Gefährliche Dinge

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Aus der Reihe: Blutsbundnis #3
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Die Gefallenen Engel waren nicht unsterblich, sie lebten nur sehr lange… Jahrtausende auf der Erde entsprachen ihrer Lebenserwartung. Sie konnten außerdem auch von Menschen und Dämonen getötet werden… obwohl es für einen Menschen sehr schwer zu bewerkstelligen war.

Syn hatte die wahren Legenden gekannt, und sie an seine 'Kinder' weitererzählt. Als er sich an diese Lehren erinnerte, verstand Kane, wie sehr Kriss Tabatha liebte… genug, um sich nicht mit ihr zu paaren… und so sehr, dass er nicht zuließ, dass jemand, von dem er dachte, dass er wenig mehr als ein Dämon war, sie haben konnte. Scheinbar war er nicht der einzige mit dunklen Geheimnissen. Kanes Mundwinkel deuteten ein verständnisvolles Lächeln an, als er sich umdrehte und wegging.

*****

Envy und Devon warteten an der Bar, als die ersten Leute für die Versammlung auftauchten. Sie und Kat unterhielten sich, versuchten einander noch alles zu erzählen, was geschehen war, während Devon und Quinn sich im Hintergrund hielten und sie mit erhobenen Augenbrauen anstarrten.

„Welche Sprache sprechen sie noch einmal?“, fragte Devon.

„Sie hat keinen Namen“, erklärte Quinn. „Es ist ein Ritual, das Weibchen recht häufig durchführen. Es beginnt noch unschuldig und bevor wirs uns versehen sind sie unterwegs zum Shoppen und wir stehen vor den Umkleidekabinen und müssen ihre Handtaschen halten.“

„Du musst auch die Tasche halten, während sie in die Mädchen-Läden geht und Dessous kauft, die du bis zu eurem Hochzeitstag nicht sehen darfst“, mischte Nick sich grinsend ein.

Warren klopfte mit der Hand auf Nicks Schulter. „Glaub mir, kleiner Bruder, du wirst mit dem größten Vergnügen diese Taschen halten, wenn es soweit ist.“

Ein Paar Arme schlang sich von hinten um Warrens Hals und Michaels Gesicht tauchte zwischen den beiden auf. „Heißt das, wir gehen Einkaufen?“

„Natürlich“, sagte Warren grinsend. „Wir gehen zu dem Sex-Shop, der dir so gefällt.“

Michaels Gesichtsausdruck wurde verträumt. „Oh ja, Peitschen, Ketten, sexy Unterwäsche… Leder.“

„Was zur…“ Nick stand plötzlich auf und entfernte sich von den beiden, sodass Devon ein Grunzen entkam.

„Homophob“, murmelte Devon.

„Halt's Maul!“, knurrte Nick. „Sie sind entweder sehr gute Lügner, oder es ist beängstigend wahr.“

Die Tür ging auf und Steven kam mit Alicia und Jewel herein. Alicia hatte ihren Schrank durchsucht und ein hübsches, violettes Sommerkleid für Jewel gefunden, das sie nun trug, bis sie mehr Kleider kaufen konnte. Zum Glück hatten sie etwa die gleiche Größe, also fiel es kaum auf. Alicia hatte Steven auch gesagt, dass, bis er Jewel mehr Kleider kaufen konnte, diese gerne jederzeit ihren Schrank plündern konnte.

Steven trat sofort an den Tisch, wo Quinn und Devon mit Nick saßen, direkt gegenüber von der Bar, wo Kat arbeitete.

„Ich sehe, wir sind nicht zu spät“, sagte Steven und lächelte innerlich, als er sah, wie Jewel Alicia anlächelte. Er erkannte, dass er sie bisher noch nie lächeln gesehen hatte, und er fühlte sofort einen schmerzlichen Verlust, als das Lächeln wieder verblasste.

Warren sah sich um. „Genau genommen, glaube ich, es sind alle hier.“

„Nicht ganz“, sagte Envy. „Wir warten noch auf Chad.“

In genau diesem Moment ging die Tür auf und Chat trat ein, Trevor und Zachary im Schlepptau.

„Was, zur Hölle, macht der hier?“, wollte Devon wissen und stand auf.

„Chad ist ein Polizist“, erinnerte Envy. „Er weiß schon einen Teil von dem, was vor sich geht, und er hat das Ende von dem mitbekommen, was am Friedhof geschah. Er ist involviert, ob er es will oder nicht. Außerdem“, fuhr sie fort, „wird er dir die Bullen einige Zeit vom Hals halten können.“

„Ich meinte nicht deinen Bruder.“ Devons Stimme klang gefährlich scharf.

Kat nickte, als sie sah, dass Envy sich bereit machte, unkluger Weise auch für Trevor einzustehen. Da sie nicht einen kompletten königlichen Kampf miterleben wollte, trat sie von der Bar weg und stellte sich selbst in die Schusslinie.

„Trevor kann auch hierbleiben“, sagte sie streng und verschränkte ihre Arme vor ihrer Brust. „Schließlich… spielt er auch gut mit“, meinte Kat mit einem Augenzwinkern in Richtung des blonden Mannes, der spöttisch salutierte.

Quinn stand von seinem Stuhl auf und ging hinüber zu Kat, schlang einen Arm um ihre Taille und zog sie an sich. „Ich werde dich im Auge behalten müssen… nicht wahr?“, murmelte er neckisch, aber der Ausdruck in seinen Augen erzählte eine andere Geschichte.

„Können wir einfach beginnen?“, fragte Kane aus den Schatten.

Alle außer Michael zuckten erschrocken zusammen, als sie die Stimme hörten. Er war so leise gewesen, dass niemand gewusst hatte, dass er hier war.

„Du hast recht“, erklärte Warren. „Ich denke, es wissen alle, wieso wir hier sind.“ Er sah zu Chad hinüber, der kurz nickte, um anzugeben, dass er alles verstand, bevor er seinen Blick auf Trevor und Zachary wandte. „Bevor wir darüber reden wollen, was am Friedhof vorgefallen ist, habe ich eine Frage an Trevor.“

Trevor zog seine Augenbrauen zusammen. „Und zwar?“

„Was, zum Teufel, bist du?“, fragte Devon, ehe Warren wieder zu Wort kommen konnte.

„Ich bin ein Formwandler wie die meisten hier“, antwortete Trevor.

Kane grunzte in den Schatten, sodass alle in seine Richtung blickten.

„Weißt du etwas von ihm?“, fragte Envy. Es war ja nicht so, als würde sie Trevor auch nur ein Wort glauben… er hatte schon bewiesen, wie gut er im Lügen war.

„Vielleicht, aber ihr müsstet richtig lieb zu mir sein, wenn ihr es erfahren wollt“, sagte Kane belustigt. Er würde seine Laune an sich darauf schieben, dass er mit dem falschen Fuß aufgestanden war, aber… er war ja gar nicht erst zu Bett gegangen.

Devon war auf den Beinen und hielt Kane am Kragen seines Mantels gepackt in die Luft. „Ich glaube, wir haben es satt, lieb zu sein“, knurrte der Jaguar.

Kane grinste auf den Formwandler hinunter. „Oh, das ist aber schade. Ich habe meinem Hündchen schon gesagt, was für ein Schatz du bist, und er hat sich so darauf gefreut, einen neuen Spielgefährten zu bekommen.“ Sie beide wussten, wer der Sieger sein würde, wenn sie sich entschieden sich miteinander anzulegen… und es war nicht die Mieze Katze.

„Dein Hündchen?“, fragte Jewel und ihre Augen leuchteten auf, bei dem Gedanken an etwas Süßes, Knuddeliges. Ihre Lippe zuckte als sie sich vorstellte, wie ein Hund sich zu all den Katzen im Raum gesellte.

„Es ist eine übergroße Wollmaus“, murmelte Michael.

Warren drückte Daumen und Zeigefinger auf seinen Nasenrücken und Quinn kämpfte dagegen an, über seinen Jaguar-Schwager zu lachen.

„Devon, lass Kane runter und begib deinen Hintern in einen Stuhl“, brummte Warren. „Wir werden die Diskussion über Trevor später beenden.“

Nick, Devon und Kat sahen Warren alle mit großen Augen an. Einer normalen Person, die Warren nicht kannte, wäre es nicht aufgefallen. Warren war aufgeregt über die Aussicht, dass es einen neuen Formwandler in der Gegend gab, und er wollte mehr über die unbekannte Rasse wissen.

Devon stellte Kane wieder auf seine Füße und stampfte zurück zu seinem Stuhl neben Warren. Die Tür ging auf und Kriss kam herein, Arm in Arm mit Tabatha. Devon ließ ein Lächeln um seine Lippen spielen als er zu dem blonden Vampir hinüber starrte. Er konnte Kane vielleicht nicht auf seinen Platz verweisen, aber der Mann, der eben hereinspaziert kam, konnte es und er wusste, dass Kriss den reformierten Vampir nicht gerade liebte.

„Kommen wir zu spät?“, fragte Tabatha, die froh war, dass sie die Diskussion mit Kriss gewonnen hatte, und dass sie nun doch gekommen waren. Manchmal konnte Kriss ein bisschen überfürsorglich sein… ein schweres Bisschen.

„Nein, ihr kommt genau richtig“, sagte Envy. „Wir haben noch nicht wirklich angefangen.“

Tabatha gesellte sich zu den Frauen an der Bar und setzte sich auf einen Hocker, während Kriss neben Chad stehenblieb.

Kanes Herz sprang bis in seinen Hals hoch, als Tabatha hereinkam und er musste gegen den Drang ankämpfen, sie in seine Arme zu schließen, und sie von hier wegzubringen. Er trat weiter zurück in die Schatten, sodass nur noch seine Silhouette schwach zu sehen war. Sein Blick wanderte hinüber zu dem Gefallenen Engel und er zog innerlich den Kopf über den tödlichen Blick ein, den der Mann ihm zuwarf.

„Wir müssen mehr über die Dämonin erfahren, die im Friedhof gefangen war“, fuhr Warren fort. „Wir müssen wissen, wie sie aussieht, und nachdem Dean verschwunden ist, ist Kane der einzige hier, der sie gesehen hat.“

Kane hatte eine Zigarette genommen und öffnete sein Feuerzeug. Das Licht der Flamme erhellte einen Augenblick lang sein Gesicht, sodass sie sehen konnten, wie besorgt seine Augen waren.

Tabatha vergaß zu atmen, als ihr Blick auf die kleine Flamme schoss und sie Kane sah. Seine perfekten Lippen waren leicht gewölbt, als er seine Zigarette anzündete und seine Augen wurden von dunklen Wimpern beschattet. Beschattet oder nicht, sie konnte seinen Blick so fühlen, als würde seine Hand ihre Haut streicheln. Als sie abgelenkt wurde, durch etwas, das ihren Arm berührte, sah sie hoch und erkannte Kriss, der nun direkt neben ihr stand.

„Ihr Name ist Misery“, sagte Kane nach ein paar Sekunden. „Das Problem ist… ich weiß nicht so genau, wie sie aussieht.“

 

„Wie kannst du nicht wissen, wie sie aussieht?“, fragte Kriss scharf, tiefe Runzeln auf seiner Stirn. „Du warst, wer weiß wie lange, dort unten mit Dean.“

„Kannst du mich ausreden lassen, Federtier?“, fragte Kane mit sarkastischer Stimme.

Kriss' Augen wurden bei der Beleidigung schmal.

„Gut“, gab Kane zurück. „Der Grund, weshalb ich nicht wirklich weiß, wie sie aussieht, ist, weil sie ihr Aussehen immer wieder verändert hat. Einen Augenblick lang war sie ein hübsches, kleines Mädchen mit einer höllisch beängstigenden Persönlichkeit, dann war sie eine verrottende Leiche, eine schwarze Rauchwolke und als letztes eine schöne Frau. Das scheinen ihre liebsten Gestalten zu sein. Sie ist ausgesprochen mächtig, wenn sie es geschafft hat, zwei Gefallene Engel gleichzeitig festzuhalten.“

Kriss atmete tief ein und nickte. „Einige Dämonen haben wohl diese Macht.“

„Wir haben eine Dämonenspezialistin, die gerade am Weg hierher ist“, sagte Zachary schließlich. „Ihr Flug sollte innerhalb der nächsten zwei Stunden oder so ankommen. Wenn sie hier ist, ist es wohl das Beste, wenn ihr Misery einfach ihr überlasst.“

Kane hob eine Augenbraue. „Ihr?“

„Ja“, sagte Trevor. „Ihr Name ist Angelica. Sie hat Informationen von so ziemlich jeder Legende, jedem Mythos und jedem Märchen der Welt. Wenn es auch nur irgendeine Geschichte über Misery gibt, dann hat sie sie auf ihrem Computer.“

Alicia seufzte frustriert. „Schön, sie kann die Dämonin haben. Ich möchte wissen, was wir tun werden, um Micah zu finden.“

„Micah kann auf sich selbst aufpassen“, erklärte Quinn.

Die Wahrheit war, dass er im letzten Streit zwischen ihm und Micah, Micah befohlen hatte, sich ruhig zu verhalten und sein Bruder hatte nicht gefolgt, was nur eines bedeuten konnte… sie hatten nun zwei Alphamänner im Puma-Klan, und das war völlig unerhört. In der Vergangenheit hatte es immer zu einem Kampf auf Leben und Tod geführt.

Quinn liebte Micah und war stolz auf ihn, dass er so stark für seine Interessen eintrat. Das Allerletzte, was er wollte, war, dass einer ihrer Streits außer Kontrolle geriet.

„Aber er weiß nicht, was geschehen ist“, rief Alicia, die sich an jeden Grund klammerte, wie sie die anderen dazu bringen konnte, nach ihm zu suchen. „Was, wenn er Misery über den Weg läuft und verletzt wird… oder getötet? Weg oder nicht, er ist Teil unseres Klans.“

„Da hat sie wohl einen Punkt, alter Junge“, warf Kane ein, der Quinns Gedanken gelesen hatte und ihm auf die Sprünge helfen wollte.

Alicia schielte hinüber zu den Schatten und errötete, ehe sie wieder wegsah. Es fühlte sich gut an, dass endlich einmal jemand auf ihrer Seite war, und es aussprach. Was Alicia nicht wusste, war, dass ihre ganze Familie Micah immer in ihren Gedanken hatte, seit sie ihn zum letzten Mal gesehen hatten; direkt nachdem er sich mit Anthony angelegt hatte.

Kane erwiderte ihr Lächeln, obwohl sie es nicht sehen konnte. Scheinbar war sie die einzige in der Gruppe, die Mumm hatte.

„Das letzte Mal, wo wir Micah gesehen haben, hat er mit Anthony Valachi gestritten und ihn aus dem Club geworfen“, sagte Steven leise. „Das war kurz bevor er verschwand.“

„Der Werwolf?“, fragte Trevor und legte seinen Kopf schief.

„Ja, und nebenbei hat Steven sich auch noch mit Anthonys Verlobter gepaart“, erzählte Quinn ihm und allen, die es noch nicht gehört hatten.

Jewel runzelte die Stirn, als ihr klar wurde, dass Steven ihr die Wahrheit darüber gesagt hatte, dass Anthony vielleicht eine Spur zu seinem fehlenden Bruder sein könnte. Sie biss sich auf ihre Lippe und fragte sich im Stillen, ob das der einzige Grund war, weshalb Steven ihr geholfen hatte. Nein, das war dumm. Als Steven sie aus der Kirche mitgenommen hatte, hatte er noch nicht einmal gewusst, dass Anthony ihr Verlobter war.

Sie hörte die unausgesprochene Anschuldigung in Quinns Stimme und spannte ihre Schultern an. Ein beschützender Instinkt bohrte sich in ihr nach vorne, und sie musste ihm Luft geben.

„Steven wusste nicht, wer mein Verlobter war, und ich hatte keine Ahnung, dass Anthony ein Werwolf war“, erklärte Jewel mit fester Stimme. „Ich habe ihm erst von Anthony erzählt, nachdem wir uns gepaart hatten. Also wenn du jemandem die Schuld geben musst, dann mir.“

Quinn hatte so viel Anstand, leicht betroffen auszusehen und Kat streckte unauffällig ihren Daumen in die Luft.

Jewel lehnte sich zurück an die Theke und begann wieder, an ihrer Unterlippe zu kauen. Stevens älterem Bruder, dem Alphamann der Pumas, die Stirn zu bieten, hatte sie etwas verängstigt.

Sie sah hinüber zu Steven und entspannte sich, als sie den Stolz für sie in seinen Augen leuchten sah. Etwas in ihr wurde weich und sie musste mit aller Kraft kämpfen, um die Schutzmauer darum herum wieder aufzubauen. Ihr Herz begann schneller zu schlagen, und sie fragte sich, ob sie sich in ihn verliebte.

„Anthony Valachi steht schon eine ganze Weile unter Verdacht“, meldete sich Chad zu Wort. „Die Polizei hat Grund zu der Annahme, dass er nicht nur an Menschenhandel sondern auch an Sklaverei beteiligt ist. Es gibt auch Gerüchte, dass seine Männer Prostituierte aufgesammelt und entführt haben, um sie als Sexsklaven zu verkaufen.“

„Wieso macht die Polizei dann nichts dagegen?“, fragte Kat.

„Uns wurde befohlen, uns aus der Sache herauszuhalten, weil das FBI die Ermittlungen übernommen hat“, antwortete Chad. „Leider ist es so, dass, wenn das FBI auftaucht, wir kein Mitspracherecht mehr haben, und nichts tun können, als uns herauszuhalten, es sei denn, wir wollen neben den bösen Jungs im Gefängnis landen.“

Steven nickte und beschloss, dass es Zeit war, ihnen die ganze Wahrheit zu erzählen. „Jewels Vater wurde vor einer Weile vom FBI festgenommen. Das war der Grund, weshalb Jewel sich überhaupt erst mit Anthony verloben musste.“ Er warf Jewel ein liebevolles Lächeln zu, ehe er sich wieder an die Gruppe wandte.

„Ihr Vater war der Manager des Resorts in Palm Springs und Anthony war nicht glücklich über den Durchsuchungsbefehl, den sie hatten, oder darüber, dass Arthur sie auf das Anwesen ließ. Als er seinen Fehler erkannte, hat Arthur den Agenten umgebracht und wurde wegen Mordes verhaftet. Um seine Haut zu retten versprach Arthur Anthony, dass er Jewel heiraten durfte, als Bezahlung dafür, dass er ihn da herausholte.“

„Er ist derjenige, der meinen Vater umgebracht hat. Ich weiß es sicher“, sagte Jewel und ballte ihre Faust. „Also, wann können wir ihn angreifen?“

„Wir brauchen ihn nicht anzugreifen“, erklärte Chad. „Wir werden uns einen Plan ausdenken und dann werden wir es bekanntmachen, dass du unter dem Schutz der Wilders stehst. Wenn er kommt… holen wir ihn uns.“

„Ich denke, das könnte das Gesetz ein wenig zu sehr ausreizen“, berichtigte Trevor. „Halte Jewel noch ein paar Tage lang geheim, und lass mich und Zachary sicherstellen, dass sich das FBI nicht einmischt, und alles in eine große Katastrophe verwandelt.“

„Wieso sollten sie sich einmischen?“, fragte Kat. „Ihr seid doch von der paranormalen Organisation… stehen die nicht über dem FBI?“

„Nur auf gewissen Gebieten“, entgegnete Trevor. „Die meisten im FBI haben keine Ahnung, dass wir überhaupt existieren. He, nicht einmal der Präsident der Vereinigten Staaten weiß von uns. Wir stehen weit über deren Köpfen, und damit wir dieses Recht bekommen, müssen wir beweisen, dass da etwas Paranormales vorgeht.“

„Bedeutet das, dass zumindest ein Teil der Regierung von uns weiß?“, fragte Nick, dem das unruhige Gefühl, das er davon bekam, nicht gefiel.

Trevor schüttelte den Kopf. „Nicht genau über euch… aber sie wissen, dass es da etwas… ungewöhnlichere Wesen gibt. Ihr steht unter demselben Schutz wie die Menschen… vielleicht sogar noch mehr und mit nicht so strengen Regeln, und unter dem Schutz einer kleinen, aber mächtigen Regierung in und über der Regierung.“ Er kratzte sich am Kopf und hoffte, dass alle seiner vagen Version der Wahrheit folgen konnten.

„Meine Sorge ist, dass das FBI sich zu weit darin vertieft und dann erst zu spät bemerkt, dass sie sich mit Werwölfen anlegen und nicht mit Menschen.“ Chad runzelte die Stirn als er verstand, was Trevor gerade gesagt hatte, und es gefiel ihm nicht. Sollte das heißen, dass die Paranormalen mehr Rechte hatten, als die Menschen? Vielleicht war er ja ein wenig parteiisch, aber er war zufällig einer dieser niedrigen Menschen.

Trevor schüttelte den Kopf. „Die Mafia wird sich nicht gleich ein Fell umlegen und das FBI angreifen. Außerdem, wenn die Welt von Werwölfen erfährt, dann sind sie als nächstes dran, um auszusterben, und die Werwölfe wissen das. Das letzte Mal, wo sie sich selbst zeigten, wurden sie fast bis zur Ausrottung verfolgt.“

„Lasst mich ein paar Anrufe tätigen und sehen ob wir alle Rechte über den Valachi-Fall haben“, bot Zachary an. „Wenn wir die haben, dann haben wir freie Hand und können alle rekrutieren, die wir als qualifiziert ansehen.“ Er sah sich in der Gruppe um, wusste, dass das fast alle im Raum waren und sie würden Immunität genießen, egal, wie die Dinge sich wenden würden.

Weiß jemand, welches Auto Micah an dem Tag, wo er verschwunden ist, gefahren hat?“, fragte Chad. „Ich kann es mit meinem Streifenwagen suchen und eine Suchmeldung dafür aufgeben.“

„Sein Motorrad“, sagte Alicia schnell, dann wurden ihre Augen groß, als sie sich daran erinnerte, wie sie Warren gesagt hatte, dass sie im Gewitter der letzten Nacht mit demselben Motorrad gekommen war. Als sie zu ihm hinüber schielte, seufzte sie erleichtert, als er ihr nur kurz zuzwinkerte.

Nick gab noch seinen Senf dazu. „Ich bin auch dafür, dass wir uns von Misery fernhalten, aber die Vampire pflanzen sich für sie fort und das können wir nicht zulassen.“

„Alle sind eingeteilt zur Schädlingsbekämpfung“, stimmte Warren zu.

„Nicht alle, hoffe ich.“ Trevor sah hinüber zu Envy.

Zachary trat diskret vor Trevor, um den tödlichen Blick, den Devon seinem Freund zuwarf, abzuwehren. „Ich glaube, es wird auch Zeit, dass wir ein paar Gefälligkeiten zurückverlangen und mehr von unserem Team herholen.“

„Du meinst es gibt noch mehr von euch?“, fragte Steven.

Zachary rammte seine Hände in seine Hosentaschen und legte seinen Kopf schräg. Das weiche Licht der Lampen schien in sein blondes, stacheliges Haar und er grinste. „Es tut mir leid, dass ich dich enttäuschen muss, aber es gibt nur einen von mir. Ich wollte mich klonen, aber unser ängstlicher Anführer hier lässt mich nicht“, erklärte er und zeigte mit dem Daumen auf Trevor.

„Halt's Maul, verdammt und mach dich ans Telefonieren“, rief Trevor. „Wenn es noch einen von dir gäbe, würde Angelica ihn umbringen, nur damit sie sagen kann, dass sie es endlich geschafft hat.“

Zacharys Gesichtsausdruck wurde verträumt. „Oh, von diesen wunderbaren Doc Martin's zertrampelt zu werden, die sie in ihrem Schrank versteckt.“

Trevor machte einen aufgebrachten Schritt auf seinen Partner zu und Zachary rannte sofort durch den Raum um sich hinter Kane zu verstecken.

„Gibt es einen Grund, wieso du mich als Schutzschild verwendest?“, fragte Kane.

„Ja“, rief Zachary. „Lass mich kurz darüber nachdenken, dann sag ich dir einen.“

Kane grinste. „Lass mich kurz nach Hause gehen, dann suche ich meine Doc Martin's.“

Zachary machte schnell ein paar Schritte rückwärts von Kane weg und hob seine Hände. „Langsam, Mann, ich bin nicht schwul.“

„Zachary!“, rief Trevor.

„Okay, okay“, sagte Zachary und zog sein Handy heraus. „Mann, ich bin umgeben von Leuten ohne jeden Sinn für Humor… Angelica wird diesen Haufen lieben.“

Kapitel 4

Kane lehnte an dem Kreuz wenige Meter hinter Michael und starrte hinaus auf die Stadt, fragte sich, wo Misery sich versteckte, und ob sie überhaupt noch in der Stadt war. Es gab dort draußen eine ganze Welt, die sie terrorisieren könnte, aber das Karma war kein Wunschkonzert und seine Instinkte auch noch, und die erzählten ihm, dass sie nicht weit weg war.

Er verzog das Gesicht, als er sich vorstellte, wie sie als verrottende Leiche über den Gehsteig spazierte, dann unterdrückte er ein Schaudern, als das Bild von dem gespenstischen kleinen Mädchen in seinem Kopf auftauchte und er entschied, dass die Leiche weniger beängstigend war. Über die Jahrhunderte hatte er manchmal gesehen, wie erwachsene Vampire Kinder verwandelt hatten.

 

Was viele von ihnen nie lernten, war, dass Kinder oft viel wilder waren, als ihre erwachsenen 'Eltern'. Sie wurden dann von der Hand des Erwachsenen getötet, oder das Kind ermordete denjenigen, der es verwandelt hatte. Er musste zugeben, dass eine Frau, die ein Buch über Vampire geschrieben hatte, die richtige Vorstellung gehabt hatte.

Er hoffte, dass, wer auch immer diese Dämonenexpertin war, die Trevor erwähnt hatte, wusste, was sie tat… aber er bezweifelte es.

Die Erinnerung an die Dämonin hatte ihn dazu gebracht, Michael auf Schritt und Tritt zu folgen… das, und die Tatsache, dass ihn das davon abhielt, Tabatha zu verfolgen, jetzt, wo sie wieder in der Stadt war. Es brauchte eine große Willensanstrengung, um es nicht zu tun. Schon alleine im selben Raum zu sein wie sie, hatte ihm körperliche Schmerzen verursacht… Schmerzen, von denen er gewusst hatte, dass er sie nicht viel länger ertragen hätten können, wenn er geblieben wäre. Sein Blick wanderte wieder zurück zu seinem Freund und er lehnte sich schwerer an das Kreuz.

Er musste zugeben, wenn man alleine sein wollte, und doch von Menschen umgeben, dass das Dach der höchsten Kirche der Stadt ein faszinierender Ort dafür war.

Merkwürdiger Weise wusste er, dass Michael nicht hier war, um die Stille und den Friedens des Ortes zu genießen. Der Vampir kam hierher, um sich Sorgen zu machen und nachzudenken. Es machte nichts aus, dass sie sich unter freiem Himmel befanden, denn Kane hatte das Gefühl, dass, wenn Misery sie finden wollte, vier Wände sie auch nicht retten würden. Er hatte sich noch nie vor einem Feind versteckt, und er würde damit jetzt nicht beginnen. Natürlich ging es Michael genauso.

Er grinste, als ein absurder Gedanke durch seinen Kopf ging. Sobald er Dean wiedersah, würde er den Gefallenen Engel um einen Gefallen bitten. Er wollte ein paar von den Federn mit was auch immer für einem Zauber Dean in den Katakomben verwendet hatte. Die hatten der Schlampe nicht so gefallen. Er legte seine Handfläche auf seine Schulter und erinnerte sich an all das Fleisch, das verloren gegangen und irgendwie wieder aufgetaucht war, während er bewusstlos gewesen war. Michael hatte ihm gesagt, dass Dean ihn geheilt hatte.

Kane konnte sich kaum an die Momente nach der Gefangenschaft erinnern. Er erinnerte sich daran, dass er Michaels Stimme gehört hatte, die ihn aus der Dunkelheit zurückgerufen hatte, aber sonst nicht viel. Das Nächste, an das er sich erinnerte, war, wie er in einer Kirche voll mit Leuten aufgewacht war, und Michael wie eine Glucke über ihm gesessen hatte.

Tabathas Gesicht blitzte wieder vor seinem inneren Auge auf. Er hatte die letzten paar Stunden damit verbracht, verzweifelt zu versuchen, nicht an sie zu denken, aber den Großteil der letzten paar Stunden hatte er nicht auf sich selbst gehört.

Michael konnte Kanes Anwesenheit irgendwo hinter sich fühlen, aber anstatt sich über die unerwünschte Störung zu ärgern, fühlte er sich beruhigt unter dem wachsamen Auge seines Freundes. Wenigstens würde Kane seine eigene Paranoia eine Weile vergessen können, wenn er sich stattdessen um ihn sorgte. Außerdem liebte er Kane wie einen Bruder… das Wort Bruder hallte durch seinen Kopf und seine Gedanken verfinsterten sich, richteten sich auf Damon. Wie konnten wahre Brüder sich je so in einander täuschen?

Während er versuchte, die verstörenden Erinnerungen beiseite zu schieben, legte sich Michael hin und ließ sich von der Erschöpfung übermannen. Er wusste, dass er in Sicherheit schlafen konnte… Kane bewachte ihn.

Kane wunderte sich über Michaels geflüsterten Gedanken. Er hatte nicht gewusst, dass Michael Probleme hatte, zu schlafen. Was war es, wodurch sein Freund sich so gefährdet fühlte, dass er Angst hatte, seine Augen zu schließen? Er wusste, dass Schlaflosigkeit ihn langsam in den Wahnsinn treiben würde… aber andererseits hatte er auch am eigenen Körper erfahren, dass zu viel Schlaf sogar noch mehr Schaden anrichten konnte.

Er blickte über die Straße hinüber zu Michaels Haus, das zwischen den anderen Gebäuden der Stadt eingeschlossen war. Nach dem runden Raum im obersten Stockwerk zu schließen, war es wohl ein Viktorianischer Baustil. Er hatte sich dazu überreden lassen, mit Michael zusammenzuziehen, aber nun schien es so, als würde er Michael davon überzeugen müssen, bei sich selbst einzuziehen, anstatt auf dem Dach gegenüber zu schlafen.

Er hob eine Augenbraue über seinen merkwürdigen Freund. Das Haus hatte jeden modernen Luxus, den sich jemand ausdenken konnte, der so alt war, wie sie, und dazu noch Zauber, die Dämonen abhielten, also woher kam dieser plötzliche Durst nach frischer Luft, die nach Regen roch?

Er wusste, dass Michael sich immer noch dafür schuldig fühlte, dass er nicht dagewesen war, als er sich selbst begraben lassen hatte. Obwohl Kane versucht hatte, nicht in seinem Kopf zu schnüffeln, hatte er Michael noch immer nicht erzählt, dass, wenn er wollte, er seine Gedanken lesen konnte. Es war einfach etwas, was ein Freund nicht wirklich wissen wollte… außerdem hatte er das Gefühl, dass er der einzige mit dieser Macht war.

Ihn im Stich gelassen zu haben, war nicht das einzige, was Michael in dieser Nacht auf der Seele lag… es war der Grund, weshalb er das Land überhaupt erst verlassen hatte, der seine Aufmerksamkeit auf sich zog… Damon, Michaels Bruder. Kane hatte Damon noch nicht gesehen, seit er wieder bei Sinnen war… dem, was davon übrig war zumindest, aber die Erinnerungen, die er an ihn hatte, waren großteils positiv. Damon hatte eine übertrieben ausgeprägte wilde Ader und die beiden hatten Michael verdammte Kopfschmerzen bereitet, als er versucht hatte, mit ihnen mitzuhalten.

Kane schielte hinunter auf Michael und sah, dass dieser mit dem Ring um seinen Finger spielte, während er an Damon dachte. Es dauerte nicht lange, bis der Schlaf Michael übermannte und die lebhaften Träume begannen. Je länger die Träume andauerten, umso mehr lernte Kane darüber, was Michael versteckte. Er schloss seine Augen, ignorierte die Stadt um sich und konzentrierte sich zum ersten Mal völlig auf den Schmerz eines anderen.

Er erschrak, als er nicht nur den Träumen zuhörte, sondern auch visuelle Erinnerungen von vor vierzig Jahren bekam. Er sah von außen zu, wie sich alles zugetragen hatte, wie in einem dramatischen Film.

Michael hatte zum ersten Mal seit einem Jahrhundert den Drang gefühlt, Damon besuchen zu gehen. Als er seinen Bruder gefunden hatte, schien alles in Ordnung. Damon hatte ein gutes Leben im sozialen Rampenlicht von London geführt, und Michael hatte ihm dabei eine Weile lang Gesellschaft geleistet. Sie hatten sich großartig unterhalten, bis sie eine Frau getroffen hatten… Katie.

Die auserlesensten alleinstehenden Männer waren alle zur Feier ihres achtzehnten Geburtstags eingeladen gewesen, darunter auch die beiden Brüder. Sie war eindeutig die Schönheit des Balls. Was als einfacher brüderlicher Wettbewerb begonnen hatte, hatte sich in ein gefährliches Spiel der Eifersucht verwandelt. Alles schien bei ihnen zu einem Wettbewerb zu werden. Sie hatten Wochen damit zugebracht, einen stillen Krieg gegeneinander zu führen, um ihre Zuneigung zu gewinnen.

Damon hatte ihm gesagt, dass er gehen sollte… zurück über das Meer, aber Michael konnte nicht. Er würde Damon nicht gewinnen lassen, indem er weglief. Als die Rivalität zwischen den Brüdern eskalierte gingen sie einander an die Kehlen wegen eines Mädchens. Es war nicht so, dass sie ihre Seelenfreundin war, oder so, aber beide waren von ihr verzaubert gewesen. Und wie es das Schicksal wollte, hatte Katie dasselbe Problem… sie hatte sich in beide verliebt und wollte nicht wählen.

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