Ein MORDs-Team - Der komplette Fall Marietta King

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Gedenkfeier von Henry Snyder



Zur selben Zeit




»Hör doch mal auf, an deiner Krawatte zu zupfen«, sagte Danielle. »Die sitzt perfekt.« Immerhin hatte sie das Stück Stoff gebunden. Das einzig Gescheite, was ihr Bruder Brandon ihr je beigebracht hatte, war der perfekte Windsorknoten.



Mason nahm die Finger von der Krawatte und seufzte.



Die letzte halbe Stunde hatte er kaum ein Wort gesprochen und Danielle war klar, warum. Er hatte Schiss. Der toughe Sportler von einst, der jedem Gegner bereits mit seiner bloßen Anwesenheit auf dem Platz den Angstschweiß auf die Stirn getrieben hatte, hatte Angst.



Der Wagen bremste vor dem Anwesen des verstorbenen Direktors. George stieg aus, um die Türen zu öffnen.



»Bist du bereit?«, fragte Danielle und raffte ihren Rock.



»Klar doch«, gab Mason zurück, klang allerdings kein bisschen so.



»Wir schaffen das.« Sie nickte ihm aufmunternd zu und stieg aus. Mason folgte ihr. Die Temperaturen waren merklich abgekühlt, ein frischer Wind war aufgezogen und es roch nach Regen.



»Was ein Schuppen«, sagte er, legte den Kopf in den Nacken und drehte sich um die Achse.



Der Schuppen war ein altviktorianisches Herrenhaus mit drei Stockwerken und unzähligen Fenstern. Gegenüber der Eingangstür war ein Springbrunnen, auf dem Engel als Wasserspeier saßen und kleine Fontänen ausspuckten. Rechts führte ein schmaler Kiesweg in ein Wäldchen. Bestimmt ging es hinter dem Haus noch etliche Hektar weiter. Danielle war zwar noch nie hier gewesen, aber sie kannte diese Art von Anwesen. Groß, unübersichtlich, prahlerisch.



Sie überquerten den Kiesplatz und liefen auf die Eingangspforte zu, wo zwei Türsteher die Gäste in Empfang nahmen.



Mason seufzte resigniert. »Wir können hier Tage suchen, ohne den Film zu finden.«



»Ich weiß. Schrecklich.« Danielles Smartphone summte in ihrer Tasche. Sie zog es heraus. Schon wieder Mum. »Lass uns reingehen, bevor meine Mutter noch einen Nervenzusammenbruch bekommt, weil wir noch nicht da sind.«



Danielle zeigte einem der Türsteher ihre Einladung und wurde ohne weiteres eingelassen. Da ihr eine Begleitung zustand, durfte auch Mason passieren.



Sie traten in die Eingangshalle. Es herrschte reges Treiben. Kellner liefen mit Tabletts umher, die Trauergäste – alle in schwarz gekleidet – waren entweder in Grüppchen unterwegs oder alleine. Eine Frau stand, mit einem Taschentuch an die Nase gepresst, vor einem der Bilder von Henry Snyder. Wie im Altenheim war hier ebenfalls ein Podest aufgebaut, auf dem verschiedene Aufnahmen drapiert worden waren. Sie zeigten Henry Snyder in verschiedenen Situationen, ob beim Skifahren, bei der Jagd, hinter seinem Schreibtisch in der alten Schule oder auf einer Wohltätigkeitsveranstaltung. Das Foto mit dem Pokal, welches Danielle auf die Spur mit den Schuhen gebracht hatte, war auch dabei.



Mason fingerte wieder an seiner Krawatte herum und lockerte den Knoten etwas. Ein dünner Schweißfilm stand auf seiner Stirn und seine Wangen glühten. »Das ist ganz schön protzig.«



»Stimmt.« Marmorfliesen, die auf Hochglanz poliert waren, hohe Decken, griechische Säulen. Obwohl ein Bus hier hätte parken können, war es offensichtlich, dass Mason sich beklemmt und eingeengt fühlte. »Bevor du umkippst, nimmst du besser die Krawatte ganz ab.«



»Was?«



»Du fingerst ständig daran herum. Du kannst sie auch ausziehen.«



»Geht schon. Ehrlich. Ich glaube, es liegt eher an dem Haus. Ich meine, das ist doch kein richtiges Zuhause, wo man liebt, lacht, streitet. Das ist ein Objekt, um all das Geld zur Schau zu stellen.«



»Bei uns sieht es ganz ähnlich aus.«



»Oh.«



»Aber ich weiß, was du meinst. Es ist schwer sich vorzustellen, dass hier eine glückliche Familie lebt.«



»Hatte Snyder eigentlich Kinder?«, fragte Mason



»Zwei. Stand zumindest bei Google News.«



»Da bist du ja endlich!«, rief ihre Mutter von links. Danielle und Mason drehten sich gleichzeitig um. Danielles Mum kam aus dem angrenzenden Salon gelaufen. Sie war in Begleitung einer Frau, die Danielle nicht kannte, aber dem verheulten Gesicht nach zu urteilen hatte sie Snyder nahe gestanden.



Ihre Mum trug ein schwarzes Etuikleid, die Haare hatte sie zu einem strengen Dutt zusammengebunden, aus dem nicht eine Strähne hervorspickte, und natürlich trug sie ihre geliebten Manolos. Ihre Mutter streckte die Arme aus und wollte Danielle in eine Umarmung schließen, doch sie wich sofort zurück. Ein trauriger Schatten huschte über das Gesicht ihrer Mutter, aber Danielle konnte sich trotzdem nicht dazu überwinden, sie in die Arme zu schließen. Es kam ihr falsch und verlogen vor.



»Was macht er denn hier?« Ihre Mutter deutete mit einem Kopfnicken zu Mason.



»Mum! Mason ist meine Begleitung«, gab Danielle zurück. »Und er steht direkt neben uns und kann dich hören.«



Ihre Mutter kniff die Augen zusammen und musterte Mason abfällig. »Agnes, darf ich dir meine Tochter Danielle vorstellen?« Sie winkte die Frau herbei, die sie begleitet hatte.



»Danielle, das ist Agnes Snyder. Die Fr… Henrys Witwe.«



Agnes Snyder nickte ihr zu, ohne ihr die Hand zur Begrüßung hinzustrecken.



»Mein Beileid, Mrs. Snyder.«



»Danke, Kind. Das war ein großer Schock für uns. Unfassbar, dass Henry nicht mehr da ist.«



»Das glaube ich.«



Mrs. Snyder setzte zum Sprechen an, doch eine dicke Träne kullerte ihr über die Wange. Sie schüttelte den Kopf und winkte ab. »Entschuldigt bitte.«



»Natürlich, Agnes«, sagte Danielles Mutter. »Wir sind da, falls du uns brauchst.«



Als ob wir etwas für sie tun könnten, dachte Danielle.



Mrs. Snyder nickte. »Ach ja, Mrs. Bertram wird nachher eine Rede halten und anschließend eine Führung durchs Haus machen. Es würde mich freuen, wenn ihr die mitmacht. Henry liebte es, seine Gäste herumzuführen, und da er ja jetzt nicht mehr kann …« Sie wischte die nächste Träne weg. Danielle kam es ein klein wenig zu theatralisch vor, aber wer war sie, dass sie sich eine Meinung über die Snyders bilden könnte? Sie sah zu Mason hinüber. Eine Führung durchs Haus war perfekt. Das wäre die Gelegenheit, nach dem Film zu suchen.



»Wir brauchen noch mehr weiße Lilien, was meint ihr?«, fragte Mrs. Snyder und deutete auf die Dekoration in der Halle. »Ich will definitiv mehr Lilien.« Ohne weiter auf Danielle oder sonst wen zu achten, stiefelte Mrs. Snyder davon und schnappte sich den erstbesten Bediensteten, um Anweisungen zu erteilen.



Kaum war Mrs. Snyder außer Hörweite, griff ihre Mum nach Danielles Ellbogen und zerrte sie von Mason weg.



»Was soll denn das? Au!«, rief Danielle und versuchte, ihren Arm zurückzuziehen. »Du tust mir weh, Mum.«



Diese zog sie einfach weiter, ohne auf ihre Proteste einzugehen. »Der drogenabhängige Collister? Im Ernst? Konntest du keine andere Begleitung finden?«



Danielle blickte zu Mason, der mit den Schuhspitzen über den Boden strich, als wollte er eine Zigarette ausdrücken.



»Willst du mich blamieren?«, bohrte ihre Mutter weiter.



»Ich? Dich blamieren? Das kannst du doch selbst ganz großartig.« Danielle trat einen Schritt näher und schnupperte an ihrer Mutter. »Wie viel hast du heute schon getrunken?«



Ihre Mutter zuckte, als hätte sie ihr eine Ohrfeige verpasst. »Wage es ja nicht, junge Dame! Du wirst dich von dem Collister-Jungen fernhalten, haben wir uns verstanden?«



Danielle reckte das Kinn. »Ich treffe mich, mit wem ich will. Ich bin alt genug.«



Ihre Mum lachte auf. »Das ist ein Witz, oder? Du bist sechzehn und wirst tun, was ich dir sage.«



»Oder was? Streichst du mir die Reitstunden? Den Tennisunterricht? Oder verbietest du mir die nächste Bootsfahrt?«



Danielle liebte das Reiten, es war ihre Zeit für sich. Ihre Möglichkeit, den Zwängen in ihrer Familie davon zu galoppieren. Dennoch konnte sie ihre Hobbys nicht über einen Menschen stellen, und wenn sie sich jetzt von Mason abwenden würde, wäre das für ihn der K.O.-Schlag. »Ich werde mich jetzt mit Mason unter die Leute mischen, und du wirst mich nur davon abhalten können, indem du mir eine Szene machst, worauf du sicherlich keinen Wert legst, da wir ja stets so bemüht um die Etikette sind.«



Ihre Mutter schnappte nach Luft und lief knallrot an. Danielle ging zu weit. Sie wusste es, aber das spielte jetzt keine Rolle. Sie machte sich von ihrer Mutter los, drehte auf den Hacken um und lief zurück zu Mason.



»Alles klar?«, fragte er leise.



»Natürlich«, gab sie zurück und hakte sich bei ihm unter. »Lass uns nach diesem verflixten Film suchen und dann abhauen.«






 *




Mason war beeindruckt. Das musste er zugeben. Er hatte zwar nicht genau verstanden, was Danielle und ihre Mum miteinander gesprochen hatten, aber er konnte es sich denken, nachdem Danielles Mum ihn quasi mit Blicken töten wollte. »Danke«, stammelte er und lief mit Danielle durchs Foyer. »Aber ich hätte auch einfach …«



»Gehen können? Dich im nächsten Loch verkriechen? Meinst du, das macht es besser?« Danielle lief so schnell, dass ihre Schuhe ein wildes Staccato auf den Marmorfliesen hinterließen.



Er bremste sie aus, damit sie mal nach Luft schnappen konnte. »Ich will dich nicht in Schwierigkeiten bringen.«



»Und ich will nicht, dass du dich wegen all dem Mist, der passiert ist, ständig schlecht fühlst. Herrje, was kannst du denn dafür, dass du einen epileptischen Anfall erleidest und man dir Drogen in den Spind schmuggelt?«



Das wusste er nicht. Er wusste nur, dass jeder in seinem Umfeld davon ausging, dass er dafür verantwortlich war. Das Pech schien an ihm zu kleben.

 



»Mach einen Haken an die Sache und lebe dein Leben weiter«, sagte Danielle.



»Ich werde es versuchen«, gab er zurück, auch wenn er nicht wusste, wie er das machen sollte.



»Gut, dann lass uns mit dem anfangen, weshalb wir hergekommen sind, ja?«



»Einverstanden, aber nur, wenn du nicht mehr so rennst. Du wirst dir noch die Knöchel in den High-Heels brechen.«



Sie lächelte. »Keine Sorge. Ich habe Übung in den Dingern.«



»Wo sollen wir anfangen zu suchen?« Mason sah sich um. Sie standen vor einer Glasvitrine, die neben dem Podest aufgebaut worden war.



»Bitte treten Sie von der Vitrine zurück«, rief eine Frau. Sie war fast so breit wie hoch und trug ein schwarzes Kleid. Ihr Gesicht war rund, die Wangen gerötet, als käme sie gerade vom Joggen. Oder ihr Gewicht machte ihr zu schaffen, was Mason nicht wundern würde. »Die Sachen darin sind überaus wertvoll.«



Mason drehte sich kurz zu der Vitrine. Sie war voller Kindheitserinnerungen von Henry Snyder. Jahrbücher seiner Highschool, das Abschlussdiplom, Fotos von ihm beim Unterricht und beim Sport und Pokale. Henry Snyder war, wie Mason auch, Basketballer gewesen – und der Zahl der Pokale nach zu urteilen, ein sehr guter. Eine Welle aus Neid und Trauer erfasste Mason, als er die Trophäen betrachtete. So etwas hätte er auch eines Tages haben können.



»Ich meine es ernst«, sagte die Frau erneut mit einem strengen Blick auf Mason und Danielle. Er rollte die Augen und lief ein paar Meter weiter.



Die Frau nickte zufrieden und wandte sich den anderen Gästen zu. »Wenn ich um Ihre Aufmerksamkeit bitten dürfte? Mein Name ist Mrs. Bertram. Ich werde Ihre Führung heute übernehmen. Wir werden im Park beginnen, wo ich Ihnen das Labyrinth zeigen werde. Als besonderes Highlight besuchen wir zum Schluss das Heimkino im ersten Stock, wo wir Ihnen einen Film mit den Höhepunkten aus Mister Snyders Karriere vorführen werden.«



Danielle und Mason blickten sich an. Ein Kino? Hier im Haus? Danielle grinste. »Wäre das nicht der perfekte Platz, um eine Filmrolle zu verstecken?«



»Viel zu offensichtlich.«



»Eben! Da sucht doch kein Mensch. Wir schauen dort als erstes nach, während die anderen auf der Führung durchs Haus sind.«




Fünf Minuten später hatten sie den ersten Stock erreicht.



»Rechts oder links herum?«, fragte Mason und deutete auf die beiden Abzweigungen.



»Links«, sagte Danielle.



Der Flur war mit dunklem Holz getäfelt, alle paar Meter hingen Filmplakate. »Manche mögen’s heiß«, »Casablanca«, sogar ein »Star Wars«-Poster. Snyder hatte offenkundig einen breit gefächerten Geschmack gehabt. Auf einmal klickte eine Tür weiter vorne und schwang auf.



»Verdammt, da kommt jemand«, sagte Danielle.



»Da rein.« Mason griff nach der nächstbesten Türklinke und zog Danielle mit sich in den Raum. Sie huschten hinein und pressten sich von innen an die Tür. Mason sah sich kurz im Raum um. Es war ein Büro. Ein großer Schreibtisch stand vor zwei bodentiefen Fenstern, die hinaus auf den Park zeigten. Auch hier hingen Plakate alter Filme an den Wänden. An der rechten Wand stand ein Ledersofa, das hoffentlich bequemer war als es aussah.



»Ich höre Schritte«, sagte Danielle und drückte ihr Ohr an die Tür.



Für ein paar Sekunden hielten beide die Luft an. Die Schritte näherten sich dem Büro. Jemand pfiff vergnügt vor sich hin. Jetzt war er auf ihrer Höhe. Mason krallte die Finger in sein Hemd. Bitte geh weiter.



Seine Gedanken wurden erhört, denn das Pfeifen und die Schritte entfernten sich. Mason atmete aus und öffnete die Tür einen Spalt. Er sah noch den Rücken eines Mannes. Er trug, wie alle Gäste, einen schwarzen Anzug und er hatte dunkle Haare. In seiner Hand hielt er etwas Silbernes, doch bevor es Mason erkennen konnte, war er bereits um die Ecke gebogen.



»Die Luft ist rein«, sagte er und huschte mit Danielle wieder aus dem Zimmer heraus. Sie setzten ihren Weg fort und erreichten die Tür, aus der der Fremde eben gekommen war. Sie war mit großen goldenen Lettern beschriftet: KINO.



»Schätze, wir haben es gefunden«, sagte Danielle und trat ein.



Mason folgte ihr. »Wenn das mal nicht abgefahren ist.« Das Kino war natürlich nicht so groß wie die Multiplex-Kinos in der Stadt, aber durchaus ausreichend. Er zählte zehn Sitzreihen. Die Bezüge waren aus schönem dunkelblauen Samt. Der Boden war mit einem noch dunkleren blauen Teppich ausgelegt. Es roch sogar nach Popcorn. An der hinteren Wand waren Regale. Voll mit silbernen Filmdosen.



Danielle deutete darauf. »Ich schätze, wir haben ein paar Filme gefunden.«



Mason lief zum ersten Regal und nahm eine Filmdose in die Hand. Sie waren alle fein säuberlich aufgereiht, beschriftet und in alphabetischer Reihenfolge abgelegt.



Danielle ging zum zweiten Regal. »Sieh dir mal die Daten auf den Dosen an.«



»1999, 2000, 2001, … die sind alle geordnet.«



»Der Mord an Marietta King war 1984." Mason suchte die Reihen ab. »Das müsste hier drüben sein.« Er musste sich auf die Zehenspitzen stellen, um das Datum am Regal abzulesen. »Hier!«



Danielle kam sofort zu ihm gerannt. »Der Mord war im Herbst. Stehen da auch die Monate drauf?«



»Ja, warte …«



»… wegen des Regens stellen wir die Führung etwas um und kommen zum Highlight … dem Kino«, sagte Mrs. Bertram. Danielle und Mason erstarrten gleichzeitig. Das war viel zu früh! Die wollten doch im Garten anfangen.



Die Tür öffnete sich und die rundliche Mrs. Bertram schob sich herein.



Danielle wirbelte herum, packte Mason am Kragen und zog ihn zu einem Kuss heran. Er wurde stocksteif, doch Danielle forcierte den Kuss weiter, schlang die Arme um seinen Nacken und presste ihn gegen das Regal mit den Filmdosen. Einige purzelten heraus und verteilten sich auf dem Boden.



Erst, als sie ein erstauntes: »Danielle!« aus dem Mund ihrer Mum hörte, ließ sie von Mason ab.



Sie drehte sich um und mimte die Überraschte. »Hi, Mum.«




*





Angel Island



Olivia schmeckte Dreck und Öl. Sie hustete und spukte einen Klumpen ekelhaften Schleims aus. Thompkins hatte sie in den Magen geschlagen, während seine Kumpels Randy festhielten. Mit wackeligen Armen versuchte sie, sich nach oben zu stemmen. Thompkins stellte den Stiefel auf ihren Rücken und presste sie wieder nach unten. »Dann zeig mal deine schicke Kamera her.«



Er griff nach der Fototasche und zog die Kamera heraus. Es dauerte einen Moment, bis er den Einschalter gefunden hatte. Olivia versuchte, sich von seinem Stiefel zu befreien, aber Thompkins pinnte sie am Boden fest als wäre sie ein Tier, das er eben erlegt hatte. »Nett. Aber der Boss hatte wohl recht, du hast geblufft.«



»Natürlich habe ich die Bilder nicht dabei«, griff sie nach einem letzten Strohhalm. »Sie sind zu Hause.«



»Aber klar doch.« Thompkins schleuderte die Kamera weg. Sie landete irgendwo auf dem Asphalt mitten in einer Wasserpfütze. Es platschte, Glas splitterte. Das Geräusch fuhr ihr durch Mark und Bein. Olivia schloss die Augen. Meine Kamera …



»Na gut«, sagte Thompkins, nahm den Fuß weg und zerrte Olivia nach oben. Sofort kickte sie nach seinem Schienbein, doch er lachte nur. »Mark, komm her.«



Der Rothaarige lief zu ihnen.



»Halt die Kleine fest.«



Mark gehorchte und arretierte Olivias Arme auf dem Rücken. »Was hast du denn vor?«



Thompkins trat näher und fuhr mit der Hand über Olivias Wange. Sein Atem stank nach Tabak und Alkohol. »Wir werden die beiden etwas aufmischen, ist doch klar.«



Olivia wurde stocksteif. Sie drehte den Oberkörper, versuchte, sich aus Marks Griff zu befreien.



»Ich kann es nicht dulden, wenn man mich vor meinen Jungs bloßstellt, das wirst du sicherlich verstehen.« Thompkins drehte sich zu den Jungs um, die Randy festhielten. »Jeff, zeig dem Kleinen mal, wo sein Essen verdaut wird.«



Ein glatzköpfiger Kerl mit Piercings im Gesicht lachte und stellte sich vor Randy. Er zog einen Schlagring auf die Finger und drosch in Randys Magen. Randy keuchte vor Schmerz und sackte zusammen.



»Lasst ihn in Frieden!«, brüllte Olivia.



Thompkins lachte und feuerte Jeff an, ein weiteres Mal zuzuschlagen. Der Hieb ging diesmal auf Randys Nase.



Olivia schrie und kickte um sich, während die Jungs Randy in die Mangel nahmen. Mark hielt sie eisern fest. Sie hatte absolut keine Chance, sich irgendwie zu befreien.



Auf einmal surrte etwas an ihrem Ohr vorbei und traf Mark gegen den Kopf.



»Au!«, schrie er und ließ Olivia los. Sie torkelte kurz, konnte sich allerdings sehr schnell wieder fangen.



»Was ist denn?«, rief Thompkins.



»Mich hat etwas gebis…« Es surrte wieder und diesmal traf es Marks Auge. »Verdammt! Ich werde beschossen!«



Olivia blickte sich um, sah aber niemanden. Sie hörte das nächste Surren und diesmal fuhr sich der Glatzkopf ins Gesicht.



»Autsch! Mich auch!«, schrie er. Er griff in d