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4. Transparenz und Ergebnisverantwortung

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Werden Entscheidungsbefugnisse delegiert, kann das Management dezentraler Einheiten im Wesentlichen selbstständig agieren. Als „Unternehmer im Unternehmen“ trägt der Leiter eines Moduls auch die Verantwortung für die Ergebnisse seiner Entscheidungen – sowohl im übertragenen Sinne als auch unmittelbar in Form von Gewinnen und Verlusten. Die dezentrale Struktur ist eine grundlegende Voraussetzung für das Prinzip der Ergebnisverantwortung – und für Transparenz nach innen und außen. Transparenz ist ein wesentlicher Faktor, um Vertrauen zu erzeugen. Transparenz macht CR glaubwürdig und Compliance erst praktikabel. Unsicherheit und Überraschungen sorgen für Misstrauen. Transparenz verringert zudem Graubereiche – und damit den Nährboden für Verstöße gegen Compliance. Die adäquate Kommunikation mit den Stakeholdern muss lokal sichergestellt werden. CR-Aktivitäten sind immer lokal ausgerichtet, da es um die Rahmenbedingungen in dem entsprechenden Markt geht.

5. Anpassungskraft

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Wir haben bereits gesehen, dass sich die globale Wirtschaft und die Anforderungen an Unternehmen immer schneller und unvorhersehbarer wandeln. Unternehmen müssen deshalb ihre Anpassungsfähigkeiten stärken. Nichts hilft dabei besser als Dezentralität – ergänzt durch CR, durch die das Gespür für gesellschaftlichen Wandel gestärkt wird. Dezentrale Unternehmen zeichnen sich durch große Flexibilität bei einer Neustrukturierung der Gesamtorganisation aus, die so rasch auf sich ändernde Marktbedingungen reagieren kann. Das bedeutet: Kundenbedürfnisse, die sich mit gesellschaftlichem Wandel laufend ändern, können besser befriedigt und die Wettbewerbspositionen gefestigt werden. Auch das Verstehen des anderen schafft im Übrigen Vertrauen. Da dezentrale Einheiten weitgehend in sich abgeschlossene Prozesse bearbeiten, lassen sie sich außerdem relativ leicht umgruppieren. Bei einer Akquisition, Fusion oder Kooperation sind einzelne Module besser integrierbar, bei einer Portfolio-Bereinigung besser veräußerbar. Nur durch offene Kommunikation mit allen Betroffenen lassen sich solche Umbrüche ohne Effizienzverluste und in angemessener Zeit umsetzen. Eine Vertrauensorganisation, die CR auch nach innen auf ihre Beschäftigten anwendet, kann sicherstellen, dass sich bietende unternehmerische Möglichkeiten komplett ausgeschöpft werden können – zum Wohle aller Stakeholder.

Anmerkungen

[1]

Vgl. Schwenker Strategisch denken, mutiger führen, 2008, S. 115 ff.

[2]

Vgl. Schwenker/Bötzel Auf Wachstumskurs, 2006, S. 63 ff.

3. Kapitel Compliance-Organisation in der Praxis › C. Corporate Responsibility als Schlüssel für Compliance › V. Corporate Responsibility (CR) und Compliance können zusammen zusätzliche Werte schaffen

V. Corporate Responsibility (CR) und Compliance können zusammen zusätzliche Werte schaffen

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Anhänger von CR und konsequenter Compliance müssen sich immer wieder rechtfertigen, wenn Ressourcen eines Unternehmens – ganz besonders Managementzeit – in diese Felder investiert werden. Wie wir aber bereits in den vorherigen Kapiteln gesehen haben, sind CR und Compliance essenziell, wenn es darum geht, ein nachhaltig aufgestelltes Unternehmensmodell zu entwickeln – jenseits kurzfristiger Gewinne. Investitionen in CR und Compliance lohnen sich also immer, wenn sie in die richtigen Maßnahmen fließen – auch in Krisenzeiten.[1]

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Viele Manager reagieren trotzdem oftmals noch immer mit einer Abwehrhaltung beim Thema CR, ganz besonders wenn es um optionale Aktivitäten geht. Verbrauchen Krisenmanagement und die Verteidigung der Marktposition nicht schon genug Kräfte? Die Antwort: Eine Reihe von Studien – sowohl von Roland Berger als auch von renommierten Wissenschaftlern wie Michael Porter[2] – hat gezeigt, dass es zwischen einer verantwortungsbewussten Unternehmenskultur und dem Unternehmenserfolg eine hohe Korrelation gibt. In der Befragung der Wertekommission aus dem Jahr 2016 messen Führungskräfte dem Kernwert „Verantwortung“ den höchsten Stellenwert bei, gefolgt von „Vertrauen“ und „Integrität“.[3] Auch wenn niemand ein Unternehmen letztlich zu CR-Aktivitäten zwingen kann, sind sie doch – richtig eingesetzt – eine Stärkung der Geschäftsposition eines Unternehmens. CR ist eben kein „Nice to have“ – es birgt ein großes Potenzial. Und es ergänzt Compliance hervorragend, indem es die Frage nach Verantwortung umfassender beantwortet.

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Nach einer Analyse von Roland Berger[4] unterstützt ein umfassendes CR-Konzept die Geschäftsaktivitäten auf drei Ebenen (im folgenden Kapitel werden wir konkrete Projekte vorstellen):


Geschäfte werden gesichert und auf Dauer erhalten. Gesetzlich geforderte Mindestnormen einzuhalten, ist das Hauptmotiv vieler Unternehmen, wenn sie Compliance und CR das erste Mal als Themen für sich entdecken. Es kann sich aber lohnen, über diese Pflichtübung hinauszugehen. Auch durch ein internes Frühwarnsystem zur Korruptionsbekämpfung, etwa durch die Möglichkeit, anonym auf destruktive Aktivitäten hinzuweisen, werden mögliche Geschäftsverluste etwa aufgrund von Sanktionen vermieden. Voraussetzung ist aber auch hier, dass die Unternehmensspitze tatsächlich daran interessiert ist, Negativmeldungen aus der Belegschaft zu erhalten – und Fehlverhalten nicht sogar aktiv einfordert. Es gibt noch immer zu viele Unternehmen, die interne Kritiker als Nestbeschmutzer und Querulanten behandeln, statt ihre Beobachtungen zur Verbesserung der Strukturen zu nutzen.
Geschäfte werden gefördert, weil die Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung entscheidend dazu beiträgt, Marke und Image eines Unternehmens positiv aufzuladen, Ressourcen optimal einzusetzen und an den Standorten förderliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Ein solches „Responsibility Branding“ ist eine sichere Investition in die Zukunft des Unternehmens. Angesichts des rasanten Anstiegs von „Socially Responsible Investments“ (SRI) wird auch die Position des Unternehmens in Indizes immer wichtiger, in denen „weiche Faktoren“ wie Diversity, Familienfreundlichkeit und Corporate Citizenship bewertet werden.

Anmerkungen

[1]

Eine gute, knappe Diskussion zu durch CR erzielte Erfolge ist zu finden bei Sarstedt/Ganßauge WiSt 2009, S. 500–505. Ein überzeugendes Plädoyer pro CR bietet das Interview mit Prof. Kasturi Rangan von Martha Lagace Corporate Social Responsibility in a Downturn, in Harvard Business School, Working Knowledge, 2009.

[2]

Vgl. Porter/Kramer Strategy and Society: The Link Between Competitive Advantage and Corporate Social Responsibility, in Harvard Business Review, 12/2006, S. 7–12.

[3]

Wertekommission Führungskräftebefragung 2016, 2016.

[4]

Vgl. Bloching Everyone profits. CR activities contribute to corporate success, Forum Nachhaltig Wirtschaften, 5/2008, S. 10 f. und Schwenker Strategisch denken, mutiger führen, 2008, S. 120 f.

[5]

Roland Berger Strategy Consultants Green Tech made in Germany 4.0, 2014.

3. Kapitel Compliance-Organisation in der Praxis › C. Corporate Responsibility als Schlüssel für Compliance › VI. Handlungsansätze aus der Unternehmenspraxis

 

VI. Handlungsansätze aus der Unternehmenspraxis

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Es gibt also viele Möglichkeiten, wie sich Unternehmen in die Gestaltung unserer Gesellschaft einbringen können – ohne die Rolle des selbstlosen Samariters zu übernehmen, sondern gleichzeitig die ureigenste Aufgabe eines Unternehmens, nämlich die Stärkung des eigenen Geschäfts, zu verfolgen. Einige konkrete Beispiele besonders empfehlenswerter Ansätze sollen im Folgenden anregen, über eigene Initiativen nachzudenken.

1. Initiative „Responsible Care“[1]

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Um Standards zu setzen und für Best Practice Werbung zu machen, ist es hilfreich, wenn Firmen bei CR und Compliance kooperieren, etwa innerhalb einer spezifischen Branche. Dies machen z.B. weltweit tätige Chemieunternehmen mit der Initiative Responsible Care“. Die Initiative wurde 1985 in Kanada gegründet, seit 1991 ist auch die deutsche Chemieindustrie beteiligt. Mittlerweile gibt es Teilnehmerfirmen in über 60 Ländern, die nach eigenen Angaben für rund 90 % der weltweiten Chemieproduktion stehen. Die Vernetzung erfolgt über die nationalen Branchenverbände. In Deutschland sind alle Mitglieder des Verbands der Chemischen Industrie (VCI) aufgefordert, sich am Programm „Responsible Care“ zu beteiligen.

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Die Initiative fördert Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit bei der Produktion und gleichzeitig der Profitabilität. Unternehmen werden dabei unterstützt, innovative Lösungen zu entwickeln, um das für das Jahr 2020 avisierte Ziel des World Summit for Sustainable Development zu erreichen: „All chemicals will be produced and used in ways that minimize risks for human health and the environment.“[2] Relevante Informationen werden zwischen den teilnehmenden Firmen ausgetauscht, die Performance wird regelmäßig genau überprüft. Doch nicht nur innerhalb der Initiative soll Transparenz herrschen, sondern – und das ist das erklärte Ziel von „Responsible Care“ – auch gegenüber allen Stakeholdern, von den Gemeinden, in denen produziert wird, über Umweltaktivisten bis hin zu Regierungen und Medienvertretern. Die Initiative will nicht passiv auf Kritik reagieren, sondern offensiv den Dialog mit anderen suchen. Dabei versucht „Responsible Care“, sowohl gemeinsame Standards zu setzen als auch auf Kulturunterschiede und unterschiedliche Rechtslagen Rücksicht zu nehmen.

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Deutsche Chemieunternehmen sind seit Langem in der Initiative „Responsible Care“ aktiv und fördern darüber hinaus CR-Projekte sowohl in Deutschland als auch im Ausland. Die Wacker-Gruppe z.B. hat einen eigenen Hilfsfonds aufgelegt, der in Sri Lanka, China, Haiti und Pakistan tätig ist. Schwerpunkt des Fonds ist der Wiederaufbau und Betrieb von Schulen und Ausbildungsstätten, die durch Naturkatastrophen zerstört wurden. Im Inland hat Wacker neue Arbeitszeitmodelle eingeführt, damit die Mitarbeiter Familie und Beruf besser vereinbaren können. Durch ein spezielles Schulungs- und Förderungsprogramm hat die Wacker-Gruppe es zudem seit Jahren geschafft, die gesetzlich vorgeschriebene Quote von Beschäftigten mit Behinderungen deutlich zu übertreffen.[3]

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Der Chemiekonzern BASF hat seine CR-Schwerpunkte in den Bereichen Bildung sowie Flucht und Migration gesetzt.[4] Mit der Initiative „Offensive Bildung“ unterstützt das Unternehmen seit 2005 Kindertagesstätten und Grundschulen. BASF ist zudem Gründungsmitglied der „Wissensfabrik“, eines Netzwerks aus Unternehmern und Stiftungen, das sich für Bildung und Unternehmertum engagiert, und war im Jahr 2015 Ausrichter des 50. Bundeswettbewerbs „Jugend forscht“. Eine neue globale Strategie stellt lebenslanges Lernen in den Mittelpunkt. Bezüglich des zweiten Schwerpunktes fördert BASF seit Ende 2014 mehr als 20 Projekte zur Integration von Flüchtlingen in der Metropolregion Rhein-Neckar mit Sprachkursen, Integrationsprogrammen, Theater- oder handwerklichen Projekten. Zudem unterstützt BASF das Engagement seiner Mitarbeiter für Integrationsprojekte über das Programm „Connected to Care“, das 2015 mit dem HR Excellence Award des Magazins „Human Resources Manager“ ausgezeichnet wurde. Konzernvertreter haben immer wieder öffentlich klar gemacht, dass dieses Engagement unverzichtbar sei. Verliere ein so großes Unternehmen den Kontakt zu den Menschen, dann seien auf längere Sicht massive wirtschaftliche Probleme zu erwarten.

2. „Business in the Community“ – Initiative der Wirtschaft in Großbritannien[5]

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Eine besonders breite nationale, branchenübergreifende Verankerung hat die britische Initiative „Business in the Community“ (BITC) geschafft. Sie wurde 1982 ins Leben gerufen angesichts verfallender Innenstädte und grassierender wirtschaftlicher und sozialer Probleme in Großbritannien. Unternehmer realisierten, dass diese Entwicklung die Grundlage des Wirtschaftens zerstören könnte – und dass die Wirtschaft zur Sicherung ihrer Zukunft dagegen etwas tun muss. Zunächst wurde lokalen Unternehmern und Gründern Beratung angeboten, um die Wirtschaftsstrukturen wiederzubeleben. In den 1990er Jahren folgten Programme, bei denen Mitarbeiter der beteiligten Firmen sich freiwillig und ehrenamtlich in ihren Gemeinden engagierten. Mehrere hundert Obdachlose etwa wurden im Rahmen eines Dauerprogramms wieder in die Arbeitswelt integriert – zu ihrem Vorteil und zum Vorteil der Firmen, die neue Talente gewinnen konnten.

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Heute hat sich der Fokus von BITC noch stärker geweitet. Jetzt werden auch umfassende Antworten darauf gegeben, was „verantwortungsbewusstes Wirtschaften“ bedeutet, etwa durch Regeln für richtiges Marktverhalten, Einflussnahme auf Zulieferer und Maßnahmen zum Klimaschutz. Die stärkere globale Vernetzung der Initiative wird nun angestrebt. Außerdem wird darüber diskutiert, strengere Regeln für die Mitgliedschaft aufzulegen, um zu verhindern, dass die Teilnahme nur als moralisches Feigenblatt missbraucht wird.

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Mittlerweile sind nach Angaben von BITC mehr als 800 Firmen Mitglied der Initiative, zusammen stehen sie für ein Fünftel der Beschäftigten der britischen Privatwirtschaft. Prominentester Unterstützer ist Prinz Charles, Präsident der BITC seit 1985, der schon insgesamt rund 9 000 führende Manager dazu gebracht hat, Regionen und Stadtteile in Großbritannien zu besuchen, um das Problembewusstsein in der Wirtschaft jenseits des eigenen Umfelds zu stärken.

3. Schulprogramme von GE und IBM[6]

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Schulen sind maßgeblich dafür mitverantwortlich, Kinder auf die Anforderungen im Berufsleben vorzubereiten. Versäumnisse in der Schulbildung sind später nur schwer oder gar nicht mehr auszugleichen. Das bedeutet für die betroffenen Kinder schlechtere Aussichten – und für Unternehmen einen Mangel an guten Mitarbeitern, die sie eigentlich bräuchten, um im Wettbewerb zu bestehen. Viele Firmen haben sich diesem Problem mit unterschiedlichen Mitteln gestellt, zwei wollen wir herausgreifen.

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Der US-Elektro- und Mischkonzern General Electric (GE) kümmert sich – an mehreren großen amerikanischen Standorten – um eine Reihe von High Schools, die zwischenzeitlich in Schwierigkeiten geraten waren. Über einen Zeitraum von fünf Jahren erhielt jede Schule in einer ersten Welle zum einen Geld – gezahlt wurden zwischen 250 000 und 1 Mio. USD – und zum anderen Sachleistungen. Die Hilfe wurde aber nicht einfach nur gewährt. Manager und andere Beschäftigte von GE machten sich zusammen mit den Schulverwaltungen Gedanken darüber, was benötigt wurde. Außerdem unterrichteten und berieten die GE-Mitarbeiter die Schüler. Das Ergebnis war hervorragend. Eine unabhängige Studie ergab, dass sich fast überall massive Verbesserungen eingestellt hatten, insbesondere die Quote der Schulabbrecher sank rapide. Dieses Programm wird von der GE Foundation immer noch weitergeführt. Insgesamt wurden dadurch bereits Mittel von mehr als 225 Mio. USD ausgeschüttet.[7] Für die involvierten GE-Beschäftigten ist das Programm etwas, worauf sie stolz sein können. Ihr Unternehmen zeigt Verantwortungsbewusstsein – und sie selber zeigen es auch. Der ehemalige CEO von GE, Jack Welch, ist eher für konsequente, manche würden auch sagen: harte, Unternehmensführung bekannt. Aber auch er unterstreicht mittlerweile, dass Toptalente vor allem von den Arbeitgebern angezogen werden, die verstehen‚ dass das, was gut für die Gesellschaft ist, auch gut für das Geschäft ist. Man könnte hinzufügen: Und jede Firma kann froh sein, wenn ihre Mitarbeiter sich diese Gedanken machen, denn sie werden auch an das eigene Verhalten höhere Maßstäbe setzen: die ideale Grundlage für Compliance.

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Bei GE mag der direkte Geschäftsnutzen des Engagements in den Schulen für das Unternehmen noch etwas unklar sein, bei unserem zweiten Beispiel ist er jedoch sehr klar. IBM hatte 1994 das Programm „Reinventing Education“ gestartet und unterstützte in diesem Rahmen Schulen bei der Nutzung von Informationstechnologie. Das Unternehmen sammelte so nicht nur Pluspunkte bei Lehrern und Schülern weltweit, viele Auszeichnungen und Top-Plätze in CR-Rankings, das Programm hatte zusätzlich handfeste Auswirkungen für das Konzerngeschäft. Geförderte Schulen kauften auch in der Folgezeit IBM-Produkte, was die Schulsparte des Konzerns nach elf verlustreichen Jahren in die Profitzone zurückkehren ließ. Außerdem nutzte IBM die Schulen als Testfeld für Innovationen.

4. Gemeinsam Korruption bekämpfen[8]

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Bodenschätze sind für viele Schwellenländer die Haupteinnahmequelle. Allerdings sind in vielen dieser Staaten die öffentlichen Strukturen schwach, Korruption ist stark ausgeprägt. Damit müssen auch Firmen umgehen, die in die Ausbeutung der dortigen Bodenschätze investieren wollen. Häufig gab es in der Vergangenheit nur zwei Alternativen: sich entweder auf die Korruption einlassen – oder auf das Geschäft verzichten. Das geht aber nur so lange, wie Firmen gegeneinander ausgespielt werden können. Das ist der Hintergrund für die „Extractive Industries Transparency Initiative“ (EITI). Dieser – Ende 2002 durch den damaligen britischen Premier Tony Blair angestoßenen – Initiative sind bislang über 90 der größten weltweit tätigen Öl-, Gas- und Minenkonzerne beigetreten. Darunter sind z.B. Alcoa, BP, Norsk Hydro, Petrobras, Rio Tinto, Shell und TOTAL. Ebenso gehören der Initiative mehr als 90 Investmentorganisationen an, die ein verwaltetes Vermögen von mehr als 19 Billionen USD vereinen. Über 50 Länder, darunter Deutschland, unterstützen EITI. Im Rahmen von EITI werden Zahlungen an Regierungen und öffentliche Stellen in rohstoffreichen Ländern transparent gemacht. Die Einhaltung der Kriterien zertifiziert EITI. Im September 2007 wurde dafür das Internationale Sekretariat in Oslo eröffnet.

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Die Vorteile von EITI für (fast) alle Seiten sind klar. Unternehmen erhalten ein stabiles Investitionsumfeld, in dem Leistung und Verlässlichkeit entscheiden und nicht die Höhe des Schecks unterm Schreibtisch. Die Länder, die sich dem EITI-Prozess unterwerfen, zeigen, dass sie eben dieses Investmentumfeld schaffen – und ziehen so weitere Unternehmen an. Für die Gesellschaften ist es ein Vorteil, dass Transparenz eingeführt wird – und die Regierungsarbeit so besser bewertet werden kann. Die Einzigen, die nicht profitieren, sind diejenigen, die bisher die Hand aufgehalten haben. Ohne den Kapitalfluss aus der Korruption verlieren sie außerdem nach und nach ihre Machtbasis, was für alle, die ehrliche Geschäfte machen wollen, nur von Vorteil sein kann. Doch dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn zusammen gehandelt wird und Standards gesetzt werden, um die niemand herumkommt. Hier greifen CR und Compliance idealtypisch ineinander. Die Liste der Länder, die bereit sind, transparenter zu arbeiten, wird regelmäßig länger.

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Hinter vorgehaltener Hand hört man leider immer wieder von einzelnen Unternehmen, dass ohne Korruption international doch nichts laufen würde. Hier lohnt ein Blick in die regelmäßig erstellte Korruptionstabelle von Transparency International. Unter den zehn Ländern, deren Unternehmen am geringsten als korrupt wahrgenommen werden, sind die skandinavischen Staaten. Wirtschaftliche Erfolgslosigkeit kann man deren Unternehmen wohl kaum vorwerfen. Verantwortliches, ehrliches Wirtschaften zahlt sich auf Dauer aus.

 
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