Internationale Beziehungen

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Dekolonisationskriege in Afrika und Asien



Die Entstehung eines globalen Ost-West-KonfliktOst-West-Konflikts, die Dekolonisation mit einer großen Zahl neuer Staaten in Afrika, Asien und dem Nahen und Mittleren Osten sowie die Spaltung zwischen der Sowjetunion und China führten zu einer Vielzahl von regionalen Konflikten, die äußerst komplex waren: Ungeklärte Territorialfragen, die zum Teil mit überlappenden Volkszugehörigkeiten zusammenfielen, vermischten sich mit regionalen Ordnungsfragen, so im Nahen Osten, am Horn von Afrika und im südlichen Afrika. Der Wettbewerb der globalen HegemonienHegemonien USA und Sowjetunion und ab 1963 zum Teil auch Chinas um die innerstaatliche politische Ausrichtung der neuen Staaten verlängerte oftmals die Kriege. Deshalb beobachten wir zum Teil lang andauernde Konflikte mit sehr hohen Opferzahlen.




Wo

Ereignis

Wann

Asien

Unabhängigkeitskrieg Indonesiens von den Niederlanden

1945–1949

Asien

Indochinakrieg Frankreichs

1946–1954

Asien

Erster Indisch-Pakistanischer Krieg

1947/1948

Naher Osten

Erster Nahostkrieg

1948–1949

Asien

Koreakrieg

1950–1953

Afrika

Unabhängigkeitskrieg Algeriens von Frankreich

1954–1962

Afrika

Nationalisierung des Suezkanals (Suez-Krise + Zweiter Nahostkrieg)

1956

Afrika

Bürgerkrieg im Kongo

1960–1965

Asien

Vietnamkrieg

1961/1964–1975

Naher Osten

Dritter Nahostkrieg (Sechs-Tage-Krieg)

1967

Zentralamerika

Fußballkrieg

1969

Asien

Bürgerkrieg in Kambodscha

1964–1975

Afrika, Südostasien

Unabhängigkeitskriege von Portugal(Angola, Mosambik, Osttimor etc.)

1962– z.T. 1994

Afrika

Unabhängigkeitskrieg Biafras von Nigeria

1967–1970

Europa

Zypernkrieg

1974

Naher Osten

Vierter Nahostkrieg (Jom-Kippur-Krieg)

1973

Naher Osten

Bürgerkrieg im Libanon

1975–1992

Afrika

Ogadenkrieg (Äthiopien, Somalia)

1977/1978

Mittlerer Osten

Sowjetische Invasion in Afghanistan

1978

Mittlerer Osten

Erster Golfkrieg

1980–1988

Afrika

Tschadkrieg (Bürgerkrieg)

1982



Ausgewählte regionale Konflikte seit 1945



Koloniale Unternehmens- und SiedlerinteressenViele regionale Konflikte waren dabei eindeutig assoziiert mit dem Ende kolonialer Herrschaft. Trotz des Images, das insbesondere Afrika als Kontinent anhaftet, auf dem der Krieg nicht endet, sind die Konflikte bei genauerem Hinsehen überraschend begrenzt. Die schwersten Konflikte beobachten wir im Zusammenhang mit dem Dekolonisationsprozess von Frankreich und Portugal. Hier vollzog sich der Übergang von der Fremdherrschaft zur Souveränität unter hohen Opfern und zum Teil sehr lange. Das hatte unterschiedliche UrsachenUrsachen schwerer Dekolonisationskriege. Eine davon war die

Stärke von kolonialen Unternehmens- und Siedlerinteressen

. In Algerien, im Kongo, in Angola und in Mosambik gestaltete sich der Ablösungsprozess sehr schwierig, weil er gegen die Interessen von internationalen Unternehmen der Kolonialmächte und europäischen Siedlern ausgefochten werden musste. Im Kongo, das nach Zeitzeugen über einen „skandalösen Reichtum“ (zitiert nach Eckert 2006: 72) an Bodenschätzen verfügte (wie Kupfer, Gold und Diamanten), hatte die Kolonialverwaltung großzügige Konzessionen auch an internationale Firmen vergeben (Eckert 2006: 72). Diese unterstützten nach der Unabhängigkeitserklärung Kongos aktiv die Ablösung eines Teils des Territoriums. In Algerien, in Angola und in Mosambik kam es zu schweren „Bürgerkriegen“, die sich im Fall von Angola und Mosambik als sehr langlebig erwiesen.



Ein zweiter Faktor, der mit dem ersten zusammenhängt, ist die jeweilige

Reaktion der Kolonialmacht

 auf Unabhängigkeitsbestrebungen. In Angola und in Mosambik dauerte der Krieg unter anderem deshalb so lange, weil Portugal als Kolonialmacht bis 1974 zögerte, die Staaten in die Unabhängigkeit zu entlassen. Unabhängigkeitsbewegungen in diesen beiden Staaten waren aber bereits in den 1960er Jahren, unter anderem angespornt durch den Vorbildcharakter der Unabhängigkeit der umliegenden Staaten, entstanden. Ein dritter Einflussfaktor besteht in der

Einmischung der USA oder der Sowjetunion

 in den Konflikt durch die militärische Unterstützung einer oder mehrerer Kriegsparteien, so dass die Kriege auch als

Stellvertreterkriege

Stellvertreterkriege bezeichnet werden. Je länger Kriege dauerten, desto wahrscheinlicher war die Einmischung durch einen der beiden oder beide Staaten. Dabei gab es eine starke InterdependenzInterdependenz zwischen diesen Konflikten und der Konkurrenz der Weltmächte untereinander. Die stärkere Assoziation eines Staates mit einer der beiden Mächte hatte oft den Effekt, dass benachbarte Staaten sich stärker mit der anderen Macht assoziierten. Einen extremen Fall stellt in dieser Hinsicht der Angola-Krieg und die Interdependenz dieses Kriegs mit dem Krieg im südlichen Afrika dar.





Regionale Ordnungskonflikte in der Nahsicht



Nicht alle Kriege sind als Dekolonisationskriege einzustufen. Daneben entwickelten sich eine Reihe wichtiger

regionaler OrdnungskonflikteRegionale Ordnungskonflikte

, die zwar im Kontext der Dekolonisierung stehen, die aber von Staaten, meistens regionalen HegemonieHegemonien, gegen Nachbarstaaten geführt wurden. Dazu zählen der Erste Nahostkrieg (1948–1949), der den Versuch Ägyptens darstellt, das gerade unabhängig gewordene Israel territorial zu vereinnahmen, ebenso wie der Erste Indisch-Pakistanische Konflikt (1947–1948) über den territorialen Zuschnitt Indiens, die Kriege, die Äthiopien mit Somalia geführt hat, und der Erste Irak-Iran-Krieg (1980–1988). Diese Kriege enthalten zusätzlich zu ihrer ursprünglichen noch Konfliktdynamik eine Ost-West-KonfliktOst-West-Konfliktdimension. Es gab aber auch Konflikte, in denen es nicht nur zur Rivalität zwischen der Sowjetunion und den USA kam, sondern in denen auch noch eine Einmischung durch China oder Kuba erfolgte. Dies betrifft Konflikte nach 1963 wie den Angola-KonfliktAngola-Konflikt, der Teil der Konfliktkonstellation im südlichen Afrika war und auch noch den Kongo sowie Südafrika betraf.



Merke



Als besonders langwierige Konfliktregionen haben sich vier Regionen herauskristallisiert: Der Nahe Osten mit dem israelisch-palästinensischen Konflikt als Zentrum, die Südwestasien-Achse mit dem Irak und dem Iran, das Horn von Afrika mit Äthiopien, dem Sudan und Somalia und das südliche Afrika mit Angola, Mosambik und Südafrika. Näher betrachtet werden im Folgenden zwei exemplarische Konflikte: der Nahost-Konflikt und der Konflikt im südlichen Afrika.





Der Nahost-KonfliktNahost-Konflikt



Beim

Nahost-Konflikt

 verschränken sich verschiedene Konfliktdimensionen. Seinen Ursprung als territorialen Konflikt hat er zeitlich betrachtet nach dem Ersten WeltkriegErster Weltkrieg (vgl. Einheit 1), als Teile des Osmanischen Reichs unter den Kriegsgewinnern aufgeteilt wurden. Großbritannien verwaltete das Völkerbundmandat über Palästina und den Irak, Frankreich das über den Libanon und Syrien. Verstärkt durch die Erfahrung der Vernichtung des jüdischen Volkes durch Deutschland während des Nationalsozialismus gab es nach dem Zweiten Weltkrieg eine große Bereitschaft seitens der Alliierten, die Schaffung eines jüdischen Staates zu ermöglichen. Als sich Großbritannien 1947 nicht mehr in der Lage sah, die Verwaltung Palästinas fortzuführen, gab es sein Mandat an die Vereinten NationenVereinte Nationen ab. Diese verabschiedeten 1948 einen Teilungsplan für Palästina und entließen Israel in die Unabhängigkeit.



Zwischen 1948 und 1989 führten die beteiligten Staaten insgesamt

drei Kriege

 gegeneinander. Dies waren der

Erste Nahostkrieg

 (1948–1949) unmittelbar nach der Unabhängigkeitserklärung Israels, der

Sechstagekrieg

 (1967) und der

Jom-Kippur-Krieg

 (1973) (vgl. Tabelle 2.9). Die arabischen Staaten verfolgten dabei das Ziel, Israel als unabhängigen Staat zu beseitigen. Israel verfolgte das Ziel, sein Recht auf Selbstbestimmung in einem jüdischen Staat zu verteidigen.



Nahost-Konflikt



Der Nahost-Konfliktisraelisch-palästinensischer Konflikt stellt sich als Konflikt auf drei Ebenen dar:



1 Auf einer ersten Ebene stehen sich der Staat Israel und die arabischen Palästinenserisraelisch-palästinensischer Konflikt gegenüber.

2 Auf einer zweiten, regionalen Ebene stehen sich Israel und die arabischen Staaten gegenüber. Letztere sind aber selten geeint.

3 Auf einer dritten, internationalen Ebene war der Nahost-KonfliktNahost-Konflikt Teil der Ost-West-KonfliktOst-West-Konfliktkonstellation, mit wechselnden Allianzen.



Der

Nahost-Konflikt

 ist in einem engeren Sinne ein

israelisch-palästinensischer Konflikt

israelisch-palästinensischer Konflikt (1. Ebene) und hier ein Territorialkonflikt, bei dem sich der israelische Staat mit seinen innerstaatlichen Interessengruppen und Palästinenser, die ebenfalls politisch organisiert sind, gegenüberstehen. Beide kämpfen um dasselbe Land. Die arabischen Palästinenser bilden dabei eine weit verstreute Flüchtlingsgruppe, die inzwischen 10 Millionen Menschen umfasst und in mehreren Wellen Israel verlassen hat. Sie leben überwiegend in den umliegenden Staaten Libanon, Jordanien und Syrien, häufig Flüchtlingscamps, sowie in den USA. In den arabischen Staaten sind sie mit Ausnahme Jordaniens wenig in die Gesellschaft integriert und ihr Lebensstandard liegt in der Regel unter demjenigen der Bevölkerung der Aufnahmeländer. Dem gegenüber stehen mehrere Wellen jüdischer Einwanderung nach Israel, die die Bevölkerung Israels stark hat anwachsen lassen. Als politische Interessenvertretung der Palästinenser gründete sich 1964 die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO). Sie hatte ihren Hauptsitz zunächst in Jordanien, wurde aus diesem Land aber 1970 vertrieben, da die PLO mit ihrer Selbstverwaltung und dem Aufbau eigener Sicherheitskräfte einen Staat im Staate gebildet hatte, der die Autorität des jordanischen Königshauses zunehmend bedrohte.

 



Der

Nahost-Konflikt

Nahost-Konflikt (2. Ebene) ist auch

ein regionaler Konflikt

, bei dem sich sowohl Israel und seine arabischen Nachbarstaaten gegenüberstehen als auch arabische Staaten untereinander in Konkurrenz stehen. Die arabischen Staaten hatten sich 1945 bereits vor Gründung der Vereinten Nationen in der Arabischen Liga organisiert, deren Ziel die Unterstützung eines unabhängigen palästinensischen Staates ist. Zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn kam es zu insgesamt drei Kriegen, die zu mehreren territorialen Veränderungen durch Gebietsgewinne geführt haben. Ägypten hat 1979 einen Friedensvertrag mit Israel geschlossen und Jordanien hat 1988 seine Gebietsansprüche auf das Westjordanland und Ostjerusalem aufgegeben, so dass heute vor allem Syrien und der Libanon territorial betroffen sind.




Ereignis

Verlauf

Weitere Effekte

Erster Nahostkrieg (1948–1949)Israel vs. Ägypten, Libanon, Jordanien

Ziel: Die Zerstörung Israels als territorialer Staat;Ergebnis: Sieg Israels;Ausdehnung des israelischen Territoriums um mehr als ein Drittel über den UNO-Plan hinaus

Massenflucht von ca. 700.000 Palästinensern, v.a. nach Jordanienjüdische Immigration nach Israel

19521954

Sturz d. ägyptischen Königshauses;Machtübernahme Gamal Abdel Nassers

Ägypten geht Weg eines „Arabischen Sozialismus“ und panarabischen Nationalismus

1955

Bildung der Central Treaty Organization (CENTO) als anti-sowjetisches Bündnis;Mitglieder: USA, Großbritannien, Irak, Iran, Türkei

Suez-Krise (1956)Ägypten vs. Israel, Großbritannien, Frankreich

Ägyptische Nationalisierung des Suezkanals führt zu Interventionen Großbritanniens, Frankreichs und Israels mit dem Ziel des Sturzes Gamal Abdel Nassers;Absetzungspläne scheitern am Protest der VN und der USA;Großbritannien und Frankreich ziehen ab;Israel zieht sich zurück

Delegitimation der mit Großbritannien und Frankreich assoziierten Königshäuser;Umstürze in: Irak (1958), Libyen (1969), Revolution in Syrien (1963);Jordanisches Königshaus (1957) und Regierung Libanons (1958) retten sich nur mit US-Unterstützung;Irak, Libyen, Syrien folgen Ägypten auf dem Weg eines „Arabischen Sozialismus“;Annäherung Saudi-Arabiens an die USA

1958–1961

Gründung der Vereinigten Arabischen Republik zwischen Ägypten und Syrien

1964

Gründung der PLO (Palestine Liberation Organization) als Interessenvertretung der arabischen Palästinenser

1966

Verteidigungsabkommen zwischen Ägypten und Syrien

Eskalation in Richtung Sechstagekrieg

Sechstagekrieg (1967)Israel vs. Ägypten

Ziel: Präventivkrieg Israels zur Eroberung d. Sinai;Ergebnis: Ägyptische Luftwaffe wird vernichtet;Israel besetzt den Sinai (Ägypten), das Westjordanland und Ost-Jerusalem (Jordanien) und die Golanhöhen (Syrien)

Delegitimation von Nassers arabischem Sozialismus / Panarabismus

1967–1977

Beginn der israelischen Siedlungspolitik im Westjordanland

1970

Tod Nassers in Ägypten;Ägypten wendet sich unter Anwar el Sadat von der Sowjetunion ab;weder USA noch Israel honorieren den ägyptischen Kurswechsel

Jom-Kippur-Krieg (1973)Ägypten, Syrien vs. Israel

Ziel: Rückeroberung d. Sinais (Ägypten) und der Golanhöhen (Syrien);Ergebnis: Waffenstillstandsabkommen

Formierung der OPEC, die durch Drosselung der Erdölförderung europäische Zurückhaltung im Konflikt erzwingt;Ölboykott gegen westliche Staaten (1973–1974)

Camp David Abkommen (1978)Ägyptisch-israelischer Friedensvertrag (1979)

Ziel: Entspannung des israelisch-palästinensischen Konfliktisraelisch-palästinensischer Konflikts;Ergebnis: Anerkennung der Grenzen Israels und damit der Existenz Israels als Staat;Rückgabe des Sinai an Ägypten;Arabische Staaten betrachten Friedensvertrag als Verrat an arabischen Prinzipien, Ägypten wird aus der Arabischen Liga ausgeschlossen;Ermordung Sadats (1981) durch islamische Fundamentalisten

Delegitimation der USA, Sturz von Shah Reza Pahlevi im Iran: Iranische Revolution 1978;Syrien nähert sich der Sowjetunion an



Israelisch-arabische Kriege – Verlauf und Ergebnisse bis 1979



Auf einer

globalen Ebene

 war der Nahost-KonfliktNahost-Konflikt (3. Ebene) Teil der Ost-West-KonfliktOst-West-Konfliktkonstellation, allerdings war diese Konstellation auf regionaler Ebene sehr unbeständig, da es viele Regierungsumstürze gab, die die außenpolitischen Orientierungen der Staaten permanent veränderten. So waren die Königshäuser des Irak, Irans, Jordaniens und Libyens nach ihrer Unabhängigkeit zunächst eng mit Großbritannien verbunden, der Libanon und Syrien mit Frankreich (französische Truppen zogen 1946 ab). Nur Ägypten, das spät kolonialisiert und früh wieder unabhängig geworden war, war nicht Teil dieses Bündnisses. Diese Zuordnung änderte sich nach der Suez-Krise. Sie bedeutete den Anfang vom Niedergang der kolonialen Stellvertreter-Königshäuser in der Region und veränderte die regionale Konstellation fundamental: Unter anderem als ein Effekt der Intervention stürzten im Irak, in Syrien und in Libyen die Königshäuser und Militärregierungen kamen an die Macht, die sich eher am sowjetischen Entwicklungsmodell orientierten als am Westen. Dem Modell Ägyptens folgend, gingen der Irak, Syrien und Libyen den Weg eines

arabischen Sozialismus

. Dieser richtete sich insbesondere gegen die als reaktionär empfundenen Königshäuser Saudi-Arabiens und der kleineren arabischen Ölmonarchien. Das jordanische Königshaus und die libanesische Regierung überlebten politisch nur durch die Unterstützung der USA (Smith 2008: 46). Saudi-Arabien näherte sich zu diesem Zeitpunkt den USA an. Damit stand einer stärker mit den USA assoziierten Koalition aus Iran, Jordanien, Libanon und Saudi-Arabien ein stärker mit der Sowjetunion assoziiertes Bündnis zwischen Irak, Libyen und Syrien gegenüber. Dies führte zu einer noch stärkeren Anbindung des Iran als einer der wenigen verbleibenden Monarchien unter Shah Reza Pahlevi an die USA.



Diese Konstellation änderte sich wiederum 1979. Nach dem Jom-Kippur-Krieg von 1973 kam es 1978 zum ersten Friedensvertrag zwischen einem arabischen Staat und Israel. Das durch die USA unter Jimmy Carter vermittelte

Camp David AbkommenCamp David Abkommen (1978)

 und der

Ägyptisch-Israelische Friedensvertrag

Ägyptisch-Israelischer Friedensvertrag (1979) wurden innerhalb der arabischen Staatengemeinschaft als Affront bewertet, weil sie die Grenzen des israelischen Staates anerkannten. Ägypten, ein

Gründungsmitglied der Arabischen Liga

, wurde aus dieser ausgeschlossen und verlor seine informelle Führungsrolle innerhalb der sozialistisch ausgerichteten Gruppe der arabischen Staaten. Um diese Rolle konkurrierten in der Folge die verbleibenden Staaten Irak und Syrien.



Der Friedensvertrag hatte aber noch weiterreichende regionale Effekte: Er trug zur fortschreitenden

Delegitimation des US-Verbündeten Iran

 unter dem Shah von Persien bei und schließlich zur

Iranischen Revolution

Iranische Revolution. Mit der Machtübernahme durch den Ayatollah Khomeini verfolgte der Iran eine eigenständige Außenpolitik, die sich an keinem der Blöcke orientierte. Zusätzlich zu der durch den Ost-West-KonfliktOst-West-Konflikt bestimmten regionalen Konfliktlinie entstand eine religiös definierte Konfliktlinie zwischen dem Iran als schiitischer Theokratie und den anderen arabischen Regierungen. Damit standen einer relativ einheitlichen Gruppe, die mit den USA assoziiert waren, eine heterogene Gruppe aus sozialistischen und schiitisch dominierten Staaten gegenüber.



Nach dieser Entwicklung kam es bis zum Ende des Ost-West-KonfliktOst-West-Konflikts zu keinem zwischenstaatlichen Krieg zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn mehr. Der Konflikt verlagerte sich jedoch auf die gesellschaftliche Ebene (1. Ebene). Die PLO erklärte nach ihrer Vertreibung aus dem Libanon 1982 im Jahr 1987 ihre erste

Intifada

, die Erhebung des arabischen Volkes. 1988 wurde die Hamas gegründet.





Der Angola-KonfliktAngola-Konflikt



Der

Angola-Konflikt

 begann zeitgleich mit der Verbreitung unabhängiger Staaten in Afrika um 1960. Die drei Konfliktebenen können auch hier die Konfliktdynamiken verdeutlichen.



Auf einer

innerstaatlichen Ebene

 war Angola Teil einer Konfliktkonstellation von Staaten, in denen die schwarze Bevölkerungsmehrheit entweder durch europäische Kolonialregierungen regiert wurde (Angola, Mosambik) oder in denen die schwarze Bevölkerungsmehrheit von einer dominierenden Siedlergruppe regiert wurde, die den Rassismus institutionalisiert hatte (Südafrika, Namibia). Die kolonial regierten Staaten Angola und Mosambik schirmten die Apartheidstaaten geographisch vom Rest Schwarzafrikas ab.



Auf einer regionalen Ebene war Angola – zusammen mit Mosambik – einer der wenigen Staaten, die bis 1975 selbst keine Unabhängigkeit erlangten, aber innerhalb der Staatengruppe lagen, die von der Dekolonisationswelle in den 1960er Jahren erfasst wurden. In Angola selbst formierten sich deshalb drei Unabhängigkeitsbewegungen, die zunächst gemeinsam gegen Portugal kämpften: Die Nationale Befreiungsfront für Angola (FNLA), die Volksbewegung für die Befreiung Angolas (MPLA) und die Nationale Union für die totale Unabhängigkeit Angolas (UNITA). Die FNLA und die MPLA waren beide marxistisch orientiert. Nach dem Sturz der Regierung Portugals 1974 übernahm die MPLA 1975 die Macht in Angola. Danach brach der Wettbewerb um die Ausrichtung des neuen Staates aus. Daraufhin kam es zum Bürgerkrieg zwischen der FNLA, der MPLA und der UNITA und der innerstaatliche Krieg entwickelte sich zu einem Stellvertreterkrieg: Die MPLA wurde von der Sowjetunion und Kuba unterstützt (ein großer Teil der kubanischen Bevölkerung ist angolanischen Ursprungs), die FNLA durch den Kongo und die USA und die UNITA durch Südafrika.



Die sozialistische Ausrichtung Angolas (und Mosambiks, das ebenfalls 1975 unabhängig wurde) änderte die regionale Konfliktkonstellation in bedeutsamer Weise: Sie brachte Angola und Mosambik als schwarzafrikanische Staaten in Frontstellung zu Südafrika als auf einem institutionalisierten Rassismus in Form des Apartheidregimes beruhenden Staat. Die marxistisch orientierten Gruppierungen machten es sich zum Ziel ihrer Außenpolitik, auch das

Apartheidregime

Apartheidregime in Südafrika als größtes

Symbol des Kolonialismus und Rassismus

 zu beseitigen. Dadurch weitete sich der Krieg auf das südliche Afrika aus.Ausweitung auf Südafrika



Apartheidregierung



Der Begriff der Apartheid stammt ursprünglich aus dem Afrikaans und bedeutet im Allgemeinen ,Trennung‘ beziehungsweise ,Gesondertheit‘. Als Apartheidregierung oder -regime wird heute die strikte Rassentrennung und die Unterdrückung der nicht-weißen Bevölkerung in Südafrika betitelt. Im Rahmen dieses Systems wurden systematisch diskriminierende Gesetze erlassen und damit die schwarze Mehrheitsbevölkerung einer kolonialistischen und ausbeutenden Regierungspolitik der weißen Minderheitsbevölkerung ausgesetzt.



Das Ende der Apartheid-Politik in Südafrika fiel 1991 mit dem Zerfall der SowjetunionAuflösung Sowjetunion zusammen, was zunächst das Ende des Kriegs im südlichen Afrika ermöglichte. Diese Konstellation bedeutete jedoch noch nicht das Ende des Kriegs in Angola. Es kam wiederum zu einem Bürgerkrieg, der erst 2002 beendet wurde. Angola zeigt damit sehr anschaulich das komplexe Zusammenspiel zwischen den Effekten der Dekolonisation, der Ost-West-Konkurrenz und dem Zerfall der SowjetunionAuflösung Sowjetunion, die den Krieg beeinflusst haben. Angola ist mit über 40 Jahren Bürgerkrieg allerdings extrem in Bezug auf die Länge des Kriegs.

 



Angolakonflikt: Apartheidregime und Bruch mit der alten Ordnung auf drei Ebenen



1 Auf einer ersten Ebene stehen sich die Parteien FNLA, die PMLA und UNITA in einem innerstaatlichen Konflikt gegenüber.

2 Auf einer zweiten, regionalen Ebene geht es um den Kampf zwischen schwarzafrikanischen Staaten und dem „weißen ImperialismusImperialismus“ in Namibia, Rhodesien und Südafrika.

3 Auf einer dritten Ebene stellen die Unabhängigkeit Angolas und Mosambiks und die Machtübernahme durch kommu