Handbuch Eigentumswohnung

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BESICHTIGUNG UND PRÜFUNG

Wie schon erwähnt, beginnt die Analyse der Bedingungen für den Erwerb einer Eigentumswohnung nicht beim Objekt, sondern beim Interessenten und potenziellen Käufer. Für ein zweckmäßiges Vorgehen hat der Architekt Ulrich Zink, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Altbauerneuerung, einen Musterfahrplan entwickelt, der Kaufinteressenten hilft, Risiken zu vermeiden, indem er die subjektiven Anforderungen des Käufers mit den objektiven Gegebenheiten der Immobilie abgleicht.

Anamnese, die Aufnahme einer Krankengeschichte, und Diagnose, die Erhebung eines aktuellen Befunds, sind dabei sinnbildlich zu verstehen. Das Haus, in dem sich Ihre ins Auge gefasste Wohnung befindet, muss nicht krank sein. Dennoch hat es, je älter es ist, umso mehr erlebt. Und die Spuren dieses Immobilienlebensalters haben es in sich – nur sind sie nicht für jedermann sichtbar, sondern sollten von einem „Hausarzt“ gelesen werden.

Anamnese und Diagnose erfordern bei einer gebrauchten Wohnung nicht weniger Aufmerksamkeit als bei einem kompletten Haus. Manches ist sogar – wegen der besonderen Rechtsform des Wohnungseigentums – etwas komplizierter. Der im Folgenden dargestellte Musterfahrplan geht von einer gebrauchten Wohnung aus. Dafür gibt es Gründe. Zum einen: Gebrauchte Wohnungen stellen hinsichtlich der Frage, wie viele Teufel in wie vielen Details stecken, die höchsten Anforderungen. Zum anderen: Nach Jahren des Neubaubooms hat sich in den letzten Jahren eine Trendwende zum Bauen im Bestand vollzogen. Man findet also verlockende „komplett durchsanierte“ Wohnungen vor, die beim Besichtigen wie Neubauten wirken, denen aber dennoch eine Historie „in den Knochen“ steckt. Echte Neubauten sind seltener geworden, da die Grundstücke für den Neubau insbesondere in den Großstädten und Ballungsgebieten knapp und teuer geworden sind. Experten gehen davon aus, dass 80 Prozent des Wohnraums, der in den nächsten 20 Jahren nachgefragt werden wird, heute schon existiert. Aber nicht immer existiert er in einem Zustand, der heutige Ansprüche an Wohnkomfort und Haustechnik befriedigt.

Der Musterfahrplan

Gibt es einen idealen Weg zum wunschlos glücklichen Leben in der eigenen Wohnung? Wahrscheinlich nicht. Aber immerhin gibt es einige exemplarische Fälle, die Ihnen helfen können, sich in der jeweils konkreten Situation zurechtzufinden.

So finden sich charakteristische Merkmale am Gebäude, die auf ähnlich gelagerte Probleme hinweisen, wie sie an anderen Gebäuden auftreten können. Die Beispiele sind also Referenzmuster für den Abgleich mit Ihrer eigenen Immobilie. Und Sie werden auch bei Ihren Vertragspartnern auf immer wiederkehrende Verhaltensmuster stoßen, etwa beim Bauträger, im Maklerbüro oder in der Bankfiliale.

Sie werden nach der Lektüre eines kurzen Kapitels in diesem Buch nicht gleich zum Experten für die Beurteilung von Immobilien werden. Betrachten Sie die Beispiele in diesem Buch vielmehr wie Verkehrsschilder, die dort, wo sie stehen, auf besondere Verkehrs- oder Gefahrensituationen aufmerksam machen. Richtig reagieren und situationsadäquat handeln müssen Sie selbst.

Am besten ist es, wenn Sie nach einem Musterfahrplan vorgehen, der sich in vielen Fällen in der Praxis bereits bewährt hat. Die folgenden elf Schritte begleiten Ihren Weg zur eigenen (gebrauchten) Wohnung. Möglicherweise entstehen einige dieser Probleme nicht, weil Sie eine schlüsselfertige Neubauwohnung erwerben. Umso besser. Wenn Sie sicher sind, dass die Bauausführung Ihren Ansprüchen genügt, können Sie diese Punkte auf Ihrem Fahrplan abhaken. Das betrifft insbesondere die Schritte 7 bis 11. Wenn Ihnen beim Erwerb einer Neubauwohnung daraus schwerwiegende Aufgaben erwachsen, ist irgendwo etwas schiefgelaufen und die Wohnung war nicht wirklich schlüsselfertig. Dass Sie auch in einer Neubauwohnung noch etwas nach Ihren Bedürfnissen umgestalten können, sofern Sie damit nicht in das Gemeinschaftseigentum eingreifen, bleibt Ihnen unbenommen.

Elf Schritte für Ihren Fahrplan


1 Erstellen Sie ein Käufer- bzw. Bauherrenprofil.
2 Nehmen Sie eine Vermögensanalyse vor, und stellen Sie ein Finanzierungskonzept auf.
3 Finden Sie einen Altbauexperten oder Immobiliengutachter, Ihren „Hausarzt“.
4 Nehmen Sie eine Gebäudediagnose mit den folgenden Optionen vor: Grunddiagnose, Grobkosteneinschätzung, Energiegutachten, Thermografieaufnahmen, Maßnahmenkonzept.
5 Beginnen Sie mit der Planung, und nehmen Sie den Abgleich mit den Bestandsplänen vor. Klären Sie, welche Genehmigungen eingeholt werden müssen.
6 Klären Sie, ob und welche fachlich Beteiligten noch eingeschaltet werden können und müssen, zum Beispiel Statiker, Holzschutzgutachter, Vermesser usw.
7 Erstellen Sie eine Maßnahmen- und Leistungsbeschreibung.
8 Holen Sie Angebote ein. Die Ausschreibung sollte unbedingt ein Fachmann vornehmen.
9 Vergeben Sie die erforderlichen Arbeiten.
10 Sorgen Sie für professionelle Bauleitung und Qualitätssicherung.
11 Vor dem Ziel steht die Abnahme und Dokumentation der Arbeiten.

Zu diesen elf Schritten werden Sie immer wieder zurückkehren. Es ist ein bisschen wie beim bekannten Spiel Monopoly. „Gehe zurück auf 2 und mobilisiere neue Geldmittel …“. Keiner dieser elf Schritte ist unwichtig, und besonders die ersten sieben Schritte sind nicht ein für alle Mal erledigt, wenn Sie sie einmal gegangen sind. Es kann sein, dass Sie die Resultate aus Schritt 4 dazu zwingen, sich erneut mit der Raumplanung und Ihrer eigenen Finanzplanung zu beschäftigen. Außerdem sollte keiner dieser elf Schritte ausschließlich auf Ihr Sondereigentum beschränkt bleiben – das gesamte Gebäude, in dem sich Ihre Wohnung befindet, verdient Ihre Aufmerksamkeit.

Müssen Sie sich an die vorgeschlagene Reihenfolge der Schritte halten? Unterschiedlicher Auffassung kann man bei den ersten drei Schritten sein.

Muss man sich nicht über die eigene Finanzlage im Klaren sein, bevor man überhaupt daran denkt, eine Wohnung zu erwerben? Grundsätzlich ja. Aber nach diesem grundsätzlichen Ja folgt sofort die Frage nach Ihren Wohnbedürfnissen, sofern Sie die Wohnung selbst nutzen wollen. Oder die Frage nach der Eignung als Kapitalanlage, wenn Sie Kapital anzulegen haben.

Sollte man nicht besser gleich zu Beginn einen Berater hinzuziehen, bevor man sich eine konkrete Wohnung anschaut und die eigenen Finanzen überprüft? Sicher ist es vernünftig, einen Experten so früh wie möglich einzubeziehen – aber natürlich erst, wenn Sie selbst eine konkrete Vorstellung von dem haben, was Sie sich anschaffen wollen. Wobei sollte er Sie sonst beraten?

Viel hängt hier von Ihrem Zeithorizont und von Ihrem Temperament ab. Unterschiedliches Temperament heißt: Es gibt natürlich Käufer und Anleger, die maximal 300 000 Euro unterbringen wollen, aber auf keinen Fall mehr. Deren Objektwahl wird dann fast ausschließlich von diesem finanziellen Rahmen bestimmt, die anderen Faktoren wie Lage und Ausstattung müssen sich diesem Rahmen unterordnen. Ein anderer Typus hat einen ganz konkreten Wohntraum. Er sucht zuerst das Objekt, das diesem Traum am nächsten kommt, und rechnet erst dann, ob sein Geld dafür reicht. Unter Umständen ist er bereit – und hier kommt der Zeithorizont ins Spiel – mehrere Jahre lang auf Urlaub und auf andere Annehmlichkeiten zu verzichten, um sich schließlich seinen Traum zu erfüllen. Auch unter den Kapitalanlegern gibt es diesen Typ: Sein Anlageobjekt soll so beschaffen sein, dass er selbst gern darin wohnen würde.

 

Wer seine Wohnung etwa als vorübergehendes Domizil kauft, in dem Wissen, dass sein Job ihn in ein paar Jahren an einen anderen Ort verschlagen wird, der wird möglicherweise nicht allzu viel Kraft darauf verschwenden, seine Traumwohnung zu finden. Für ihn spielt die Wiederverkäuflichkeit der Wohnimmobilie eine viel größere Rolle als für einen Käufer, der sich auf Lebenszeit in der Wohnung einrichten will.

Alles allein?

Beantworten Sie sich bitte selbst die Frage: Schaffen Sie es allein und ohne Expertenhilfe, Budget und Wohnung in ein annäherndes Gleichgewicht zu bringen? Trauen Sie sich zu, alle Kostenfaktoren, die mit dem Erwerb (etwa einer gebrauchten Immobilie) verbunden sind, realistisch abzuschätzen? Sind Sie sicher, dass Sie alle finanziellen Reserven, Hilfsquellen und Fördermöglichkeiten allein finden und mobilisieren können?

Bei den finanziellen Größenordnungen, um die es bei einem Wohnungskauf geht, ist eine Planung „Pi mal Daumen“ bei der Finanzierung ebenso gefährlich wie bei der Beurteilung der Gebäudesubstanz oder der möglicherweise erforderlichen Umbau- und Sanierungsarbeiten auf der Baustelle. Darum die dringende Empfehlung, sich möglichst früh einen „Hausarzt“ zu suchen: einen unabhängigen Experten, der nicht die Interessen eines Immobilienverkäufers oder Maklers, nicht die Interessen eines Immobilienfinanzierers und auch nicht die Interessen eines Baustoffhändlers vertritt, sondern Ihre eigenen Interessen.

Entscheidend ist also nicht, welchen der drei Schritte Sie an erster, zweiter oder dritter Stelle unternehmen, entscheidend ist, dass Sie keinen Schritt auslassen.

Das Käufer- oder Bauherrenprofil

Wozu ist ein solches Profil notwendig? Das Gebäude mit Ihrer Wohnung steht doch normalerweise schon und soll nicht neu gebaut werden. Dieses Argument, mit dem noch viel zu oft auf ein strukturiertes Bauherrenprofil verzichtet wird, ist ein Scheinargument.

Zum einen wissen Sie noch gar nicht, ob und wie viel in Ihrer Wohnung noch gebaut oder umgebaut werden muss. Selbst bei einer schlüsselfertig übergebenen Wohnung kann es Details geben, die Sie zu korrigieren wünschen. Dann hat der Bauträger seine Schuldigkeit getan, und Sie selbst avancieren zum Bauherrn. So können Sie nach dem äußeren Anschein auch noch gar nicht abschätzen, ob mit dem Gebäude in seiner Gesamtheit alles in Ordnung ist oder ob in nächster Zeit Sanierungen anstehen, die Sie als Miteigentümer erheblich belasten können.

Und zum anderen soll die Immobilie ja nicht abstrakt beurteilt werden. Also geht es nicht darum, welche Qualitäten die Wohnung an und für sich hat, sondern ob sie zu Ihnen passt – also welche Qualitäten sie für Sie hat. Wenn Sie Ihre eigenen Wünsche und Vorstellungen, Vorlieben und Abneigungen, Ihre finanziellen Möglichkeiten und Ihre vielleicht noch nicht erschlossenen Reserven in einem Profil abbilden, kommen Sie am sichersten zum ersten Teilziel, nämlich möglichst genau zu wissen, was Sie selber wollen.

Ein vollständiges Bauherrenprofil, wie es sich in der Praxis seit Jahren bewährt hat, können Sie sich unter der Adresse www.test.de/shop/eigenheim-miete/handbuch-eigentumswohnung-sp0413 als Formular (PDF-Datei) herunterladen. Beantworten Sie möglichst alle Fragen, auch wenn Ihnen das im Augenblick überflüssig erscheint. Auch wenn es dabei schon manchmal ans Eingemachte geht: Mit diesen Basisfragen werden grundsätzliche Entscheidungen vorbereitet.

Das Käufer- und Bauherrenprofil, wie es hier vorgeschlagen wird, gliedert sich in acht Abschnitte.


1 Käufer/Bauherr: Angaben zu Personen und Nutzern Angaben zu Objekt und Grundstück
2 Nutzung: Wer soll die Wohnung nutzen? Welche Art von Nutzung ist geplant? Für wie viele Personen ist die Wohnung gedacht? Welche Nutzungsdauer ist ins Auge gefasst? Was ist Ihnen besonders wichtig/unwichtig? Welche Rolle spielen Architektur, Ambiente, Stil? Welche Technik wird gewünscht? Wie sollen Klima-, Heiz- und Lüftungsanlage aussehen?
3 Baustoffe, Materialwelt und Form: Welche Baustoffe bevorzugen Sie beziehungsweise lehnen Sie ab? Welche Farben und Formen bevorzugen Sie? Welche Grundrisslösung wünschen Sie?
4 Finanzen: Wie hoch sind die Investitionskosten? Welche finanziellen Mittel stehen zur Verfügung? Sollen öffentliche Mittel genutzt werden? Sind steuerliche Aspekte zu beachten? Sind Eigenleistungen geplant?
5 Zeitrahmen: Wollen Sie sofort einziehen/die Wohnung sofort nutzen? Gibt es ein Zeitfenster zwischen Planung und Einzug?
6 Wie möchten Sie bauen?
7 Wie schätzen Sie den Zustand des Gebäudes als Ganzes und der Wohnung selbst ein?
8 Erforderliche Unterlagen

Das eigene Raumprogramm

Wichtig für Ihre eigene Disposition ist das Raumprogramm, das Ihnen vorschwebt. Dieses wiederum hängt mit der Art der Nutzung zusammen. Dabei können beispielsweise folgende Fragen auftauchen:

Soll die Wohnung ausschließlich Wohnzwecken dienen?

Oder soll in der Wohnung auch ein Gewerbe ausgeübt oder eine Praxis eingerichtet werden?

Wenn ja, welcher Raumbedarf ist für dieses Gewerbe oder die Praxis vorzusehen?

Wünschen die Bewohner spezielle, ihrem Beruf entsprechende Arbeitsräume?

Sind Kinderzimmer oder separierbare Gästezimmer vorzusehen? Wenn ja, wie viele?

Spielt Barrierefreiheit eine Rolle?

Sind Haustiere erlaubt? Sind besondere Anforderungen an die Haltung von Haustieren zu berücksichtigen?

Auch diese Fragen stehen nur beispielhaft für eine Fülle tatsächlicher und sehr konkreter Fragen, die Sie sich selbst stellen müssen, bevor Sie an den Kauf einer Wohnung denken. Denn es wäre keine sehr gute Idee, sich zuerst eine Wohnung zu kaufen, um anschließend festzustellen, dass das Schlafzimmer zu klein für den Kleiderschrank ist und deshalb noch ein zusätzliches Ankleidezimmer gebraucht wird. Oder die Gemeinschaftsordnung der Wohnungseigentümergemeinschaft, der Sie beiträten, schließt das Halten von Haustieren grundsätzlich aus, und Sie dürften mit Ihrem Hund gar nicht einziehen. Beschränkungen, welche die Gemeinschaftsordnung setzt, sind nur schwer zu ändern.

Die Checkliste Raumprogramm (siehe Seite 53) soll Ihnen dabei helfen, sich über den eigenen Raumbedarf klar zu werden.

In der ersten Spalte finden Sie die häufigsten Raum- und Nutzungsarten.

In der zweiten Spalte finden Sie Quadratmeterzahlen, wie sie üblicherweise bei Wohnimmobilien veranschlagt werden. Die Größen können bei Neubauimmobilien auch nach unten abweichen.

In die dritte Spalte können Sie die Quadratmeterzahl eintragen, die Sie mindestens benötigen, damit Sie die von Ihnen gewünschte Lebensqualität erreichen.

In der vierten Spalte stehen Alternativvorschläge für eine mittlere Quadratmeterzahl.

In der fünften Spalte können Sie die Flächen in der maximalen Größe definieren, die Ihrem Wohn- und Lebensgefühl entspricht.

In der letzten Spalte ist Raum für Hinweise und Bemerkungen, welche die Besonderheiten eines Raumes oder einer Raumnutzung definieren.

Mit dem Raumprogramm werden Sie sich sicher nicht nur einmal beschäftigen. Denn es ist nicht der Regelfall, dass Sie sofort eine Immobilie finden, die all Ihren Wünschen ohne Abstriche gerecht wird. Sie werden also Ihr eigenes Raumprogramm den vorgefundenen Verhältnissen anpassen oder die Verhältnisse nach Ihrem Raumprogramm verändern (das heißt umbauen) müssen. In jedem Fall wird das ausgefüllte Raumprogramm bei umfangreicheren Umbaumaßnahmen von der Planung über die Vergabe der Arbeiten bis zur Abnahme und Dokumentation eine wichtige Rolle spielen.

Checkliste Raumprogramm

 

Gewerbe in den eigenen Räumen?

Für viele Selbstständige und Freiberufler wird die Suche nach Wohneigentum heute durch den Beruf motiviert. In der eigenen Immobilie sollen Wohnen und Berufsausübung verbunden werden. Das kann positive Effekte haben.

Für die Frage, ob der Nutzung einer Wohnung als Büro aus juristischen Gründen ein wichtiger Einwand entgegensteht, hat das Bayerische Oberlandesgericht schon 2000 in einer Entscheidung festgestellt, dass es dabei maßgeblich auf die Umstände des Einzelfalls ankommt, insbesondere auf die Art der Büronutzung. Beeinträchtigt die gewerbliche Nutzung das Wohnen der übrigen Parteien mehr als die zweckbestimmte Nutzung zu Wohnzwecken? Für den Fall eines Friseursalons in einer im ersten Obergeschoss gelegenen Wohnung haben die Richter das bejaht.

Die Nutzung einer Wohnung als Heilpraktiker- oder Naturheilpraxis geht nach Ansicht des Landgerichts München über eine Nutzung zu Wohnzwecken hinaus und begründet für die anderen Wohnungseigentümer Nachteile, die über die einer Wohnnutzung üblichen Nachteile hinausgehen und daher nicht hinzunehmen sind. Die Nutzung bedarf daher der Einwilligung des Verwalters beziehungsweise der Zustimmung der Wohnungseigentümer (Az. 1 S 9962/14 WEG).

In der Teilungserklärung wurde bis vor Kurzem zwischen dem eigentlichen Wohnungseigentum und dem nicht zu Wohnzwecken bestimmten Teileigentum unterschieden. Das Berliner Kammergericht hält eine solche Trennung nicht mehr für erforderlich. „Um verschiedene – möglichst weitgehende – Nutzungsmöglichkeiten zuzulassen, ohne dass es der im Falle nachträglicher Umwandlung von Wohnungs- in Teileigentum und umgekehrt erforderlichen Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedarf, ist es möglich, eine Bestimmung der Nutzungsart in der Teilungserklärung beziehungsweise der Gemeinschaftsordnung zu unterlassen“, heißt es in dem Beschluss. Dementsprechend kann die Auslegung der Zweckbestimmung einer Sondereigentumseinheit als „Gewerbewohnung“ die Nutzung sowohl als Wohnung als auch zu gewerblichen Zwecken zulassen (Az. 24 U 71/07).

Häufig findet sich in der Gemeinschaftsordnung ein Passus wie dieser: „In den Wohnungen dürfen gewerbliche oder sonstige berufliche Tätigkeiten nur mit schriftlicher Einwilligung des Verwalters ausgeübt werden, wenn und soweit mit diesen Tätigkeiten Einwirkungen auf das gemeinschaftliche Eigentum oder auf fremdes Sondereigentum verbunden sind, die über das übliche Maß hinausgehen.“

Ist die Nutzungsart in der Teilungserklärung beziehungsweise der Gemeinschaftsordnung ausdrücklich auf Wohnzwecke beschränkt, muss die Wohnungseigentümergemeinschaft der Nutzungsänderung zustimmen. In dem Fall kann aber niemand untersagen, wenn jemand in der eigenen Wohnung ein Arbeitszimmer oder Homeoffice einrichtet. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine Nutzung von Räumlichkeiten zu teilweise freiberuflichen Tätigkeiten jederzeit zulässig ist, wenn in einer Wohnung eines der Zimmer als Büro genutzt wird, um zu Hause zu arbeiten, und wenn dort keine Besucher empfangen werden. Aber schon die Anbringung eines Firmenschilds an der Hausfassade berührt das Gemeinschaftseigentum und ist nicht ohne Weiteres zulässig.

Für die gewerbliche (Teil-)Nutzung einer Wohnung ist bei der Suche ferner zu berücksichtigen, ob sich die Immobile mit der Eigentumswohnung in einem reinen Wohngebiet oder in einem ausgewiesenen Mischgebiet befindet. In einem reinen Wohngebiet kann die Ausübung eines Gewerbes untersagt werden.