Geschichte der USA

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Die Mittelatlantik-KolonienMittelatlantik-Kolonien

Im Vergleich mit NeuenglandNeuengland (s.a. Nordosten, Regionen) und dem SüdenSüden boten die Mittelatlantik-KolonienMittelatlantik-Kolonien sowohl ethnisch als auch kulturell und wirtschaftlich ein abwechslungsreiches Bild. Das hing damit zusammen, dass dieser Raum ursprünglich von Niederländern und SkandinaviernEinwanderungEthnienSkandinavier besiedelt worden war und erst nach der Mitte des 17. Jahrhunderts an EnglandGroßbritannien fiel. Die Mündungsgebiete und Flussläufe des HudsonHudson und DelawareDelaware wurden z.B. von der niederländischen Westindien-Gesellschaft erschlossen, die sich hauptsächlich für den PelzhandelPelzhandel mit IndianernNative AmericansKolonialzeit interessierte. Die Kolonie, die daraus hervorging, hieß zunächst Neu-NiederlandeNeu-Niederlande mit dem Hafen Neu-AmsterdamNeu-Amsterdam, gelegen auf einer Insel – dem heutigen ManhattanManhattan –, die man den ManhatasManhatas-Indianern für Schmuck im Wert von 50 Gulden abgekauft hatte. Die niederländischen Generaldirektoren wirtschafteten allerdings hauptsächlich in die eigene Tasche und sorgten dafür, dass einige auserwählte Familien riesige Landgüter im Hudson-Tal erhielten, die sie mit Pächtern besetzten. In den 1660er Jahren ging die Kolonie als Folge der englisch-niederländischen Seekriege in den Besitz der englischenGroßbritannien KroneGroßbritannien über, und Charles II.Charles II. vergab sie als Lehen an seinen Bruder James, den Herzog von York und AlbanyAlbany, New York. Aus Neu-NiederlandeNeu-Niederlande und Neu-AmsterdamNeu-Amsterdam wurden deshalb die Kolonie New YorkNew York und New York CityNew York City, und Fort OrangeFort Orange im Hudson-Tal hieß fortan AlbanyAlbany, New York.

Die Kolonie New JerseyNew Jersey war ebenfalls Teil der niederländisch-skandinavischen Einflusszone gewesen. Der Herzog von York löste sie 1664 aus seinem Lehensbesitz heraus und übergab sie an zwei seiner Gefolgsleute. Von EnglandGroßbritannien aus versuchten die Besitzer, neue Siedler zu gewinnen, indem sie Land unter günstigen Bedingungen anboten, eine gesetzgebende Versammlung in Aussicht stellten und Gewissensfreiheit versprachen. East Jersey (der Norden) nahm einen neuenglischen Charakter an und orientierte sich zu New York CityNew York City hin, während West Jersey (der SüdenSüden) zur ersten Heimstätte der QuäkerQuäker wurde, unter ihnen William PennPenn, William, der spätere Gründer von PennsylvaniaPennsylvania. PennPenn, William entstammte einer wohlhabenden und einflussreichen englischenGroßbritannien Familie, war aber als junger Mann der Society of Friends beigetreten, deren Mitglieder – die Quäker genannt wurden – wegen ihrer Kriegsdienst- und Steuerverweigerung in Konflikt mit den staatlichen und kirchlichen Autoritäten gerieten. Um seinen Glaubensbrüdern und -schwestern die freie Religionsausübung zu ermöglichen, bemühte sich PennPenn, William um Landerwerb für Quäkergemeinden in Nordamerika. Seine Handschrift ist bereits in den bemerkenswert liberalen Laws, Concessions, and Agreements of West Jersey von 1677 zu erkennen, einem Dokument, das völlige Gewissensfreiheit, eine großzügige Landvergabe und die Kontrolle des kolonialen Steuerwesens durch eine repräsentative Versammlung garantierte.

Im Spektrum der DissenterDissenter, der Abweichler von der anglikanischen StaatskircheAnglikanische Kirche, gehörten die QuäkerQuäker zu den radikalsten Sekten des 17. Jahrhunderts. Sie praktizierten eine ganz auf das Individuum und seine „innere Erleuchtung“ ausgerichtete ReligionReligion, die weder kirchliche Institutionen noch einen Klerus und feste Rituale benötigte. Als PazifistenPazifisten und Gegner weltlicher Autorität verweigerten sie jeglichen Loyalitätseid, bestanden auf der absoluten Gewissensfreiheit und forderten soziale Reformen zu Gunsten der Unterschichten. In Amerika machten sich Quäkergemeinden – neben MennonitenMennoniten aus Deutschland – zu ersten Fürsprechern der Sklavenbefreiung, auch wenn einige Quäker selbst Sklaven besaßen. Auf Fürsprache von Penns Vater, der König Charles II.Charles II. eine erhebliche Geldsumme geliehen hatte, und auf Grund seiner guten Beziehungen zum englischenGroßbritannien Parlament wurde William PennPenn, William 1681 mit dem gesamten noch nicht zugewiesenen Gebiet zwischen New YorkNew York und MarylandMaryland belehnt. Es umfasste 20 Millionen acres und war damit fast so groß wie das Mutterland. Im Jahr darauf gab PennPenn, William der Kolonie seinen Namen und gründete am Zusammenfluss von DelawareDelaware River und Schuylkill River die „Stadt der brüderlichen Liebe“, PhiladelphiaPhiladelphia. Sein erster Verfassungsplan für das „heilige Experiment“ zeigt, dass PennPenn, William nach Temperament und Erziehung Aristokrat war: Er verband hehre moralische Grundsätze mit einem Regierungs- und Verwaltungssystem, das die politische Macht bei ihm selbst als dem proprietor und bei den von ihm ernannten Beamten konzentrierte. Die Vertreter des Volkes, die von den Landbesitzern gewählt wurden, mussten sich darauf beschränken, die von der Regierung eingebrachten Gesetze entweder anzunehmen oder abzulehnen. Auf diese Weise glaubte PennPenn, William, das Fundament für ein harmonisches und stabiles Gemeinwesen gelegt zu haben. Die Wirklichkeit entsprach, wie fast überall in den Kolonien, nicht den Erwartungen und Utopien des Gründers. PennPenn, William hatte keine glückliche Hand bei der Auswahl seiner Stellvertreter und geriet in Streit mit den Siedlern, die ihm 1701 eine neue, demokratischere Charter of Liberties abrangen. Die Quäker-Elite lenkte aber weiterhin die Geschicke der Kolonie, was umso bemerkenswerter ist, als die Quäker zahlenmäßig gegenüber anderen Religionsgemeinschaften wie LutheranernLutheraner, PresbyterianernPresbyterianer und ReformiertenReformierte bald in die Minderheit gerieten. 1704 musste PennPenn, William den Siedlern der drei Lower Counties am Unterlauf des Delaware River ein eigenes Parlament zugestehen, beharrte jedoch darauf, dass sie unter der Oberhoheit des Gouverneurs von PennsylvaniaPennsylvania blieben. Ungeachtet dieser formalen Verbindung entwickelte sich Delaware, wie die drei Kreise von nun an hießen, zu einer selbstständigen, wenngleich wirtschaftlich eng an Pennsylvania angelehnten Kolonie.


Abb. 2: Vertragsschluss zwischen William Penn und einer Gruppe Delaware-Indianer, 1681

ÖkonomischWirtschaft waren die Mittelatlantik-KolonienMittelatlantik-Kolonien geprägt durch mittleren bis größeren Farmbesitz, der auf fruchtbaren Böden die Erwirtschaftung von Getreide- und Fleischüberschüssen für den Export, hauptsächlich in die KaribikKaribik, aber auch in die südlichen Festlandskolonien und sogar nach Europa ermöglichte. Die Ausnahme von diesem System der Familienfarmen bildeten die feudalen Landgüter (manors) im HudsonHudson-Tal, auf denen auch nach dem Abzug der niederländischen Verwaltung vorwiegend Holländer als Pächter (tenants) saßen. Ihre Besitzer verfügten weiterhin über enormen politischen Einfluss in New YorkNew York, sofern sie es nicht vorzogen, nach dem Beispiel vieler karibischer Pflanzer als absentee landowners in Europa von den Pachtzinsen zu leben. New York CityNew York City erlangte wegen seines exzellenten Hafens überregionale Bedeutung als Handels- und Finanzzentrum. Die Stadt wuchs schneller als BostonBoston und brachte eine koloniale Kaufmannselite hervor, die sich erfolgreich im Überseehandel engagierte. Noch mehr Dynamik legte PennsylvaniaPennsylvania an den Tag, das unternehmungslustige EinwandererEinwanderungKolonialzeit aus ganz Europa anzog, nicht zuletzt DeutscheEinwanderungEthnienDeutsche, die – zum Teil als indentured servantsindentured servants – religiöser Verfolgung und wirtschaftlicher Not zu entkommen suchten. Den Anfang hatten 13 KrefelderKrefeld Mennoniten-Familien unter der Leitung des Theologen und Juristen Franz Daniel PastoriusPastorius, Franz Daniel gemacht, die 1683 nach 75-tägiger Schiffsreise auf der „Concord“ im Hafen von PhiladelphiaPhiladelphia landeten. Pastorius, ein Freund Penns, wurde zum ersten Bürgermeister von Germantown ernannt, das rasch zur Stadt heranwuchs und lange Zeit Zentrum der deutschen EinwanderungEinwanderungEthnienDeutsche blieb. Zahlenmäßig überwogen bald PietistenPietisten, LutheranerLutheraner und ReformierteReformierte, die in der Quäkerkolonie „ein ruhiges, ehrliches und gottgefälliges Leben“ führen wollten.

Der Einfluss der QuäkerQuäker machte sich in einem offeneren, weniger patriarchalisch-autoritären geistigen Klima und Familienethos als in NeuenglandNeuengland (s.a. Nordosten, Regionen) und im SüdenSüden bemerkbar. Penns Wunschbild eines schlichten, von der Zivilisation unverdorbenen Volkes wurde aber sehr schnell durch das Eindringen des Wettbewerbsprinzips korrigiert. Die günstige geographische Lage, eine Regierung, die den Bürgern nur wenig Steuern auferlegte, und eine gesunde Mischung aus Farmern, Handwerkern, Kaufleuten, Kleinunternehmern und Arbeitern machte PennsylvaniaPennsylvania zum Mittelpunkt des kolonialen Wirtschaftslebens. Diese Struktur und die im Exportgeschäft erzielten Gewinne boten auch die beste Voraussetzung für künftige industrielle Unternehmungen. PhiladelphiaPhiladelphia, zur Zeit der Revolution mit 40.000 Einwohnern die größte Stadt in Nordamerika, entwickelte sich überdies zum geistigen Zentrum der Neuen Welt. Ihr prominentester Bürger, der Drucker, Schriftsteller und Naturwissenschaftler Benjamin FranklinFranklin, Benjamin, personifizierte im Europa der AufklärungAufklärung geradezu das freiheitliche, prosperierende „Wunder im WestenWesten“, das eine Alternative zu Absolutismus und religiöser Intoleranz aufscheinen ließ.

 

Vielfalt herrschte vor allem in ethnischer und religiöser Hinsicht. Während in MassachusettsMassachusetts (nach dem ersten Zensus von 1790) 81 Prozent der BevölkerungBevölkerungsentwicklung englischer Herkunft waren, traf das in New YorkNew York nur auf 52 Prozent, in PennsylvaniaPennsylvania sogar nur auf 35 Prozent zu. In New York und New JerseyNew Jersey machten die Niederländer 17,5 bzw. 16,6 Prozent aus, und hier lebten auch noch SkandinavEinwanderungEthnienSkandinavierier, insbesondere SchwedenSchweden. In Pennsylvania stieg der Anteil deutschstämmiger Bürger bis zur Revolution auf knapp ein Drittel, in allen dreizehn Kolonien zusammen auf fast 10 Prozent an. Diese Zahlen bereiteten selbst dem ansonsten aufgeschlossenen und toleranten Benjamin FranklinFranklin, Benjamin Sorgen vor einer „Überfremdung“ Pennsylvanias durch DeutscheEinwanderungEthnienDeutsche. Im Hinterland von New York und Pennsylvania siedelten zudem IrenEinwanderungEthnienIren, SchottenEinwanderungEthnienSchottenSchottland, Iro-SchottenIro-Schotten und französische HugenottenHugenotten, die nach der Aufhebung des Edikts von Nantes 1685 ihre Heimat hatten verlassen müssen. Die nördlichste Kolonie mit einer beachtlichen SklavenbevölkerungAfroamerikanerBevölkerungsentwicklung war New York (16.000), und auch in New Jersey, Pennsylvania und DelawareDelaware lebten jeweils einige tausend unfreie und wenige freie AfrikanerAfroamerikanerKolonialzeit. Von der religiösen Zusammensetzung her hielt New York die Spitze, wo die AnglikanerAnglikanische Kirche zwar das offizielle Kirchenregiment stellten, wo aber nicht weniger als zehn größere christliche Glaubensgemeinschaften (denominations) vertreten waren: Niederländisch-ReformierteNiederländisch-Reformierte, die anfangs die Staatskirche gebildet hatten; PresbyterianerPresbyterianer, LutheranerLutheraner, Anglikaner, QuäkerQuäker, BaptistenBaptisten, KongregationalistenKongregationalisten, Französisch-ReformierteReformierte (Hugenotten), DeutschEinwanderungEthnienDeutsche-Reformierte, PietistenPietisten und KatholikenKatholiken; hinzu kam noch eine jüdischeJuden Gemeinde in New York CityNew York City. Weder in New York noch in Pennsylvania oder anderswo kam es zur völligen „Verschmelzung“ dieser unterschiedlichen ethnisch-religiösen Kulturen, wie es der französische Einwanderer St. John de CrèvecoeurCrèvecoeur, St. John de um 1770 in seinen später berühmten Letters from an American Farmer behauptete: „What, then, is the American, this new man? He is neither an European, nor the descendant of an European … Here individuals of all nations are melted in a new race of men, whose labors and posterity will one day cause great changes in the world …“. Diese Aussage hatte eher die Qualität eines Glaubensbekenntnisses und einer Prophezeiung als den Wert einer empirischen Beobachtung; aber schon die Pluralität und das friedliche Nebeneinander so vieler ethnischer Gruppen und religiöser Richtungen waren zu der Zeit einmalig in der atlantischen Welt. Diese Vielfalt machte auch einen bedeutenden Teil des gesellschaftlichen Reichtums aus, denn WirtschaftWirtschaft und Geistesleben konnten sich nirgends so ungehindert entfalten wie in den Mittelatlantik-KolonienMittelatlantik-Kolonien.

Küste und Hinterland

Die regionale Differenzierung in NeuenglandNeuengland (s.a. Nordosten, Regionen), Mittelatlantik-KolonienMittelatlantik-Kolonien und (oberen und unteren) SüdenSüden wurde ergänzt durch eine Ost-West-Gliederung, die in den weit nach WestenWesten reichenden Kolonien am ausgeprägtesten war. Im Zuge der Erschließung und Besiedlung bildeten sich drei Zonen mit unterschiedlichen wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten heraus. In den Küstengebieten und größeren Flusstälern herrschte wegen der guten Böden und günstigen Transportmöglichkeiten die kommerzielle LandwirtschaftLandwirtschaftKolonialzeit u. Revolutionsepoche vor, d.h. die Herstellung von Agrarprodukten für die städtischen Märkte oder den Export. Davon profitierten Pflanzer und Familienfarmer gleichermaßen, die ihren Wohlstand von Generation zu Generation mehren konnten. In dieser Zone entstanden auch die bedeutenden Städte von BostonBoston über New YorkNew York City, PhiladelphiaPhiladelphia und BaltimoreBaltimore bis CharlestonCharleston, South Carolina, die Handel und Gewerbe an sich zogen. Unternehmerische Naturen fanden hier die besten Aufstiegschancen, denn Geldvermögen ersetzte schon bald (zumindest in NeuenglandNeuengland (s.a. Nordosten, Regionen) und den Mittelkolonien) die traditionellen Status- und Rangmerkmale. In dem Maße, wie sich die Sozialstruktur ausdifferenzierte, begann sie sich aber auch zu verfestigen, und nahm die Besitzkonzentration zu. In Boston verfügten z.B. die reichsten 10 Prozent der Bevölkerung 1690 über 27 Prozent des zu versteuernden Vermögens, 1770 dagegen schon über 44 Prozent. Die Zeitgenossen nahmen die Schichtung der Gesellschaft deutlich wahr und unterschieden zwischen der „better sort of people“, der „middling sort“ und den „lower people“. Zur Oberschicht zählten die Pflanzer und Großgrundbesitzer, die reichen Kaufleute und Schiffseigner sowie die prominentesten Angehörigen der freien Berufe wie Anwälte, Ärzte und Gelehrte. Die relativ breite Mittelschicht wurde gebildet von Lehrern und Pfarrern, Handwerkern, Händlern, Ladenbesitzern, Wirten und Gesellen. Am unteren Ende der städtischen Sozialpyramide befanden sich besitzlose ArbeiterArbeiter, Seeleute und Dienstboten, deren Zahl in Boston von 1690 bis 1770 um das Vierfache anstieg, sowie indentured servantsindentured servants, die ihre Schiffspassage abarbeiten mussten, freie Afroamerikaner und Sklaven.

Große Teile NeuenglandsNeuengland (s.a. Nordosten, Regionen) sowie weniger fruchtbare Gebiete im Hinterland der Mittel- und Südkolonien lassen sich einer zweiten Zone zuordnen, in der die Farmfamilien nur so viel (oder wenig mehr) produzierten, als sie selbst verbrauchten. Die Sozialstruktur war in dieser Zone der Subsistenzwirtschaft entsprechend einfach, denn außer Farmern – die selten Sklaven besaßen – gab es hier nur wenige Handwerker und Händler. Allerdings nahm infolge der hohen Geburtenrate die Gruppe derjenigen zu, die kein Land erben konnten und daher ihr Glück in den Städten oder weiter im WestenWestenErschließung an der Siedlungsgrenze suchen mussten. Unter den primitiven Bedingungen dieser FrontierFrontier-Region, die ständig in Bewegung war, lebten Trapper, die jagten und mit IndianernNative AmericansKolonialzeit PelzhandelPelzhandel trieben, sowie Farmer allein oder mit ihren Familien. Sie gerieten auch immer wieder, meist gegen den Willen der Regierungen, in blutige Konflikte mit IndianernNative AmericansKolonialzeit, die sich von ihrem Vordringen besonders bedroht fühlten.

Auf Grund dieses allmählichen Voranschiebens der FrontierFrontier, das mit dem Übergang von der Subsistenzwirtschaft zur kommerziellen LandwirtschaftLandwirtschaftKolonialzeit u. Revolutionsepoche verbunden war, erreichte die koloniale Gesellschaft einen hohen Grad der Mobilität – sowohl horizontal (geographisch), als auch vertikal (als sozialer Aufstieg). Die WirtschaftsstrukturWirtschaft blieb vorwiegend agrarisch: Ca. 80 Prozent der arbeitenden Bevölkerung lebte auf Farmen und Plantagen, 10–15 Prozent waren Handwerker, und die Gruppe der Kaufleute und freien Berufe machte etwa 5 Prozent aus. Die „Feudalisierungstendenzen“ an der Küste und in den Städten wurden im 18. Jahrhundert aufgewogen durch die Westwanderung, die dafür sorgte, dass die Gesellschaft „im Fluss“ blieb. Man schätzt, dass 15 Prozent der ländlichen BevölkerungBevölkerungsentwicklung innerhalb von 10 Jahren mindestens einmal umzogen, und diese Zahl erhöht sich unter Einschluss der NeueinwandererEinwanderungKolonialzeit auf 40 Prozent. Die Hälfte bis drei Viertel aller landlosen weißen Männer erwarben im Laufe ihres Lebens Landbesitz, und nur einer von zwanzig blieb dauerhaft besitzlos. Durch diese Mobilität und DynamikWirtschaft hoben sich die dreizehn Siedlungskolonien auf markante Weise von den übrigen englischenGroßbritannien Besitzungen in der KaribikKaribik und an der kanadischenKanada Küste ab. Deshalb ist es auch kein Zufall, dass gerade sie als Erste den Schritt in die Unabhängigkeit wagten. An der Schwelle zur Revolutionsepoche wies die koloniale Gesellschaft, speziell im Bereich der Werte, Normen und Mentalitäten, zwar noch deutliche aristokratisch-monarchische Merkmale auf, doch gleichzeitig verfügte sie bereits über ein beträchtliches liberales und demokratisches Potenzial.


Abb. 3: Die Herkunft der nicht-indianischen Bevölkerung in den britischen Festlandskolonien (1700–1775)

3 Die Kolonien im Empire-Verband

Regionalisierung und Differenzierung hätten dazu führen können, dass sich die einzelnen Kolonien oder doch zumindest Norden, Mitte und SüdenSüden immer weiter auseinanderentwickelten. Dieser durchaus spürbaren Tendenz zur „Fragmentierung“ wirkte die Einbindung in das entstehende „erste“ englische Weltreich entgegen. Zunächst waren die königlichen Charters weit weniger Teil eines Herrschaftsplanes gewesen als Ausfluss des Bemühens, verdiente Untertanen zu belohnen sowie religiöse und soziale Konflikte durch Auswanderung zu entschärfen. Nach dem Ende des Bürgerkriegs und der RestaurationGroßbritannienRestauration der Monarchie wusste die KroneGroßbritannienenglischer Bürgerkrieg ab den 1660er Jahren den Wert, den die Festlandskolonien innerhalb des mit Hilfe der Navigation ActsNavigation Acts ausgebauten englischen MerkantilsystemsGroßbritannienMerkantilsystem besaßen, noch besser zu schätzen. Sie trugen zur Versorgung der KaribikinselnKaribik und des Mutterlandes mit wichtigen Rohstoffen bei (die von England aus auch profitabel in andere europäische Länder weiterverkauft werden konnten), und sie stellten einen wachsenden Markt für in EnglandGroßbritannien hergestellte Fertigprodukte dar. Parlament und Krone bemühten sich von nun an verstärkt um administrative Kontrolle der Siedler, aber ein erster Zentralisierungsschub, der 1688 zur Zusammenfassung aller Kolonien von MassachusettsMassachusetts bis New JerseyNew Jersey im Dominion of New EnglandDominion of New England führte, scheiterte kurz darauf im Zuge der Glorious RevolutionGroßbritannienGlorious Revolution. Dennoch wuchsen die Festlandskolonien auch weiterhin politisch, wirtschaftlich, militärisch und kulturell enger in das Empire hinein.