Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht

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1.2 Rechtliche Rahmenbedingungen

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Die Regulierung der terrestrischen Verbreitung hat sowohl telekommunikationsrechtliche als auch rundfunkrechtliche Anknüpfungspunkte, die in erster Linie die Vergabe der Übertragungsfrequenzen an Netzbetreiber (Netzbetrieb) und Programmveranstalter (Programmverbreitung) betreffen. Die telekommunikationsrechtliche Frequenzvergabe erfolgt in einem abgestuften System der planerischen Frequenzverwaltung, die in drei aufeinander aufbauenden Schritten umgesetzt wird. In einem ersten Schritt wird von der Bundesregierung nach Maßgabe des § 53 TKG ein nationaler Frequenzbereichszuweisungsplan erstellt. Hierbei werden unter Berücksichtigung der durch die International Telecommunications Union (ITU) international koordinierten Frequenzzuweisungen[44] bestimmte Frequenzbereiche dem Rundfunk zugewiesen. Im Rahmen der sog. „Digitalen Dividende“ erfolgte jedoch eine frequenzplanerische Umwidmung von einzelnen vormals dem Rundfunk zugewiesenen DVB-T Frequenzen, die nunmehr der mobilen Internetnutzung gewidmet wurden. Die Bundesnetzagentur versteigerte diese Frequenzen an Mobilfunkbetreiber, die diese Frequenzen für terrestrische Internetdienste – insbesondere zur Versorgung der ländlichen Gebiete – mittels LTE-Technologie verwenden müssen. Die konkrete Nutzung der Frequenzen soll nach Maßgabe der allgemeinen Zielsetzungen des TKG effizient und störungsfrei erfolgen.

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Derartige terrestrische Rundfunkfrequenzen (DVB-T) werden durch die BNetzA im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens nach § 61 Abs. 5 TKG und nach Maßgabe des von den Bundesländern definierten Versorgungsbedarfs vergeben, §§ 55 Abs 1, 57 TKG i.V.m. §§ 50, 51 RStV.[45] Wurden einem Betreiber eines terrestrischen Sendenetzes Frequenzen zur Rundfunkübertragung durch die BNetzA zugewiesen, ist dieser jedoch nicht frei bei der anschließenden Nutzung oder Vergabe dieser Übertragungskapazitäten. Denn zum einen ist die Art der Frequenznutzung zum Zweck der Rundfunkübertragung im Rahmen der telekommunikationsrechtlichen Frequenzvergabe für ihn bindend und zum anderen wird ihm auch die konkrete Belegung der terrestrischen Übertragungskapazitäten mit entsprechenden Rundfunkprogrammen bzw. Telemedienangeboten im Rahmen des medienrechtlichen Zuordnungsverfahrens vorgeschrieben, § 51 RStV.[46]

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Die Art und Weise der Vergabe von drahtlosen (terrestrischen) Übertragungskapazitäten an Programmanbieter wurde im Rahmen des RÄStV-10 durch die Bestimmungen der §§ 51, 51a RStV geregelt. Danach entscheiden die Ministerpräsidenten der Länder in einem ersten Schritt über die Zuordnung von Übertragungskapazitäten an die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten und – in Vertretung für die privaten Programmveranstalter – an die Landesmedienanstalten (Zuordnungsverfahren nach § 51 RStV). In einem zweiten Schritt schreiben die Landesmedienanstalten (durch die ZAK) die für die privaten Rundfunkveranstalter zugeordneten Übertragungskapazitäten aus (Ausschreibungsverfahren gem. § 51a Abs. 2) und weisen diese Kapazitäten einzelnen Programmveranstaltern oder Plattformbetreibern zu, welche einen entsprechenden Zuweisungsantrag gestellt haben (Zuweisungsverfahren). Sofern im Rahmen des Zuweisungsverfahrens aufgrund eines Frequenzengpasses unter mehreren Antragstellern eine Auswahlentscheidung zu treffen ist, trifft die GVK diese Entscheidung unter Berücksichtigung von Vielfaltkriterien gem. § 51a Abs. 4. Im Ergebnis werden durch dieses verzahnte rundfunkrechtliche Zuordnungsverfahren von den in der Regel sechs vorhandenen DVB-T-Frequenzen den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten drei Frequenzen zugeteilt (ARD zwei, ZDF eine Frequenz). Die restlichen Übertragungskapazitäten werden von den Landesmedienanstalten ausgeschrieben. Sofern sich die großen Senderfamilien RTL-Mediengruppe und ProSiebenSat1 an diesen Ausschreibungen beteiligen, erhalten sie in dem nach § 51a RStV durchgeführten Vergabeverfahren bislang in der Regel jeweils eine volle Übertragungskapazität (vier Programmplätze).[47] Aufgrund der vollständigen Belegung der terrestrischen Verbreitungsfrequenzen mit einem Gesamtangebot, das ausschließlich durch die Ministerpräsidenten und Landesmedienanstalten zusammengestellt wird, wird der terrestrische Sendenetzbetreiber Media Broadcast als Betreiber einer Programmplattformbetreiber i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 13 RStV i.V.m. § 52b Abs. 3 Nr. 2 RStV qualifiziert und unterliegt dadurch nicht der weitergehenden spezifischen Plattformregulierung nach §§ 52b RStV (must-carry-Regulierung).

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Im November 2003 wurde in Berlin erstmals mit der Ausstrahlung von DVB-T begonnen, wobei die privaten Programmanbieter seitens der Landesmedienanstalt finanzielle Zuwendungen erhielten, was zum einen wegen der eingeschränkten Möglichkeiten der Verwendung von Rundfunkgebühren nach § 40 RStV problematisch ist[48] und zum anderen ein beihilferechtliches Missbrauchsverfahren der EU-Kommission nach Art. 107 AEUV (ex 87 EGV) auslöste.[49] Die EU-Kommission fördert den Digitalumstieg als wichtiges Ziel der Gemeinschaft, verlangt jedoch, dass die Mitgliedstaaten die Art und Weise der finanziellen Unterstützungsleistungen im Einklang mit den subventionsrechtlichen Bestimmungen gem. Art. 107, 108 AEUV (Art. ex 86, 87 EGV) infrastrukturneutral ausgestalten, um Diskriminierungen zu Lasten einzelner Infrastrukturbetreiber zu verhindern.[50]

2. Satellit

2.1 Übertragungstechnik

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Begünstigt durch den signifikanten Rückgang der Kosten der Empfangstechnik und aufgrund des großen über Satellit empfangbaren Programmangebots hat dieser Verbreitungsweg in den letzten Jahren die größten Zuwachsraten bei den deutschen Fernsehhaushalten erfahren. Über 46 % der ca. 38 Mio. Fernsehhaushalte in Deutschland nutzen die Satellitentechnik zum Rundfunkempfang,[51] weshalb dieser Verbreitungsweg gemessen an seiner Reichweite zur wichtigsten Verbreitungsinfrastruktur für Rundfunkdienste geworden ist. Für viele Fernsehveranstalter ist die Nutzung dieses Verbreitungswegs jedoch unabhängig von der Zuschauerreichweite unerlässlich, da sie die Satellitenübertragung in vielen Fällen allein schon zur Heranführung der Programmsignale an die terrestrischen Sendenetze sowie an die Kabelkopfstationen zwecks paralleler Verbreitung über diese Infrastrukturen nutzen.

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Bislang haben sich von den 10 Satellitenbetreibern mit insgesamt mehr als 20 Satelliten im westeuropäischen Markt vor allem zwei Anbieter von Satellitenplattformen etablieren können. Zum einen SES Astra S. A. (Luxemburg) mit den Astra-Satelliten auf den gängigen Orbitpositionen 19,2° Ost und 28,2° Ost und zum anderen Eutelsat S. A. (Frankreich) mit den Hotbird-Satelliten vor allem auf den Orbitpositionen 13° Ost und 8° West. Diese Nachrichten- und Kommunikationssatelliten umkreisen die Erde auf sog. geostationären Positionen in ca. 36 000 km Höhe, so dass sie von der Erde aus betrachtet immer an demselben Ort stehen.[52] Von einer sog. Uplink-Satellitenschüssel (ca. 9 m Durchmesser) werden die Programminhalte zu dem entsprechenden Satelliten gesendet. Letzterer empfängt das Signal der Bodenstation auf dem Satelliten-Transponder (Signalweg mit einer Kapazität von 36 MHz), verstärkt es und sendet es zurück auf die Erde. In der großflächigen Empfangszone des Satelliten (footprint) kann – sofern eine Sichtverbindung gegeben ist – das Programmsignal mit einer Parabolantenne empfangen werden (ca. 60–90 cm Durchmesser). Bei der Satellitenverbreitung wird das Modulationsverfahren QPSK[53] verwendet, weshalb das Satellitensignal in eine für Fernsehgeräte taugliche Signalaufbereitung (QAM-Standard[54]) moduliert werden muss. Beim Direktempfang der Satellitensignale mit sog. Sat-ZF-Anlagen muss deshalb das Signal vom Zuschauer durch einen eigenen Satellitenreceiver zuvor aufbereitet werden, um auf dem Fernsehgerät dargestellt werden zu können. Diese Form der Signalmodulation mittels eines zusätzlichen Empfangsgeräts wird beim Aufbau von sog. SMATV-Anlagen[55] vermieden, da diese die Satellitensignale zentral für alle versorgten Haushalte im QAM-Standard aufbereiten und in der Regel über ein Hausverteilnetz an die angeschlossenen Haushalte verbreiten, die dann zum Empfang keinen zusätzlichen Satelliten-Receiver benötigen.

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Da auf einem digitalen Transponder im Gegensatz zu einem analogen Transponder, der nur 1 Programm verbreiten kann, 8-10 Fernsehprogramme in SD-Qualität verbreitet werden können, ist die Programmvielfalt beim digitalen Satellitenempfang um ein Vielfaches höher als beim analogen Empfang, und die Kosten der digitalen Verbreitung sind entsprechend niedriger. Dies führte letztlich dazu, dass sich die Rundfunkveranstalter in Zusammenarbeit mit SES Astra entschieden haben, die analoge Programmverbreitung über Satellit in Deutschland im Mai 2012 zu beenden.

Die Zahl der empfangbaren Programme kann seitens des Zuschauers bzw. Empfängers durch den Einsatz von sog. Twin-LNBs[56] vergrößert werden. Ein LNB empfängt die von der Satellitenschüssel eingefangenen und zurückgespiegelten Programmsignale und setzt diese für die kabelgestützte Weiterverbreitung zum Endgerät um. Sofern zwei LNB parallel eingesetzt werden (Twin-LNB) können die Satellitensignale von Transpondern zweier unterschiedlicher Satellitenpositionen empfangen werden (z.B. Astra und Hotbird), was zu einer erheblichen Ausweitung des empfangbaren Programmangebots führt.

2.2 Rechtliche Rahmenbedingungen

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Auch im Hinblick auf die Nutzung von satellitären Übertragungskapazitäten stellen sich allein schon wegen der großen Bedeutung dieses Übertragungsweges für die Rundfunkveranstalter medienrechtliche Zugangsfragen. Im Fokus stehen dabei die Bedingungen, unter denen Satellitenbetreiber ihre Übertragungskapazitäten (Transponder) an die Rundfunkveranstalter vermieten. Doch da die Satellitenbetreiber nicht in Deutschland ansässig sind, unterliegen die Betreiber der Satellitenplattformen bei der Vergabe der Transponderkapazitäten faktisch nicht dem rundfunkrechtlichen Regulierungsregime der Plattformregulierung nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 i.V.m. § 52 RStV ff.[57] Sowohl Eutelsat als auch SES Astra betreiben auch eigene digitale Verbreitungsplattformen für die Pay-TV Vermarktung und die Verschlüsselung von Free-TV-Programmen. Darüber hinaus hat SES Astra bereits im Jahr 2009 eine Programmplattform zur Verschlüsselung und Verbreitung von HDTV-Inhalten der RTL-Gruppe und ProSiebenSat.1-Gruppe entwickelt (sog. HD+-Plattform), die den Zuschauern Zugang zu diesen HD-Programmen nur gegen Bezahlung einer zusätzlichen Freischaltungsgebühr ermöglicht. Durch diese Programmplattform, die eine Programmplattform gem. § 2 Abs. 2 Nr. 13 i.V.m. § 52b Abs. 3 RStV darstellt, können die Programmveranstalter ihre Programmsignale mittels der eingesetzten Verschlüsselung schützen und zudem eine weitere Einnahmequelle erschließen, die sie somit weniger abhängig von Werbeeinnahmen machen. Zur Erbringung der hierzu benötigten technischen Dienstleitungen hat SES Astra seinerzeit den digitalen Play-Out Center (APS) von Premiere erworben,[58] um mit Hilfe dieser technischen Infrastruktur eine eigene Verbreitungsplattform aufzubauen, die in erster Linie Verschlüsselung, Multiplexing und den Satelliten-up-link ermöglicht. Diese Verbreitungsplattform von SES Astra mit Sitz in Unterföhring (Deutschland) unterliegt sowohl der Plattformregulierung nach §§ 52 ff. RStV als auch, im Hinblick auf den Betrieb des Verschlüsselungssystems, der Regulierung des § 50 TKG und des § 52c RStV. Einer Belegungsverpflichtung nach § 52b unterliegt die Programmplattform von SES Astra (HD Plus GmbH) jedoch wegen des Ausnahmetatbestandes des § 52b Abs. 3 RStV nicht, da sowohl die must-carry-Programme nach § 52b Abs. 1 Nr. 1 als auch ein vielfältiges Gesamtangebot nach § 52b Abs. 1 Nr. 2 (can-carry-Programme) mit einer Satellitenschüssel über die gleiche Orbitalposition in SD-Qualität empfangbar sind, die auch für die satellitäre Verbreitung der verschlüsselten HD-Programme der HD+-Plattform verwendet wird. Für die Frage des Betriebs von Satellitenverbreitungs- und -vermarktungsplattformen ist in Deutschland überdies die wettbewerbsrechtliche Regulierung durch das Bundeskartellamt von entscheidender Bedeutung.[59]

3. Kabel

3.1 Übertragungstechnik

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Unter den klassischen Rundfunkverbreitungswegen wird das Breitbandkabelnetz in Deutschland meist als der Königsweg bezeichnet, da zumindest bis zum Jahr 2014 die meisten Fernsehhaushalte über diese Infrastruktur ihre Rundfunksignale bezogen. Trotz etwas rückläufiger Anschlusszahlen sind noch immer ca. 46 % der deutschen Fernsehhaushalte an diese Infrastruktur angeschlossen. Das überregionale Kabelverteilnetz wurde vormals von der Deutschen Bundespost zu Beginn der 80er Jahre aufgebaut und besteht teilweise noch immer aus einer Vielzahl einzelner Teilnetze, in die über sog. Kabelkopfstationen die in der Regel satellitär oder teilweise auch terrestrisch herangeführten Programmsignale eingespeist werden. In der Vergangenheit wurden die kleineren Teilnetze meist über AMTV-Richtfunkstrecken mit Programmsignalen versorgt, damit nicht an jeder einzelnen Kabelkopfstation der kostenintensive Empfang und die Programmaufbereitung aller Programme separat erfolgen muss.[60] Im Zuge der Modernisierung der Kabelnetzinfrastruktur, die durch eine Frequenzerweiterung und Einrichtung eines Rückkanals gekennzeichnet ist, wurden sowohl die Netzelemente im Verteilnetz als auch die Hausverteilanlagen weitgehend durch moderne Netzkomponenten ersetzt, so dass die Netze überregionaler Kabelnetzbetreiber ganz überwiegend aus Glasfaser bestehen. Insbesondere wurden aber die Teilnetze bzw. „Kabelinseln“ mittels großer Glasfaserringe miteinander verbunden, so dass die ehemaligen AMTV-Richtfunkstrecken oder auch der lokale Satellitenempfang durch eine leitungsgebundene Versorgung abgelöst wurden. Hierdurch entstehen teilweise große Netzcluster, die zumindest bei den drei großen Netzbetreibern Vodafone, Unitymedia und Telecolumbus mehrere Bundesländer umfassen.

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Bei der Verbreitung von Rundfunkinhalten von der Signalquelle bis zum Zuschauer werden verschiedene Verbreitungsetappen, sog. Netzebenen, unterschieden. Die Netzebene 1 verbindet die Studiotechnik des Programmveranstalters mit einer terrestrischen Sendestation, einem Satelliten-Uplink oder direkt mit einem Kabelnetz. Auf der Netzebene 2 wird das Programmsignal vom Satelliten-Uplink zu dem Satelliten-Transponder im All und von dort auf die Erde zurück zu einer Satelliten-Empfangsanlage (z.B. Kabelkopfstation oder einer Direktempfangsanlage) gesendet. Auf der Netzebene 3 werden die empfangenen Rundfunksignale durch die Kabelnetze großflächig in die Stadtgebiete bis in die Straßenzüge zu den einzelnen Häusern verteilt. In den Wohnhäusern befinden sich die sog. Hausverteilnetze (Netzebene 4), welche über die meist im Keller gelegenen Übergabepunkte mit dem Kabelnetz der Netzebene 3 verbunden sind und von dort aus die einzelnen Wohneinheiten versorgen. In den Wohnungen selbst wird das Fernsehgerät mit einem Antennenkabel (Netzebene 5) an das Hausverteilnetz angeschlossen. Anders als international üblich, existiert in Deutschland die strukturelle Besonderheit, dass die Eigentumsverhältnisse an der Netzebene 3 und 4 überwiegend getrennt sind. So wird die Netzebene 3 in der Regel von den Kabelgesellschaften Vodafone, die die Kabel Deutschland erworben hat, und Unitymedia betrieben. Die Netzebene 4 wird nur teilweise von den vorgenannten Gesellschaften der Netzebene 3 betrieben. Vielmehr steht die Netzebene 4 entweder im Eigentum von professionellen Netzebene 4-Betreibern, der Wohnungswirtschaft oder von Endkunden. Die sog. Netzebene 4-Betreiber (wie beispielsweise teilweise die Telecolumbus) schließen sich entweder an die Netze der Netzebene 3-Betreiber an, um die Rundfunksignale aus deren Netzen zu empfangen und an die Endkunden weiterzuverkaufen, oder aber sie bauen eigene Kabelkopfstationen auf (eigene Netzebene 3-Technik) mit denen sie kleinere Netzinseln bestehend aus Netzebene 3 und Netzebene 4 mit Rundfunksignalen versorgen. Der Bereich der Endkunden besteht zum einen aus großen Wohnungsbaugesellschaften, die die Rundfunksignale für ihre Mieter beziehen und diesen im Rahmen der Nebenkostenabrechnung[61] in Rechnung stellen und zum anderen aus Privatleuten, die beispielsweise in Einfamilienhäusern das Hausverteilnetz selbst errichtet haben und dieses selbständig betreiben.

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Das herkömmliche Kabelnetz wird in einem Frequenzbereich von ca. 40–862 MHz genutzt. In diesem Frequenzspektrum werden die vorhandenen Kabelkanäle überwiegend für digitale Dienste wie Digital-TV, Video-On-Demand, Internet und Telefonie verwendet. In den meisten Kabelnetzen werden jedoch in der Regel noch über 30 Kanäle in analoger Form für Fernseh- und Radioangebote verwendet. Im Gegensatz zu einem analogen Kabelkanal können auf einem digital genutzten Kabelkanal statt nur einem in der Regel 12–16 Fernsehprogramme in SD-Qualität verbreitet werden. Vor dem Hintergrund der immer weitergehenden Nachfrage nach Übertragungskapazitäten für die Verbreitung von HD-Programmen, der Nutzung interaktiver Dienste wie Video-On-Demand sowie der steigenden Nachfrage nach High-Speed-Internetzugängen ist die Umwidmung der noch vorhandenen analogen Kabelkanäle für eine effizientere, digitale Nutzung die notwendige und logische Folge.

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Ihre wesentliche Stärke entfalten die Kabelnetze jedoch erst im Fall der Einrichtung eines Rückkanals, mit dessen Hilfe über das Breitbandkabelnetz auch ein Internetzugang geschaffen werden kann und hierbei auf der Basis der DOCSIS 3.0 Technologie hohe Übertragungsgeschwindigkeiten von 500 Mbit/s angeboten werden können. Mit der Einführung des DOCSIS 3.1-Standards wird die Leistungsfähigkeit der Kabelnetze noch erweitert, so dass Internetgeschwindigkeiten von über 1 Bbit/s standardmäßig möglich sind. Dabei wird das Internet als „always on“-Medium verwendet, so dass entweder eine vom genutzten Datenvolumen unabhängige Flatrate angeboten wird, oder nur für die empfangenen bzw. versendeten Datenmengen, nicht aber für die „Online-Zeit“, Entgelte berechnet werden. Durch die Entwicklung der vormals unidirektionalen Rundfunkverteilnetze zu rückkanalfähigen Kommunikationsnetzen, die hohe Internet-Bandbreiten zur Verfügung stellen, können die Breitbandziele der Bundesregierung (Internetzugänge mit über 50 Mbit/s sollen 100 % der Bevölkerung zum Jahr 2018 technisch zur Verfügung stehen) erreicht werden. Über den Internetzugang wird in der Regel auch Telefonie (sog. „Voice over IP“), angeboten. Das gemeinsame Angebot von Rundfunk, High-Speed-Internetzugang und Telefonie (sog. „Triple-Play“) über denselben Kommunikationsweg macht das Kabel zu einer zukunftsorientierten und ökonomisch attraktiven Infrastruktur, die nicht mehr nur als reines Rundfunkverteilnetz genutzt wird, sondern vielmehr eine Kommunikationsinfrastruktur bereitstellt, über die eine Vielzahl multimedialer Dienste zu empfangen sind.

3.2 Rechtliche Rahmenbedingungen

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Die Kabelnetze, über die Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit erbracht werden, unterliegen ausgehend von den Vorgaben des europäischen Telekommunikationsrechtsrahmens[62] einer weitreichenden telekommunikationsrechtlichen Regulierung.

3.2.1 Rundfunkrechtliche Regulierung

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Im Hinblick auf die rundfunkrechtlich besonders wichtige Frage der Regulierung des Zugangs zu den teilweise knappen Übertragungskapazitäten des wichtigsten Rundfunkverbreitungsweges sind die Regelungen zu Art, Weise und Umfang der (hoheitlichen) Kabelbelegungsvorschriften in allen Mitgliedstaaten der europäischen Union seit jeher von herausragender Bedeutung. Der Gemeinschaftsgesetzgeber hat in Art. 31 Universaldienstrichtlinie (UDRL)[63] einen technologieneutralen Regulierungsansatz für alle Infrastrukturbetreiber gewählt und hierbei trotz des Grundsatzes der Inhaltsneutralität des europäischen TK-Rechtsrahmens einen Ausgleich zwischen den Interessen des Rundfunks einerseits und den Interessen der Eigentümer der jeweiligen Übertragungsinfrastrukturen andererseits geschaffen. In Anbetracht der zunehmenden Wahlfreiheit der Verbraucher bzgl. des genutzten Empfangsweges und des starken Infrastrukturwettbewerbes wurde in Art. 31 UDRL festgelegt, dass die Mitgliedstaaten nur dann Infrastrukturbetreibern zumutbare Übertragungsverpflichtungen für Rundfunkdienste auferlegen dürfen, wenn diese Netze von den Nutzern als Hauptmittel zum Empfang von Rundfunkprogrammen genutzt werden. Überdies dürfen derartige Übertragungsverpflichtungen nur auferlegt werden, soweit sie zur Erreichung klar umrissener Ziele von allgemeinem Interesse erforderlich sind; sie müssen verhältnismäßig und transparent sein und regelmäßig überprüft werden. Diese gemeinschaftsrechtliche Vorgabe des Art. 31 UDRL wurde im Hinblick auf die analogen Kabelbelegungsvorschriften formell und nur teilweise in § 51b Abs. 3 RStV übergeleitet, ohne jedoch diese „Rahmengesetzgebung“ inhaltlich auszufüllen. Danach sind landesrechtliche Regelungen zur analogen Kanalbelegung für den Rundfunk zulässig, soweit sie zur Erreichung klar umrissener Ziele von allgemeinem Interesse erforderlich sind. Insbesondere können diese Vorgaben zur Sicherung einer pluralistischen, am Gebot der Meinungsvielfalt und Angebotsvielfalt orientierten Medienordnung getroffen werden. Folglich unterliegen die Kabelnetze rundfunkrechtlichen Regulierungen unterschiedlichster „Landesfärbung“, die die jeweils zuständige Landesmedienanstalt berechtigen, zum Zweck der Meinungsvielfaltsicherung den Kabelnetzbetreibern per Verwaltungsakt konkrete Vorgaben hinsichtlich der Belegung der Kabelkanäle mit bestimmten Programmangeboten (sog. must-carry Programme) zu machen. Im Rahmen der rundfunkrechtlichen Netzregulierung ist jedoch zu beachten, dass die must-carry Regelungen in Abhängigkeit davon, ob es sich um analog oder digital verbreitete Rundfunkprogramme handelt, in Struktur und Umfang sehr unterschiedlich sein können.

 

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Aufgrund der das Angebot weit übersteigenden Nachfrage nach analogen Übertragungskapazitäten unterliegt die analoge Kabelbelegung einer sehr restriktiven Zugangsregulierung, die gem. § 51b Abs. 3 RStV der jeweiligen Ausgestaltung durch den Landesgesetzgeber unterworfen ist. Die Bundesländer haben ihre diesbezügliche Ausgestaltungsfreiheit in Anspruch genommen, weshalb die jeweiligen Kabelbelegungsvorschriften somit sehr unterschiedlich ausgeprägt sind. Während in einigen Bundesländern eine liberale Regulierung den Kabelnetzbetreibern in gewissem Umfang einen Belegungsfreiraum zubilligt,[64] werden in anderen Bundesländern ausnahmslos alle verfügbaren analogen Kabelkanäle von Belegungsvorgaben der Landesmedienanstalt erfasst,[65] obwohl sich die gesetzgeberische Zielsetzung allein in der Verhinderung von Meinungsmonopolen durch Gewährleistung eines vielfältigen Programmangebots erschöpft.[66] Ein solches vollständiges analoges Kabelbelegungsmonopol einer Landesmedienanstalt ist nach weitverbreiteter Auffassung mit dem Grundsatz einer verhältnismäßigen Ausgestaltung der Belegungsvorgaben nicht vereinbar.[67] Auch die Europäische Kommission sah die Umsetzung der Universaldienstrichtlinie in Deutschland als unzureichend an und leitete ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland ein.[68] Deshalb war es lange Zeit umstritten, ob die unionsrechtlichen Bestimmungen des Art. 31 Universaldienstrichtlinie[69] einer Vollbelegung des analogen Kabelnetzes durch die Landesmedienanstalten entgegensteht. Dennoch hat der EuGH in einem Urteil v. 22.12.2008 den Mitgliedsstaaten die Befugnis für ein umfassendes Belegungsregime bis zur Vollbelegung zugestanden, obwohl der Wortlaut der Universaldienstrichtlinie ("bestimmte Fernsehkanäle") für ein gegenteiliges Ergebnis spricht.[70] Ein wesentlicher Grund für die Annahme der Verhältnismäßigkeit eines derart weitgehenden Regulierungseingriffes durch den Landesgesetzgeber sah der EuGH in seiner Entscheidung darin gegeben, dass der betroffene Kabelnetzbetreiber eine wirtschaftliche Kompensation für den hoheitlichen Eingriff in sein Eigentum durch die Zahlung von Einspeiseentgelten erhält, die die von der must-carry Regelung begünstigten Sendeunternehmen für die Kabelverbreitung ihrer Programme an die Kabelnetzbetreiber zahlen.

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Im Gegensatz zu der landesrechtlich sehr fragmentierten Regulierung der analog genutzten Kabelnetze wird die digitale Kabelbelegung im Rahmen der „Plattformregulierung“ bundeseinheitlich durch § 2 Abs. 2 Nr. 13 i.V.m. §§ 52, 52a und 52b RStV geregelt. Plattformbetreiber werden, sofern sie nicht einem der privilegierenden Merkmale des § 52 Abs. 1 S. 2 RStV unterfallen (privilegierte Plattformen), von der ZAK in der Regel als Plattformbetreiber i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 13 RStV eingestuft. Von Belegungsvorgaben nach § 52b RStV verschont bleiben gem. § 52b Abs. 3 RStV zudem sog. Programmplattformen, die jedoch weiterhin den technischen Plattformanforderungen nach § 52c RStV entsprechen müssen.[71]

Nach § 52b erfolgt die Belegung der Kabelnetze mit digitalen Programmen in einem dreistufigen Regulierungskonzept. Nach § 52b Abs. 1 Nr. 1 RStV werden dem Kabelnetzbetreiber zunächst Belegungsvorgaben (must-carry) für die drei digitalen Programmbouquets von ARD und ZDF, für die privaten Programmangebote, welche gem. § 25 RStV Regionalfensterprogramme verbreiten, sowie für regionale Programminhalte auferlegt. Gem. § 52b Abs. 1 Nr. 2 RStV ist der Kabelnetzbetreiber berechtigt, in einem Umfang, der der Programmanzahl der must-carry-Programme gem. Abs. 1 Nr. 1 entspricht, die digitalen Kabelkapazitäten unter Berücksichtigung von Vielfaltsaspekten selber zu belegen (can-carry). Bei der Programmauswahl darf der Kabelnetzbetreiber in diesem Vielfaltsbereich jedoch keine Programme berücksichtigen, die ihm nach § 28 RStV von Seiten der KEK zugerechnet oder von ihm exklusiv vermarktet werden, § 52b Abs. 4 RStV. Gem. § 52b Abs. 1 Nr. 3 darf der Kabelnetzbetreiber schließlich unter Beachtung der allgemeinen Gesetze die restlichen Kabelkapazitäten nach eigenen Auswahlkriterien belegen (non-must-carry).[72] Seit dem 10. RÄStV haben nach § 52b Abs. 1 Nr. 1 RStV nunmehr grundsätzlich alle öffentlich-rechtlichen Programme einen must-carry status. Dieser must-carry-Sstatus gilt derzeit jedoch nach weit verbreiteter Meinung nur für die in SD-Qualität verbreiteten Programme, so dass ein Plattformanbieter nicht verpflichtet ist, neben der Verbreitung von öffentlich-rechtlichen SD-Programmen zusätzlich auch noch die kapazitätsintensiven HD-Varianten dieser Programme zu verbreiten. Gesetzlich nicht geregelt ist jedoch die Frage, ob der must-carry status dann automatisch für HD-Programme gilt, wenn die vom must-carry-Status begünstigten Sender die SD-Verbreitung ihrer Programme auch über Satellit eingestellt haben, so dass sich ein Plattformbetreiber entweder veranlasst sieht, das ihm über Satellit zur Verbreitung zur Verfügung stehende Programm zu verbreiten oder das HD-Programm in eine SD-Qualität zu konvertieren.[73] Ferner hat der Plattformbetreiber in technischer Hinsicht Freiheiten bei der Verbreitung von Programmen, da er nicht verpflichtet ist, vorgefertigte Multiplexe/Programmpakete der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten zu verbreiten, sondern nur deren einzelne Programme bei der Verbreitung berücksichtigen muss. In gleicher Weise ist ein Plattformbetrieber nicht verpflichtet, die von Programmveranstaltern zusammen mit den Programmsignalen versendeten HbbTV-Signale zu verbreiten, da die HbbTV-Signale keinen integralen Bestandteil des Programmsignals darstellen noch einen Teletext oder eletronischen Programmführer darstellen, deren Verbreitung nach der Gesetzesbegründung zum 10. RÄStV auch von der must-carry-Regulierung des § 52b RStV erfasst sein soll. Vielmehr handelt es sich bei HbbTV Signalen um nicht-lineare vergleichbare Telemediendienste gem. § 52a Abs. 3 S. 1 i.V.m. § 2 Nr. 13 RStV zu deren Verbreitung ein Plattformbetreiber nicht verpflichtet ist.[74]

Für eine Verbreitung von digitalen Hörfunkangeboten sieht § 52b Abs. 2 RStV eine entsprechende Regelung vor, die ergänzt wird in S. 3 durch Hinweise zum Verfahren bei Mischplattformen (mit Rundfunk- und Hörfunkprogrammen), die der Regelfall sind. Ob und inwieweit die landesrechtlichen Belegungsvorgaben für analoge Programme sowie die Regelung des § 52b RStV für den Plattformbetreiber unbedingte Übertragungsverpflichtungen begründet, ist derzeit Gegenstand mehrerer Gerichtsverfahren. Die öffentlich-rechtlichen Sendeunternehmen gehen nach der Kündigung ihrer Einspeiseverträge mit Vodafone und Unitymedia davon aus, dass die must-carry-Regelungen eine Verbreitungspflicht des Netzbetreibers begründen.[75] Die genannten Kabelnetzbetreiber sehen in den must-carry-Regelungen Belegungsvorgaben, bei deren Umsetzung zwischen den Sendeunternehmen und den Netzbetreibern ein entgeltlicher Einspeisevertrag abgeschlossen werden muss, der die Kompensation für die Nutzung der Übertragungskapazitäten regelt.[76]

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Der Bundesgerichtshof wurde in der Folge mit den Urteilen verschiedener Instanzgerichte befasst und machte grundlegende Ausführungen zum Verständnis der must-carry-Regulierung. Danach hat das durch einen must-carry-Status begünstigte Sendeunternehmen eine marktbeherrschende Stellung i.S.d. § 19 GWB, die dieser nicht missbräuchlich ausnutzen dürfe. Ferner seien die must-carry-Bestimmungen, die den Plattformbetreiber zu einer Einspeisung und Übertragung bestimmter gebührenfinanzierter Programme verpflichten, im öffentlichen Interesse geschaffen worden. Sie sollen danach sicherstellen, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ihrem Grundversorgungsauftrag nachkommen können, dienen jedoch nicht dazu, diese wirtschaftlich zu begünstigen. Die Einspeisung und Verbreitung hat daher zu angemessenen Bedingungen zu erfolgen, deren Festlegung den Beteiligten obliegt.[77] Die Konditionen der Programverbreitung müssen zudem gem. § 52d RStV angemessen und diskriminierungsfrei ausgestaltet sein.[78]