Ein Licht Im Herzen Der Dunkelheit

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Der Gedanke, dass Hyakuhei ihn hierher gebracht hatte, gefiel ihm nicht. „Ich gehorche nicht mehr deiner Kontrolle“, knurrte Kyou, als Blut zwischen den Fingern seiner geballten Faust hervortropfte und seine Augen sich pink färbten. „Du hast keine Macht über mich… nicht mehr!“ Nachdem er seine Wut wieder beruhigt hatte, setzte Kyou wieder seine ausdruckslose Maske auf sein Gesicht und schirmte seine Aura ab. Es war Zeit, dass das Raubtier zur Beute wurde.

Wenn er Hyakuheis Lebensenergie fühlen konnte, dann würde Kyou Vorsicht walten lassen müssen, um zu verhindern, dass sein Macher auch ihn aufspüren konnte.

*****

Kyoko war überrascht, wie groß der Nachtclub war. Ihre Lippen öffneten sich, als Suki auf den riesigen Parkplatz abbog. Suki hatte früh kommen wollen, damit sie nicht Schlange stehen mussten, aber soweit Kyoko das sehen konnte, gab es schon eine lange Schlange, also beeilten sie sich, auszusteigen und sich anzustellen. Kyoko erblickte einige bekannte Gesichter von der Uni und lächelte, als sie erkannte, dass ihr langjähriger Freund Tasuki einer von ihnen war.

Tasuki erhaschte plötzlich einen Blick auf Kyoko und Suki. Er hatte sich von seinen Freunden dazu überreden lassen mitzukommen, und nachdem er nichts Besseres zu tun hatte, jetzt wo die Examen vorbei waren, hatte er zugestimmt. Er war gutaussehend und gut gebaut, sein braunes Haar schulterlang, und hatte braune Augen, die die Herzen aller Frauen schmelzen ließen.

Er war auch einer der beliebtesten Jungs am Campus, aber Tasuki war hauptsächlich für seine guten Noten bekannt und dafür, dass er netter war als die meisten anderen. Natürlich trug die Tatsache, dass er einer der reichsten Leute hier war, auch zu seinem Status bei, aber er benahm sich überhaupt nicht so.

Nachdem er sich einen Weg durch die Menschenmenge gebahnt hatte, kam Tasuki mit einem warmen Lächeln auf Kyoko zu. Er kannte sie schon seit der Mittelschule und war schon immer insgeheim in sie verliebt gewesen. Sie waren manchmal miteinander ausgegangen, aber nichts Ernstes… mehr wie beste Freunde eigentlich und das letzte Mal war auch schon eine Weile her.

Er würde ja gerne öfter mit ihr ausgehen, aber dieser Typ, Toya, und der andere, der Sicherheitschef, sie waren in letzter Zeit immer in ihrer Nähe. Er hätte schwören können, dass er letztes Mal, als er sich ihr genähert hatte, wo einer der beiden dabei war, ein Knurren gehört hatte.

Diese Tatsache im Hinterkopf sah er sich nervös um, hoffte, dass sie alleine war. Nicht, dass er Angst vor denen hatte… nein… nie im Leben…

Suki konnte Tasukis Nervosität sehen und lachte laut. „Keine Sorge, Tasuki. Wir sind alleine gekommen.“

Sie grinste über Kyokos verwirrten Blick, dann packte sie Tasuki am Ellbogen und zog ihn mit sich zurück in die Schlange. Sie und alle anderen, die ihn kannten, wussten, dass er eigentlich in Kyoko verknallt war… nun, jeder, außer Kyoko selbst wusste das.

Kyoko errötete, als Tasuki sie ansah. Es war ihr noch nie aufgefallen, wie viel größer als sie er nun war. „He, Tasuki, lange her. Ich habe gehört, dass du schon wieder so tolle Noten bekommen hast.“ Ihr Gesicht hellte sich auf, als ihr klar wurde, dass es schon viel zu lang her war, dass sie zuletzt miteinander ausgegangen waren. Sie hatte sich in seiner Nähe immer so sicher gefühlt… wie bei einem besten Freund. Sie hatte ihn vermisst.

Ein weiches Lächeln erschien auf Tasukis Lippen, denn es gefiel ihm, dass sie sich noch für ihn interessierte, wenn auch nur aus der Ferne. Vielleicht hatte er doch noch eine Chance bei ihr. Er wollte wirklich noch eine Chance, ihr zu zeigen, wie sehr er sie mochte, und dass er mit ihr zusammen sein wollte, dass er nicht zu reich für sie war, auch wenn sie das immer zu denken schien.

Aus irgendeinem Grund schien sie zu meinen, dass er sich nur deshalb um sie bemühte, weil er sie schon so lange kannte. Er wollte dieses Missverständnis aus dem Weg räumen. „Ja, Kyoko, wenn du irgendwann mal Nachhilfe brauchst, kann ich es dir gerne anbieten.“ Innerlich wollte er seinen Kopf an die Wand schlagen dafür, dass er schon wieder klang wie ein bester Freund und nicht jemand, der ‚ihr Freund‘ sein wollte.

Suki schüttelte den Kopf, erkannte in Tasukis Augen, wie er litt, als er Kyoko anlächelte. ‚Armer Junge‘, dachte sie, aber dann erschien ein spitzbübisches Grinsen auf ihren Lippen. Er brauchte nur ein wenig Hilfe.

*****

Kyous Augen wurden schmal, als die Menschenmenge voller naiver Kinder anwuchs. ‚So viele, aus denen Hyakuhei auswählen kann‘, überlegte er. Es war immer dasselbe. Das Nehmen von Leben und damit davonkommen… so wie das Monster in der Vergangenheit damit davongekommen war. Die Klauen seiner Finger gruben sich frustriert in die Fensterbank, als er sich fragte, ob er das Morden beenden konnte.

Er würde näher hingehen und sich unter die Menge mischen müssen. Grinsend fragte er sich, wie er mit seinem silbrigen Haar und seinen goldenen Augen unter den Studenten nicht auffallen sollte, dann richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf die Menschenschlange, die auf Einlass wartete.

Sein Blick glitt noch einmal über den Parkplatz und hielt plötzlich überrascht an, als er eine Gruppe von drei Freunden sah, die ein wenig abseits stand. Die Aura, die die drei umgab, war sehr anders als die der Menschen. Ein schwacher Schein reinweißen Lichts, der die Gruppe umgab, verwirrte das innere Auge des Vampirs.

Mit weniger Intensität schaute Kyou noch einmal auf die Gruppe. Sogar wenn er sich nicht anstrengte, konnte er das schwache Licht um die drei Gestalten tanzen sehen. Ein schwaches Glitzern von Regenbogenstaub kam von direkt über ihnen und schwächte damit das Licht ab, als wollte er es vor seinen Augen verbergen.

Kyou durchsuchte den Himmel über ihnen, aber sah nur die Nacht. Seine Augen wurden wieder schmal, denn er verstand mehr, als er sollte, ehe er seinen Blick wieder auf die Gruppe richtete.

Er hatte so etwas in seinem endlosen Leben noch nie gesehen. Eine entfernte Erinnerung nagte an seinem Gehirn, sodass er mit großen Augen die Gestalten betrachtete. Er erinnerte sich an die Worte seines jüngeren Bruders, ehe Hyakuhei ihn so brutal ermordet hatte.

„… Wenn wir nur den Schützenden Herzkristall finden könnten… dann könnten wir uns vielleicht von der Dunkelheit befreien, mein Bruder…“

Kyou hatte abschätzig das Gesicht verzogen, Toya gesagt, dass der Edelstein nur ein Mythos war und selbst die Legenden sagten, dass es unmöglich war, ihn zu finden. Toya hatte seine Antwort ignoriert. „Die Aura derjenigen, die den Kristall beschützt, wird mit einem heiligen Licht leuchten. Möchtest du nicht frei sein?“

Ein melancholisches Gefühl ergriff Kyou, als er sich an die Frage seines Bruders erinnerte. Er hätte alles getan, um seinen Bruder aus dem Leben zu befreien, das Hyakuhei ihm beschert hatte. Ein leichter Wind blies durchs Fenster und wehte sein langes Haar aus seinem Gesicht, als wollte er ihm sagen, dass er gehen sollte, als würde Toya selbst ihm sagen, dass er gehen sollte.

Die Dunkelheit um seinen tödlichen Körper geschlungen erschien Kyou unbemerkt in der Menge der ahnungslosen Jugendlichen, wobei er das reinweiße Licht, das dort schien, nie aus den Augen ließ.

*****

Kyoko kicherte, als Suki hinter Tasukis Rücken ihr wild zuzwinkerte. Suki verbrachte in letzter Zeit eindeutig zu viel Zeit mit Shinbe. Sie verdrehte die Augen und streckte Suki die Zunge heraus, sodass Suki sich vor Lachen fast nicht mehr auf den Beinen halten konnte, aber das Lachen verstummte sofort, als Tasuki sich umdrehte, um zu sehen, worüber Suki lachte.

Suki stützte sich schnell an der Wand ab, um nicht zu straucheln und Kyoko zuckte nur die Schultern und sagte zu Tasuki: „Wer weiß, was sie wieder hat. Sie war noch nie normal.“ Sie hob eine Augenbraue und fügte hinzu: „Ich muss sie mindestens einmal die Woche aus dem Irrenhaus herausholen, sonst wird sie nur noch schlimmer und versucht, sich durch die Bäume vor dem Studentenheim zu nagen.“

Tasuki grinste und beugte sich zu Kyoko, als wollte er ihr ins Ohr flüstern, aber sagte dann laut genug, sodass auch Suki es hören konnte: „Vielleicht solltest du sie später wieder dorthin zurückbringen.“

Kyoko nickte belustigt, doch dann fühlte sie, wie die Haare in ihrem Nacken sich aufstellten, als würde jemand sie beobachten. Betend, dass es nicht Toya war, der ihnen gefolgt war, versuchte sie, das Gefühl zu ignorieren und sich auf Suki und Tasuki zu konzentrieren.

Suki bekam endlich wieder so viel Luft, dass sie Kyoko daran erinnern konnte, dass sie heute Nacht eine Pyjama-Party in der Gummizelle feiern wollten, dann fragte sie Tasuki, ob er nicht auch kommen wollte. „Wir haben sogar eine Zwangsjacke für dich übrig.“ Sie streckte den beiden die Zunge entgegen.

„Nimm das Ding weg, bevor du jemanden verletzt“, entgegnete Kyoko, woraufhin Suki der Mund offen stehenblieb.

Als sich die Schlange langsam vorwärts bewegte, schielte Kyoko über ihre Schulter, fragte sich, wer sie beobachtete. Sie konnte nur die Lichter des Parkplatzes und die Menschenmenge hinter ihr sehen, also ärgerte sie sich darüber, dass sie so paranoid war. Doch das nervöse Gefühl, dass sie beobachtet wurde, blieb und bereitete ihr immer mehr Sorgen. Sie erinnerte sich an Kotaros Warnung, dass es einen Stalker am Campus gab, und plötzlich wünschte sie sich, dass sie ihm einen Tipp gegeben hätte, wohin sie gehen wollten.

Suki packte ihre Hand und zog sie mit sich, nachdem sie sonst die Schlange aufhielten. Kyoko schüttelte das gruselige Gefühl ab, als sie in das Gebäude eintraten und ihre Aufmerksamkeit von dem riesigen Tanzclub in Beschlag genommen wurde.

 

Kyou hatte gesehen, wie sie sich umgedreht hatte, als hätte sie ihn gefühlt, und wunderte sich darüber. Ihr Blick war langsam über genau den Punkt geglitten, wo er gestanden hatte, aber er hatte gewusst, dass sie ihn nicht sehen konnte. Unter dem Mantel aus Dunkelheit folgte er ihr in den Club und ließ sie nicht aus den Augen.

Sein goldener Blick wanderte durch den Raum, er wusste, dass es mehr als nur Menschen in den schwach erleuchteten Räumen gab, aber sie waren keine große Gefahr und seine Aufmerksamkeit nicht wert.

Suki führte sie zu einem Platz in der Nähe der Bar, damit sie nicht zu weit gehen mussten, um Getränke zu holen, aber immer noch die Tanzfläche sehen konnten. Die Musik war schon laut, aber noch nicht so schlimm, dass man schreien musste, um sich verständlich zu machen.

Kyoko war beeindruckt davon, wie schön der Club drinnen war. Sie war mittlerweile froh, dass sie sich von Suki dazu zwingen hatte lassen, herzukommen. Schließlich musste es noch andere Dinge im Leben geben, außer lernen, und sie hatte schon viel zu lange keinen Spaß mehr gehabt. Die Atmosphäre hier drinnen riss sie sofort mit und sie lächelte aufgeregt. Es war einer der seltenen Momente, wo sie das Gefühl hatte, dass alles möglich war.

Statt Tischen und Stühlen gab es hier drinnen verstreut weiche Sofas mit Glastischen, wo man die Getränke abstellen konnte. Alles war in violett, blau und schwarz gehalten, sodass es schien, als läge Magie in der Luft und mit den Lichtern, die ständig die Farben wechselten, erschien es wie ein Hexentanz. Die Atmosphäre des Clubs war irgendwie berauschend.

Tiefe Schatten boten denen eine Privatsphäre, die sie suchten, und Kyoko errötete, als sie an all die Dinge dachte, die dort wohl vor sich gingen… Dinge, die sie selbst noch nicht ausprobiert hatte. Ihre Gedanken wanderten wieder zu Kotaro, als sie sich fragte, was er gerade machte, ehe sie schuldbewusst ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihre Freunde richtete.

Kyou setzte sich in eine dunkle Nische nahe der überwältigend reinen Aura. Als er die Gruppe beobachtete, erkannte er, dass das Leuchten nur von einer Person kam. Sein Blick wurde zum ersten Mal in unzähligen Jahren einen Moment lang weich, als er sah, wie sie lächelte, als sie ihre Umgebung auf sich wirken ließ. Es war, als würde er einen Sonnenaufgang sehen, und das war etwas, das er schon seeehr lange nicht mehr gemacht hatte.

Sie war schön mit ihrem langen, nussbraunen Haar, das einen Kontrast zu ihrer weißen Seidenbluse bildete.

Sein Blick wanderte über ihren perfekten Körper, betrachtete die nackte Haut an ihrer Hüfte und den kurzen Minirock, der gefolgt wurde von einem Paar sehr wohlgeformter Beine, ehe er wieder auf ihren Hals schaute… der frei zugänglich war. Er folgte der Kurve hoch zu ihrem Gesicht mit einem missbilligenden Knurren. Sie schaute von ihm weg und er fühlte den Drang, ihre Augen zu sehen… die Augen waren der Spiegel der Seele.

Seine Instinkte reagierten auf eine Art, die er nie zuvor erlebt hatte. Dieses Gefühl, das er nicht beschreiben konnte, machte ihn nervös und irgendwie erinnerte es ihn an seinen Bruder. Das Unbekannte gefiel ihm nicht.

Er verdunkelte die Schatten um sich, als sie den Kopf drehte und ihr Blick an ihm vorbeiglitt, aber er hatte sie gesehen. Bei dem Anblick war ihm der Atem weggeblieben. Sie hatte Augen wie Smaragde eingehüllt in Unschuld… aber er konnte auch den Schalk und die Macht sehen, die dort verborgen lagen.

Kyou ballte seine Faust so fest, dass er Blutstropfen fühlte, wo seine scharfen Fingernägel in sein Fleisch einschnitten. Wieso war eine solche Unschuld hier an einem Ort wie diesem? Es sollte verboten sein. Er fühlte, wie ein Knurren sich in seiner Brust aufbaute, und versuchte es zu unterdrücken.

Wenn sein Verdacht stimmte und Hyakuhei hier auftauchen sollte, dann konnte es sehr schnell sehr gefährlich werden. War sie diejenige, die den Schützenden Herzkristall in sich trug? Die Worte seines Bruders kamen wieder zurück, suchten ihn noch einmal heim.

„… Bruder, wenn wir ihn finden, können wir uns von ihm befreien…“

Die anderen Geräusche in dem Club ignorierend konzentrierte Kyou all seine Sinne auf sie, damit er mehr über sie herausfinden und sich vorbereiten konnte. Seine traurigen, goldenen Augen begannen fast zu leuchten, als er in die Gedanken der Gruppe eindrang, die da an ihrem Tisch saß. Die Gedanken von Sterblichen zu belauschen, war ein Laster, dem er schon lange nicht mehr gefrönt hatte.

Tasuki bot sich an, die erste Runde zu bezahlen, nachdem der Barkeeper sein Cousin war. Er würde seine Chance, Kyoko zu beeindrucken, nicht ungenutzt liegenlassen. Er wusste, dass sie ihn einfach als einen Freund sah, aber er wollte so viel mehr sein, wenn sie nur die Augen öffnen würde und die Zuneigung sehen könnte, die er für sie empfand. Es konnte nie einen Mann geben, der sie mehr liebte als er. Das war einfach nicht möglich.

Suki lächelte, als sie hörte, dass er den Barkeeper kannte, und bat Tasuki, ihnen allen einen Long-Island-Eistee zu bringen. Tasuki zwinkerte Kyoko leicht errötend zu und nickte dann, sagte, dass er gleich zurücksein würde. Er ging weg, um den Frauen so schnell wie möglich ihre Getränke zu holen.

Kyokos Augen wurden groß, als sie Suki anstarrte. „Long-Island-Eistee? Aber wir sind…“ Suki winkte mit einer schnellen Handbewegung ab.

„Komm schon, Kyoko. Du musst das Leben genießen! Die Prüfungen sind vorbei und außerdem… haben wir früher auch schon getrunken.“ Suki versuchte, Kyoko aufzuheitern, indem sie doof grinste und ihre Augen verdrehte. In der Hoffnung, damit das Thema zu wechseln, fügte sie hinzu: „Ich muss zugeben, Kyoko, dass du mit dem Outfit und deinen Kurven… schon viel erwachsener aussiehst, als du bist.“ Sie lachte laut über den erschrockenen Ausdruck auf Kyokos Gesicht.

Kyoko betrachtete Suki skeptisch. „Zweimal, Suki. Ich habe zweimal etwas getrunken und ich kann mich kaum daran erinnern… und es sind nicht meine Kleider, die mich erwachsen aussehen lassen.“ Kyoko errötete, als sie an das dachte, woran sie sich von ihrem letzten Geburtstag noch erinnern konnte. Wegen Suki erinnerte sie sich an kaum etwas von ihrer eigenen Party.

Sie erinnerte sich an die riesige Schüssel mit Früchten, die Suki ihr mit einem so unschuldigen Lächeln übergeben hatte. Sie kannte Kyokos Schwäche für Obst und nutzte sie schamlos aus. Kyoko hatte die halbe Schüssel leergegessen und nicht einmal bemerkt, dass die Früchte in Alkohol getränkt gewesen waren.

‚Sie wird mich wieder in Schwierigkeiten bringen… ich weiß es einfach!‘, jammerte Kyoko innerlich und übergab sich schließlich missmutig ihrem Schicksal. Die anderen hatten über jene Nacht nur Witze erzählt, etwas darüber, wie Kyoko verlernt hatte zu gehen… und zu sprechen!

Suki grinste, zuckte ihre Schultern. „Dann wird das jetzt das dritte Mal.“ Sie lächelte glücklich, als Tasuki mit den Getränken kam, und nahm ein Glas für sich selbst.

Kyoko biss sich auf ihre Lippen, dann murmelte sie etwas wie ‚beim dritten Fehler bist du draußen‘, aber lächelte trotzdem Tasuki an, als er die Getränke hinstellte. Schließlich war auch sie nicht immun gegen den Gruppenzwang und nachdem sie immer schon ein Feigling gewesen war, gab sie nach.

„Dreimal Long-Island-Eistee, wie bestellt.“ Tasuki setzte sich zwischen die beiden Mädchen und nahm einen Schluck aus seinem Glas. Plötzlich erschien es ihm, als würde die Temperatur im Raum ansteigen, weil das Getränk so stark war. Er schielte an Kyoko vorbei auf seinen Cousin hinter der Bar. Das spitzbübische Grinsen auf dessen Gesicht zeigte ihm, dass die Mischung stärker war als normal.

Tasuki schüttelte den Kopf und widmete sich wieder den beiden Frauen. „Auf die Prüfungen, auf dass wir sie alle gut bestanden haben“, sagte er, während er das letzte Glas hochhob. Dann sah er Kyoko in die Augen und fügte hinzu: „Und auf dass wir immer in Kontakt bleiben, egal was passiert.“

Kyoko errötete und lächelte schüchtern, als sie das Glas aus seiner Hand nahm. Nachdem sie schnell einen Schluck genommen hatte, wurden ihre Augen groß, als sie beschloss, dass es richtig lecker schmeckte. „Wenn du sie nicht schlagen kannst, dann misch dich unter sie.“ Sie zwinkerte Suki gutmütig zu.

Sie saugte noch einmal an ihrem Strohhalm und nach zehn Minuten voller Lachen und Quatschen war der Eistee weg. Die Farbe leuchtete in Kyokos Wangen, als der Alkohol durch ihren Körper floss.

Tasuki, der ebenso schnell getrunken hatte wie Kyoko, fühlte sich nun entspannter und mutiger und fragte die Mädchen, ob sie tanzen wollten. Seine Augen wurden ein wenig dunkler, als er Kyokos Hand ergriff und sie zur Tanzfläche führte, während Suki Kyokos andere Hand hielt.

Er wusste einfach, dass dies die beste Nacht seiner Studentenzeit werden würde, und er würde sich an jeden Moment davon erinnern wollen.

Kaum zwei Meter entfernt beobachtete Kyou, wie der junge Mann, der Tasuki hieß, seine Hand ausstreckte und das grünäugige Mädchen zum Tanzen aufforderte, und musste den Drang unterdrücken, die bösen Finger des jungen Mannes auszureißen, die es wagten, sie zu berühren. Die unschuldigen Gedanken des Mannes standen unmissverständlich in seinen Augen und in seinem Kopf, aber Kyou vertraute ihm trotzdem nicht.

Kyou hatte das schon oft gesehen, wenn er das Nachtleben beobachtet hatte. Ein junger Mann zahlte einer Frau Getränke und nutzte ihre Naivität aus. Seine Augen wurden rot, als er zusah, wie der Junge die Mädchen auf die Tanzfläche führte. Kyou verspürte das Bedürfnis, das braunhaarige Mädchen zu nehmen und sie vor allen zu verstecken, die sie verletzen könnten, oder sie besitzen wollten.

Er wunderte sich über seine eigenen besitzergreifenden Gefühle für das Mädchen. Wenn sie diejenige war, die den Schützenden Herzkristall besaß, was sollte er dann tun? Einer Sache war Kyou sich sicher: bevor er zuließ, dass Hyakuhei sie bekam, würde er sie noch eher mit seinen eigenen Händen umbringen.

Wenn die Legende wahr war und Hyakuhei die Macht des Schützenden Herzkristalls in die Finger bekam, würde niemand ihn mehr aufhalten können.

*****

Kamui saß unsichtbar auf einem der riesigen Lautsprecher vor dem DJ, während er die Tanzfläche beobachtete, wo Kyoko und Suki mit einem jungen Mann tanzten. Er hob eine Augenbraue, als er erkannte, wer genau der Typ war. Ein geheimnisvolles Lächeln hob seine Mundwinkel, als er den violetten Schimmer sah, der den Jungen umgab.

Seine Aufmerksamkeit richtete sich wieder auf den anderen Mann, der die Priesterin beobachtete. Er hatte schon versucht, die Anziehungskraft zu brechen, als Kyoko noch draußen gewesen war, aber der älteste Beschützer war stur wie eh und je. Die Energie, die er von Kyou fühlte, war schwer und ein wenig böse.

„Kyou, was hast du nur vor?“, fragte Kamui sich selbst laut, wissend, dass er weder gehört, noch gesehen werden konnte. Als er zusah, wie Kyou Kyoko beobachtete, erkannte er das Schicksal. Das Schicksal hatte die Beschützer noch immer zu ihrer Priesterin gebracht… egal in welcher Welt oder in welchem Leben.

Insgeheim wünschte er sich, dass er es arrangieren könnte, dass Toya Kyou sehen könnte, aber er wusste, dass er seine Mächte besser nicht an Kyou verwenden sollte. Alleine der Gedanke daran, den gefährlichen, goldenen Beschützer zu verärgern, rief schon eine Gänsehaut bei ihm hervor.

Sein Blick wanderte weiter durch die Menschenmenge, denn er wusste, Kyou war nicht derjenige, wegen dem er sich Sorgen machen musste. Es gab andere hier, die keine Menschen waren, aber er konnte fühlen, wie sich die wirkliche Finsternis Sekunde um Sekunde näherte. Er fragte sich, ob Kyou das auch fühlen konnte.

Kamui nickte sich selbst bestätigend zu. Das Beste, was er jetzt machen konnte, war, Kyokos Mächte vor allen neugierigen Blicken zu verbergen. Mit diesem Entschluss sprang er von dem Lautsprecher, aber seine Füße trafen nie am Boden des Tanzclubs auf.