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11. Die Rechte der Betroffenen

11.1 Das Recht auf Auskunft

205

Das DSG 2000 begründet einen Rechtsanspruch jeder Person oder Personengemeinschaft, binnen einer Frist von acht Wochen nach Stellung der Anfrage beim Auftraggeber Auskunft über die zu dieser Person oder Personengemeinschaft verarbeiteten Daten, deren Herkunft und den Empfänger einer allfälligen Übermittlung zu erhalten. Diese Auskunftserteilung hat nicht nur hinsichtlich aller automationsunterstützt verarbeiteten Daten zu erfolgen, sondern auch hinsichtlich der in manuellen Dateien enthaltenen Daten. Wenn zur Person des Auskunftswerbers keine Daten vorhanden sind, genügt die Bekanntgabe dieses Umstandes (Negativauskunft).

11.2 Recht auf Richtigstellung und Löschung

206

Ist nach Ausübung des Auskunftsrechts oder aus anderen Umständen zu erkennen, dass unrichtige Daten oder dass Daten unzulässigerweise verarbeitet werden, kann der Betroffene die Richtigstellung dieser Daten bzw. deren Löschung beim Auftraggeber verlangen (§ 27 DSG 2000). Daten, die nicht mehr benötigt werden, gelten als unzulässig verarbeitete Daten und sind zu löschen.

11.3 Widerspruchsrecht

207

Sofern die Verwendung von Daten nicht gesetzlich vorgesehen ist, hat jeder Betroffene das Recht, gegen die Verwendung seiner Daten wegen Verletzung überwiegender schutzwürdiger Geheimhaltungsinteressen, die sich aus seiner besonderen Situation ergeben, beim Auftraggeber der Datenanwendung Widerspruch zu erheben. Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen hat der Auftraggeber die Daten des Betroffenen binnen acht Wochen zu löschen und allfällige weitere Übermittlungen zu unterlassen.

12. Kontrollorgane

208

Das DSG 2000 kennt als „Kontrollorgane“ die Datenschutzbehörde und den Datenschutzrat.

12.1 Datenschutzbehörde

209

Die Datenschutzbehörde erkennt über behauptete Verletzungen bestimmter subjektiver Rechte wie des Rechtes auf Geheimhaltung, Auskunftserteilung, Richtigstellung und Löschung, wenn diese Verletzungen durch Auftraggeber des öffentlichen Bereichs begangen wurden. Was die Geltendmachung des Rechtes auf Geheimhaltung, Richtigstellung und Löschung gegenüber Auftraggebern des privaten Bereiches betrifft, so liegt die Zuständigkeit hiefür nicht bei der Datenschutzbehörde, sondern bei den Landesgerichten. Was allerdings Verletzungen des Rechtes auf Auskunft betrifft, so erkennt die Datenschutzbehörde über Verletzungen, die von öffentlichen oder privaten Auftraggebern begangen worden sind.

210

Die Datenschutzbehörde hat weitreichende Kontrollbefugnisse im DSG 2000 bekommen. Es kann sich jedermann wegen einer behaupteten Verletzung seiner Rechte oder ihn betreffender Pflichten eines Auftraggebers oder eines Dienstleisters nach dem DSG mit einer Eingabe an die Datenschutzbehörde wenden. Die Kontrollbefugnisse der Datenschutzbehörde nach § 30 DSG 2000 beziehen sich nicht nur auf den öffentlichen Bereich, sondern auch auf den gesamten privaten Bereich. Die Datenschutzbehörde kann im Fall eines begründeten Verdachtes auf Verletzung der eben genannten Rechte und Pflichten Datenanwendungen überprüfen. Hierbei kann sie vom Auftraggeber oder Dienstleister der überprüften Datenanwendung insbesondere alle notwendigen Aufklärungen verlangen und Einschau in Datenanwendungen und diesbezügliche Unterlagen begehren.

211

Der Datenschutzbehörde stehen in Ausübung dieser Befugnisse umfassende Rechte zu, wie etwa das Betreten von Räumlichkeiten des Auftraggebers (Dienstleisters) oder das Recht, Datenverarbeitungsanlagen in Betrieb zu setzen. Zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes kann die Datenschutzbehörde Empfehlungen aussprechen, für deren Befolgung erforderlichenfalls eine angemessene Frist zu setzen ist. Die Nichtbefolgung einer solchen Empfehlung kann verschiedene Konsequenzen haben, z.B. die Einleitung eines Verfahrens der Überprüfung der Registrierung (was mit einer Untersagung der Weiterführung der Datenanwendung führen kann) oder die Erstattung einer Strafanzeige. Wenn der Verdacht einer schwerwiegenden Datenschutzverletzung durch einen Auftraggeber des privaten Bereichs vorliegt, kann die Datenschutzbehörde außerdem an Stelle des Betroffenen Feststellungsklage bei dem zuständigen Gericht erheben und dem Betroffenen dadurch eine sichere rechtliche Basis für die Verfolgung seiner Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche verschaffen. Im öffentlichen Bereich ist das zuständige oberste Organ zu befassen, welches dafür Sorge zu tragen hat, dass der Empfehlung entsprochen wird.

12.2 Der Datenschutzrat

212

Hauptaufgaben des Datenschutzrates sind die Beratung von Fragen von grundsätzlicher Bedeutung für den Datenschutz und die Abgabe von Stellungnahmen zu Gesetzesentwürfen der Bundesministerien, soweit diese datenschutzrechtlich von Bedeutung sind.

13. Schadenersatz

213

§ 33 DSG 2000 sieht eine eigene Schadensersatzregelung vor. Zum einen richten sich die Schadensersatzansprüche gegen einen Auftraggeber oder Dienstleister, der Daten schuldhaft entgegen den Bestimmungen des DSG 2000 verwendet hat, nach den Bestimmungen des ABGB. Darüber hinaus besteht ein Anspruch des Betroffenen auf Entschädigung für die erlittene Kränkung gegenüber dem Auftraggeber, wenn durch die öffentlich zugängliche Verwendung besonders heikler Datenarten schutzwürdige Daten des Betroffenen in einer Weise verletzt werden, die einer Art „Bloßstellung“ i.S.d. Mediengesetzes gleichkommt. Damit wurde ein „immaterieller Schadensersatz“ eingeführt, der allerdings auf besonders schwerwiegende Datenschutzverstöße beschränkt ist. Der Auftraggeber und der Dienstleister haften auch für das Verschulden ihrer Leute. Allerdings kann sich der Auftraggeber oder der Dienstleister dann von der Haftung befreien, wenn er beweist, dass der Umstand, durch den der Schaden verursacht wurde, ihm bzw. seinen Leuten nicht zur Last gelegt werden kann (Beweislastumkehr zu Gunsten des Betroffenen).

14. Strafbestimmungen

214

Die Verletzung von Datenschutzrecht kann sowohl nach dem allgemeinen Strafrecht als auch nach dem DSG 2000 bestraft werden. Gerichtlich strafbar ist die rechtswidrige Verwendung von Daten in besonders verwerflicher Absicht, nämlich in Gewinn- oder Schädigungsabsicht (§51 DSG 2000). Seit der DSG-Novelle 2010 ist dieser Straftatbestand ein Offizialdelikt. Es droht in diesem Fall eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr. Ansonsten sieht das DSG 2000 in § 52 einen Katalog mit verschiedenen Verwaltungsstrafbestimmungen vor. Hat bereits eine Verletzungshandlung stattgefunden, so sehen die Straftatbestände eine Geldstrafe bis zu 25 000 EUR vor. Ist noch keine Verletzung eingetreten, sind allerdings die Interessen von Betroffenen gefährdet, so droht eine Verwaltungsstrafe bis zu 10 000 EUR.

Anmerkungen

[1]

Bundesgesetz über den Schutz personenbezogener Daten (Datenschutzgesetz 2000 – DSG 2000), BGBl I Nr. 165/1999.

[2]

Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 24.10.1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr, ABlEG Nr. L 281/31 v. 23.11.1995.

[3]

VO 2016/679/EU des Europäischen Parlaments und des Rates v. 27.4.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG.

[4]

Vgl. DSK 6.2.2008, K178.256/0005-DSK/2008.

[5]

Bundesgesetz, mit dem das Datenschutzgesetz 2000 und das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden (DSG-Novelle 2010).

[6]

ErläutRV 472 BlgNR XXIV. GP 16.

[7]

Vgl. DSK 5.12.2008, K178.274/0010-DSK/2008.

[8]

Verordnung des Bundeskanzlers über Standard- und Musteranwendungen nach dem Datenschutzgesetz 2000 (Standard- und Muster-Verordnung 2004 – StMV 2004), BGBl II Nr. 312/2004, novelliert durch BGBl II Nr. 255/2009.

[9]

Vgl. Napokoj Risikominimierung durch Corporate Compliance, 2010, Rn. 856 ff.

2. Kapitel Grundlagen für Compliance › B. Österreich › IX. Antikorruptionsrecht

 

IX. Antikorruptionsrecht

215

Mit Inkrafttreten des Korruptionsstrafrechtsänderungsgesetz 2012 wurden in Österreich neue Regelungen zur Bekämpfung von Korruption eingeführt. Die wesentlichen Änderungen liegen in der Neuregelung der Vorteilsannahme, des „Anfütterns“, der Erweiterung der Strafbarkeit im Inland und der Erweiterung des Amtsträgerbegriffs. Die Gesetzesänderungen in den vergangen Jahren stellen im Wesentlichen eine Fortsetzung der Aus- und Neugestaltung einer gewünschten erhöhten Kriminalisierung von Bestechlichkeit und Bestechung sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor dar. Gleichzeitig stellen die neuen Bestimmungen auch eine Annäherung an internationale Vorgaben bzw. eine Erfüllung von Verpflichtungen Österreichs in der Korruptionsbekämpfung dar.

1. Der „private Sektor“

216

Mit der neu geschaffenen Bestimmung des § 309 StGB „Geschenkannahme und Bestechung von Bediensteten oder Beauftragten“ werden zwei zentrale Delikte im Bereich der Korruptionsbekämpfung auch in der Privatwirtschaft geschaffen.

217

§ 309 Abs. 1 StGB sieht vor, dass ein Bediensteter oder Beauftragter eines Unternehmens, der im geschäftlichen Verkehr für die pflichtwidrige Vornahme oder Unterlassung einer Rechtshandlung von einem anderen für sich oder einen Dritten einen Vorteil fordert, annimmt oder sich versprechen lässt, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen ist. Übersteigt der Wert des Vorteils 3 000 EUR, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen. Wer die Tat in Bezug auf einen 3 000 EUR übersteigenden Vorteil begeht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren, bei 50 000 EUR bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe zu bestrafen.

§ 309 Abs. 2 StGB sieht vor, dass derjenige, der einem Bediensteten oder Beauftragten eines Unternehmens im geschäftlichen Verkehr für die pflichtwidrige Vornahme oder Unterlassung einer Rechtshandlung für ihn oder einen Dritten einen nicht bloß geringfügigen Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen ist.

218

Der § 309 umfasst daher sowohl die passive (Annahme eines Vorteils, um im Gegenzug eine pflichtwidrige Handlung zu erbringen) als auch die aktive (Zuwendung eines Vorteils zur Erwirkung einer pflichtwidrigen Handlung) Bestechung im privaten Sektor, wobei unter „Bedienstete“ und „Beauftragte“ Folgendes zu verstehen ist:


Bedienstete: Weisungsgebundener Arbeitnehmer eines Unternehmens sowie Organmitglieder juristischer Personen. Die ErlRV führen unter Hinweis auf M. Gumpoldsberger/Baumann UWG § 10 Rn. 2, auch Beamte im Rahmen der Erfüllung nicht-hoheitlicher Verwaltung hierzu an.
Beauftragte: Jene Personen, welche – ohne Organmitglieder einer juristischen Person zu sein – berechtigt sind, für Unternehmen geschäftlich zu handeln, sie also zu vertreten oder welchen auf betriebliche Entscheidungen des Unternehmens Einfluss zukommt.

219

Tatbestand bei diesen Delikten ist das Fordern, Sich-Versprechen-Lassen und die Annahme eines Vorteils für die pflichtwidrige Vornahme oder Unterlassung einer Rechtshandlung (rechtlich relevante, nicht aber rein faktische Handlungen) im Geschäftsverkehr. Die Pflichtwidrigkeit besteht hierbei in treuwidrigem Verhalten, der Verletzung einer gesetzlich vorgeschriebenen Pflicht bzw. einer beruflichen Vorschrift oder Weisung. Die durch diese Regelungen geschützten Rechtsgüter sind fremdes Vermögen (zum Beispiel Vermögen des Unternehmens) sowie der freie lautere Wettbewerb. Geschützt werden sollen weiterhin nicht nur die Allgemeinheit, sondern auch Mitbewerber des Geschäftsverkehrs, etwa vor der Bevorzugung anderer durch Schmiergeldzahlungen sowie Schutz von Geschäftsherren vor Pflichtverletzungen durch Bedienstete oder Beauftragte.

220

Dritte Personen, also solche ohne besondere Pflichtbindung zu einem Unternehmen können nur als Bestimmungs- oder Beitragstäter im Rahmen des § 309 StGB strafbar werden. Dies ist etwa dann der Fall, wenn eine Person einen Bediensteten oder Beauftragten zu einem Delikt anstiftet („bestimmt“) oder sonst zur Ausführung des Deliktes beiträgt.

221

Eine gewisse Sozialüblichkeit berücksichtigend, werden all jene Vorteilsannahmen ausgenommen, die so gering sind, dass sie bei vernünftiger Betrachtung nicht geeignet sind, den Eindruck zu erwecken, dass der Nehmer sich dem Geber durch die Annahme dieser Zuwendung verpflichtet. Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang auch das Urteil des OGH v. 8.2.1977 - 4 Ob 302/77. Der OGH erkannte im Folgenden, dass taugliche Bestechungsmittel i.S.d. § 10 UWG alle Vorteile und Geschenke sind, die die Lage des Begünstigten irgendwie verbessern können, so auch sog. „Werbegeschenke“ oder „Verkaufsprämien“ an Angestellte, wenn sie bewirken sollen, dass deren Kunden bestimmte Waren besonders empfohlen werden sollen. Nach jüngster Rechtsprechung wurde die Grenze der Geringfügigkeit vom OGH mit 100 EUR festgelegt. Von dieser Grenze von 100 EUR geht auch der Bericht des Justizausschusses zum Korruptionsstrafrechtsänderungsgesetz 2009 in Bezug auf Vorteile für pflichtgemäße Vornahme oder Unterlassung einer Amtshandlung aus. Die Geringfügigkeitsregelung kommt jedoch bei gewerbsmäßiger Begehung – Verschaffung einer fortlaufenden Einnahme durch wiederkehrende Begehung – nicht zur Anwendung.

222

Die neue Bestimmung § 309 StGB steht in unechter Konkurrenz zu den ebenfalls Korruptionsdelikte abdeckenden §§ 153 „Untreue“ und 153a „Geschenkannahme durch Machthaber“ des Strafgesetzbuches. Die Regelung zur Untreue setzt einen Missbrauch durch eine Person voraus, welche eine Sonderpflicht zur Erhaltung oder Vermehrung fremden Vermögens trifft bzw. die eine spezifische Vertretungsmacht missbräuchlich überschreitet. § 309 stellt zu dieser Norm einen Auffangtatbestand dar, dem ein weiterer Anwendungsbereich zukommt. Um eine mögliche Strafbarkeitslücke zu vermeiden, entschied sich der Gesetzgeber gegen die im Ministerialentwurf vorgeschlagene Streichung des § 153a StGB zur Geschenkannahme durch Machthaber, sodass dieser weiterhin in Geltung bleibt. Im Gegensatz zu § 153a StGB ist bei dem Delikt gem. §309 keine tätige Reue (§ 167 StGB) möglich. Bis zum Korruptionsstrafrechtsänderungsgesetz 2012 waren die Tatbestände der Korruption im privaten Sektor Privatanklagedelikte. Die Abschaffung des Privatanklageerfordernisses ging auf eine Empfehlung der Staatengruppe des Europarates gegen Korruption (GRECO) zurück, in welcher Österreich auch eine Erhöhung der Strafdrohungen bei diesen Delikten empfohlen wurde.

2. Der „öffentliche Sektor“

223

§§ 304 ff. StGB bestrafen sowohl die „Passivdelikte“ der Bestechlichkeit, Vorteilsannahme und deren Vorbereitung durch einen Amtsträger als auch die „Aktivdelikte“ der Bestechung, Vorteilszuwendung und Vorbereitung der Bestechung eines Amtsträgers. Der zentrale Begriff in diesem Zusammenhang ist daher der „Amtsträger“. Dieser wird wie folgt definiert:

224

Amtsträger ist jeder, der


für den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, für eine ander Person des öffentlichen Rechts, ausgenommen eine Kirche oder Religionsgemeinschaft, für einen anderen Staat oder für eine internationale Organisation Aufgaben der Gesetzgebung, Verwaltung oder Justiz als deren Organ oder Dienstnehmer wahrnimmt;
sonst im Namen der in lit. b genannten Körperschaften befugt ist, in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, oder
als Organ oder Bediensteter eines Unternehmens tätig ist, an dem eine oder mehrere inländische oder ausländische Gebietskörperschaften unmittelbar oder mittelbar mit mindestens 50 v.H. des Stamm-, Grund- oder Eigenkapitals beteiligt sind, das eine solche Gebietskörperschaft allein oder gemeinsam mit anderen solchen Gebietskörperschaften betreibt oder durch finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen tatsächlich beherrscht, jedenfalls aber jedes Unternehmens, dessen Gebarung der Überprüfung durch den Rechnungshof, dem Rechnungshof gleichartige Einrichtungen der Länder oder einer vergleichbaren internationalen oder ausländischen Kontrolleinrichtung unterliegt.

225

Aufgrund der klaren Textierung fallen Vorstände bzw. Geschäftsführer von rechnungshofprüfpflichtigen Unternehmen, wenn diese Unternehmen weit überwiegend Leistungen für die Verwaltung des Bundes, der Länder, der Gemeinden etc. erbringen (ausgegliederte Rechtsträger) unter den Begriff „Amtsträger“.

2.1 Bestechlichkeit (§ 304 StGB Geschenkannahme durch Amtsträger, Schiedsrichter oder Sachverständige für pflichtwidrige Vornahme oder Unterlassung einer Amtshandlung)

226

Gegenstand dieses Deliktes ist die Annahme, das Sich-Versprechen-Lassen oder das Fordern eines Vorteils (Geschenkes) für sich selbst oder für Dritte (zum Beispiel Bekannte oder Familienmitglieder) für die pflichtwidrige Vornahme oder Unterlassung eines Amtsgeschäftes. Der Strafrahmen beträgt 3 Jahre. Wer die Tat jedoch in Bezug auf einen 3 000 EUR bzw. 50 000 EUR übersteigenden Wert des Vorteils begeht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu 5 bzw. 10 Jahren zu bestrafen.

2.2 Vorteilsannahme (§ 305 StGB Geschenkannahme durch Amtsträger, Schiedsrichter oder Sachverständige für pflichtgemäße Vornahme oder Unterlassung einer Amtshandlung)

227

Im Unterschied zur Bestechlichkeit bestraft diese Regelung die Geschenkannahme für die pflichtgemäße Vornahme oder Unterlassung eines Amtsgeschäftes. Während die Annahme und das Sich-Versprechen-Lassen von Vorteilen immer dann strafbar ist, wenn es sich um sog. nicht gebührende Vorteile handelt, ist das Fordern eines Vorteils stets unzulässig. Klargestellt wird in dieser Bestimmung, was keine nicht gebührenden Vorteile sind:

(Z1) Vorteile, deren Annahme gesetzlich ausdrücklich erlaubt ist, oder die im Rahmen von Veranstaltungen gewährt werden, an deren Teilnahme ein amtliches oder im Fall des § 74 Abs. 1 Z 4a lit. d ein sachlich gerechtfertigtes Interesse besteht,

(Z2) Vorteile, die der Geber gemeinnützigen Zwecken (§ 35 BAO) zuwendet, auf deren Verwendung der Amtsträger oder Schiedsrichter keinen bestimmenden Einfluss ausübt,

(Z3) in Ermangelung von Erlaubnisnormen i.S.d. Z 1 orts- oder landesübliche Aufmerksamkeiten geringen Werts, es sei denn, dass die Tat gewerbsmäßig begangen wird.

Klargestellt wird in dieser Bestimmung weiters, dass keine Bestrafung erfolgt, wenn lediglich ein geringfügiger Vorteil angenommen wird.

2.3 Vorteilsnahme zur Beeinflussung (§ 306 StGB)/Vorteilszuwendung zur Beeinflussung (§ 307b StGB)

228

§ 306 StGB und spiegelbildlich § 307b StGB bestrafen das sog. „Anfüttern“, das nach dem Korruptionsstrafrechtsänderungsgesetz 2009 weitgehend gesetzlich erlaubt war. Eine Bestrafung droht (auf der passiven Seite) dann, wenn ein Amtsträger oder Schiedsrichter mit dem Vorsatz, sich dadurch in seiner Tätigkeit als Amtsträger beeinflussen zu lassen, für sich oder eine dritte Person einen Vorteil fordert oder einen ungebührlichen Vorteil annimmt oder sich versprechen lässt. Auf der aktiven Seite ist eine strafbare Vorteilszuwendung zur Beeinflussung gegeben, wenn einem Amtsträger ein ungebührlicher Vorteil für ihn oder eine dritte Person angeboten, versprochen oder gewährt wird, um ihn in der Tätigkeit als Amtsträger zu beeinflussen.

 

229

Die Materialien[1] betonen, dass auch weiterhin ein „konkretes Amtsgeschäft“ Ausgangspunkt für die Strafbarkeit sein soll. Zum Ausdruck gebracht wird dies mit der Wendung „Beeinflussung der Tätigkeit des Amtsträgers“. Hält es der Amtsträger ernstlich für möglich, dass er „innerhalb seines Zuständigkeitsbereichs in irgendeiner Form für denjenigen, von dem er den Vorteil fordert, annimmt oder sich versprechen lässt, in Wahrnehmung seiner Aufgaben tätig werden könnte, sich damit abfindet und dennoch einen Vorteil fordert oder einen nicht gebührenden Vorteil annimmt oder sich versprechen lässt“, ist der Tatbestand erfüllt.

230

Im Gegensatz zu bisherigen Rechtslage ist die Unterscheidung zwischen pflichtgemäßer und pflichtenwidriger Amtsführung nicht mehr entscheidend, es soll vielmehr „auf eine wohlwollende Behandlung, sei es inhaltlicher Natur, sei es proceduraler Natur, im Sinne einer rascheren Erledigung“ abgestellt werden.

231

Die Annahme oder das Sich-Versprechen-Lassen ist dann nicht strafbar, wenn es sich um einen „geringfügigen“ Vorteil handelt. Strafbar ist – unabhängig von der Werthaltigkeit des Vorteils – aber das Fordern zum Zwecke der Beeinflussung. Die Geringfügigkeitsgrenze liegt gem. den Materialien bei 100 EUR.

232

Hinzu kommt auch der Tatbestand der verbotenen Intervention (§ 308 StGB). Nach diesem Tatbestand macht sich auch strafbar, wer für sich oder einen Dritten dafür einen Vorteil fordert, annimmt oder sich versprechen lässt, dass er einen ungebührlichen Einfluss auf die Entscheidungsfindung eines Amtsträgers oder eines Schiedsrichters nimmt. Ebenso ist zu bestrafen, wer einem anderen dafür einen Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt, dass dieser einen ungebührlichen Einfluss auf die Entscheidungsfindung eines Amtsträgers oder eines Schiedsrichters nimmt. Dabei ist eine Einflussnahme auf die Entscheidungsfindung eines Amtsträgers oder Schiedsrichters dann ungebührlich, wenn sie auf die pflichtwidrige Vornahme oder Unterlassung eines Amtsgeschäfts abzielt oder mit dem Anbieten, Versprechen oder Gewähren eines nicht gebührenden Vorteils für den Amtsträger oder für ihn an einen Dritten verbunden ist. Durch diese Definition soll klargestellt werden, dass nicht jede Einflussnahme auf die Entscheidungsfindung unter Strafe gestellt wird; rechtmäßiges Lobbying wird somit anerkannt und nicht mit Strafe bedroht. Generell sollen durch diese Bestimmung die verschiedenen Tatbestandselemente des Art. 12 der Konvention (Trading in influence) umgesetzt werden.