinen Gefühlen treiben. Wir leben alle in diesem Gefängnis und hegen die Wahnidee, frei zu sein. Frei sind wir erst, wenn wir unserer Reaktionen Herr werden.

Klarheit des Denkens kommt durch die Läuterung unserer Gefühle. Wir brauchen beides. Es hat keinen Sinn, nur intellektuell zu arbeiten oder nur gefühlsmäßig etwas ermessen zu wollen. Jeder merkt an sich selbst, welche Seite er mehr entwickeln muss.

 

Wir müssen verstehen können, was wir tun, und wir müssen liebende Güte in uns entfalten, sodass sie zur Selbstverständlichkeit wird. Das bedeutet, die Emotionen so zu läutern, dass Liebe die Hauptemotion in unserem Herzen ist, die nichts damit zu tun hat, was von außen an uns herantritt, wer da kommt, ob er uns liebenswert erscheint, unsere Liebe braucht oder haben möchte. Es hat nur damit zu tun, dass das eigene Herz geläutert ist.

Die Läuterung der Gefühle findet immer wieder statt, wenn wir in der Lage sind, fallen zu lassen, was sich in uns angestaut hat, immer wieder unsere Reaktionen auf unangenehme Gefühle fallen lassen können. Ergebnis dieser Läuterung ist eine Gefühlswelt, die rein ist und nichts als Liebe, Mitgefühl, Mitfreude und Gleichmut enthält – der Buddha nannte diese vier die einzigen reinen Emotionen. Das heißt, wir empfinden auch Liebe dem spirituellen Pfad, der Lehre und unserer Praxis gegenüber, weil unser Herz gar nicht mehr anders kann.

3. Geh-Meditation

Bei der Geh-Meditation soll die Achtsamkeit auf die Bewegung des Fußes gelenkt sein oder auf das ganze Bein. Achtsamkeit auf den Fuß ist einspitziger, man kann den Geist besser konzentrieren.

Auch bei der Geh-Meditation kann man sich die Geistesmöglichkeiten, die man von Natur aus hat, zunutze machen.

Wer leicht und gern visualisiert, kann sich vorstellen, unter jedem Schritt wachse eine Blume.

Wer gern nachdenkt, mag sich vorstellen, dass der Rasen oder Erdboden ihn trägt, dass das Gras sich ganz beugt, aber doch gleich wieder aufrichtet, und man selbst vielleicht auch so sein sollte.

Ein mathematischer Geist kann zum Beispiel die Bewegung oder die Schritte oder rechts/links zählen oder zu sich sagen: heben – tragen – senken.

Wir können ferner das Gefühl benutzen. Wenn der Fuß sich hebt, ist das ein leichtes, luftiges Gefühl, wenn er nach vorne geht, ist da ein Gefühl des Druckes nach vorne, wenn er sich senkt des Fallens, und wenn er den Boden berührt ein festes Gefühl. Was immer es sei – ob Bilder, Zahlen, Worte, Gedanken oder Gefühle –, können wir dazu benutzen, auf dem Meditationsobjekt zu bleiben.

Die Geh-Meditation soll ein verlangsamtes Gehen sein, langsam genug, um jeder einzelnen Bewegung gewahr zu werden. Nur um zu wissen, dass sich der Fuß beim Gehen bewegt, brauchten wir ja nicht zu meditieren. Der zweite Fuß soll sich erst heben, wenn der erste den Boden vollkommen berührt hat, im Unterschied zum üblichen Gehen.

Um Achtsamkeit detailliert zu benutzen, kann man die Bewegung des Gehens zerlegen und auf alle ihre Teile achtsam sein, man kann also das Abrollen des Fußes vom Boden betrachten, das Heben, Tragen, Senken und wieder Abrollen, bis der Fuß vollkommen auf dem Boden ist, und dann erst den zweiten heben.

Die Hände soll man auf Bauch oder Rücken zusammenhalten, damit sie nicht auch eine Bewegung machen. Die Augen bleiben offen, der Blick ist gesenkt und fällt direkt vor den Fuß, der den Schritt macht. Dem Atem wird bei der Geh-Meditation keine Beachtung geschenkt.

Auch die Geh-Meditation vermittelt Klarblick, wenn man nämlich erkennt, dass Gehen unbeständig sein muss, sonst käme man ja nicht von der Stelle.

Wenn die Gedanken auch bei der Geh-Meditation vom Meditationsobjekt abschweifen, ist es hilfreich, für einen Augenblick stehen zu bleiben und dann neu anzufangen.

Wenn man sich einen Geh-Pfad nimmt, so soll er ungefähr 20 bis 25 Schritte lang sein. Man geht ihn hin und her in einem Tempo, das einem angenehm ist, aber langsam genug, um jede Bewegung des Fußes genau beobachten zu können. Beim Umkehren am Ende des Pfades beobachten wir auch diese Bewegung.

Gerade von der Geh-Meditation haben viele großen Gewinn. Wer den Eindruck bekommt, sie bringe ihm nichts, dem fehlt es schlicht an Achtsamkeit. Das Aufpassen auf das, was in diesem Augenblick geschieht, kann uns in jeder Situation zur Konzentration bringen. Sie bewirkt, dass wir ganz im Augenblick leben. Mit Achtsamkeit bringt auch die Geh-Meditation ein Gefühl des Da-Seins, der Präsenz. Man erlebt wirklich einmal, wie Gehen ist.

Es ist nützlich, zu Beginn jeder Sitz- oder Geh-Meditation einen Entschluss zu fassen, zum Beispiel: „Ich will mich konzentrieren.“, „Ich will versuchen, durch diese Meditation Einsicht in mich selbst zu gewinnen.“, „Ich will mein Denken erkennen.“, „Ich will die Meditation mal ausprobieren.“ – was immer der Entschluss sei, bleibt jedem selbst überlassen, und wäre es „Ich will Nibbāna erreichen.“ Dann lassen wir den Entschluss natürlich wieder fallen. Er ist sozusagen ein Pfosten, an den man den Geist anbinden kann. Wenn man dann sitzt oder geht und die Gedanken um alles andere kreisen als um das Meditationsobjekt, ist es an der Zeit, den Entschluss zu erneuern. Als Entschluss ganz besonders geeignet ist, Klarheit darüber erlangen zu wollen, was man eigentlich mit sich selbst vorhat, zu welchem Zweck man meditiert.

4. Liebende-Güte-Meditation (Mettā-Meditation)

Es ist hilfreich, jede Meditation, ob Sitzen oder Gehen, mit ein paar Momenten Liebende-Güte-Meditation zu beginnen, und zwar auf sich selbst gerichtet – Gefühle der Dankbarkeit, Zufriedenheit und Freude, dass man jetzt anfangen kann zu meditieren.

Einmal am Tag solltet ihr längere Zeit dafür geben, vor allen Dingen dann, wenn ihr Schwierigkeiten mit der liebenden Güte habt, was gar nicht ungewöhnlich ist.

In den westlichen Sprachen müssen wir zwischen Geist und Herz unterscheiden. In unserem Sprachgebrauch steht Herz für Fühlen und Geist für Denken.

In der Liebende-Güte-Meditation dirigieren wir den Geist in eine bestimmte Richtung. Je öfter wir das tun, desto leichter wird es für das Gefühl sein, ihm eines Tages zu folgen. Besonders, wenn jemand in unserem Leben steht, mit dem wir, aller Vernunft zuwider, Schwierigkeiten haben. Mit Vernunft ist da nicht viel auszurichten, es muss aus dem Gefühl kommen. Wenn wir immer und immer wieder unseren Geist zum Guten wenden, wird uns das zur zweiten Natur.

Auch bei der Liebende-Güte-Meditation müssen wir loslassen, nämlich von den Vorstellungen, die wir von Menschen haben, ob sie uns liebenswert erscheinen oder nicht. Sonst kann unsere Zuwendung nicht wirklich von Herzen kommen. Sie eignet sich auch gut für Kinder, die mitmeditieren wollen.

Der folgende Text soll nur eine Anregung sein, ihr könnt ihn nach Belieben abwandeln und euren Gedanken die Form geben, die euch am meisten zusagt.

Liebende-Güte-Meditation: Mutter und Kind

Bitte schließt die Augen und lenkt die Achtsamkeit für ein paar Momente auf den Atem.

Stellt euch vor, ihr seid euer eigenes Kind, und empfindet die Liebe und Fürsorge, die ihr den eigenen Kindern entgegenbringt, für euch selbst.

Jetzt stellt euch vor, dass derjenige, der euch gerade am nächsten sitzt, euer Kind ist, und bringt ihm die Liebe und Fürsorge entgegen, die ihr den eigenen Kindern entgegenbringt.

Jetzt stellt euch vor, dass alle im Haus eure Kinder sind. Umarmt sie alle mit der Liebe und Fürsorge, die ihr für die eigenen Kinder empfindet.

Jetzt denkt an eure Eltern; denkt an sie, als wären sie eure Kinder. Umarmt sie mit der Liebe und Fürsorge, die ihr für eure Kinder empfindet.

Nun denkt an eure liebsten und nächsten Menschen, als wären sie alle eure Kinder. Umarmt sie und füllt sie mit der Liebe und Fürsorge, wie sie die eigenen Kinder bekommen.

Nun denkt an all eure guten Freunde, als ob sie eure Kinder wären, und gebt ihnen dieselbe Liebe und Fürsorge wie eigenen Kindern.

Denkt jetzt an eure Nachbarn, Arbeitskollegen, an Menschen, die ihr hier und da auf der Straße und in Geschäften trefft. Stellt euch vor, sie alle sind eure Kinder, umarmt sie und füllt sie mit der gleichen Liebe und Fürsorge, die ihr euren eigenen Kindern entgegenbringt.

Nun denkt an irgendeinen Menschen, über den ihr euch geärgert habt oder der euch Schwierigkeiten gemacht hat. Denkt an ihn, als ob er euer Kind wäre. Kinder machen auch Schwierigkeiten und verursachen Ärger, und trotzdem ist die Liebe zu ihnen die gleiche. Lasst auch diesem Menschen die gleiche Liebe und Fürsorge zukommen wie den eigenen Kindern.

Denkt an alle Menschen in eurem Heimatland, als wären sie alle eure Kinder. Lasst euer Herz wachsen und sich weiten, sodass ihr alle diese Menschen umarmen könnt, mit der gleichen Fürsorge und Liebe, die ihr den eigenen Kindern gebt.

Denkt nun an alle Lebewesen, die es auf diesem Erdball gibt, auf dem Land, im Wasser und in der Luft, sichtbare und unsichtbare. Empfindet für all diese Lebewesen Liebe und Fürsorge, zeigt ihnen, dass ihr um ihr Wohlergehen besorgt seid, als wären sie alle eure Kinder.

Lenkt nun die Achtsamkeit wieder auf euch selbst und erkennt das Kind in euch, das der Leitung und Führung durch die Mutter in euch selbst bedarf, der Liebe, Fürsorge und Weisheit. Fühlt euch in dieser Liebe und Fürsorge geborgen und sicher.

Mögen alle Lebewesen glücklich sein.
Fragen und Antworten

F: Eines meiner Probleme bei der Meditation ist immer wieder die Müdigkeit. Ich bin immer noch dabei, mich zu tadeln, dass ich nicht die rechte Anstrengung mache. Ich weiß nicht, ob es in dem Fall mit Loslassen getan wäre.

A: Es ist gut, rechte Anstrengung und Loslassen zusammenzubringen. Sich hinsetzen zum Meditieren ist rechte Anstrengung. Ferner bedarf es der Entschlusskraft.

Ein Geist, der noch nicht vollkommen konzentriert ist, neigt zu Müdigkeit. Der nächste Schritt ist, mit Hilfe rechter Anstrengung die Müdigkeit zu erkennen und loszulassen. Das ist gewiss nicht einfach. Wenn die Müdigkeit erkannt ist, sind zwei Dinge wichtig. Das erste ist, nicht auf Ruhe-Meditation hinzuzielen. Denn sie ist, vor allem im ersten Moment, dem Schlaf oder zumindest Dämmerzustand in gewisser Weise ähnlich. Der Geist, der das noch nicht hundertprozentig im Griff hat, kann zwischen den beiden oft nicht unterscheiden. Zu der Zeit ist es also nötig, auf Einsichts-Meditation hinzusteuern. Sie kann die Müdigkeit als Objekt nehmen: Wieso bin ich eigentlich so müde? Es kann zum Beispiel Abwehr dahinterstecken. Was immer hochkommt an Gedanken oder Gefühlen – versuche sie zu erkennen.

Zweitens kann man der Müdigkeit abhelfen, indem man die Augen öffnet und ins Licht schaut, den Körper leicht bewegt, um die Blutzirkulation etwas anzuregen. Der Buddha hat außerdem empfohlen, sich am Ohrläppchen zu ziehen und die Wangen zu reiben, das bringt neue Energie.

Drittens ist es hilfreich, sich selbst gut zuzureden, wie dankbar man dafür sein sollte, meditieren zu können, zumal unter so günstigen Umständen. Denn das Leben ist ganz ungewiss, der Tod ganz gewiss.

Müdigkeit ist eine instinktive Reaktion des Geistes. Er ist nicht scharf auf Klarblick, weil der dem Ego an den Kragen geht und will lieber schlafen. Tadele dich also nicht dafür. Tadel bringt nur neue Unruhe. Selbsttadel kommt daher, dass man eine viel zu hohe Idealvorstellung von sich hat.

F: Ändert sich durch Meditation auch die Qualität des Schlafes? Die Träume sind, wenn ich intensiv meditiere, ganz deutlich. Dasselbe passiert mir beim Fasten. Was sagt der Buddha zu Träumen?

A: Gar nichts. Aber der Schlaf ändert sich, natürlich. Denn Meditation ist ein geistiges Fasten. Erstens braucht man weniger Schlaf, zweitens kann sogar der Schlaf achtsam werden, kein Tief-, sondern Heilschlaf sein.

Wenn die Träume unangenehm sind, was häufig der Fall ist, kommt altes Unbewusstes hoch. Gute Träume oder Fantasien kommen daher, dass der Schlaf so licht ist, durch den Versuch, sich zu konzentrieren.

F: Ist die so genannte Meditationsmusik oder Musik zur Meditation eine Meditationshilfe oder abzulehnen?

A: Ich lehne sie ab. Was andere davon halten, weiß ich nicht. In der Buddha-Lehre ist die Meditation dafür gedacht, in die meditativen Vertiefungen zu gehen, was nicht möglich ist, wenn man dabei Musik hört. Es ist schlimm genug, dass man seinem eigenen Geist zuhören muss. Musik wird vom Buddha als Sinneskontakt angesehen.

Ruhe und Einsicht sind die beiden klassischen Ziele und Richtungen der Meditation. Sie sind durch Achtsamkeit und Konzentration zu erlangen. Einfacher kann es kaum ausgedrückt sein. Diese vier Worte können wir uns leicht merken: Ruhe und Einsicht durch Achtsamkeit und Konzentration.

 

Musik und Tanz sind schön, haben aber nichts mit Meditation zu tun. Meditation ist still auf seinem Kissen sitzen und nach innen gehen.

F: Mir wird beim Aufstehen nach dem Sitzen oft schwindelig. Was ist dagegen zu tun?

A: Lasse dir Zeit! Mache niemals die Augen sofort auf und steh‘ rasch auf, wenn die Meditation zu Ende ist. Sondern stelle erst einmal mit geschlossenen Augen das Ende der Meditation fest. Bewege etwas den Körper, vielleicht nacheinander Arme und Hals, öffne dann langsam die Augen und schau dich um, und erst wenn das Alltagsbewusstsein wieder ganz hergestellt ist, steh‘ langsam auf. Es kann fünf Minuten dauern.

F: Kann man Dinge, die man gehabt hat, nicht leichter loslassen als Dinge, die man sich noch wünscht?

A: Ich würde sagen ja, aber ich weiß nicht, ob das bei jedem so ist. Es ist einfacher zu erkennen, dass alles, was man gehabt hat, keine Erfüllung gebracht hat. Wenn man‘s noch nicht gehabt hat – das habe ich bei vielen Menschen gesehen –, denkt man, das wäre es. Leider bedeutet das, dass der Mensch immer und immer wieder sucht. Es kann viele Leben dauern, bis man das erledigt hat, die Möglichkeiten sind ja beinahe unbegrenzt.

F: Ich habe leicht Bilder. Zum Beispiel sehe ich eine große Wasseroberfläche oder einen tiefen See, wahrscheinlich weil du das vorhin erwähnt hast. Ich habe auch den Buddha vor mir gesehen. Soll ich Bilder auch mit einem Etikett versehen und zur Seite tun?

A: Das Etikett könnte sein „Stummfilm“. Es gibt zwei Sorten Geist: den visuellen und den mathematischen, der erklärt und Geschichten erzählt. Manche haben beides, was dann schwerer fallen zu lassen ist. Beim Stummfilm ist es einfacher. Man kann ja erkennen, dass es nur eine Art Fantasie ist und ohne jeden Nutzen.

Also wie bei den Gedanken: etikettieren, fallen lassen, zurück zum Atem.

F: Auch ich habe eine Frage zu Bildern. Ich studiere Kunst, und bei mir läuft alles in Bildern ab. Wenn du die Wasseroberfläche mit Gedankenwellen vergleichst, erscheint bei mir ein so lebhaftes Bild, dass ich es auch in der Meditation nicht wieder loswerde. Ich begreife Gedanken eher über das Bild und bleibe dann immer wieder an dem Bild hängen. Das ist ein richtiger Teufelskreis.

A: Den Musikern geht es ähnlich mit dem Hören.

Was ist das stärkste Bild, das du in der Meditation hattest?

F: Eine glatte Wasseroberfläche – als Spiegel und durchsichtig bis auf den Grund.

A: Wie fühlte sich das an?

F: Schön.

A: Was ist „schön“? Schön ist eigentlich kein Gefühl.

F: Sehr vertraut.

A: Du hattest also ein angenehmes Gefühl. Kannst du dich in diese Wasseroberfläche hineinversenken, das Gefühl der Versenkung bekommen? Ja? Dann mache das.

Benutze die Wasseroberfläche als Meditationsobjekt, um zur meditativen Vertiefung zu kommen, als Beginn; dann ist das angenehme Gefühl dein Meditationsobjekt.

Was passiert dann mit dem angenehmen Gefühl?

F: Dann freue ich mich, weil es so schön ist, bis mir etwas weh tut.

A: Was machst du dann? Dich ärgern?

F: Ich weiß ja, dass beides vergeht und wiederkommt.

A: Die Freude, die da kommt, ist dein nächstes Meditationsobjekt. Beobachte sie ganz scharf, lasse dich von dem pieksenden Körper nicht klein kriegen. Dann kannst du das Gefühl, im Wasser versunken zu sein, loslassen. Es bleibt als angenehmes Gefühl im Hintergrund. Um die Freude als Meditationsobjekt beibehalten zu können, musst du die Konzentration schärfen.

Nach der Freude, wenn du dich vom Körper nicht stören lässt, kommt Zufriedenheit als nächstes Meditationsobjekt.

F: Ich weiß immer nicht, was ich mit der Freude anfangen soll.

A: Beobachten, nichts weiter.

F: Ist Imagination heilsam?

A: Das kommt darauf an, was du dir vorstellt. Wenn sie nur Fantasie ist, ist es nicht so günstig. Aber wenn es Vorstellungen sind, die dein Leben zum Guten beeinflussen können, ist sie sehr günstig. Wie gesagt: Mancher Menschen Geist arbeitet sehr visuell, die sollten sich diese Fähigkeit zunutze machen.

F: Bei mir kamen in der Meditation Bilder und Gedanken derartig schnell hintereinander, dass ich sie gar nicht mehr betrachten konnte. Ich habe mich aufs Atmen konzentriert, und da kamen blitzartig Gedanken und waren ebenso schnell wieder weg.

A: Waren keine Pausen dazwischen?

F: Erst kamen Gedanken, dann Bilder, dann konnte ich ganz kurz zur Konzentration zurückgehen.

A: Diese Schnelligkeit bringt eine gewisse Unklarheit mit sich. Lenke die klaren Gedanken auf die Pausen und versuche sie zu verlängern. Ein gewisser Druck ist dazu nötig, ein bisschen Anstrengung. Du musst dem Geist gut zureden. Einerseits kannst du es so nicht lassen, anderseits darf dieser Druck nur ganz leicht sein, sonst bekommst du Kopfschmerzen und verspannst dich.

F: Sind Erinnerungen nicht in bestimmter Weise auch Bestandteil der Gegenwart? Auf dem spirituellen Pfad zum Beispiel kommt man doch nur dadurch vorwärts, dass man sich merkt, was man erlebt. Vielleicht ist es dann kein Erinnern, sondern ein erneutes Vergegenwärtigen?

A: Ja. Man kann selbstverständlich Dinge, die man erlebt hat, wieder zu lebendiger Gegenwart machen und ein oder auch mehrere Male erneut durchleben, um sie noch einmal zu praktizieren. Das kann gerade bei der spirituellen Praxis nicht nur gut, sondern notwendig sein.

Man kann aber auch dasitzen und sich daran erinnern, was man auf seiner letzten Reise Schönes gesehen hat, kann sich die ganze Zeit mit Geschichten erzählen ablenken. Das ist Erinnerung, die nichts nutzt.

F: Ich habe noch nie lange und regelmäßig meditiert und bin nie richtig reingekommen, und dann hat sich mit der Zeit Resignation breitgemacht. Wenn ich dasitze und doch bloß denke, kann ich auch gleich aufhören zu meditieren. Ich befürchte, dass das diesmal wieder passiert.

A: Hast du jetzt gerade wieder neu angefangen?

Ja? Und wie ging es? Hast du wieder die ganze Zeit gedacht, oder war es besser?

F: Hier habe ich gespürt, dass die Energie, die von dir und der Gruppe ausgeht, hilft, sodass mehr Achtsamkeit und Wachheit da ist als sonst, wenn ich allein meditiere.

A: Geh doch wenigstens einmal die Woche zu einer Gruppe, vielleicht hilft das. Im übrigen musst du Geduld haben.

F: Meinst du denn, wenn man dasitzt und nur denkt, dass es trotzdem einen Sinn hat?

A: Ja, klar. Es ist so: Es muss immer mehr zu der Objektivität führen, das Denken zu beobachten. Dann kommt auch die Meditation. Man darf sich unter Meditation bloß nicht vorstellen, man werde in einen goldfarbenen Himmel erhoben, wo es keinerlei Leid mehr gibt und man wie ein Engel herumschwebt.

Sinn der Meditation ist nichts anderes als Klarblick.

Ist man ein Mensch, der viel nachdenkt, muss man das als Hilfe und nicht als Hindernis anschauen. Wenn du das Denken benutzt, dich sozusagen daneben stellst, es anschaust und erkennst, worum es sich handelt, kannst du erstens davon Abstand nehmen und es zweitens als vergänglich sehen. Manchmal kannst du seine Ursache erkennen, zum Beispiel bei einem Gedanken über die Zukunft. Sie kann Gier sein, Habenwollen. Dadurch erkennst du dich selbst. Du arbeitest also auf Einsicht hin. Sieh das Denken also als wertvolles Werkzeug an, um dem Klarblick näher zu kommen, und nicht als Barriere. Versperre dir nicht den Weg, sondern sei im Gegenteil froh, dass du einen denkenden Geist hast, benutze ihn aber in der richtigen Art und Weise, um tiefer zu schauen.

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