Wirksame österreichische Wirtschafts- und Standortpolitik

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POLITIK DER TÜRKIS-GRÜNEN BUNDESREGIERUNG IN DER KRISE
Grottenschlechtes Krisenmanagement

Seitens der verantwortlichen Regierungsmitglieder, von Bundeskanzler Kurz „abwärts“, hörte man immer wieder sinngemäß folgenden Satz: „Corona ist an allem schuld, wir können leider nichts machen, wir tun ohnehin unser Bestes“. Das ist nicht nur eine billige Ausrede, sondern auch grundsätzlich falsch.

Der katastrophale Zustand, in dem sich unser Land im Frühjahr 2021 in vielen Bereichen befindet, ist eine giftige Mischung aus:

•den vielfältigen strukturellen Schwächen und Fehlentwicklungen, die bereits vor der Corona-Krise bestanden haben,

•dem dilettantischen, auf Angstmacherei beruhenden Vorgehen der Bundesregierung, welches nachhaltigen, langfristig wirkende schädliche Auswirkungen auf unsere gesamte Gesellschaft und daraus resultierend auch auf unsere Wirtschaft hat,

•dem Unvermögen der Bundesregierung, die Corona-Krise als Chance für nachhaltige strukturelle Reformen zu sehen.

Ganz allgemein böte die Corona-Krise, als Chance gesehen, vielfältige Gelegenheiten und Möglichkeiten, die zahlreichen strukturellen, grundsätzlichen Problemfelder der österreichischen Wirtschaft grundlegend zu analysieren und radikale (im Sinne von: auf die Wurzeln der Probleme eingehende) Lösungen zu entwickeln und auch umzusetzen. Es wurden zwar aus der Corona-Not heraus einige gute, sinnvolle Maßnahmen gesetzt, allerdings hätte man die bereits in Zeiten vor Corona setzen können und müssen.

Die türkis-grüne Bundesregierung beschränkte sich bisher aber leider darauf, und dies ist meines Erachtens ein gravierendes Fehlverhalten, Milliarden an nicht vorhandenem Geld durch Aufnahme weiterer Schulden in riesigem Ausmaß nach dem Gießkannenprinzip, ohne erkennbare Strategie und Struktur, nach vielfach nicht nachvollziehbaren Vergabekriterien und hochkomplizierten Vergabeprozessen zu verteilen, ohne auch nur ein einziges strukturelles Problem zu behandeln, geschweige denn zu lösen.

Die Politik der türkis-grünen Bundesregierung ist geprägt von Aktionismus, Marketing-Shows im Rahmen nahezu täglich inszenierter Pressekonferenzen, dem Erzählen von Geschichten, die Angst machen, anstatt zu beruhigen und Zuversicht zu vermitteln. Das Ganze mit Unterstützung und Wohlwollen eines großen Teils der Medienlandschaft, die parallel dazu mit üppigen Sonderförderungen aus Steuergeldern und Inseraten in Millionenhöhe „milde gestimmt“ wurden.

Dringend notwendig gewesen wäre von Anfang an ein wirksames Management in der Krise, Management als professionell ausgeführtes Handwerk zum Wohle einer Organisation, der Organisation Republik Österreich mit ihren Menschen. Dringend notwendig gewesen wäre ein Management, das seine Entscheidungsprozesse professionell durchführt.

Wenn sich dereinst die Nebel der Angst und Propaganda gelichtet haben werden, die Menschen befreit von dieser Angst wieder frei denken können, die Medien befreit von der Zuwendungsabhängigkeit der Regierung wieder frei und unabhängig schreiben können und wollen, wird man zur Erkenntnis gelangen, dass die Politik der türkis-grünen Bundesregierung in dieser Corona-Krise das Gegenteil von verantwortungsvoll, lösungsorientiert und gut war. Übrigbleiben wird ihre „12-Sünden-Tafel“.

Die „12-Sünden-Tafel“ der türkis-grünen Bundesregierung

Das dilettantische Vorgehen der türkis-grünen Bundesregierung in der Krise soll nachfolgend anhand des 7-stufigen Entscheidungsprozesses gemäß der St. Gallener Managementschule8 beleuchtet werden. Ein guter, professioneller Entscheidungsprozess hinsichtlich wichtiger Entscheidungen – und dass Entscheidungen einer Bundesregierung im Zusammenhang mit dem Management einer Krise derartige wichtige Entscheidungen sind, vermag wohl niemand zu bezweifeln – verläuft als Abfolge dieser sieben Schritte9:

1.Die präzise Bestimmung des Problems.

2.Die Spezifikation der Anforderungen, die die Entscheidung erfüllen muss.

3.Das Herausarbeiten aller Alternativen.

4.Die Analyse der Risiken und Folgen für jede Alternative und die Festlegung der Grenzbedingungen.

5.Der Entschluss.

6.Der Einbau der Realisierung in die Entscheidung.

7.Die Etablierung von Feedback: Follow-up und Follow-through.

Es erübrigt sich festzustellen, dass die Letztverantwortung für diesen Prozess immer bei der „TOP-Führungskraft“, im Falle der Bundesregierung somit beim Bundeskanzler, liegt. Keiner dieser sieben Schritte ist unter der Verantwortung des Bundeskanzlers mit der notwendigen Sorgfalt und Professionalität umgesetzt worden. Das Vorgehen der Bundesregierung im Umgang mit der Corona-Krise gleicht einer „12-Sünden-Tafel“.

Die „12-Sünden-Tafel“ der türkis-grünen Bundesregierung

1.Völlige Fehlbeurteilung des Problems, mangelhafte Auseinandersetzung mit der Frage der Kausalität zwischen Maßnahmen und gewünschtem Erfolg und völlige Außerachtlassung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zwischen zu erreichenden Zielen und negativen Effekten der Maßnahmen.

2.Eine Politik der Angst, der Panikmache, der Ausübung blanker Macht, der Schaffung von Abhängigkeiten, der Schuldzuweisungen.

3.Politik für die Eigenen und die Freunde.

4.Unwissenschaftlich – nicht faktenorientiert. Die Bekämpfung der Krise und das Ergreifen von Maßnahmen auf Basis untauglicher Kennzahlen.

5.Vollkommen planlose, chaotische, oftmals nicht gesetzeskonforme Umsetzung.

6.Missachtung der Verfassung und der Gesetze, Geringschätzung und Entmachtung des österreichischen Parlaments und damit der Demokratie.

7.Propaganda in der Kommunikation und de facto Kauf der Medien.

8.Verächtlichmachung abweichender Meinungen, Einschüchterung und Diskriminierung von Bürgern, die sich den Maßnahmen nicht unterwerfen.

9.Dramatische Einschränkung der Grund- und Freiheitsrechte – insbesondere des Versammlungsrechts – der Bürger, massive Beeinträchtigung und vielfache Zerstörung des Vereinslebens und massive Eingriffe ins Privatleben jedes Einzelnen.

10.Flächendeckende Schwächung des Immunsystems der Menschen durch physische und psychische Belastungen mit noch nicht abschätzbaren negativen Langzeitfolgen.

11.Nachhaltige Schädigung der Zukunft unserer Kinder und Jugendlichen durch eine völlig verfehlte Schulpolitik.

12.Weit überschießende Verbote – Aushöhlung und Verunmöglichung der Ausübung des Grundrechts auf freie Erwerbsausübung mit Zerstörung beruflicher Existenzen (Ärzte, Wissenschaftler, Unternehmer, Arbeitnehmer …), massive Beeinträchtigung und vielfache Zerstörung der Wirtschaft – vor allem des Mittelstandes.

Falsche Beurteilung des Problems – Außerachtlassung der Verhältnismäßigkeit

Bereits im Schritt 1 des 7-stufigen Entscheidungsfindungsprozesses, der präzisen Bestimmung des Problems, wurden elementare Fehler gemacht, indem das Problem „COVID-19“ hinsichtlich seiner Übertragbarkeit, seiner Letalität und hinsichtlich der Resilienz unseres österreichischen Gesundheitssystems völlig falsch beurteilt wurde. Die Beantwortung der Frage nach der Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen hängt selbstverständlich eng mit der präzisen Bestimmung des Problems und dem damit implizit verbundenen Ziel, dieses Problem zu lösen, zusammen.

Hinsichtlich der Beurteilung des Problems „COVID-19“ wären demnach folgende zwei Fragen zu stellen und raschestmöglich zu beantworten gewesen:

1.Wie gefährlich ist dieses Virus für die österreichische Bevölkerung?

2.Ist unser österreichisches Gesundheits- und Krankenhaussystem hinsichtlich seiner Kapazitäten in der Lage, Überlastungen und damit Nichtbehandlungen an dem Virus Erkrankter zu vermeiden?

Bei der Beurteilung der Gefährlichkeit eines Virus für das Gemeinwesen und der daraus resultierenden allfälligen Anordnung bestimmter Maßnahmen sind zwei medizinische Parameter als Referenzgrößen von maßgeblicher Bedeutung.

Das ist zum einen die Ansteckungsrate oder Kontagiosität eines Virus, also die Beantwortung der Frage, wie viele andere noch nicht immune Menschen von einem mit dem Virus infizierten Menschen angesteckt werden. Die Ansteckungsrate wird mit der Basisreproduktionszahl (R-Zahl/R-Wert) ausgedrückt. Wesentlich ist dabei die Feststellung, dass bei der Ermittlung der R-Zahl viele Determinanten nur geschätzt werden können, es sich in Summe demnach nur um einen Schätzwert handelt.

Und das ist zum anderen die Letalitätsrate eines Virus, die Infection Fatality Rate (IFR), also die Beantwortung der Frage, wie viele Menschen, die sich mit einem Virus infiziert haben, an diesem sterben.

Ist ein Virus höchst ansteckend, aber der Krankheitsverlauf in der Regel ein sehr leichter und die Letalitätsrate sehr gering, ist das Virus nicht besonders gefährlich. Ist die Sterberate der Infizierten zwar hoch, die Gefahr, sich anzustecken, aber gering, ist das Virus bei Einhaltung geeigneter Maßnahmen, vor allem der Isolierung der Erkrankten, auch nicht besonders gefährlich. Trifft eine hohe Letalitätsrate mit einer hohen Ansteckungsrate zusammen, ist ein Virus gefährlich.

 

Die Infektionssterblichkeitsrate und ob auf eine Ansteckung gar kein, ein leichter oder ein schwerer Krankheitsverlauf folgt, hängt sehr stark vom Alter, dem allgemeinen Gesundheitszustand, allfällig vorhandenen Vorerkrankungen, aber auch vom medizinischen Versorgungsstandard einer Gesellschaft ab.

Nachdem man in den Monaten Jänner und Februar 2020 überhaupt nichts gemacht hatte, verkündete Bundeskanzler Kurz im März 2020, „dass jeder bald jemanden kennen wird, der an Corona verstorben ist“, und warnte vor hunderttausenden Toten. Eine völlig undifferenzierte Aussage, eine komplette Fehlbeurteilung und Nichterfassung des Problems. Sie ermöglichte ihm jedoch, auf Grundlage dieser von ihm selbst geschürten Angst in der Bevölkerung und der dann beschlossenen Ermächtigungsgesetze über mehr als ein ganzes Jahr, beginnend mit dem ersten „Lockdown“ im März 2020 bis weit in das Jahr 2021 hinein, eine Politik der Angst und der freiheitseinschränkenden Verbote mit all den damit verbundenen Kollateralschäden gegen den zunehmenden Widerstand in der Bevölkerung durchzudrücken.

Spätestens im Frühsommer 2020 lagen ausreichende Daten zur Beurteilung des Problems vor. Im Oktober 2020 wurde von der Bundesregierung sukzessive anhand einer einzigen, gänzlich ungeeigneten Kennzahl – der Anzahl der täglich neu „Infizierten“, also positiv Getesteten – die Angst und Panik wieder entfacht und im November 2020 eine zweite Welle sowie im Jänner 2021 eine dritte Welle von Maßnahmen verordnet, die weitere riesige Kollateralschäden verursacht hat.

Bei einer alternativen, gewissenhaften, differenzierten und damit richtigeren Beurteilung des Problems wäre man mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu untenstehendem Ergebnis gekommen, wenn nicht schon im März 2020,10 so doch spätestens einige Monate später im Sommer 2020, als bereits ausreichende Daten und Informationen vorlagen, die sich dann auch in den Relationen praktisch nicht mehr geändert haben. Man hätte nur die Anzahl der Verstorbenen differenziert pro Altersgruppe betrachten und diese Werte um den Anteil jener mit Vorerkrankungen ergänzen müssen, um zu einer guten Beurteilung des Problems zu kommen.


Quelle: eigene Darstellung; Daten AGES (31.03.2021)


•Es handelt sich um ein Virus, das mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht ansteckender und gefährlicher als ein Grippevirus11 ist.

•Es handelt sich um ein Virus, das hinsichtlich seiner Gefährlichkeit enorme Unterschiede in den Altersgruppen aufweist.

•Es handelt sich um ein Virus, das für sehr alte Menschen gefährlich ist, besonders wenn sie relevante Vorerkrankungen haben.

•Es handelt sich um ein Virus, das für ältere Menschen mit Vorerkrankungen (Herz-Kreislaufsystem, Bluthochdruck, massives Übergewicht, Lungenkrankheiten, Diabetes) gefährlich ist.

•Es handelt sich um ein Virus, gegen das es im März 2020 noch keinen Impfstoff und keine Medikamente gab.

•Es handelt sich um ein Virus, das für Menschen über 85 äußerst gefährlich ist und bei Ansteckung, insbesondere wenn entsprechende Vorerkrankungen vorhanden sind, in 21 % der Fälle zum Tod führen kann.

•Es handelt sich um ein Virus, das für Menschen im Alter von 75 bis 85 sehr gefährlich ist und, wenn entsprechende Vorerkrankungen vorhanden sind, bei Ansteckung in 11 % der Fälle zum Tod führen kann. Wenn keine Vorerkrankungen vorliegen, ist das Virus allerdings nur mehr für weniger als 1 % der Angesteckten dieser Alterskohorte lebensgefährlich.

•Es handelt sich um ein Virus, das für Menschen im Alter von 65 bis 75 gefährlich sein kann und bei Ansteckung, selbst wenn entsprechende Vorerkrankungen vorhanden sind, nur mehr in unter 4 % der Fälle zum Tod führt. Wenn keine Vorerkrankungen vorliegen, ist das Virus nur mehr für rund 0,4 % der Angesteckten dieser Alterskohorte lebensgefährlich.

Für Menschen unter 65 Jahren gilt Folgendes:

•Es handelt sich um ein Virus, das in praktisch allen Fällen nur bei Vorliegen einer oder mehrerer schwerer Vorerkrankungen in einer ganz geringen Anzahl von Fällen zum Tode führen kann.

•Es handelt sich um ein Virus, das für Menschen zwischen 55 und 65 im Ansteckungsfall, und das de facto auch nur bei Vorliegen von Vorerkrankungen, nur mehr zu 0,7 % tödlich sein kann.

•Es handelt sich um ein Virus mit einer Letalität von 0,1 % für Menschen unter 55. Es stirbt demnach einer von 1000 Infizierten, welcher in aller Regel eine oder mehrere schwere Vorerkrankungen hatte. Für Menschen ohne Vorerkrankungen dieser Altersgruppe ist das Virus de facto vollkommen ungefährlich hinsichtlich eines Versterbens12.

•Es handelt sich um ein Virus, bei dem im Ansteckungsfall sehr viele überhaupt keine Symptome haben, bei vielen ein leichter Krankheitsverlauf und nur bei sehr wenigen ein schwerer Krankheitsverlauf auftritt.

•Es handelt sich um ein Virus, vor dessen Ansteckung man sich nicht mit Stofftüchern, die man sich ins Gesicht hängt („MNS-Masken“)13, Plexiglasscheiben und Ähnlichem schützen kann.

•Es handelt sich um ein Virus, dessen Verbreitung man mit konsequenter Einhaltung von Hygienestandards deutlich reduzieren kann.

•Es ist sehr wahrscheinlich, dass es mittelfristig eine Korrelation zwischen Arbeitslosigkeit, sozialer Isolierung und Depression und Entwicklung der Krankheit und Mortalität gibt.

•Es handelt sich um ein Virus, dessen negative Wirkung bis hin zum Tod man mit einer Stärkung des Immunsystems jedes Einzelnen verringern kann.

Das Virus diskriminiert also brutal nach Alter und Gesundheit, oder anders formuliert: Nicht alle Menschen sind vom Virus gleich betroffen. Warum sollen dann aber alle Menschen unter den harten Corona-Maßnahmen gleichermaßen leiden? Das Virus hat für Menschen unter 65 Jahren keinesfalls die Gefährlichkeit, die auch nur einen Bruchteil der für alle geltenden „Lockdown-Maßnahmen“ rechtfertigt.

Wenn man zu dieser Beurteilung des Problems gekommen wäre, dann hätte man den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtend mit Sicherheit unter anderem folgende Maßnahmen setzen müssen:

•Sicherstellung eines besonderen, gruppenspezifischen Schutzes der gefährdeten Gruppe der über 65-Jährigen und vor allem der besonders gefährdeten Gruppe der über 80-Jährigen bis hin zu Ausgehverboten und Quarantänemaßnahmen.

•Besondere, strenge Schutzmaßnahmen für alle Alten- und Pflegeheime, Krankenhäuser, Arztpraxen, Apotheken und alle weiteren Bereiche, in denen sich die besonders schutzwürdigen Gruppen vermehrt aufhalten (müssen).

Informationskampagnen zur Bewusstseinsbildung und Erhöhung der Einhaltung von Hygienemaßnahmen durch jeden Einzelnen.

•Besondere Förderung aller Aktivitäten und Maßnahmen, die eine Stärkung des Immunsystems jedes Einzelnen erwirken.

•Strategische Planung der Krankenhauskapazitäten und sofortige Korrekturmaßnahmen im infrastrukturellen Bereich und unverzüglicher Kapazitätenaufbau im Personalbereich, um Engpässe zu vermeiden.

•Und schließlich: Alle übrigen Menschen unter 65 ihr normales, gewohntes Leben weiterleben lassen.

Unsere Gesellschaft und die politische Führung waren immer in der Lage, sich Gefahren zu stellen, sich mit diesen Gefahren auseinanderzusetzen und Maßnahmen zur Verringerung bestimmter Todesursachen zu ergreifen. Dies ist immer gelungen, ohne massive freiheitsberaubende Eingriffe in das Leben der Menschen, ohne Zerstörung der Wirtschaft und damit der Existenzgrundlage für ein selbstbestimmtes Leben von Millionen Bürgern, ohne Verbreitung von Angst und Panik, ohne diktatorischen, chaotischen Verordnungswahn, ohne Implementierung eines Polizei- und Spitzelsystems, ohne Maßnahmen mit katastrophalen negativen Auswirkungen auf die Psyche der Menschen, im Besonderen unserer Kinder.

Verantwortungsvolle Führung nimmt immer eine Abwägung zwischen den negativen Auswirkungen von verordneten Maßnahmen und dem potentiellen „Erfolg“ solcher Maßnahmen vor, hier muss ein zufriedenstellendes Maß an Verhältnismäßigkeit gegeben sein. Wenn das Retten von Menschenleben und vorgelagert die Vermeidung einer Überlastung der Krankenhausinfrastruktur der Erfolg aller COVID-19-Maßnahmen sein soll, dann ist grundsätzlich festzustellen, dass es der unabänderliche Lauf der Dinge ist, dass in jeder Gesellschaft Menschen sterben, die Gefahr des Todes allgegenwärtig und unausweichlich ist. In jeder Gesellschaft kommen dabei bestimmte Todesursachen häufiger vor, selbstverständlich muss es grundsätzliches Ziel jeder verantwortungsvollen Führung sein, die Häufigkeit dieser Todesursachen zu minimieren. Dies jedoch immer unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit hinsichtlich der negativen Auswirkungen allfällig getroffener Maßnahmen.

Darüber hinaus hat es die Bundesregierung – wie im Übrigen viele andere Regierungen auch – völlig verabsäumt, festzustellen, ob es überhaupt eine signifikante Korrelation zwischen den intendierten und dann letztlich umgesetzten Lockdown-Maßnahmen, mit all ihren negativen Folgen für die Bevölkerung, und dem gewünschten Erfolg, nämlich der Verringerung der Verbreitung des Virus inklusive Erkrankungen und Todesfällen und Überlastung der Krankenhauskapazitäten, gibt.

Sieht man sich empirisch die Entwicklung in Ländern an, die besonders harte Lockdown-Maßnahmen ergriffen haben, deren Fallzahlen dennoch nicht weniger gestiegen sind als in Ländern, die keine oder gelindere Maßnahmen ergriffen haben, so kommen hier doch starke Zweifel hinsichtlich des Bestehens einer hohen Korrelation auf. Zweifel, die bis heute nicht empirisch widerlegt werden konnten. Im Gegenteil, die empirischen Ergebnisse des Vergleichs der unterschiedlichen Maßnahmen verschiedener Länder mit den entsprechenden Verbreitungsverläufen des Virus lassen eher den Schluss zu, dass wenig bis keinerlei Zusammenhang zwischen Lockdown-Maßnahmen und Verlauf der Verbreitung besteht. Wenn dem tatsächlich so sein sollte, dann haben viele Länder sprichwörtlich „mit Kanonen auf Spatzen geschossen“ und dabei keine Spatzen erwischt, jedoch große Teile des eigenen Landes in Schutt und Asche gelegt. Die österreichische Bundesregierung unter Kanzler Kurz betätigte sich hierbei als besonders eifriger „Kanonier“ mit den noch zu besprechenden enormen Kollateralschäden.

Dass im Übrigen fast alle anderen Länder der Welt auf ähnliche Weise agiert haben, darf keine Entschuldigung sein, sondern muss, insbesondere auch ob der zweifelhaften Rolle der WHO und anderer supranationaler Organisationen, vielmehr misstrauisch machen. Dass zumindest anfänglich die Maßnahmen hohe Zustimmungsraten in der Bevölkerung hatten, heißt einerseits keinesfalls, dass die Beurteilung der Situation richtig gewesen ist, und heißt angesichts der stark auf Angst und Panik aufbauenden Kommunikation der Bundesregierung auch nicht notwendigerweise, dass die anfängliche und zwischenzeitige Zustimmung auf Grundlage eines rationalen Beurteilungsprozesses in der Bevölkerung zustande gekommen ist. Inzwischen ist die Zustimmung der Bevölkerung zu den Maßnahmen der Bundesregierung dramatisch gesunken, offensichtlich aber kein ausreichender Grund, an der falschen Politik Wesentliches zu ändern.

Ein falsch verstandenes, falsch beurteiltes Problem kann nie zu einer richtigen Lösung führen. Was hat die türkis-grüne Bundesregierung im Sommer 2020, als die Zeit dafür da war und Handlungsbedarf dringend gegeben war, gemacht? Sie hat nicht nur das Problem nicht richtig erkannt und beurteilt, sie hat monatelang „in der Pendeluhr geschlafen“, sie hat nichts gemacht, um das Land auf die nach der Charakteristik des Virus durchaus zu erwartenden Anstiege der Erkrankungszahlen in den kalten Wintermonaten vorzubereiten. Insbesondere gab es:

 

•Keine Maßnahmen zur Erhöhung der Krankenhauskapazitäten, der Intensivbettenkapazitäten, der Kapazitäten im Gesundheitssystem allgemein.

•Keine Maßnahmen zur Unterstützung und Stärkung des dezentralen Gesundheitssystems (z. B. praktische Ärzte im ländlichen Raum).

•Keine Maßnahmen zur Erhöhung der Personalkapazitäten (Ärzte, medizinisches Fachpersonal, Pfleger).

•Ein völliges Verschlafen bei der Besorgung und Implementierung von Tests. Tests waren erst ab Oktober 2020 in ausreichender Anzahl verfügbar und wurden dann mit sinnlosen Massentestungen verplempert.

•Keine Planungen und Maßnahmen für den verstärkten speziellen präventiven Schutz von älteren Menschen und Menschen mit relevanten Vorerkrankungen.

•Keine Planungen und Maßnahmen zum Schutz der Alten- und Pflegeheime, Krankenhäuser, Arztpraxen, Apotheken und aller weiteren Bereiche, in denen sich die besonders schutzwürdigen Gruppen vermehrt aufhalten. Keine einheitliche Teststrategie, keine personelle Unterstützung, mangelhafte Schutzausrüstungen14.

•Keine Planung und Maßnahmen für die Schulen und Universitäten (baulich, infrastrukturell, personell, methodisch).

Nach diesem Sommer 2020, in welchem die Bundesregierung nichts gemacht hat, kam es im Spätherbst 2020, wie es kommen musste. Die Infektionszahlen stiegen wieder an, das Land war gleich unvorbereitet wie im März 2020, die Regierung verhängte völlig planlos und überfordert die nächsten „Lockdowns“ und sperrte weite Teile des Landes zu und seine Menschen ein. Wie schon im März 2020 wurden auch diesmal die Schritte 3 und 4 des 7-stufigen Entscheidungsfindungsprozesses nicht angewendet und völlig ignoriert.

Schritt 3, der die Prüfung aller Handlungsalternativen verlangt, wurde wie zu Beginn der Krise in keiner Weise berücksichtigt. Die Vorgehensweise der türkisgrünen Bundesregierung wurde von Bundeskanzler Kurz apodiktisch als „alternativlos“ bezeichnet. In der politischen Kommunikation mag eine solche Aussage zwar den Eindruck der Entschlossenheit und Richtigkeit implizieren, aus Gesichtspunkten verantwortungsvoller Führung ist sie jedoch Ausdruck des völligen Fehlens von Sorgfalt, Gewissenhaftigkeit und handwerklicher Professionalität.

Schritt 4 verlangt das Durchdenken der Folgen und Risiken für jede Alternative. Nachdem die Vorgehensweise der türkis-grünen Bundesregierung von deren „Chef“ bereits als alternativlos erklärt wurde, könnte man wenigstens erwarten, dass die Folgen und Risiken für diese eine Vorgehensweise gewissenhaft erfasst, geprüft und beurteilt wurden. Auch dies wurde nicht gemacht. Den negativen Folgen und Risiken der Regierungsmaßnahmen sind unten mehrere Kapitel zu den „Kollateralschäden“ gewidmet. Darüber hinaus verlangt dieser Schritt die Festlegung sogenannter „Grenzbedingungen“, verstanden als Vorab-Festlegung einer oder mehrerer Bedingungen bzw. Zustände, bei deren späterem Eintritt die Entscheidung als Fehlentscheidung beurteilt wird und revidiert werden muss. Dies hilft, ein – spätere Fakten und Erkenntnisse ignorierendes – Festhalten an einer oder mehreren Entscheidungen zu verhindern, die sich als eindeutig falsch herausgestellt haben.

Eine derartige Grenzbedingung wäre etwa die relativ rasch nach dem ersten Schock im März 2020, spätestens jedoch im Herbst 2020 mögliche richtige Beurteilung des Virus hinsichtlich seiner Gefährlichkeit, Übertragbarkeit und geringen Letalität für weite Teile der Bevölkerung, nämlich de facto keine Letalität aller unter 65-Jährigen ohne Vorerkrankungen, gewesen. Die türkis-grüne Bundesregierung hat keine dieser Beurteilungen gemacht, im Gegenteil, sie hat im Herbst 2020 die Bekämpfung der „Pandemie“, die ihr in den Monaten zuvor riesige Machtfülle und Ressourcen verschafft hat, zum alles in den Schatten stellenden, jede Maßnahme rechtfertigenden „Dogma“ erhoben und dann auch weitere „Lockdowns“ verordnet15.

Nachfolgend die weiteren 11 Sünden der türkis-grünen Bundesregierung zur Vervollständigung ihrer „12-Sünden-Tafel“.