Flupp!

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Emily

Nachdem die Flupppuppe ihm offensichtlich auch heute nicht erlaubte, auf ihren Rücken zu steigen, fiel Dr. Slump wieder seine wundervolle Frau Midori ein. Midori hatte ihm aufgetragen, so schnell wie möglich mit Arale nach Hause zu kommen. Da Arale offensichtlich nicht beim Torwart war, wollte er sie beim Baby suchen gehen.

Arale untersuchte immer gerne ausgefallene Dinge und darunter gehörte sicher auch das Baby. Das Baby war allerdings schon unter normalen Umständen gefährlich. Sobald es aber von Betrüger-Schorschi auf Diät gesetzt werden würde, wäre mit ihm sicher gar nicht mehr zu spaßen. Er musste Arale also unbedingt so bald wie möglich finden.

Dr. Slump stand deshalb kurz entschlossen auf und verabschiedete sich von allen: „Ich flieg dann mal!“

„Viel Erfolg bei deiner Suche!“ wünschte ihm der Torwart.

„Hals und Beinbruch!“ sagte Emiliy und grinste.

Dr. Slump stieg schnell in sein fliegendes Auto und brauste davon.

„Ich hätte mit ihm fliegen sollen“, sagte Rossi als das Flugauto nur noch ein kleiner Punkt am Himmel war. „Besser dort als hier!“

„Ich habe noch eine Höhle frei“, sagte der Torwart. „Wenn Sie möchten, können Sie nebenan einziehen, bis sich Ihre Pfeife wieder findet.“

„Zu liebenswürdig“, sagte Rossi. „Eine Höhle ist zwar keine Villa mit Swimmingpool, aber immerhin Etwas! Ist vor der Höhle vielleicht sogar noch Platz für ein Gärtchen?“

„Für ein Gärtchen so groß wie meine Tischdecke!“ sagte der Torwart.

„Welch ein Glück“, sagte Rossi und sah sich gleich sein neues Zuhause an. „Was will man mehr als einen netten Nachbarn und ein Gärtchen, in dem man eine Karotte groß ziehen kann?“

„Und du?“ fragte der Torwart Emily. Sie saß mit angezogenen Knien auf dem kalten Boden und stierte in die Schlucht. „Solltest du nicht besser wieder nach Hause gehen?“

„Nerv’ mich nicht!“ sagte Emily.

„Warum hast du mich eigentlich besucht?“ fragte der Torwart.

Er kannte Emily seit sie ein Baby war und ließ sich von ihrer abweisenden Art nicht aus der Ruhe bringen.

„Zu öde zu Hause!“ sagte Emily und warf einen Stein in die Schlucht. „Alles Langweiler. Selbst das Ekelmonster reißt mich nicht mehr vom Hocker.“

„Und hier ist es spannend?“

„Hier kommen wenigstens immer mal wieder beknackte Leute vorbei“, sagte Emily.

Sie zeigte auf Betrüger-Schorschi, der in seinem Korb stand und kontrollierte, ob die Leute außer dem Proviant auch noch andere Dinge weggenommen hatten.

„Dieser hässliche Typ zum Beispiel. Wer ist das eigentlich?“

„Betrüger-Schorschi“, sagte der Torwart. „Er kam mit der Flupppuppe von drüben. Keine Ahnung, was sie an ihm findet. Er ist gerade mal einen Tag hier und spielt sich schon als Retter des Blauen Gebirges auf.“

„Ich könnte ihm einen Löffel von meiner seltsamen Soße verpassen!“ schlug Emily vor. „Meine Flasche ist fast voll!“

„Er ist von drüben“, sagte der Torwart. „Er steht nicht unter meinem Schutz!“

„Ich werde ihm zwei Löffel verpassen“, sagte Emily und verzog den Mund zu einer hinterhältigen Fratze. „Dann werden wir sehen, was in ihm steckt.“

Der Torwart nickte.

„Flupppuppe!“ rief er möglichst beiläufig. Sie flog gerade einige Meter über ihnen auf dem Rücken und ließ die Sonne auf ihren Bauch und ihre Beine scheinen. „Hast du nicht Lust, in meine Höhle zu kommen? Ich möchte dir etwas zeigen!“

„Suppe?“ rief die Flupppuppe erfreut.

„Ja!“ antwortete der Torwart. „Zeit für Suppe!“

Betrüger-Schorschi stand in seinem Korb und hatte sich überzeugt, dass alles noch an Ort und Stelle war. Offensichtlich hatten die anderen wirklich nur Hunger gehabt.

Er stieg aus dem Korb und sah, dass die Flupppuppe ihre Beine durch den Höhleneingang streckte.

Was, war es wirklich schon wieder Zeit für Suppe?

„He, du da!“ rief Emily. „Bist du ein Mann?“

„Was denkst du denn?“ fragte Betrüger-Schorschi. „Natürlich bin ich ein Mann!“

Das Mädchen ging ganz schön ran, dachte er. Dabei war sie höchstens 13 Jahre!

„Dann habe ich hier was für dich!“ sagte Emily. „Komm mal her!“

Betrüger-Schorschi ging zögernd auf Emily zu. Was wollte sie von ihm?

„Nur Mut!“ sagte Emily. „Oder ist der Retter des Blauen Gebirges eine Memme?“

Was bildete sich diese Göre eigentlich ein?

„Und?“ fragte Betrüger-Schorschi und trat auf Emily zu. „Was jetzt?“

„Hier!“ sagte Emily und hielt ihm eine Flasche mit einer roten Flüssigkeit entgegen. „Das macht starke Männer noch stärker!“

„Interessant“, sagte Betrüger-Schorschi. „Und schwache Männer?“

„Haut es um!“ sagte Emily.

„Aha“, meinte Betrüger-Schorschi. „Und was ist da drin?“

„Seltsamkeiten!“ sagte Emily. „Der Rest ist geheim.“

‚Wusste ich es doch!’ dachte Betrüger-Schorschi. ‚Das Mädchen will mich zum Narren halten. Sicher ist in der Flasche nur Himbeersirup und ein bisschen Dreck. Da nehme ich einfach einen Schluck und verschaffe mir bei Emily Respekt. Wenn ich es nicht einmal schaffe, ein kleines Mädchen zu beeindrucken - wen dann?’

„Gib her!“ sagte Betrüger-Schorschi. „Ich nehme ein paar Schluck!“

Er riss Emily die Flasche aus der Hand und trank.

„Halt!“ sagte Emily. „Ein paar Schluck sind zuviel! Normalerweise verabreiche ich höchstens zwei Löffel!“

„Dann hast du es wahrscheinlich nur mit Memmen zu tun, he?!“ sagte Betrüger-Schorschi und wischte sich über den Mund.

Das Zeug hatte komischerweise nicht nach Sirup, sondern nach Blut geschmeckt. Trotzdem hatte er drei große Schlucke genommen. Er konnte sich doch nicht vor einem Kind die Blöße geben!

Emily schaute ihn interessiert an.

Seine Hände zitterten ein bisschen, aber ansonsten schien er ganz in Ordnung zu sein. Nun, vielleicht dauerte es bei Leuten von drüben ein wenig länger?

„Zeit für Abendessen!“ rief der Torwart aus dem Höhleneingang. „Wer möchte alles Suppe?“

Er zeigte auf Betrüger-Schorschi und warf Emily einen fragenden Blick zu, doch sie zuckte mit den Schultern.

Rossi kam freudig aus seiner Höhle gelaufen und sagte: „Ich möchte gerne etwas Suppe! Suppe ist zwar nicht Eiskrem, aber immerhin Etwas!“

Er setzte sich beim Torwart an den Tisch, zeigte fragend auf die Beine der Flupppuppe, die sich durch den Höhleneingang streckten und fragte: „Kann sich die Dame nicht anders an den Tisch setzten?“

„Lieber eine Taube auf dem Dach als einen Spatz in der Hand!“ erwiderte die Puppe rätselhaft.

Herr Rossi räusperte sich und hob an, etwas über Manieren am Tisch zu sagen, da brüllte plötzlich von draußen eine schreckliche Stimme: „Lass meine Puppe, sie ist meine Suppe!“

„Zeit für seltsame Soße?“ fragte die Flupppuppe.

Emily grinste schief und sagte: „Nur ein Bisschen. Außerdem ist er von drüben. Ich glaube, es hat nicht viel bewirkt!“

Betrüger-Schorschi kam in die Höhle gewankt. Sein Kopf war lila angelaufen und seine Wangen groß wie aufgedunsene Tennisbälle. Er lief zu Rossi und drückte ihm seinen Zeigefinger in den Bauch.

„Du roter Knirps im Schlafrock!“ schrie er. „Beleidige meine Puppe nicht! Du nicht!“

„Nichts für Ungut“, stammelte Rossi. „Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten!“

„Sehr gut!“ zischte Betrüger-Schorschi und kippte Rossis Stuhl um. „Dann tu es aber auch nicht!“

Rossi rappelte sich schnell wieder auf und versteckte sich hinter dem Stuhl des Torwarts. Betrüger-Schorschi hob Rossis Stuhl vom Boden, wirbelte ihn in der Luft und schrie zum Torwart: „Komm her du Angeber! Ich mach dich platt! Ich hätte dich schon viel länger wie eine Made zerquetschen sollen! Warum hast du mich damals auch vor allen Leuten blamiert? Der Minister hätte mich adeln sollen, nicht dich! Aber jetzt hast du lange genug im Rampenlicht gestanden! Jetzt ist es mit dir aus!“

Er schmiss den Stuhl Richtung Torwart. Der Stuhl verfehlte sein Ziel nur knapp und fiel krachend zu Boden. Betrüger-Schorschi brüllte wütend und ging stampfend auf den Torwart zu. Seine Oberarme wurden bei jedem Schritt größer und sein Nacken war so breit wie der eines Stiers. Er senkte den Kopf, scharrte kampfeslustig mit seinem rechten Fuß auf dem Boden und holte zum Schlag aus.

„Lahme Vorstellung“, sagte Emily und schüttelte gelangweilt den Kopf.

„Flupppuppe!“ rief der Torwart. „Hilf mir!“

„Keine Angst!“ sagte die Flupppuppe. „In der Not frisst der Teufel Fliegen!“

„Hilfe!“ schrie der Torwart und duckte sich unter Betrüger-Schorschis Faust .

„Gleich hab ich dich!“ schrie Betrüger-Schorschi.

Er packte den Torwart am Hals und holte zum nächsten Schlag aus.

Der Torwart sah schon sein letztes Stündlein geschlagen, als Betrüger-Schorschi mitten im Schlag plötzlich innehielt und horchte.

War da nicht eine Musik?

Ja richtig, man konnte ein Lied hören! Es hörte sich an, als ob es von weit her kommen würde, trotzdem verstand man den Text.

Ich bin die tolle Puppe,

nur mit mir gibt’s Suppe.

Bist du mal alleine,

dann rufe meine Beine:

Meine zarten, schlanken

prallen Hinterpranken

Zick zack zong

ohne Gong!

Ich bin die tolle Puppe

Nur mit mir gibt’s Suppe.

Ich helfe immer allen,

den Menschen und den Quallen.

Doch wenn du meine Beine stichst,

dann helfe ich dir nicht.

Denn ohne Beine,

bin ich keine.

Ich bin die tolle Puppe

Nur mit mir gibt’s Suppe.

Bist du in großer Not,

 

ich bring’ es dir ins Lot:

Mit meinen zarten, schlanken

flugsichren Hinterpranken

Zick zack zong

ohne Gong!

Ich bin die tolle Puppe

nur mit mir gibt’s Suppe

seit heut’ ist auch mein Freund dabei

mit ihm gibt’s Ruhm und Geld wie Heu,

ich trage ihn jetzt übern Berg,

zu Abenteuern, Kind und Zwerg

auf meinen zarten, schlanken,

flugsichren Hinterpranken

Betrüger-Schorschi ließ den Torwart los und ließ sich auf einen freien Stuhl fallen. Bei der letzten Strophe schlug er die Hände vor dem Gesicht zusammen und weinte.

Er schluchzte so laut und hemmungslos, dass die anderen ganz still wurden und betreten zur Seite schauten.

Emily sagte: „Das ist doch nur das blöde Echo! Und wie immer kommt es zur falschen Zeit. Jetzt hat es mir mein ganzes Schauspiel versaut!“

„Aber mir das Leben gerettet!“ sagte der Torwart und rieb sich seinen Hals. „Ich für meinen Teil werde nie wieder etwas gegen das falsche Echo sagen.“

„Warum kommt das falsche Echo nicht dann, wenn man es ruft, sondern wenn es will?“ fragte Rossi erstaunt.

„Es stammt aus einem schlechten Comic!“ sagte der Torwart.

„Man hätte es nie reinlassen sollen!“ sagte Emiliy giftig. „Du bist zu gutmütig. Man sollte dich als Torwart absetzen! Ich hätte auch schon einen supertollen Anwärter für den Posten.“

„Das falsche Echo hat mir das Leben gerettet“, wiederholte der Torwart.

„Und der Typ, den du jetzt reingelassen hast, ist auch nicht besser“, sagte Emily und zeigte auf Betrüger-Schorschi. Er war inzwischen eingeschlafen und schnarchte leise vor sich hin.

„Mit dem hast du doch deinen Spaß gehabt“, sagte der Torwart.

„Eben! Gehabt!“ sagte Emily. „Golem sollte Torhüter sein.“

„Der ist doch längst eingestampft worden!“ sagte der Torhüter. „Außerdem weißt du ganz genau, dass ich mir den Job hier nicht selbst ausgesucht habe. Wenn es nach mir ginge, säße ich jetzt in Urban und würde mir die Füße von Nylon-Fäden kitzeln lassen!“

„Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein“, sagte die Flupppuppe kurz angebunden. Sie zog ihre Beine aus dem Fenster und flog davon.

„Jetzt hast du sie vertrieben!“ klagte der Torwart. „Jetzt kommt sie nie wieder!“

„Du hast sie vertrieben!“ sagte Emily. „Mit deinem Gerede über Nylon-Fäden und kitzlige Füße.“

„Gestatten?!“ machte sich Rossi bemerkbar. „Ich ziehe es vor, jetzt zu gehen. Wenn Sie mich brauchen, finden Sie mich nebenan.“

Er stand auf, lüftete seinen Hut und ging in seine Höhle.

„Ich werde mich auch schlafen legen“, sagte der Torwart zu Emily. „Und für dich wäre es eindeutig an der Zeit, nach Hause zu gehen!“

Der Torwart räumte den Tisch ab, spülte das Geschirr und legte sich auf die Holzpritsche. Nach wenigen Minuten war er eingeschlafen.

Emily ging nicht nach Hause. Sie rückte ihren Stuhl vor den Höhleneingang und schaute hinaus in die Dämmerung. Sie beobachtete den Schatten, der immer größer und größer wurde und schließlich den ganzen Berg verdunkelte.

Es war Nacht.

Emily war in ihrem Element.

Diät

Nach einer ruhigen, ereignislosen Nacht, schickte die Sonne ihr erstes fahles Licht auf die kalten Steine. Zeit zum Schlafen, dachte Emily und gähnte.

Da zerriss ein Schrei die Stille. Nach einer kurzen Pause folgte ein zweiter und ein dritter Schrei. Dazwischen schluchzte eine Kinderstimme.

Und mit einem Mal wusste Emily, wer da schrie: Das Baby!

Es schrie offensichtlich so laut, dass man es sogar bis zur Höhle des Torwarts hören konnte!

Sicher würden die anderen bald von den Schreien geweckt werden und mitbekommen, was Betrüger-Schorschi mit seiner Diät angerichtet hatte!

Emily feixte. Das Baby schrie wirklich herzzerreißend.

„Ontel Schoschi!“ schrie es. „Ontel Schoooooooschi!“

Es war richtig gewesen, hier zu bleiben. Der Tag versprach spannend zu werden. Sehr spannend.

Emily dehnte sich und ging raus auf den Felsvorsprung.

Als erstes kam das kleine, rot bemäntelte Männchen aus seiner Höhle gelaufen.

„Kann es sein, dass da ein Baby schreit?“ fragte das Männchen.

Das Baby schreit!“ sagte Emily und grinste. „Es sehnt sich offensichtlich nach dem lieben guten Onkel Schoschi!“

„Ontel Schoschi Bei holen! Bei holen, dann wieder kommen!“

„Bei?“ fragte Herr Rossi. „Was denn für ein Bei?“

„Keine Ahnung“, sagt Emily. „Vielleicht ein Beil?“

„Brei!“ korrigierte sie Betrüger-Schorschi.

Er war unbemerkt zu den anderen getreten und sah aus wie immer. Offensichtlich hatte er die seltsame Soße unbeschadet überstanden.

„Ich hatte dem Baby Brei versprochen.“

„Haben Sie gestern nicht von Schokolade gesprochen?“ fragte Herr Rossi irritiert.

„Stimmt“, sagte Betrüger-Schorschi schnell, „Schokoladenbrei!“

„Schoschi spicht, hält er auch!“ rief es über die Berge.

Die Akustik in diesen Bergen war unglaublich, dachte Betrüger-Schorschi. Obwohl sie meilenweit von dem Baby entfernt waren, hörte man das Baby schreien. Oder war das wieder nur das falsche Echo?

Der Torwart kam aus der Höhle gelaufen und horchte.

„Und jetzt?“

„Jetzt wäre ein Frühstück angemessen!“ sagte Betrüger-Schorschi unbeeindruckt.

Er ging in die Höhle und machte sich an dem Herd zu schaffen.

Das Baby schrie noch ein, zwei Male laut nach Onkel Schoschi. Dann war es still.

„Wenn das mal gut geht!“ sagte der Torwart. „Spätestens heute Mittag wird es wieder mit Steinbrocken schmeißen.“

„Und wenn schon“, sagte Emily. „Wenn es uns zu viel wird, liefern wir Betrüger-Schorschi einfach dem Baby aus. Wer uns die Suppe einbrockt, muss sie auch auslöffeln.“

„Die Leute von drüben passen einfach nicht zu uns“, sagte der Torwart.

„Wer passt schon zu uns!“ sagte Emily. „Du etwa?“

„Wo sind eigentlich deine Katzen?“ lenkte der Torwart ab.

„Zu Hause“, sagte Emily. „Denen ist hier die Luft zu dünn!“

„Frühstück!“ rief Betrüger-Schorschi aus dem Höhleneingang.

Alle setzten sich an den Tisch und Betrüger-Schorschi präsentierte stolz seine neueste Kreation: Wassergurke auf gerösteten Haferflocken, dazu Nussschaum und geraspelte Karotte. Er hätte es selbst nicht für möglich gehalten, aber es war ihm tatsächlich gelungen, aus den wenigen Zutaten eine köstliche Mahlzeit zuzubereiten.

„Ihh!“ sagte Emily.

„Oh!“ sagte der Torwart.

„Es ist zwar nicht viel, aber wenigstens etwas!“ sagte Herr Rossi und kostete tapfer. Nach dem ersten Bissen rief er erstaunt aus: „Lecker! Wirklich lecker!“

Nun probierte auch der Torwart.

„Erstaunlich, wie sie aus so wenig Lebensmitteln etwas so Gutes kochen können!“ sagte er anerkennend.

„Gewusst wie!“ sagte Betrüger-Schorschi selbstbewusst und schob sich genüsslich einen Löffel Nussschaum in den Mund.

„Ontel Schoschi!“ hallte es über die Berge. „Ontel Schoschi!“

Die Essenden schauten sich betroffen an.

„Ontel Schoschi Bei holen!“ schrie das Baby. Seine Stimme hörte sich immer verzweifelter an. „Bei holen, dann wieder kommen!“

Emily nahm sich noch etwas von den gerösteten Haferflocken.

„Ontel Schoschi spicht, hält er auch!“

Herr Rossi nahm sich noch zwei Wassergurken.

Jetzt schrie das Baby nicht mehr, sondern weinte.

Es weinte so schauerlich und herzzerreißend, dass der Torwart seinen Teller zur Seite schob und aufstand.

„Widerlich ist das!“ sagte er. „Das Baby ist ein Bewohner des Blauen Gebirges und steht damit unter meinem Schutz! Ich kann es nicht einfach verhungern lassen!“

„Aber wir stehen auch unter deinem Schutz!“ warf Emily ein. „Wenn wir es immer weiter füttern, werden wir alle bald nichts mehr zu essen haben!“

„Dass ich nie an einen Ort komme, wo ich meine Ruhe habe!“ jammerte Herr Rossi. „Hier habe ich zwar ein Zuhause und ein Gärtchen gefunden, aber mein Glück? Nein! Hätte ich doch nur mein Pfeifchen nicht verloren!“

Das Baby war vom vielen Schreien schon heiser geworden.

„Die Diät ist die einzige Chance!“ sagte Betrüger-Schorschi beschwichtigend und leckte sich mit der Zunge seine Lippen ab. „Betrachten Sie das Baby nicht als Bewohner, sondern als Ungeheuer.“

Das Baby wurde leiser. Bald wimmerte es nur noch.

„Sie sind Arzt!“ rief der Torwart. „Fliegen sie jetzt sofort zu dem Baby und sehen nach, ob es gesund ist!“

„Ach und wie?“ fragte Betrüger-Schorschi. „Die Flupppuppe ist nicht da!“

„Ein abgekartetes Spiel“, sagte der Torwart. „Sie und die Flupppuppe stecken also unter einer Decke! Das hätte ich von der Flupppuppe nie gedacht!“

„Das ist gar kein Spiel!“ sagte Betrüger-Schorschi. „Sie selbst haben die Puppe mit ihrem lächerlichen Gerede von Nylonpuscheln vertrieben!“

„Das stimmt!“ sagte Emily. „Die Puppe steht nicht auf Puschel.“

„Wir müssen dem Baby trotzdem helfen!“ schrie der Torwart. „Ich lasse es nicht zu, dass in meinem Gebiet Babys verhungern!“

„Hören Sie mal!“ sagte Rossi und lauschte. „Wenn mich nicht alles täuscht, kommt die Flupppuppe gerade wieder! Ich höre da so ein Zischen in der Luft.“

Der Torwart und Betrüger-Schorschi horchten kurz auf und stürzten dann nach draußen. Emily und Rossi gingen hinterher.

Von der Flupppuppe war allerdings weit und breit nichts zu sehen. Dafür aber schnitt Dr. Slumps Luftauto eine weiße Spur durch die Luft.

Es dauerte keine zwei Minuten und Dr. Slumps Auto landete auf dem Felsvorsprung.

Dr. Slump öffnete hektisch die Fenstertüre und rief: „Ich wusste, dass ihr noch hier seid! Schnell einsteigen! Das Baby schreit sich die Lunge aus dem Leib! Die ganze Bevölkerung ist auf dem Weg zum Kesselberg, um sich das Spektakel anzusehen!“

Betrüger-Schorschi und der Torwart sprangen schnell auf die Rücksitze. Eigentlich war das Auto jetzt voll. Aber Emily quetschte sich einfach noch auf den Fahrersitz neben Dr. Slump.

Dr. Slump schlug das Einstiegsfenster zu und düste davon.

Herr Rossi blieb als einziger auf dem Felsvorsprung und schaute verwundert dem Flugauto nach. Er wäre gerne mitgeflogen. Aber eigentlich war es auch nicht schlecht, sich hier in aller Ruhe um seine Karotte kümmern zu können.

Ruhm

„Hast du Arale schon gefunden und nach Hause gebracht?“ fragte der Torwart und hielt sich an einem der Auto-Decken-Griffe fest.

„Leider nein!“ sagte Dr. Slump und zog die Mundwinkel nach unten. „Beim Baby war sie nicht. Aber bestimmt finde ich sie bei dem Volksauflauf davor. Aus dem Grund habe ich euch auch abgeholt: Acht Augen sehen mehr als zwei.“

Vor ihnen schimmerte ein großer dunkler Berg.

„Festhalten!“ befahl Dr. Slump.

Er zog einen Hebel, die Insassen wurden in ihre Sitze gepresst und der Berg drehte sich um 90 Grad.

Das Flugauto zischte den Berg entlang nach oben bis man nur noch Himmel durch die Fenster sah. Dann zog Dr. Slump einen anderen Hebel und das Auto machte Satz in die Waagrechte.

Unter ihnen lag jetzt eine grüne, saftige Fläche. Mitten darin breitete sich eine große Stadt wie ein Flickenteppich in verschiedenen Blautönen glitzerte. Komischerweise war Betrüger-Schorschi diese Stadt nicht aufgefallen, als er mit der Flupppuppe zum Baby unterwegs gewesen war. Offensichtlich war sie mit ihm eine andere Route geflogen.

„Urban!“ seufzte der Torwart und erklärte Betrüger-Schorschi: „Urban ist das kommunikative, hochmoderne Zentrum des Blauen Gebirges. Hier finden Sie alles, was Sie sich nur vorstellen können. Und hier können Sie jeden treffen. Vielleicht sogar ihren jungen Hubel. Obwohl ich wirklich nicht weiß, wie er hier her gekommen sein soll.“

Betrüger-Schorschi zuckte zusammen. Der junge Hubel! Den hatte er völlig vergessen. Sicher wartete er schon verzweifelt in der Stadt der Kinder und wunderte sich, warum ihm niemand zu Hilfe kam. Und wahrscheinlich sah seine Tante Pim jeden Augenblick zum Fenster hinaus, um zu sehen, ob er ihr Neuigkeiten vom jungen Hubel bringen würde.

Nun, der junge Hubel und die Tante mussten eben warten! Jetzt musste er erst einmal mit dem Baby fertig werden. Das war weitaus wichtiger. Sollte doch Tante Pim ihrem geputzten Liebling helfen!

 

Am Horizont konnte man nun den Kesselberg ausmachen. Wenn er die Augen zusammen kniff, konnte er sogar sehen, wie sich die Ärmchen des Babys bewegten. Trotz der dicken Fensterscheiben und dem Lärm, den das Flugauto machte, konnte man das Baby schreien hören.

Dr. Slump schaute Betrüger-Schorschi im Rückspiegel an und sagte: „Sie haben beim Baby offensichtlich wahre Wunder bewirkt! Ich habe es noch nie so harmlos und gleichzeitig so aufregend erlebt!“

Betrüger-Schorschi rutschte stolz auf seinem Sitz ein paar Zentimeter höher.

„Eine Schande ist das!“ sagte der Torwart. „Ich hätte Betrüger-Schorschi niemals den Auftrag geben sollen.“

„Warum denn?“ sagte Dr. Slump ehrlich verwundert. „Die Bewohner des Blauen Gebirges sind begeistert von der Wirkung, die Betrüger-Schorschis Diät beim Baby hat!“

„Freuen sich die Menschen etwa an dem ohrenbetäubenden Geschrei des Babys?“ fragte der Torwart. „Und gefällt es ihnen, zuzusehen, wie das Baby leidet?“

„Sie müssen die Sache sportlich nehmen!“ sagte Dr. Slump und drückte aufs Gas. „Kommen Sie nicht immer so moralisch! Das Baby sieht einfach zum Brüllen komisch aus, wie es so auf dem Berg sitzt und nach seinem Onkel Schorschi schreit! Das ‚Blue Magazine’ titelt heute übrigens: ‚Unglückliche Liebe: Gigant mit Speckarmen sucht Nuckelpartner.“

Dr. Slump lachte bis ihm die Augen tränten.

„Geschmacklos!“ sagte der Torwart.

Betrüger-Schorschi wand sich ungemütlich in seinem Sitz.

„Nuckelpartner!“ lachte Dr. Slump und riss seinen Mund so weit auf, dass man beide Zahnreihen bis zum Zäpfchen sehen konnte. „Das sind Sie!“

Er wischte sich mit dem Handrücken die Tränen ab und meinte: „Die Bewohner des Blauen Gebirges werden Augen machen, wenn ich Ihnen den Nuckelpartner des Babys präsentiere!“

Betrüger-Schorschi schluckte.

„Ich dachte, Sie wollten mit uns Arale suchen?“ fragte er.

„Wissen Sie denn, wie sie aussieht?“ fragte Dr. Slump und lachte.

Betrüger-Schorschi schluckte ein zweites Mal. War er Dr. Slump etwa auf den Leim gegangen? Hatte er ihn nur abgeholt, um ihn den Einheimischen unten auszuliefern?

„Natürlich will ich Arale suchen“, sagte Dr. Slump und grinste breit. „Aber so ein bisschen Spaß nebenbei kann doch nicht schaden?!“

Emily drückte ihren Finger auf die Scheibe: „Seht ihr etwa auch, was ich sehe? – Diesen riesigen Strom von Leuten, der sich auf den Kesselberg zu bewegt?“

„Sage ich doch!“ meinte Dr. Slump. „Nachdem alle bemerkt haben, dass das Baby nicht mehr mit Steinen um sich wirft, sondern nur nach Onkel Schorschi schreit und wimmert, will sich jeder mal das Baby aus der Nähe ansehen. Das ist die Chance ihres Lebens! Der Mountain-Channel und X-TV haben sich bereits das alleinige Senderecht gesichert. Wie ihr seht, haben sie auch schon alle hundert Meter ihre Leinwände aufgestellt.“

Dr. Slump flog jetzt nach unten, bis er ungefähr nur noch etwa zehn Meter über den Köpfen der Menschen flog.

Was hieß da überhaupt ‚Menschen’?!

Sicher, die meisten Lebewesen unter ihnen sahen tatsächlich wie Menschen aus. Aber es gab doch auch sehr viele, die eher in die Kategorie Tier, Monster oder Außerirdischer passten.

Betrüger-Schorschi sah auf zwei Beinen stehende Bären, Katzen und sogar einen Elefanten. Er sah Hühner mit ausladenden Hüten, Schweine in bunten Jäckchen und Hunde in glänzenden Lederhosen. Er sah lächelnde Drachen, Gestalten mit runden, schwabbeligen blauen oder rosa Körpern und einäugige Männchen mit grünen Stielaugen. Er sah Monster mit zwei Köpfen, runzlige kleine Männchen mit riesigen Insektenaugen und dosenförmige, roboterartige Wesen mit dünnen Schlauchbeinen.

Betrüger-Schorschi konnte kaum glauben, was er draußen sah. Wo war er hier nur hingeraten?

Auf einen Maskenball ganz bestimmt nicht. Dafür sahen die Monster viel zu echt aus und die Menschen viel zu lächerlich. Kaum einer war darunter, dessen Gesicht in Betrüger-Schorschis Welt normal ausgesehen hätte. Entweder waren die Münder zu breit, die Augen zu groß, die Nasen zu knubbelig, das Gesicht zu gelb oder die Haare zu blau.

Das einzige, was Betrüger-Schorschi beruhigte, war, dass auf der Straße keine aggressive Stimmung zu herrschen schien. Die Bewohner schienen viel mehr in Partylaune zu sein. Am Straßenrand standen Imbissbuden. Kinder trugen Luftballons und leckten Eiskrem, und die erwachsenen Bewohner unterhielten sich ausgelassen. Manche hatten einen runden Apparat auf dem Kopf, aus dem Musik kam, andere tanzten oder machten Kunststücke. Ein drei Meter großes, lila Monster mit langem, flauschigem Pelz hatte ein T-Shirt an mit der Aufschrift „Ich bin dein Nuckelpartner!“

„Mann, ist das ein Gewusel hier!“ sagte Dr. Slump und flog noch zwei Meter tiefer. „Da finden wir Arale ja nie!“

„Arale ist sicher da, wo etwas los ist!“ sagte Emily. „Vielleicht wirft sie gerade einen Drachen in die Luft oder benutzt ein Kleinkind als Ball.“

Dr. Slump warf ihr einen grimmigen Blick zu. „Arale ist fast schon erwachsen!“

„Ach ja?“ sagte Emily. „Und was ist da vorne los?“

In einiger Entfernung sahen sie einen Pulk von etwa zehn Personen. Im Abstand von einigen Sekunden flog zuerst ein Mädchenkopf, ein Arm und dann ein Bein in die Höhe, machte jeweils einen Looping und verschwand wieder hinter den Körpern der Menge. Die Leute klatschten bei jedem Looping.

„Arale kann was erleben!“ sagte Dr. Slump und sah sich nach einer freien Stelle um, wo er sein Flugauto landen konnte. Das war gar nicht so einfach, denn der offizielle Parkstreifen war bereits mit allen möglichen Flugautos, fliegenden Untertassen, herkömmlichen Autos und Motorrädern vollgestellt.

Dr. Slump landete deshalb mit einem Seufzer auf offenem Feld. Das würde ihm zwar einen saftigen Strafzettel einbringen, aber er musste Arale einsammeln, bevor ihre Einzelteile verloren gegangen waren.

Mit einem kleinen „Plumps“ kam das Auto zum Stehen. Dr. Slump klappte die Fenstertüren hoch und sprang aus dem Auto. Emily und der Torwart kletterten hinterher. Nur Betrüger-Schorschi blieb sitzen. Er fühlte sich im Auto irgendwie sicherer.

Dr. Slump ging auf den Pulk zu und drängte sich durch die Leute.

„Arale“ schrie er. „Hör sofort auf damit!“

Ein Schuh Arales, der gerade nach unten fiel, traf seinen Kopf. Fluchend sammelte Dr. Slump die Einzelteile auf und schraubte sie wieder zusammen.

„Weißt du eigentlich, dass wir uns große Sorgen um dich gemacht haben?“

Arale sagte nichts. Dr. Slump schraubte gerade an ihrem Kopf herum.

„Midori wäre vor Sorge um dich fast gestorben!“ schimpfte Dr. Slump weiter. „Was denkst du dir eigentlich dabei, so einen Quatsch zu machen? Da braucht nur jemand auf einen deiner Arme oder Beine zu stampfen, und schon hättest du ein Glied weniger!“

Der Kopf saß jetzt wieder an Ort und Stelle und Arale sagte: „Dann hättest du mir eben einen neuen Arm gemacht!“

„Von wegen!“ stöhnte Dr. Slump und drehte Arales rechten Arm an den Rumpf. „Ich habe andere Dinge zu tun, als frechen Robotermädchen die Arme anzuschrauben.“

„Was denn schon?“ sagte Arale.

„Zum Beispiel den Nuckelpartner des Babys aufzutreiben!“

Dr. Slump grinste und zeigte in die Richtung seines Flugautos.

„Du hast ihn gefunden?“ fragte Arale aufgeregt. „Sieht er zum Anbeißen aus? Darf ich ihn sehen?“

„Gleich!“ sagte Dr. Slump. „Lass mich nur noch deinen linken Arm anschrauben!“

„Du hast den Nuckelpartner gefunden?“ fragte ein blau-zotteliges Monster mit tischtennisballgroßem Augen. „Wie schmeckt er denn?“

„Ist es zu fassen?!“ rief eine dicke Frau mit spitzer Nase und braun-lockigem Haar. „Sie haben den Nuckelpartner gefunden? Wie aufregend!“

„Kommt alle mal her!“ schrie ein kleiner gelber Junge mit einem Skateboard unterm Arm. „Hier ist der Nuckelpartner des Babys!“

Bald drängelten sich einige Dutzend Leute um Dr. Slump und Arale.

„Halt, halt!“ wehrte Dr. Slump ab. „Ich bin doch nicht der Nuckelpartner! Ich habe ihn nur gefunden! Der Nuckelpartner sitzt in meinem Flugauto!“

„Er hat den Nuckelpartner gefunden!“ sagte eine aufgeregte Reporter-Stimme, die zu einer roten Krake gehörte. Sie drängte sich in einem rollenden Wasserglas durch die Menge. Mit einem ihrer Kraken-Arme schob sie Dr. Slump ein langes, stielartiges Mikro mit dem dreieckigen Logo des Mountain-Channels vor die Nase und rief: „Erklären Sie bitte unseren Zuschauern, wo Sie den Nuckelpartner gefunden haben!“

Ein großes Huhn mit langen staksigen Beinen und klimpernden Augen hielt eine Kamera auf Dr. Slump.

„Ich habe ihn beim Torwart aufgespürt!“ sagte Dr. Slump stolz. Er winkte in die Kamera und sagte: „Hallo Midori! Siehst du mich? Ich habe Arale gefunden! Wir bleiben noch ein Weilchen hier beim Baby-Spektakel, dann fliegen wir wieder nach Hause! Sag Turbo viele Grüße von mir ...“

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