Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht

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I. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten

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Das vom Bundesverfassungsgericht[1] entwickelte duale Rundfunksystem besteht aus den beiden Säulen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf der einen Seite und des privaten Rundfunks, bestehend aus privaten Rundfunkveranstaltern und den Landesmedienanstalten, auf der anderen Seite. Vorliegender Beitrag behandelt allein die öffentlich-rechtliche Seite,[2] während das Recht des privaten Rundfunks eigenen Beiträgen vorbehalten ist.[3] Die Vorgaben für die Regulierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sind im 2. Abschnitt des RStV in §§ 11–19a RStV umgesetzt. Wie für den privaten Rundfunk[4] existieren auch für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk im dualen System[5] eine Reihe regulierender Vorschriften. Sie betreffen neben Organisation und Aufsicht über die öffentlich-rechtlichen Anstalten auch das regulative Umfeld, nämlich den Programm- und Versorgungsauftrag (§§ 11 und 19 RStV) und die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (§§ 12–18 RStV).

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In der Bundesrepublik Deutschland gibt es die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten, das ZDF, die Bundesrundfunkanstalt Deutsche Welle und das Deutschlandradio. Letzteres ist rechtlich nicht als Anstalt des öffentlichen Rechts,[6] sondern als Körperschaft[7] organisiert. Seit Oktober 2016 gibt es zudem „funk“, ein Online-Medienangebot von ARD und ZDF, das sich gezielt an junge Menschen zwischen 14 und 29 Jahren richtet.[8]

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Der „Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland“ (ARD) gehören die neun selbstständigen Landesrundfunkanstalten BR, HR, MDR, NDR, RB, RBB, SR, SWR, WDR sowie die für den Auslandsrundfunk verantwortliche Deutsche Welle (DW) an. Die ARD veranstaltet gemeinsam das Vollprogramm „Das Erste“. Zudem finden sich innerhalb der ARD unselbstständige Gemeinschaftseinrichtungen, z.B. die Nachrichtenzentrale ARD-aktuell, das ARD Play-Out-Center und das ARD-Hauptstadtstudio in Berlin. Zudem betreibt die ARD das digitale Programmbouquet von ARD Digital mit 17 Fernsehprogrammen, allen Radioprogrammen der Landesrundfunkanstalten und zahlreichen interaktiven Diensten. Zusätzlich zu „Das Erste“ sind hier etwa die Gemeinschaftsprogramme tagesschau24 und ONE, die Dritten Programme der Landesrundfunkanstalten, der Bildungskanal ARD-alpha oder die Partnerprogramme ARTE, PHOENIX, 3sat und KiKA zu nennen.[9] Bei der Produktion von Fernsehsendungen und Programmen arbeiten die jeweiligen Anstalten über Gremien und Kommissionen zusammen. Für besondere Bereiche hat die ARD Tochtergesellschaften gegründet. So etwa für Filmproduktionen (Degeto Film), Archivierungsaufgaben (Deutsches Rundfunkarchiv), die Entwicklung von Rundfunktechnik (Institut für Rundfunktechnik) und die Vermarktung von Werbezeiten (ARD-Werbung Sales & Services, AS&S sowie die ARD-Werbung Sales & Services-Radio, AS&S Radio).

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Das „Zweite Deutsche Fernsehen“ (ZDF) ist eine von den Ländern gemeinsam getragene Rundfunkanstalt, welche das gleichnamige Vollprogramm veranstaltet (§§ 1 f. ZDF-StV).

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ARD und ZDF tragen das Deutschlandradio und produzieren gemeinsam das Vollprogramm 3sat sowie die Spartenkanäle PHOENIX, Kinderkanal und das Jugendangebot funk. Gemeinsam mit dem französischen Sender ARTE France produzieren sie das Kulturprogramm ARTE. Zwischen den Jahren 2002 und 2005 veranstalteten ARD, ZDF und Deutsche Welle zudem das deutschsprachige Gemeinschaftsprogramm German TV für im Ausland lebende Deutsche. Seit 2006 wird auf diesem Sendeplatz nunmehr das TV-Programm der Deutschen Welle (DW-TV) ausgestrahlt. Weiterhin betreiben ARD und ZDF gemeinsam die Zentrale Fortbildung der Programm-Mitarbeiter (ZFP). Der Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio erhebt ferner den seit dem 1.1.2013 aufgrund des 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrages (RÄStV) neu eingeführten Rundfunkbeitrag und verwaltet die Beitragskonten der Bürger, Unternehmen, Institutionen und Einrichtungen.[10]

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Die Deutsche Welle veranstaltet „Auslandsrundfunk“. Sie richtet sich an Menschen im Ausland und hat ein umfassendes Bild Deutschlands zu vermitteln sowie einen Beitrag zur Verbreitung der deutschen Sprache zu leisten. Dabei hat sie „deutsche und andere Sichtweisen zu wesentlichen Themen“ aufzugreifen und „das Verständnis und den Austausch der Kulturen und Völker zu fördern“. Entsprechend ihres Auftrages ist sie eine Rundfunkanstalt nach Bundesrecht und nicht beitragsfinanziert. Ihre Standbeine sind das DW-RADIO, DW-TV und DW-WORLD.DE. Zudem betreibt sie im Rahmen der DW-AKADEMIE Fortbildungszentren für Rundfunkfachkräfte aus Entwicklungsländern.[11]

II. Organisation und Aufsicht

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Der Gesetzgeber ist verfassungsrechtlich zur organisatorischen Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit aufgerufen. Diese Ausgestaltung dient der Sicherung der Staatsfreiheit bzw. Staatsferne des Rundfunks. Nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG darf der Staat den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht beherrschen oder dominieren.[12] Auch mittelbarer staatlicher Einfluss durch einzelne gesellschaftliche Gruppen ist zu verhindern. Vielmehr ist sicher zu stellen, dass alle gesellschaftlichen Gruppen Berücksichtigung und Gehör finden.[13] Die Organisation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist bei Einländeranstalten (z.B. WDR, SR, HR, RB und BR) durch die Rundfunk- bzw. Mediengesetze der Länder und bei den Mehrländeranstalten (z.B. MDR, NDR, SWR und RBB) durch entsprechende Staatsverträge vorgegeben. Die Organisationsstruktur verläuft dabei weitgehend parallel und soll hier am Beispiel des ZDF veranschaulicht werden.

1. Aufsichtsgremien

1.1 Rundfunkrat (Fernsehrat)

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Der Rundfunkrat – oder beim ZDF Fernsehrat – ist die Interessenvertretung der Allgemeinheit im System des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und das höchste Organ der jeweiligen Anstalt.[14] Regelungen hierzu finden sich im ZDF-Staatvertrag, in dessen am 1.1.2016 in Kraft getretenen Fassung.[15] Der Rundfunkrat stellt etwa die Programmrichtlinien für die Anstalt auf, überwacht deren Einhaltung, wählt den Intendanten (§ 26 Abs. 1 ZDF-StV), berät diesen in Programmfragen (§ 20 Abs. 1 ZDF-StV) und genehmigt den Haushaltsplan (§ 20 Abs. 3 ZDF-StV).

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Während die privaten Rundfunkveranstalter im Hinblick auf rechtliche Bindungen des Programms einer strengen Kontrolle einschließlich entsprechender Sanktionsmechanismen durch die Landesmedienanstalten unterliegen, beschränkt sich die Aufsicht des öffentlich-rechtlichen Rundfunks regelmäßig[16] auf den anstaltsinternen Rundfunkrat (beim ZDF Fernsehrat).[17] Die Kontrolle der Rundfunkräte befasst sich in der Praxis etwa mit möglichen Verstößen gegen Werbevorschriften, z.B. im Hinblick auf die Melde- oder Genehmigungspflicht beim Abschluss von Werbeverträgen durch prominente Moderatoren öffentlich-rechtlicher Anstalten oder mit wiederkehrend auftauchenden Vorwürfen in Bezug auf Schleichwerbung[18] in Unterhaltungsshows. So stand im Sommer 2010 der ZDF-Fernsehgarten unter Schleichwerbeverdacht.[19] Die Geschäftsführerin einer Gartenmarkt-Kette war dort als Expertin aufgetreten und hatte für die eigenen Produkte geworben. Medienberichten zufolge bestätigte das ZDF, dass es einen Kooperationsvertrag mit dem Unternehmen gebe. Zugleich verteidigte der Sender den Einsatz sog. Produktionshilfen, den der Rundfunkstaatsvertrag ausdrücklich zulasse und verwies auf seine Kostenersparnisse durch die Ausstattung mit Pflanzen und Gartenzubehör. Auch der ZDF-Fernsehrat sah den Schleichwerbeverdacht letztlich nicht bestätigt.

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Freilich führt der interne Kontrollmechanismus nicht immer zur Aufdeckung von Missständen. So ist es bezeichnend, dass etwa der sog. Schleichwerbungsskandal um die ehemalige ARD-Serie „Marienhof“ nicht durch das Kontrollgremium, sondern erst durch journalistische Nachforschungen aufgedeckt wurde.[20] In dieser Serie wurden über Jahre Werbeaussagen und Botschaften für Firmen und Interessenverbände versteckt. Die ARD-Produktionsfirma Bavaria Film hatte es zwei Münchener Privatfirmen gestattet, Schleichwerbung für die Serie zu akquirieren. Anschließend wurden PR-Botschaften und Markenzeichen gegen Bezahlung in der Fernsehserie untergebracht und teilweise in Drehbuchdialoge geschrieben.[21] Im Juli 2016 hat das Bundeskartellamt zwei Betreiber von Fernsehstudios (Bavaria Studios und Studio Berlin Adlershof) mit Bußgeldern von insgesamt 3,1 Mio. EUR belegt. Grund dafür waren der kartellrechtlich unzulässige Austausch von Informationen von September 2011 bis Dezember 2014, namentlich Informationen über Preise, Angebotsinhalte, Angebotsverhalten und andere wettbewerbsrechtlich sensible Informationen.[22]

1.2 Verwaltungsrat

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Der Verwaltungsrat beschließt nach § 23 Abs. 1 ZDF-StV über den Dienstvertrag mit dem Intendanten. Das ZDF wird insoweit vom Vorsitzenden des Verwaltungsrates vertreten. Aufgabe des Verwaltungsrates ist es, den Intendanten insbesondere im Hinblick auf den Haushaltsplan zu überwachen (§ 23 Abs. 2 und Abs. 4 ZDF-StV). Seine Mitglieder dürfen nicht zugleich dem Fernsehrat angehören (§ 24 Abs. 1 lit. b ZDF-StV). Die Zusammensetzung regelt § 24 Abs. 1 ZDF-StV.[23]

 
1.3 Zusammensetzung der Aufsichtsgremien

1.3.1 Problemstellung

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Die Zusammensetzung der Aufsichtsgremien ist ein schwieriges Problem, das vielfach diskutiert, jedoch lange Zeit ungelöst war. Es besteht darin, dass die Kontrollgremien durch Interessenvertreter verschiedener gesellschaftlicher Gruppen besetzt sein sollen. Diese dürfen nicht ihre spezifischen Interessen vertreten, sondern müssen die Staatsfreiheit im Rundfunk gewährleisten.[24] Allerdings sind die Gremien bislang zu einem nicht unerheblichen Teil mit staatlichen bzw. staatsnahen Mitgliedern besetzt oder werden unter deren weitgehender Einflussnahme ernannt.[25] Die Tatsache, dass ein Amtsträger in der Funktion als Rundfunk- oder Verwaltungsratsmitglied ausgerechnet im für den Staat so wichtigen Bereich des Rundfunks nicht durch die Brille des Amtes sehen soll, steht für ein strukturelles Problem.[26] Die aktuelle Besetzung des ZDF-Fernsehrates (§ 21 ZDF-StV), dem ein ehemaliges MdB vorsitzt, macht dieses deutlich, wenn man allein auf die dort im März 2014 vertretenen Amtsträger aus Ländern, Bund und Parteien schaut.[27] Für die Länder gehören dem Gremium eine Reihe von Staatsministern, -sekretären und -räten sowie Landesministern an. Für den Bund sind die Leiterin des Stabs Politische Planung, Grundsatzfragen und Sonderaufgaben im Bundeskanzleramt und eine Staatsministerin im Auswärtigen Amt vertreten. Zudem finden sich für die Parteien zwei Bundesvorsitzende, einige ehemalige Bundesminister, zwei Generalsekretäre sowie der in Medienfragen federführende Staatssekretär a.D. im Fernsehrat. Freilich sind zudem Vertreter gesellschaftlicher Gruppen im Fernsehrat vertreten, die kein politisches Mandat ausüben. Das geschilderte Problem wird aber durch die Berücksichtigung aller gesellschaftlich relevanten Gruppen im Ergebnis nicht behoben, da die Verwobenheit der Mitglieder mit dem Staat auf diese Weise nur verteilt wird.

1.3.2 Fehlende Staatsferne

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Brisanz erlangte das Thema im Fall Brender. Eine von der Intendanz begrüßte Vertragsverlängerung des ZDF-Chefredakteurs wurde durch den ZDF-Verwaltungsrat abgelehnt.[28] Dieser Entscheidung wurde deutliche Kritik entgegen gebracht, da sie allein politisch motiviert gewesen sei.[29] Der Chefredakteur galt als keinem politischen Lager zugehörig, daher soll sich der Verwaltungsrat für eine Neubesetzung der Personalie ausgesprochen haben. Von Seiten des Verwaltungsrates wurde die Entscheidung jedoch mit dem Rückgang der Quoten der ZDF-Informationssendungen begründet.[30] Nachdem zunächst die Bundestagfraktion Bündnis 90/Die GRÜNEN angekündigt hatte, im Nachgang zu dieser Entscheidung ein Normenkontrollverfahren beim BVerfG zu initiieren, um die Zusammensetzung der ZDF-Aufsichtsgremien, die sich aus dem ZDF-Staatsvertrag ergibt, überprüfen zu lassen,[31] strengte sodann das Bundesland Rheinland-Pfalz ein Normenkontrollverfahren vor dem BVerfG an.[32]

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Mit dem Normenkontrollantrag wurde geltend gemacht, dass im ZDF-Fernsehrat aufgrund seiner Zusammensetzung „ein disfunktionaler und gegen das Gebot funktionsadäquater Staatsferne verstoßender Staats- und Parteieneinfluss“ bestehe. Angesichts der höchst programmrelevanten Aufgaben und Befugnisse des Fernsehrates (§§ 20, 26 Abs. 1 ZDF-RStV) sowie der Regeln zur Beschlussfähigkeit und den jeweiligen Mehrheitserfordernissen (§ 22 ZDF-StV), sei der Anteil von 35 Staats- und Parteivertretern bei einer Gesamtzahl von 77 Mitgliedern erheblich.[33] Dieser bestehende dysfunktionale Staatseinfluss im Rahmen des Fernsehrates wirke zugleich auf dessen Wahl eines Großteils der Mitglieder des Verwaltungsrates gem. § 24 Abs. 1 lit. b) ZDF-StV fort. Da die verbleibenden Mitglieder des Verwaltungsrates ohnehin von staatlicher Seite berufen werden (§ 24 Abs. 1 lit. a) und c) ZDF-StV), sei durch die Überwachungstätigkeit (§§ 23, 28 ZDF-StV) und die personellen Mitwirkungsrechte (§§ 26 Abs. 3, 27 Abs. 2 ZDF-StV) dieses Gremiums jedenfalls eine mittelbare staatliche Einflussnahme auf das Programm des ZDF eröffnet.[34] Die beanstandeten Zustimmungsgesetze und -beschlüsse der Bundesländer zum ZDF-Staatsvertrag verstießen daher gegen den Grundsatz der Staatsferne, soweit sie sich auf bestimmte Vorschriften über die Zusammensetzung des Fernseh- und Verwaltungsrates gem. §§ 20 ff. ZDF-StV[35] beziehen.[36]

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Mit Urteil v. 25.3.2014 hat das BVerfG bestätigt, dass die Zusammensetzung und die Beschlussfassung der Aufsichtsgremien des ZDF zum Zeitpunkt der Entscheidung einen übermäßig großen staatlichen Einfluss ermöglicht haben. Das Gebot der Staatsferne verlange eine Ausgestaltung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die staatsfernen Mitgliedern in Rundfunk- und Verwaltungsrat einen bestimmenden Einfluss einräume. Die Besetzung der Aufsichtsgremien sei demnach so zu gestalten, dass eine Beeinflussung der Beschlussfassung durch staatliche und staatsnahe Akteure zur Durchsetzung eigener, parteipolitischer Interessen verhindert werde.[37] Neben Mitgliedern, die von gesellschaftlichen Gruppen entsandt werden, könne zwar auch staatlichen Vertretern – in engen Grenzen auch Exekutivvertretern[38] – ein Anteil innerhalb der Gremien eingeräumt werden.[39] Absprachen im Rahmen informeller Gremien (die sog. Freundeskreise) seien jedoch durch konsequente Begrenzung des Anteils staatlicher und staatsnaher Mitglieder auf 1/3 der gesetzlichen Mitglieder des jeweiligen Gremiums zu unterbinden.[40] Allerdings sei der Anteil politischer Vertreter nicht lediglich zu verringern. Vielmehr müsse die Auswahl der verbleibenden staatlichen und staatsnahen Mitglieder den aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG folgenden Anforderungen der Vielfaltsicherung genügen.[41] In Anbetracht der weitreichenden Einflussmöglichkeiten beider Gremien auf die Gestaltung der Berichterstattung seien diese Voraussetzungen sowohl durch den Fernseh- als auch den Verwaltungsrat zu erfüllen.[42]

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Die Entscheidung über die Größe der Gremien, die Festlegung der Kriterien der Vielfaltssicherung und deren Zuordnung zueinander, stellt das BVerfG dagegen in den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers.[43] Gebunden ist er lediglich insoweit, als die konkrete Zusammensetzung der Gremien auf Vielfaltsicherung angelegt und dabei geeignet sein muss, die Rundfunkfreiheit zu wahren.[44] Bis zum 30.6.2015 hatten die gesetzgebungsbefugten Länder Zeit, eine Neuregelung zu schaffen, die den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG entspricht. Um den Aufsichtsgremien des ZDF nicht die Legitimationsgrundlage zu entziehen, hat das BVerfG allerdings die bisherigen Regelungen (§§ 21 und 24 ZDF-StV) nicht für nichtig erklärt, sondern lediglich ihre Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz festgestellt.[45] Weil die tragenden Gründe einer Entscheidung des BVerfG Bindungswirkung auch über den konkreten Fall hinaus entfalten (§ 31 Abs. 1 BVerfGG), betrifft die Entscheidung indessen nicht nur das ZDF, sondern ist für den gesamten öffentlich-rechtlichen Rundfunk von grundlegender Bedeutung.[46]

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Der in Umsetzung dieses BVerfG-Urteils am 1.1.2016 in Kraft getretene ZDF-Staatsvertrag[47] regelt nunmehr eine Verkleinerung des ZDF-Fernsehrates von 77 auf 60 Sitze. Dort sollen 20 statt der bisherigen 34 Sitze an Parteivertreter gehen. Die Landesregierungen der beteiligten Länder entsenden hierfür je einen Vertreter, § 21 S. 1 lit. a ZDF-StV; darüber hinaus werden je zwei Vertreter von Bund und Kommunen gestellt, § 21 Abs. 1 S. 1 lit. b, c ZDF-StV. Zudem werden 24 Vertreter von Verbänden und Organisationen gesandt, § 21 Abs. 1 S. 1 lit. d–p ZDF-StV), 16 Sitze werden von Vertretern aus den Ländern zugeordneten gesellschaftlichen Bereichen entsendet, § 21 Abs. 1 S. 1 lit. q ZDF-StV.[48]

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Für den Verwaltungsrat gilt: Die Mitglieder werden bis zum Sommer 2017 teils gemeinsam von den Ministerpräsidenten der Länder berufen und teils vom Fernsehrat gewählt. Letztere dürfen weder einer Regierung noch einer gesetzgebenden Körperschaft angehören. Hinzu kommt ein Vertreter des Bundes, der von der Bundesregierung berufen wird. Vorsitzender des ZDF-Verwaltungsrates ist der ehemalige rheinland-pfälzische Ministerpräsident Beck. Als Vertreter der Länder sind weitere Mitglieder der ehemalige Ministerpräsident Brandenburgs, die Ministerpräsidenten Sachsens und Bayerns sowie der Erste Bürgermeister der Hansestadt Hamburg. Für den Bund gehört dem Gremium ein ehemaliger Staatsminister an.[49] Als Folge des Urteils des BVerfG vom März 2015[50] wird sich der Verwaltungsrat zu Beginn der Amtsperiode im Sommer 2017 nach den neuen Regelungen des ZDF-StV vom 1.1.2016[51] zusammensetzen, um so der Vorgabe des BVerfG nach einer Senkung der Zahl der „staatsnahen“ Mitglieder des Verwaltungsrates auf maximal ein Drittel nachzukommen.[52] Nach § 24 Abs. 1 ZDF-StV besteht der Verwaltungsrat dann aus zwölf Mitgliedern, nämlich vier Vertretern der Länder, die von den Ministerpräsidenten gemeinsam berufen werden und acht weiteren Mitgliedern, die vom Fernsehrat mit einer Mehrheit von drei Fünfteln seiner gesetzlichen Mitglieder gewählt werden. Nicht wählbar sind die Mitglieder des Fernsehrates nach § 21 Abs. 1 S. 1 lit. a) bis c) ZDF-StV.

1.3.3 Gleichheitssatz

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Probleme bereitet ferner eine vor dem Gleichheitssatz gerechte Besetzung der Gremien. Nach der Rspr. des BVerfG engt der Gleichheitssatz nicht die von Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG gelassene Freiheit der Wahl eines bestimmten Kontrollsystems ein. „Der Gleichbehandlungsgrundsatz verlangt aber, dass der Gesetzgeber das von ihm gewählte Kriterium gleichmäßig anwendet und nicht den sachlichen Grund verlässt. Art. 3 Abs. 1 GG (ist) dann verletzt (…), wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können.“[53] Die Auswahlkriterien für die künftige Zusammensetzung der Aufsichtsgremien öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten müssen daher gleichmäßig und willkürfrei angewandt werden und unter Beachtung weiterer grundgesetzlicher Vorgaben wie derjenigen des Art. 3 Abs. 2 GG erfolgen.[54]

2. Intendant

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Der vom Fernsehrat zu wählende Intendant ist rechtlich und im Hinblick auf das Programm für die Anstalt verantwortlich und vertritt diese (§ 27 ZDF-StV). Die Berufung von Programm-, Verwaltungsdirektor und Chefredakteur kann nur im Einvernehmen mit dem Verwaltungsrat erfolgen. § 28 ZDF-StV zählt Rechtsgeschäfte auf, die der Zustimmung des Verwaltungsrates bedürfen. Dem Intendanten stehen dazu in der Regel[55] Direktoren für die Bereiche Fernsehen, Hörfunk, Produktion und Technik, Verwaltung und rechtliche Belange zur Seite.[56]