Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht

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Neben der zentralen Vorschrift der Kabelbelegung treffen den Kabelnetzbetreiber noch weitere Vorschriften der Plattformregulierung. Der Kabelnetzbetreiber ist als Plattformbetreiber jedoch nur für eigene Programme und Dienste, nicht aber für die Inhalte Dritter verantwortlich (§ 51a Abs. 2). Ob die in den Kabelnetzen verbreiteten Programme den medienrechtlichen Anforderungen genügen, wird von den Landesmedienanstalten insbesondere im Hinblick auf die Weiterverbreitung von ausländischen Programmen überprüft. Um den Landesmedienanstalten eine derartige Überprüfung zu ermöglichen, sind die Programmveranstalter bereits einen Monat vor Beginn der Programmeinspeisung verpflichtet, im Rahmen einer Weiterverbreitungsanzeige den Landesmedienanstalten mitzuteilen, welche Programme in Zukunft in ihren Netzen digital verbreitet werden (§ 51a Abs. 2).[79] Hierbei müssen die Programmveranstalter ihre rundfunkrechtliche Lizenz vorweisen und die Einhaltung medienrechtlicher Anforderungen versichern (z.B. Jugendschutz, Abgeltung von Urheberrechten etc.). Diese Einhaltung medienrechtlicher Standards durch ausländische Programmveranstalter wird einerseits durch das im Europarecht zur Errichtung eines gemeinsamen Binnenmarktes eingeführte Anerkennungsprinzip sowie durch den Abschluss völkerrechtlicher Abkommen[80] ermöglicht.

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Als Plattformanbieter haben die Kabelnetzbetreiber ferner das Diskriminierungsverbot und Gleichbehandlungsgebot nach §§ 52c, 52d RStV zu beachten. Im Rahmen der Satzungsermächtigung des § 53 RStV haben die Landesmedienanstalten weitergehende konkretisierende Bestimmungen zur Plattformregulierung erlassen.[81]

3.2.2 Wettbewerbsrechtliche Regulierung

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Die Kabelnetzbetreiber der Netzebene 3 schließen mit den Programmanbietern (Free-TV) sog. Einspeiseverträge, bei denen sich die Kabelnetzbetreiber zum Empfang, Einspeisung und Transport der Programmsignale und die Programmanbieter zur Entrichtung eines Einspeiseentgeltes verpflichten (Einspeisemarkt). Bei Verbreitung von Free-TV Programmen erbringen die Kabelnetzbetreiber gegenüber den Programmanbietern eine von diesen nachgefragte Transportdienstleistung (sog. Transportmodell). Die mit der Kabelverbreitung erzielte technische Reichweite des Programms ist ein entscheidender Faktor für die Bemessung der Werbeentgelte gegenüber der werbetreibenden Wirtschaft. Hiervon abzugrenzen ist die Verbreitung von Pay-TV-Programmen, bei denen der Kabelnetzbetreiber als Nachfrager von bestimmten Programmen auftritt. Der Kabelnetzbetreiber entrichtet an die jeweiligen Programmanbieter entsprechende Lizenzentgelte und wird im Gegenzug berechtigt, die Programme in eigenen Programmpaketen gegen ein entsprechendes Abonnemententgelt an Endkunden zu vermarkten. In diesem sog. Vermarktungsmodell steht nicht die Transportdienstleistung, sondern die Vermarktung eines eigenen Programmproduktes, welches aus ausgewählten Programmangeboten besteht, im Vordergrund. Für die Installation eines Kabelanschlusses und die Lieferung von Rundfunksignalen an die angeschlossenen Kabelnetzbetreiber der Netzebene 4, die Wohnungswirtschaft oder Privathaushalte, erhalten die Kabelnetzbetreiber ebenfalls ein entsprechendes Entgelt. Die Einspeiseentgelte vergüten Leistungen für den Programmempfang, die technische Aufbereitung der Signale sowie deren Verbreitung in den tieferen Netzebenen. Die Endkundenentgelte werden für die Verbreitung der Programme in den Verteil- und Anschlussnetzen entrichtet, so dass es hinsichtlich der Programmverbreitung in Kabelnetzen zu einer anteiligen Kostentragung durch Sender und Endkunden kommt. Sowohl die Einspeiseentgelte als auch die Endkundenentgelte unterlagen in der Vergangenheit der Preisregulierung durch die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP).[82] Nach Inkrafttreten des TK-Rechtsrahmens und nach Durchführung der Marktanalyse in dem von der Europäischen Kommission definierten Marktsegment, dem sog. Markt 18 (Markt für Rundfunkübertragungsdienste) und den Festlegungen der Präsidentenkammer zur Marktanalyse wurde diese Regulierung im Wesentlichen fortgeschrieben, so dass die drei großen Kabelnetzbetreiber der Netzebene 3 weiterhin einer nachträglichen Preisregulierung nach § 38 TKG im Einspeisemarkt unterlagen. Ferner unterlagen die Kabelnetzbetreiber der Netzebene 3 im sog. Signallieferungsmarkt hinsichtlich ihres Vorleistungsproduktes, dem Rundfunksignal, gegenüber Netzebene 4-Betreibern einer gesonderten nachträglichen Preisregulierung. Entgelte, die gegenüber den Kunden der Wohnungswirtschaft oder Einzelendkunden erhoben werden unterlagen keiner speziellen telekommunikationsrechtlichen Regulierung. Ferner mussten die regulierten Kabelnetzbetreiber ein Diskriminierungsverbot nach § 19 TKG und § 42 TKG beachten und zudem waren weitere Auflagen wie beispielsweise die Veröffentlichung eines Standardangebots nach § 23 TKG zu befolgen.[83] Aufgrund der seitens der EU-Kommission durchgeführten überarbeiteten Märkteempfehlung wurde angesichts des stark angestiegenen Infrastrukturwettbewerbes, bei dem meist mehrere Infrastrukturanbieter im Wettbewerb um die Programmverbreitung bzw. um die Versorgung mit Programmangeboten stehen, der sog. Markt 18 aus der Liste der zur Regulierung empfohlenen Märkte gestrichen.[84] Die Bundesnetzagentur hat in der Festlegung der Präsidentenkammer vom 7.10.2010 entschieden, dass an einer sektorspezifischen Regulierung des Einspeisemarktes und des Signallieferungsmarktes für Kabelnetzbetreiber nicht länger festzuhalten sei, weshalb die Regulierungsauflagen in einem zweiten Schritt widerrufen wurden. Durch die Aufgabe der sektorspezifischen Regulierung durch die BNetzA nach Maßgabe des TKG ist nunmehr das Bundeskartellamt auf der Basis des allgemeinen Kartellrechts zuständig, um individuelle Fallkonstellationen auf ihre Wettbewerbskonformität zu überprüfen.

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Bei der Erbringung von Internetdienstleistungen und Telefonie haben die Betreiber von Breitbandkabelnetzen in der Regel keine beträchtliche Marktmacht und unterliegen deshalb keiner restriktiven Zugangsregulierung, sondern müssen vor allem die allgemeinen Bestimmungen des TKG und die ergänzenden Verordnungen beachten. Von besonderer Bedeutung sind hierbei die Vorschriften zum Kunden- und Datenschutz.

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Nur im sog. Markt 1, dem Markt für Terminierungsleistungen in das eigene Telefonnetz, unterliegen Breitbandkabelnetzbetreiber einer weiteren speziellen telekommunikationsrechtlichen Regelung. Hierbei legt die Bundesnetzagentur im Rahmen einer ex ante-Regulierung gem. § 31 TKG die Entgelte fest, die für die Entgegennahme von Telefonanrufen auf der untersten Netzkoppelungsebene erhoben werden dürfen. Hierbei ist zu unterscheiden, ob die unterste Netzkoppelungebene eine PSTN-Schnittstelle eines entsprechenden Ortsnetzes ist (so z.B. bei der Deutschen Telekom) oder eine NGN-Schnittstelle eines modernen IP-basierten Telefonnetzes (so z.B. bei Kabelnetzbetreibern wie Unitymedia).

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Ferner sind für die Verlegung von Kabelnetzen auf öffentlichem Grund die Vorschriften der §§ 68 ff. TKG zum öffentlichen Wegerecht von besonderer Bedeutung. Danach ist der Bund gem. § 68 TKG berechtigt, die öffentlichen Wege zum Zwecke der Verlegung von Telekommunikationslinien zu nutzen. Die Bundesnetzagentur kann gem. § 69 TKG dieses Nutzungsrecht auf Antrag einem Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit übertragen, so dass dieser in die Lage versetzt wird, öffentliche Straßen und Plätze zwecks Verlegung von Kabelanlagen zu nutzen. Für die Verlegung von Kabelnetzen auf privatem Grund ist der Kabelnetzbetreiber – sofern kein Ausnahmetatbestand des § 78 TKG vorliegt – verpflichtet, zuvor einen entsprechenden Gestattungsvertrag mit dem jeweiligen Grundstückseigentümer abzuschließen, um dadurch ein privatrechtliches Nutzungsrecht zu erwerben. Die Regelung des § 77a TKG gibt Telekommunikationsunternehmen Zugang zu passiver Infrastruktur und erleichtert dadurch den Auf- und Ausbau von modernen Infrastrukturen. Basierend auf der Kostensenkungs-Richtlinie (2014/61/EU) wurden zudem mit dem sog. DigiNetz-Gesetz weitere Vorschriften in das TKG aufgenommen, um den Ausbau von leistungsstarken Infrastrukturen für die Versorgung der Bevölkerung mit hohen Internetgeschwindigkeiten zu fördern und zu beschleunigen. Die wichtigsten Bereiche sind der Zugang zu passiven Infrastrukturen (§§ 77a, d TKG), die Koordinierung von Bauvorhaben (§§ 77h, i TKG), ein Netzabschlussrecht im Gebäude inklusive Mitnutzungsanspruch passiver Hausinfrastruktur (§§ 77k TKG) sowie eine Verpflichtung zur Verlegung von passiver Infrastruktur (insbesondere Kabelschächte) und Glasfaser in Neubaugebieten (§§ 77i TKG).

3.2.3 Urheberrechtliche Regulierung

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Im Gegensatz zu Satellitenbetreibern und Betreibern terrestrischer Funknetze und trotz der hoheitlichen Kabelbelegungsvorgaben unterliegen Kabelnetzbetreiber einer speziellen urheberrechtlichen Regulierung nach §§ 20, 20b und 87 Abs. 5 UrhG. Das Recht der Kabelweitersendung kann nach § 20b Abs. 1 UrhG von den Rechteinhabern nicht individuell, sondern nur kollektiv durch entsprechende Verwertungsgesellschaften geltend gemacht werden.[85] Diese Verwertungsgesellschaftspflichtigkeit besteht nicht für Rechte, die von Sendeunternehmen selbst wahrgenommen werden. Die Sendeunternehmen sind jedoch nach § 87 Abs. 5 UrhG verpflichtet, im Hinblick auf die Vereinbarung einer angemessenen Bedingung Vertragsverhandlungen mit den Kabelnetzbetreibern zu führen. Ob und inwieweit ein Kabelnetzbetreiber zur Kabeleinspeisung durch das Anbieten angemessener Bedingungen auch ohne Zustimmung des Programmanbieters berechtigt ist, ist bislang umstritten.[86] Die Fragen der Vergütungspflichtigkeit der Kabelweitersendung sind stark umstritten, da sich die Kabelnetzbetreiber in einem rechtlichen Spannungsfeld zwischen rundfunkrechtlichen Belegungsvorgaben (must-carry) zum Schutze der Meinungsvielfaltsicherung und vertraglichen Verbreitungsverpflichtungen befinden.[87] Im Gegensatz hierzu knüpft das Urheberrecht an der Beteiligung der Rechteinhaber an den geldwerten Vorteilen an, die aus der wirtschaftlichen Verwertung von urheberrechtlich geschützten Werken resultiert. Die Pflicht des Kabelnetzbetreibers zu einer kostenorientierten Bereitstellung von Übertragungskapazitäten für Rundfunkanbieter konfligiert hierbei mit dem urheberrechtlichen Prinzip der Gewinnabschöpfung bei marktwirtschaftlichen Verwertungsakten, die unter eigenverantwortlicher Nutzung urheberrechtlich geschützter Rechte erfolgen. Insbesondere der Ausfallhaftungsanspruch der Kabelnetzbetreiber nach § 20b Abs. 2 UrhG gehört seit seiner Einführung durch das 4. Urheberrechtsänderungsgesetz zu den umstrittensten Rechtsproblemen.[88] Überdies ist seit der Einführung des Urhebervertragsrechts durch die Schaffung des gesonderten Ausfallshaftungsanspruchs nach § 32 UrhG unklar, ob und inwieweit § 20b Abs. 2 UrhG noch eine eigenständige Bedeutung beanspruchen kann.[89] Das Urteil des EuGH 16.3.2017 – C-138/16 könnte jedoch zu einem Paradigmenwechsel führen, da der Gerichtshof die kabelbasierte Verbreitung von inländischen Programmen nicht als eine Kabelweitersendung an einen neuen Personenkreis bewertete, vielmehr sei die Erlaubnis zur Programmverbreitung an einen inländischen Personenkreis durch einen Kabelnetzbetreiber bereits bei der Erteilung der Erlaubnis zur ursprünglichen Ausstrahlung dieser Werke durch die nationale Rundfunkanstalt berücksichtigt worden.

 
4. Internet – IPTV

4.1 Übertragungstechnik

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Die Rundfunkverbreitung findet auch über das Internet oder unter Nutzung des Internetprotokolls statt. Insbesondere Radioprogramme werden aufgrund der geringeren Übertragungskapazitäten, die für die Live-Streams benötigt werden, bereits seit vielen Jahren von den Sendeanstalten parallel im Internet verbreitet. Vor allem durch die DOCSIS 3.0-Technologie für Breitbandkabelnetze und die DSL-Technik für Kupferdoppeladernetze wurden in den vergangenen Jahren die Übertragungsgeschwindigkeiten sehr stark erhöht, so dass auch Fernsehprogramme ohne wesentliche Qualitätsverluste über das Internet verbreitet werden können.[90] Da breitbandige Internetverbindungen in den meisten deutschen Haushalten verfügbar sind, konnte sich das Internet immer stärker als Rundfunkübertragungsweg etablieren, der in ähnlich starker direkter Konkurrenz zu Terrestrik, Satellit und Kabel steht. Anbieter wie Zattoo und Waipu verbreiten ein Portfolio linearer Rundfunkprogramme unter Nutzung der IP-Streaming- Technologie über das offene Internet an ihre registrierten Kunden (geschlossene Benutzergruppe) und auch Sendeunternehmen haben begonnen, ihre linearen Programme und einzelne Sendungen auf Abruf über eigene Websites oder entsprechende Apps den Rezipienten zur Verfügung zu stellen. Anbieter wie Netflix, AmazonPrime und Maxdome nutzen ebenfalls das Internet als Vertriebsweg für ihre bezahlpflichtigen Abonnementdienste für Filme, Serien und weitere Dienste, jedoch kann das Portal YouTube bei weitem die meisten Nutzer auf sich ziehen. Auch die traditionellen Telekommunikationsunternehmen haben ihr Produktportfolio um die neue Sparte „Rundfunk“ erweitert, um den Kunden ein sog. „Triple Play-Angebot“ unterbreiten zu können. Insbesondere die dem Internet „angeborene“ Abruffunktionalität, die durch den Aufbau einer rückkanalfähigen Punkt-zu-Punkt-Verbindung stets gegeben ist, ermöglicht es, über das Internet Filme als video-on-demand Dienste anzubieten. Durch diese individuelle Zugriffsmöglichkeit auf eine virtuelle Videothek hat das Internet eine erhebliche Auswirkung auf die Veränderung der allgemeinen Nutzungsgewohnheiten und das Wettbewerbsverhältnis der Distributionswege.[91] Dies hat auch erheblichen Einfluss auf die medienrechtliche Einordnung bzw. Abgrenzung von Diensten als Rundfunk, Medien- oder Teledienste.[92] Die Landesmedienanstalten haben sich von ihren früheren Festlegungen abgewendet und qualifizieren Rundfunkangebote, die über das Internet bzw. unter Nutzung des Internetprotokolls verbreitet werden, grundsätzlich als Rundfunk i.S.d. § 20 RStV.

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Technisch ist jedoch zwischen Web-TV bzw. Internet-Fernsehen im allgemein zugänglichen world wide web und IPTV zu unterscheiden. Das Web-TV nutzt die Streaming-Technologie in Form von Live-Streams, die zeitgleich mit den über andere Verbreitungswege verbreiteten Programminhalten im Internet jedem Nutzer zur Verfügung gestellt werden (z.B. Zattoo, Waipu, Apps der Sendeunternehmen, etc.). Trotz des notwendigen Aufbaus einer entsprechenden Verbindung zwischen dem Nutzer und dem Server, über welchen der Live-Stream zur Verfügung gestellt wird, handelt es sich bei Live-Streams um linear verbreitete Rundfunkangebote, da sie ohne zeitliche Verzögerung an die Allgemeinheit „gesendet“ werden. Davon zu unterscheiden sind Programminhalte, die auf Servern zum individuellen zeitversetzten, nicht-linearen Abruf zur Verfügung gestellt werden (z.B. Abrufinhalte in Mediatheken, Netflix, Maxdome, etc.); diese Abrufangebote werden in der Regel rechtlich als Telemedien qualifiziert. Für die Bereitstellung von Abrufinhalten wurden unterschiedlichste Begrifflichkeiten entwickelt, die meist nicht trennscharf verwendet werden. Audiovisuelle Abrufinhalte fallen grundsätzlich unter den technischen Oberbegriff Video-On-Demand (VoD), wobei aus wirtschaftlicher Sicht unter VoD in erster Linie Programmplattformen verstanden werden, die Programminhalte zum kostenpflichtigen Abruf bereitstellen; entweder Bezahlung je Film (Transactional VoD) oder monatliche Abonnements für eine Filmbibliothek (Subscriptional VoD). Mit dem Begriff „Catch-Up TV“ werden hingegen Inhalte bezeichnet, die meist noch 7 Tage nach der linearen TV-Verbreitung auf Video-On-Demand-Plattformen kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Noch kürzer verfügbar sind Programminhalte beim sog. Instant Re-Start bzw. Start-Over, da bei dieser Abruffunktionalität ein bereits laufendes lineares Rundfunkprogramm nochmals von Anfang an gestartet werden kann, so lange die Sendezeit des Programms noch nicht beendet ist. Als „Podcasts“ werden hingegen in der Regel audiovisuelle Inhalte bezeichnet, die ähnlich wie Catch-Up-TV zum kostenfreien Abruf bereitgestellt werden. Erfolgte die Nutzung der Abrufinhalte bislang meist am Computer, ermöglichen die VoD Plattformen von Kabelnetzbetreibern und DSL-Anbietern sowie hybride TV-Geräte, die einen Internetzugang über Funkverbindungen aufbauen, oder Zusatzdienste wie Google-TV eine Verschmelzung zwischen Fernsehen und Internet, so dass das TV-Gerät immer mehr zu einem Bilddarstellungsgerät wird, auf dem die unterschiedlichsten Inhalte linear oder nicht-linear genutzt werden können. Das Web-TV bzw. die Videonutzung im Internet gewann auch wegen der komfortablen Zugriffsmöglichkeit über Apps in den letzten Jahren großen Zuspruch. Insgesamt zeigt sich der Trend zur meist komplementären Nutzung von internetbasierten Rundfunk und Video-On-Demand-Inhalten auch in der stetig steigenden Anzahl von interaktiven TV-Geräten, die mit dem Internet verbunden sind (sog. iDTV), wobei auch Laptops, Spielkonsolen, Streamingboxen etc. immer stärker genutzt werden.[93] Dieser Wachstumstrend setzt sich beständig fort, insbesondere bei jüngeren Nutzergruppen.

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Von diesen Formen des „Internet-Fernsehens“ ist der speziellere Begriff „IPTV“ abzugrenzen, der jedoch ebenso wenig ein legal definierter Begriff ist. IPTV ist die Bezeichnung eines Übertragungsstandards, der die Rundfunkverbreitung unter Verwendung des Internet-Protokolls ermöglicht. In der Praxis wird unter IPTV jedoch meist die lineare Verbreitung von Rundfunkprogrammen unter Nutzung des Internetprotokolls über DSL-Netze verstanden.[94] Die Einschränkung des Begriffsverständnisses auf die Übertragung über DSL-Netze ist jedoch grundsätzlich nicht zutreffend, da die Rundfunkübertragung unter Verwendung des Internetprotokolls auch über alle klassischen Verbreitungswege realisiert werden kann, und angesichts der technischen Konvergenz ist es in Zukunft nicht fernliegend, dass sich dieser IP-basierte Übertragungsstandard auch in den herkömmlichen Infrastrukturen durchsetzen wird.

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Anders als beim Web-TV werden im Rahmen des IPTV einem zuvor registrierten Nutzerkreis Rundfunkprogramme zugeleitet, wobei der Empfang über einen an das DSL-Modem angeschlossenen speziellen Decoder erfolgt, der die Darstellung der Programme auf dem Fernsehgerät ermöglicht. Die Programme werden von den Telekommunikationsunternehmen innerhalb der eigenen Infrastruktur nur in den zur Rundfunkübertragung reservierten Übertragungskapazitäten verbreitet. Hierbei wird die IP-Multicast Funktionalität verwendet, mit Hilfe derer ein Inhalt nicht mehr jedem einzelnen Nutzer gesondert zugesendet wird (Unicast), sondern es werden mehrere Nutzer in eine Gruppe zusammengefasst, der Inhalt nur einmal an diese Gruppenadresse gesendet und erst im letzten Netzknotenpunkt im DSLAM für mehrere Empfänger vervielfacht.[95] Durch das IP-Multicast werden große Mengen an Übertragungsbandbreiten eingespart und somit eine wesentliche Voraussetzung zur Realisierung von IPTV geschaffen. Trotz der Verwendung des IP-Multicast werden noch immer hohe Bandbreiten für die IPTV-Verbreitung benötigt. Deshalb können IPTV-Angebote in der Regel nur in Netzen vermarktet werden, die entsprechend hohe Übertragungskapazitäten von meist über 16 Mbit/s bereitstellen und dadurch einen ausreichenden Qualitätsstandard gewährleisten.[96] Die Übertragung von bandbreitenintensiven HD-Programmen über IPTV-Netze erfolgt in der Regel erst bei verfügbaren Bandbreiten von ca. 50 Mbit/s.

4.2 Rechtliche Rahmenbedingungen

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Telekommunikationsunternehmen, die über ihre DSL-Netze IPTV anbieten, werden gem. § 2 Abs. 2 Nr. 13 RStV als Plattformbetreiber qualifiziert und unterliegen der Plattformregulierung nach §§ 52 ff. RStV.[97] Auch im Bereich des Urheberrechts hat eine Gleichstellung zwischen den traditionellen Kabelnetzbetreibern und den Betreibern von DSL-Netzen eingesetzt, so dass die oben gemachten Ausführungen zu der urheberrechtlichen Regulierung von Breitbandkabelnetzen auf die Betreiber von DSL-Netzen übertragen werden können.

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Anbieter von Web-TV Angeboten, die über das offene Internet (www) verbreitet werden (z.B. zattoo), werden nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 RStV zwar als Plattformbetreiber qualifiziert, dennoch ist die spezifische Plattformregulierung der §§ 52 ff. RStV in der Regel nicht auf diese Plattformen anwendbar, da diese mangels marktbeherrschender Stellung nicht der Plattformregulierung unterworfen werden, § 51 Abs. 1 S. 2 RStV.[98]