Wirksame österreichische Wirtschafts- und Standortpolitik

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16 besorgniserregende Problemfelder

Trotz einiger wirtschafts- und standortpolitischer Erfolge und guter Maßnahmen der nur knapp eineinhalb Jahre und damit für nachhaltige Reformen zu kurz im Amt befindlichen ÖVP/FPÖ-Regierung in den Jahren 2018/19 war Österreich als Ergebnis jahrelanger verfehlter Gesamtpolitik und des jahrelangen Versäumnisses, echte Strukturreformen anzugehen, als Wirtschaftsstandort im globalen Wettbewerb bereits vor der Corona-Krise in einem äußerst besorgniserregenden Zustand.

Folgende Aussagen über Österreich als Wirtschaftsstandort trafen bereits Ende 2019, also schon vor der Corona-Krise, zu:

1.Österreich ist ein Land, in dem Leistungsgerechtigkeit nicht mehr gegeben ist, sich Leistung nicht mehr lohnt, und das ein sehr leistungsfeindliches, ungerechtes, ineffizientes und viel zu kompliziertes Steuersystem hat,

2.ein Land, in dem sich „der Staat“ in zu viele Dinge ineffizient einmischt, mit daraus resultierenden viel zu hohen Staatsausgaben und einer viel zu hohen Steuer- und Abgabenquote, das trotzdem eine viel zu hohe Verschuldung hat,

3.ein Land, in dem der Faktor Arbeit viel zu teuer ist, so teuer wie fast nirgendwo auf der Welt,

4.ein Land, in dem sehr viel Geld für Bildung, Wissenschaft, Innovation und Forschung ausgegeben wird, wobei der messbare Erfolg in diesen Bereichen aber seit Jahren international hinterherhinkt,

5.ein Land mit komplizierten, oft unlesbaren Gesetzen und Verordnungen,

6.ein Land mit einem strukturell ineffizienten und teuren Föderalismus ohne klare Zuordnung von Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung,

7.ein Land mit einem völlig überdimensionierten, ineffektiven und ineffizienten Förderwesen,

8.ein Land mit einer die Freiheit der Erwerbsausübung hemmenden protektionistischen Gewerbeordnung aus dem vorigen Jahrhundert,

9.ein Land, in welchem durch gesetzliche Zwangsmitgliedschaft abgesicherte Kammern mit enormen Ressourcen ausgestattet ihren Einfluss bei praktisch allen standortrelevanten Themen ausüben,

10. ein Land ohne klare Industriepolitik, mit stetig sinkender Industriequote und zu schwach steigender Arbeitsproduktivität,

11. ein Land, in dem das Unternehmertum durch Steuern, Abgaben, Vorschriften und Bürokratie belastet statt entlastet wird und in dem zu wenig für die kleinstrukturierte Wirtschaft getan wird,

12. ein Land ohne effektive und effiziente Arbeitsmarktpolitik mit groben Mängeln in der Fachkräfteausbildung, das österreichische Staatsbürger am Arbeitsmarkt vorbei ausbildet und zu wenig schützt,

13. ein Land, das statt ausgewogener, standortsichernder Energiepolitik eine überzogene Klimapolitik betreibt,

14. ein Land mit einer völlig falschen Migrationspolitik zu Lasten des Standortes, des Arbeitsmarktes und der hier lebenden Bevölkerung,

15. ein Land, dessen hochentwickeltes Sozialsystem immer unfinanzierbarer wird,

16. ein Land, das in den Regimen der sich in vielen Bereichen völlig fehlentwickelnden Europäischen Union (EU) und der eine verantwortungslose Schuldenpolitik betreibenden Europäischen Zentralbank (EZB) gefangen ist.

Diese 16 besorgniserregenden Problemfelder ergeben in Summe einen veritablen Standortnachteil Österreichs. Sie sind das Ergebnis jahrelanger verfehlter Wirtschafts- und Standortpolitik und bestanden bereits Ende 2019, also vor der Corona-Krise im März 2020. Sie bilden in ihrer Summe das grundsätzliche, über die Jahre aufgebaute und verfestigte, strukturelle Problem des Wirtschaftsstandortes Österreich im globalen Wettbewerb ab. Eine Lösung ist bisher noch nicht ernsthaft angedacht, geschweige denn umgesetzt worden.

Aufgrund des schlechten Managements der Corona-Krise durch die türkis-grüne Bundesregierung in den Jahren 2020/21 hat sich diese unbefriedigende Situation lediglich noch weiter verschärft, in vielen Bereichen dramatisch.

Nachfolgendes Kapitel 2 widmet sich daher der im März 2020 ausgebrochenen Corona-Krise. Dabei wird vor allem auf das amateurhafte und dilettantische Krisenmanagement der türkis-grünen österreichischen Bundesregierung sowie der Europäischen Union eingegangen. Die Möglichkeit, diese Krise als Chance zu sehen und grundsätzliche, strukturelle Problemfelder zu lösen, wurde dabei leider ganz und gar nicht genutzt.

Die Kapitel 3 und 4 behandeln anschließend mögliche und notwendige Wege zur raschen Gesundung nach der Krise und Festigung einer nachhaltig positiven Entwicklung des Wirtschaftsstandortes Österreich im globalen Wettbewerb.

Das Fundament, das „strategische Selbstverständnis“ wirksamer Wirtschaftsund Standortpolitik, wird in Kapitel 3 erläutert. In Kapitel 4 wird jedes einzelne der 16 festgestellten strukturellen Problemfelder als unmittelbares Handlungsfeld zur raschen und nachhaltigen Gesundung verstanden, konkret zu ergreifende Maßnahmen werden entwickelt und vorgeschlagen.

1So etwa im Artikel des deutschen Magazins „Der Spiegel“ vom 18.06.2005 (https://www.stern.de/wirtschaft/job/oesterreich-das-bessere-deutschland-3298546.html).

2Vgl. dazu etwa „Agenda Austria“ vom 17.08.2017 (https://www.agenda-austria.at/warum-oesterreich-nicht-mehr-das-bessere-deutschland-ist/).

3Ich bin nicht der Meinung, dass wir uns bei Beurteilung des Ausmaßes einer akzeptablen Staatsverschuldung mit Ländern wie Italien, das bereits 2018 mit rund 135 % des BIP verschuldet war, Spanien und Frankreich, die bereits 2018 mit rund 100 % des BIP verschuldet waren, oder auch den USA, die ebenfalls Verschuldungen weit jenseits der 100 % des BIP ausweisen, vergleichen sollten. Vielmehr sollten wir uns, wenn schon nicht an der Schweiz, Dänemark oder Schweden, so doch zumindest an dem 60 %-Wert der Maastricht-Konvergenzkriterien orientieren.

4https://www.ibf-chur.ch/SWISS-MACRO-CHARTS-2018-19-20/staatsschulden-schweiz-1991-2018/ (20.02.2021).

DIE CORONA-KRISE 2020/21
ANAMNESE DER VERBREITUNG UND DER MASSNAHMEN IN ÖSTERREICH

Nachfolgend wird lediglich die Verbreitung des Virus und die entsprechenden Reaktionen der österreichischen Bundesregierung in Kurzform chronologisch aufgelistet. Eine kritische Würdigung der Maßnahmen der Regierung erfolgt im Detail weiter unten. An dieser Stelle genügen zunächst eine Richtigstellung und eine Feststellung. Erstens ist die Behauptung falsch, das Virus verursache Arbeitslosigkeit und Wirtschaftskrise. Richtig ist die Feststellung, dass immer die Maßnahmen der Regierung ursächlich für entsprechende positive oder negative Effekte sind. Zweitens erkennt man bereits beim bloßen Durchlesen des chronologischen Ablaufs der Maßnahmen der Regierung eine offensichtliche Konzept-, Strategie- und Planlosigkeit.

Am 31. Dezember 2019 wurde das WHO-Länderbüro China über Fälle von Lungenentzündung unbekannter Ätiologie informiert, die in der Millionenmetropole Wuhan in der Provinz Hubei festgestellt wurden. Ein neuartiges Corona-Virus (SARS-CoV-2) wurde am 7. Januar 2020 von den chinesischen Behörden als das verursachende Virus identifiziert. Ursprünglicher Infektionsort war angeblich der Wuhaner Großhandelsmarkt für Fische und Meeresfrüchte, von wo sich das Virus binnen weniger Wochen erst in den Nachbarländern und dann nahezu über die ganze Welt ausbreitete5.

Im Dezember 2019 wurde in österreichischen Medien berichtet, dass in der chinesischen Millionenstadt Wuhan auffällig viele Fälle einer Krankheit auftraten, die vor allem die Atemwege in Mitleidenschaft zog. Als Ursache wurde rasch ein neues Virus aus der Familie der Coronaviren festgemacht. Später wurde es mit dem Namen SARS-CoV-2 versehen und die damit einhergehende Krankheit als COVID-19 bezeichnet.

Im Laufe des Monats Jänner 2020 traten erste Fälle der Krankheit außerhalb Chinas am asiatischen Kontinent auf. Ende Jänner wurde das Virus auch in den USA bestätigt. Zu diesem Zeitpunkt konnte das Auftreten immer auf eine Verbindung nach China und Wuhan zurückgeführt werden.

Mitte Februar 2020 verzeichnete man den ersten Sterbefall auf europäischem Boden, der mit COVID-19 in Verbindung gebracht wurde – das Opfer war ein achtzigjähriger Chinese. Ende Februar 2020 begann sich das Virus auch in Europa zu verbreiten, besonders betroffen waren dabei in dieser ersten Phase Regionen in Norditalien.

 

Spätestens im Jänner 2020 mussten die politischen Entscheidungsträger erkennen, dass hier Handlungsbedarf besteht. Getan wurde aber nichts, so wurde diese wichtige Anfangsphase mehr oder weniger völlig „verschlafen“.

Am 12. März 2020 erklärte die WHO die nun auf mehreren Kontinenten auftretende Krankheit zur Pandemie. Erst jetzt begannen die Regierungen in Europa aufzuwachen und zu reagieren. Auch in Österreich waren die nächsten Tage und Wochen gekennzeichnet von hektisch entwickelten Vorgehensweisen und Maßnahmengesetzen, die sehr weitreichende Verordnungsermächtigungen für die Bundesregierung vorsahen.

Ab 10. März 2020 wurde Passagierflugzeugen aus Norditalien, Südkorea oder dem Iran die Landung in Österreich verboten. Ab dem 11. März wurde von Personen, die aus Risikogebieten außerhalb der EU kamen, ein ärztliches Attest verlangt, Personen mit Wohnsitz in Österreich hatten sich in 14-tägige Heimquarantäne zu begeben. Folgende Maßnahmen können als „1. Lockdown“ zusammengefasst werden: Am 11. März wurde die Schließung von Universitäten und Schulen ab dem 16. März angekündigt. Zwei Tage später erklärte die Bundesregierung, alle Geschäfte, die nicht der Grundversorgung dienen, hätten ebenfalls ab 16. März zu schließen, außerdem musste die Gastronomie dauerhaft schließen.

Am 16. März 2020 trat eine Verordnung in Kraft, welche das Betreten öffentlicher Orte verbot, somit ein allgemeines Ausgangsverbot darstellte6. Die Ministerinnen Tanner und Köstinger gaben am 15. März bekannt, dass Grundwehrdiener und Zivildiener, deren Dienst Ende März beendet gewesen wäre, ihren Dienst verlängern mussten, weiters wurden ca. 1400 Milizsoldaten mobilisiert. Für geöffnete Geschäfte wurde per 30. März 2020 eine Maskenpflicht eingeführt.

Ab 14. April 2020 kam es zu Lockerungen für kleinere Geschäfte und Baumärkte. Außerdem wurde die Maskenpflicht auf öffentliche Verkehrsmittel ausgedehnt. Ab dem 2. Mai 2020 durften Geschäfte mit mehr als 400 m2 Fläche sowie Friseure und Kosmetiksalons wieder aufsperren. Mitte Mai wurden auch die Schulen wieder geöffnet, ebenso öffneten am 15. Mai die Gastronomie, Fitnessstudios, Hotels und Freibäder. Seit 1. Mai galt eine Maskenpflicht für alle geschlossenen Räume des öffentlichen Bereichs.

Ab dem 15. Juni 2020 entfiel die Maskenpflicht für die Schulen, die Gastronomie (allerdings nur für die Gäste) und den Handel. Mit dem 1. Juli 2020 wurde auch die Maskenpflicht für das Personal in der Gastronomie wieder aufgehoben. Sportarten, in denen der Mindestabstand nicht eingehalten werden konnte, wurden ebenfalls wieder erlaubt. Oberösterreich führte die Maskenpflicht am 9. Juli wieder ein. Bei einer Pressekonferenz am 21. Juli gab die Regierung die Einführung einer österreichweiten Maskenpflicht für Supermärkte, Postfilialen und Banken ab dem 24. Juli bekannt.

Am 4. September 2020 wurde die „Corona-Ampel“ „in Betrieb genommen“. Zehn Tage später wurde die Maskenpflicht unabhängig von der Ampelfarbe für Handel und Gastronomie wieder eingeführt. Schulen und Universitäten waren ab Semesterbeginn auf „gelb“ geschaltet, was das genau bedeutete, war nicht nachvollziehbar. Bis heute kann in Wahrheit niemand den Sinn, die Funktionsabläufe, die Parameter, die Konsequenzen der Zuweisung einer Farbe für Regionen und Bezirke dieser „Corona-Ampel“ erklären. Am 19. Oktober 2020 verkündete die Regierung, dass Zusammenkünfte im privaten Bereich auf sechs Personen und im Freien auf zwölf Personen zu reduzieren sind. Diese Regelung trat am 25. Oktober in Kraft.

Der „2. Lockdown“, umgangssprachlich als „Lockdown light“ bezeichnet, wurde am 31. Oktober 2020 von der Regierung angekündigt und begann am 3. November 2020. Es wurde eine Ausgangssperre von 20:00 bis 6:00 verhängt. Kultur- und Freizeiteinrichtungen, Hotels und Gastronomie mussten schließen. Handel und Friseure blieben vorerst geöffnet. Die Schuloberstufen sowie die Universitäten wurden geschlossen und mussten auf Fernlehre umstellen. Am 14. November 2020 verkündete die Bundesregierung die Verschärfung des Lockdowns zu einem „harten Lockdown“, der vorerst bis 6. Dezember gültig sein sollte. Die verschärften Ausgangsregeln wurden nun auf den ganzen Tag ausgeweitet, körpernahe Dienstleister und Handel mussten ebenfalls schließen. Auch die Schulunterstufen wurden geschlossen und mussten auf „Fernunterricht“ umstellen.

Der „harte Lockdown“ wurde am 7. Dezember 2020 wieder gelockert und es galten erneut die Regelungen des „Lockdown light“, insbesondere durften Handel und Dienstleister wieder öffnen.

In den ersten beiden Dezemberwochen 2020 wurden in ganz Österreich Massentestungen durchgeführt. Die Sinnhaftigkeit solcher Massentestungen von überwiegend gesunden Menschen ist äußerst umstritten, darüber hinaus erwachsen daraus Gesamtkosten (Tests, Personal, Infrastruktur etc.) in dreistelliger Millionenhöhe. Obwohl das zugrundeliegende Modell der Harvard University eine Beteiligung von rund 75 % und mehrfache Testrunden als Voraussetzung vorsieht, um überhaupt epidemiologisch brauchbare Ergebnisse für weitere nutzbringende Maßnahmen zu erhalten, wagte es die Bundesregierung nicht, diese Testungen verpflichtend zu machen oder negative Folgen für allfällige Verweigerungen anzudrohen.

Übrig blieb eine freiwillige Beteiligung von rund 22,6 % der Bevölkerung. Rund 2 Millionen Menschen ließen sich testen, bei 4.200 von ihnen gab es ein positives Testergebnis, das entspricht rund 0,21 % der Getesteten. Ein positives Testergebnis sagt aber nichts über eine Erkrankung oder Ansteckungsgefahr aus, diese wurde nicht getestet. Nachdem von der Bundesregierung auch keine Wirkungsziele, keine Ergebnisziele, keine Ziele für allfällige Maßnahmen vorab festgelegt wurden, verbleiben am Ende dieser völlig sinnlosen Aktion Kosten in vielfacher Millionenhöhe und die sachlich völlig unsinnige, weil falsche Feststellung des Gesundheitsministers Anschober: „… 4.200 Menschen, die sonst, ohne es zu wissen, andere Menschen angesteckt hätten, seien aus dem Infektionsgeschehen geholt worden …7.

Nach dem Massentestungs-Flop kündigte die Regierung am 18. Dezember 2020 den dritten „harten Lockdown“ an, der zunächst vom 26. Dezember 2020 bis zum 18. Jänner 2021 dauern sollte. Es galten wiederum landesweite Ausgangsbeschränkungen rund um die Uhr, das völlige Schließen des Handels, der Gastronomie, weiter Teile der Beherbergungsbetriebe und Dienstleistungsunternehmen, das Verbot jeder Art von Indoor-Sportausübung, 1-Meter-Abstandsregeln für Sport im Freien. Schulen, Universitäten, alle Kultureinrichtungen (Museen, Büchereien, Bibliotheken) sowie Freizeiteinrichtungen (Tierparks, Zoos, botanische Gärten) blieben weiterhin geschlossen. Darüber hinaus wurden wieder absurde, verwirrende, unlogische Kontaktregelungen für den privaten Bereich erlassen, jegliche Treffen mehrerer Personen in Vereinslokalen blieben weiterhin grundsätzlich verboten. Es wäre aber nicht Österreich, wenn es nicht für Seilbahnbetreiber in den Schigebieten eine Ausnahme gegeben hätte, diese durften unter Einhaltung von Mindestabständen und Maskenpflicht geöffnet bleiben. Für Alters-, Pflege- und Behindertenheime blieben die Besuchsbeschränkungen aufrecht, es gab jedoch nach wie vor keine Testverpflichtung für Besucher und Mitarbeiter dieser Institutionen!

Am 27. Dezember 2020 wurden unter medienwirksamer Beteiligung des Bundeskanzlers und des Gesundheitsministers die ersten Menschen in Österreich mit dem Impfstoff von Biontech und Pfizer geimpft. Das nachfolgende Desaster bei der Besorgung von Impfstoffen durch die EU passte ins Gesamtbild.

Der dritte „harte Lockdown“ wurde bis 8. Februar 2021 verlängert, zusätzlich wurde ab dem 25. Jänner 2021 das landesweit verpflichtende Tragen von FFP-2-Masken unter anderem in öffentlichen Verkehrsmitteln, im Handel, bei Behörden, im Taxi vorgeschrieben. Kopfschütteln verursachte dabei die Tatsache, dass die entsprechende Verordnung diese Pflicht auch bereits genesenen und geimpften Personen auferlegte.

Obwohl die Infektionszahlen im Jänner 2021 konstant bzw. rückläufig waren, kam es am 8. Februar zu keiner Beendigung des nunmehr bereits 44 Tage dauernden „3. Lockdowns“. Neu auftretende Mutationen des Virus, die „Großbritannien-Mutation“ und die „Südafrika-Mutation“, wurden seitens der Bundesregierung als Argument für die Verlängerung des „Lockdowns“ mit bestimmten Lockerungen vorgebracht. Gastronomie, Tourismus, Theater und Konzerthäuser blieben weiter geschlossen. Der Handel, körpernahe Dienstleister, Tierparks, Zoos, Museen und Bibliotheken durften unter restriktiven Vorschriften (absurde, oft nicht durchführbare Abstandsregeln und Quadratmeterregeln – eine Person pro 20 m2, FFP-2-Maskenpflicht, verpflichtende Test bei Friseurbesuchen, Öffnung bis maximal 19.00 Uhr etc.) wieder öffnen. Die Ausgangsbeschränkungen galten von 20.00 Uhr bis 6.00 Uhr.

Besonders chaotische Regelungen galten für unsere Kinder in den Schulen. Für Schüler ab der 5. Schulstufe gab es „Schichtbetrieb“ mit Unterricht in Präsenz nur an zwei Tagen in der Woche, darüber hinaus durfte das Kind nur gegen Vorweis eines negativen „Nasenbohrer“-Selbsttests am Unterricht teilnehmen. Für den gesamten Unterricht bestand für Kinder über 14 eine FFP-2-Maskenpflicht, für Kinder ab 6 Jahren eine Pflicht, den herkömmlichen Mund-Nasen-Schutz (MNS) zu tragen. Dafür erhöhte die Regierung den Druck auf die Bürger, indem der Strafrahmen für Organmandate wegen Verstoßes gegen die Maskenpflicht von 25 bzw. 50 Euro auf 90 Euro (!) erhöht wurde.

Der „3. Lockdown“ wurde in weiterer Folge immer wieder verlängert. Nachdem im Jänner und Februar 2021 trotz einer sehr starken Ausweitung der Testungen die absolute Anzahl der positiven Tests und damit die von der Regierung als einzig relevante Kennzahl bestimmte „7-Tage-Inzidenz“ relativ konstant auf niedrigem Niveau geblieben war, kam es trotzdem zu keinen Erleichterungen, im Gegenteil, ganze Bundesländer wie etwa Tirol wurden trotz niedriger Inzidenzen im März 2021 mit dem Hinweis auf die besondere Gefährlichkeit und Tödlichkeit einer neu auftretenden „Südafrika-Mutation“ abgesperrt. Polizei und Bundesheer sicherten die „Grenzen“ Österreichs zu Tirol. Die Mutation war dann offenbar doch nicht so gefährlich, der Schaden für Tirol, dessen Ruf als Tourismusland nunmehr endgültig ruiniert war, ist enorm.

Am 6. März 2021 kam es in Wien zu einer großen Demonstration von rund 30.000 besorgten Bürgern, die gegen die freiheitseinschränkenden Maßnahmen der Bundesregierung protestierten. Die unter dem Befehl von Innenminister Nehammer stehende Polizei kesselte durch gezielte Absperrungen von Fluchtwegen viele Teilnehmer ein, um dann tausende Strafen in empfindlicher Höhe wegen Nichteinhaltung des Mindestabstandes von zwei Metern auszustellen. Vor allem von der für diese Repressalien verantwortlichen ÖVP wurde der friedliche Protest tausender Bürger aus allen politischen Richtungen als Ansammlung Rechtsextremer, die dann auch noch ein Versicherungsgebäude stürmen wollten, dargestellt. Ich sage als jemand, der selbst dabei war: Das ist schlichtweg eine Propagandalüge.

Auch Ende März 2021 kam es zu keinen Erleichterungen, im Gegenteil: Da die „7-Tage-Inzidenz“ wieder auf Werte um 250 gestiegen war, wurde der Lockdown weiter verlängert, in den östlichen Bundesländern kam es zu Verschärfungen der Maßnahmen (Ausgangssperre rund um die Uhr, FFP-2-Maskenpflicht überall in Gebäuden, Schulen bis 11. April geschlossen, Testpflichten ausgeweitet). Das Ganze wurde als „Osterruhe“ bezeichnet – da hat ein Kommunikationsberater bestimmt eine schöne Honorarnote gelegt. Parlamentarisch wurde Ende März 2021 dann gegen die Stimmen der Opposition eine weitere drastische Ausweitung der Möglichkeiten für die Regierung, im Verordnungswege freiheitseinschränkende Maßnahmen anzuordnen, im Nationalrat beschlossen, der Bundesrat verweigerte jedoch seine Zustimmung, weil einige Bundesräte der Regierungsparteien krankheitsbedingt fehlten.

Die Monate Jänner bis März 2021 waren auch gekennzeichnet von einem Totalversagen der Bundesregierung im Bereich der Impfstoffbeschaffung und der möglichst schnellen Durchimpfung von Risikogruppen – ältere Menschen über 65 und Menschen mit relevanten Vorerkrankungen. Auch auf Ebene der EU machte sich Bundeskanzler Kurz in dieser Frage völlig lächerlich. Der Weg war aber vorgezeichnet für die Einführung einer faktischen Impfpflicht. Nur wer geimpft ist, sollte einen „Grünen Pass“ erhalten, der einen Ausschluss aus vielen Bereichen des sozialen Lebens verhindern konnte. Hinsichtlich des Wegs zur Erlangung der für den Kampf gegen das Virus entscheidenden Herdenimmunität gab und gibt es zwei grundsätzlich unterschiedliche Ansichten. Viele vertreten die Meinung, dass eine breitflächige Immunisierung am besten durch möglichst viele überstandene Infektionen und das daraus resultierende Vorhandensein von Antikörpern erreicht wird; die Bundesregierung vertritt, so wie viele andere Regierungen auch, die Meinung, dass dies durch eine Durchimpfung der gesamten Bevölkerung geschehen soll.

 

5https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1104173/umfrage/todesfaelle-aufgrund-des-corona-virus-in-deutschland-nach-geschlecht/#professional (18.12.2020).

6Diese äußerst freiheitseinschränkende Verordnung wurde später vom Verfassungsgerichtshof, so wie einige andere Verordnungen auch, wegen Verstoßes gegen das Legalitätsprinzip als gesetzeswidrig aufgehoben (VfGH 14.07.2020, V 363/2020: Keine gesetzliche Grundlage für allgemeines Betretungsverbot von öffentlichen Orten). Die gesamte österreichische Bevölkerung wurde „eingesperrt“, ohne dass dafür eine gesetzliche Grundlage bestand.

7https://www.sn.at/panorama/oesterreich/mehr-als-zwei-millionen-menschen-bei-corona-massentests-in-oesterreich-96977629 (14.12.2020).