Compliance

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2.5 Compliance-Verantwortlicher

159

Die Geschäftsleitung des Emittenten ist für die Umsetzung und Einhaltung der ECV verantwortlich. Sofern es die Größe und die Struktur des Unternehmens erfordern, hat die Geschäftsleitung einen eigenen Compliance-Verantwortlichen zu bestellen, der in dieser Funktion direkt der Geschäftsleitung untersteht, und dessen Tätigkeitsbereich festzulegen. Bei der Beurteilung, ob dies erforderlich ist, ist insbesondere auf die Anzahl der Arbeitnehmer des Emittenten und die Anzahl der Vertraulichkeitsbereiche Bedacht zu nehmen. Ein Compliance-Verantwortlicher kann auch als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher i.S.d. VStG bestellt werden und in der Folge für den sachlich abgegrenzten Bereich der ECV verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich sein.

160

Der Compliance-Verantwortliche hat die Einhaltung der Bestimmungen über die Weitergabe von compliance-relevanten Informationen sowie über die organisatorischen Maßnahmen zur Verhinderung einer missbräuchlichen Verwendung oder Weitergabe von compliance-relevanten Informationen stichprobenartig regelmäßig zu überprüfen. Dadurch wird klar gestellt, dass im Rahmen dieser Verordnung von einem Compliance-Verantwortlichen keine lückenlose Überwachungstätigkeit hinsichtlich sämtlicher Personen aus Vertraulichkeitsbereichen und sonst für den Emittenten tätiger Personen gefordert wird. Seine stichprobenartigen Kontrollhandlungen haben jedoch alle Vertraulichkeitsbereiche zu umfassen.

161

In der ECV werden die weiteren Aufgaben des Compliance-Verantwortlichen beispielhaft aufgezählt. Neben der Berichtspflicht an die Geschäftsleitung und der Erstellung eines jährlichen Tätigkeitsberichtes ist auch seine hier festgeschriebene Verpflichtung zur Schulung und Ausbildung der Arbeitnehmer aus Vertraulichkeitsbereichen in Compliance-Angelegenheiten hervorzuheben. Dadurch soll eine Sensibilisierung der Mitarbeiter für diesen – insbesondere auch für die Kapitalmarkthygiene – wichtigen Bereich erreicht werden. Der jährliche Tätigkeitsbericht soll Zeugnis über die Aktivitäten des Compliance-Verantwortlichen ablegen und der Geschäftsleitung, dem Aufsichtsrat und der FMA die wesentlichsten Vorkommnisse im abgelaufenen Jahr zur Kenntnis bringen.

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Der Compliance-Verantwortliche ist in aller Regel zur Setzung disziplinärer Maßnahmen nicht befugt. Daher ist i.S.d. Abs. 5 eine Verständigung der zur Setzung arbeitsrechtlicher Schritte zuständigen Stelle im Falle von Zuwiderhandeln gegen die Compliance-Vorschriften erforderlich.

Anmerkungen

[1]

Kalss/Oppitz/Zollner Kapitalmarktrecht, 2005, Band I, S. 522.

[2]

Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) über Grundsätze für die Informationsweitergabe im Unternehmen sowie betreffend organisatorische Maßnahmen zur Vermeidung von Insiderinformationsmissbrauch für Emittenten (Emittenten-Compliance-Verordnung 2007 – ECV 2007), BGBl II 2012/30.

[3]

VO Nr. 596/2014/EU des Europäischen Parlaments und des Rates v. 16.4.2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung) und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG.

[4]

BGBl II 214/2016.

[5]

Delegierte VO 2016/522/EU der Kommission v. 17.12.2015 zur Ergänzung der VO Nr. 596/2014/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf eine Ausnahme für bestimmte öffentliche Stellen und Zentralbanken von Drittstaaten, die Indikatoren für Marktmanipulation, die Schwellenwerte für die Offenlegung, die zuständige Behörde, der ein Aufschub zu melden ist, die Erlaubnis zum Handel während eines geschlossenen Zeitraums und die Arten meldepflichtiger Eigengeschäfte von Führungskräften.

2. Kapitel Grundlagen für Compliance › B. Österreich › VII. Wettbewerbsrechtliche Compliance

VII. Wettbewerbsrechtliche Compliance

1. Allgemeines

163

In der österreichischen Rechtsterminologie umfasst das Wettbewerbsrecht einerseits den Regelungskomplex, der Wettbewerbsbeschränkungen und die Ausübung der Marktmacht beschränken soll („Kartellrecht“) und andererseits das Recht gegen den unlauteren Wettbewerb. Aufgabe des Kartellrechts ist es, den Wettbewerb als Institution zu schützen und die Ausübung wirtschaftlicher Macht zu begrenzen. Dies geschieht durch Vorschriften betreffend


die Bildung und Hintanhaltung von Kartellen,
die Aufsicht über marktbeherrschende Unternehmen sowie
die Kontrolle von Zusammenschlüssen, die das Entstehen marktbeherrschender Unternehmen oder eine Verstärkung der Marktmacht von vornherein verhindern sollen.

Das Kartellrecht ist in Österreich im Kartellgesetz 2005[1] (KartG) sowie dem Wettbewerbsgesetz[2] (WettbG) geregelt.

2. Wettbewerbsbeschränkungen (Kartelle)

2.1 Definition von Kartellen

164

Nach § 1 Abs. 1 KartG sind verboten alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Zusammenschlüsse von Unternehmen, Unternehmervereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken (Kartelle). Im Wesentlichen deckt sich diese Bestimmung mit dem ersten Satz von Art. 101 AEUV. § 1 Abs. 2 KartG zählt einige typische Anwendungsfälle mit beschränkendem Charakter auf. Diese Aufzählung entspricht wörtlich dem Katalog in Art. 101 (1).

165

Vergleicht man die drei Formen der Wettbewerbsbeschränkungen, so haben in der Praxis die Vereinbarungen zwischen Unternehmen die mit Abstand größte Bedeutung. Darunter fallen eine Reihe verschiedener wirtschaftlicher Sachverhalte, angefangen von geheimen Preisabsprachen zwischen Wettbewerbern über ökonomisch sinnvolle Unternehmenskooperationen bis hin zu verschiedenen vertikalen Vertriebsvereinbarungen mit Ausschließlichkeitsbindungen. Während für das Vorliegen einer Vereinbarung zumindest eine schlüssige Willensübereinstimmung zwischen Unternehmen erforderlich ist, liegen abgestimmte Verhaltensweisen bereits dann vor, wenn die Koordinierung zwischen Unternehmen bewusst eine praktische Zusammenarbeit an die Stelle des mit Risiken verbundenen Wettbewerbs treten lässt. Was die Form der Kontakte zwischen Unternehmen betrifft, so genügt bereits eine einseitige Informationsübermittlung auf Wunsch oder mit Zustimmung des Adressaten, etwa durch Zusendung von Preislisten an Wettbewerber oder durch Präsentation der eigenen Marktstrategie oder Preispolitik in einer Sitzung gegenüber Wettbewerbern. Nach österreichischem Recht ist die Zwischenstaatlichkeit der Wettbewerbsbeschränkung kein Kriterium für die Anwendbarkeit des Gesetzes. Ist die Zwischenstaatlichkeit allerdings gegeben, so ist (auch) Art. 101 Abs. 1 AEUV anwendbar, der – bei einem allfälligen Widerspruch – Anwendungsvorrang vor nationalem Kartellrecht hat.

2.2 Zivilrechtliche Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das Kartellverbot

166

Gem. § 1 Abs. 3 KartG sind verbotene Vereinbarungen und Beschlüsse nichtig. Mit dem Kartell- und Wettbewerbsrechts-Änderungsgesetz 2012[3] wurde im KartG eine eigene Schadenersatzregelung für den Fall von Wettbewerbsverstößen eingefügt. Gem. § 37a Abs. 1 wird, wer schuldhaft eine Rechtsverletzung nach § 29 Z 1 KartG begeht, zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet. Dieser ist unter sinngemäßer Anwendung des § 1333 ABGB zu verzinsen. Nach § 37a Abs. 3 ist das Zivilgericht, bei dem eine Schadenersatzforderung wegen Wettbewerbsverstößen geltend gemacht wird, an eine in einer rechtskräftigen Entscheidung des Kartellgerichts, der Kommission der Europäischen Union oder einer Wettbewerbsbehörde i.S.d. VO (EG) Nr. 1/2003 getroffene Feststellung, dass ein Unternehmen die in der Entscheidung angeführte Rechtsverletzung rechtswidrig und schuldhaft begangen hat, gebunden. Die Verjährung eines Schadensersatzanspruchs nach Abs. 1 wird für die Dauer eines auf eine Entscheidung i.S.d. Abs. 3 gerichteten Verfahrens gehemmt. Eine Schadenersatzforderung aufgrund von Wettbewerbsverstößen wurde dadurch im Ergebnis massiv vereinfacht.

3. Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung

167

Nach § 5 Abs. 1 KartG ist der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung verboten. In § 4 KartG ist festgelegt, in welchen Fällen ein Unternehmer marktbeherrschend ist. Ob ein Unternehmer marktbeherrschend ist, ist jeweils in Bezug auf einen bestimmten relevanten Markt festzustellen. Dieser bedarf sowohl in sachlicher als auch in örtlicher Hinsicht der Abgrenzung. Marktbeherrschend ist ein Unternehmen dann, wenn das Unternehmen als einziger Anbieter keinem oder nur einem unwesentlichem Wettbewerb ausgesetzt ist oder eine im Verhältnis zu den anderen Wettbewerbern überragende Marktstellung hat. Dabei sind insbesondere die Finanzkraft, die Beziehungen zu anderen Unternehmen, die Zugangsmöglichkeiten zu den Beschaffungs- und Absatzmärkten sowie die Umstände zu berücksichtigen, die den Marktzutritt für andere Unternehmen beschränken. Der Missbrauchsbegriff des § 5 KartG entspricht im Großen und Ganzen dem Missbrauchsbegriff in Art. 102 AEUV. Das Kriterium der Zwischenstaatlichkeit hat grundsätzlich dieselbe Bedeutung wie im Bereich des Kartellverbots; die nationale Missbrauchsaufsicht kann jedoch strenger sein als die der EU.[4]

 

4. Zusammenschlüsse

168

Da durch Unternehmenszusammenschlüsse eine marktbeherrschende Stellung entstehen oder verstärkt werden kann, werden Zusammenschlüsse ab einer bestimmten Größe der beteiligten Unternehmen einer besonderen Zusammenschlusskontrolle unterworfen (Marktstrukturkontrolle).

169

Liegt ein Zusammenschluss[5] i.S.d. § 7 KartG vor, so ist er gem. §§ 9 f KartG bei der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) anzumelden, wenn die beteiligten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss bestimmte Umsatzschwellen überschritten haben und auch keine der Ausnahmebestimmungen greift. Die beiden Amtsparteien, die BWB und der Bundeskartellanwalt (BKA), können in der Folge innerhalb von vier Wochen einen Prüfungsantrag an das Kartellgericht stellen, das in diesem Fall binnen weiterer fünf Monate über den Zusammenschluss zu entscheiden hat.

170

Anmeldepflichtige Zusammenschlüsse unterliegen einem Durchführungsverbot. Die rechtswidrige Durchführung eines Zusammenschlusses ist mit Geldbußen bedroht. Verträge sind, soweit sie gegen das Durchführungsverbot verstoßen, unwirksam (§ 17 Abs. 3 KartG).

5. Behörden und Verfahren

5.1 Kartellgericht und Kartellobergericht

171

Das Oberlandesgericht Wien ist gem. § 58 Abs. 1 KartG als Kartellgericht für das gesamte Bundesgebiet zuständig. Gegen Beschlüsse des Kartellgerichts geht der Rechtszug in die zweite und letzte Instanz an den Obersten Gerichtshof als Kartellobergericht. Das Kartellgericht entscheidet grundsätzlich nur auf Antrag. Antragsberechtigt sind


die BWB und der BKA,
durch bundesgesetzliche Vorschriften zur Regulierung bestimmter Wirtschaftszweige eingerichtete Behörden,
die Wirtschaftskammer Österreich, die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte und die Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammer Österreichs,
jeder Unternehmer und jede Unternehmensvereinigung, der oder die ein rechtliches oder wirtschaftliches Interesse an der Entscheidung hat.

Lediglich Anträge auf Prüfung von Zusammenschlüssen sowie auf Verhängung von Geldbußen und Zwangsgeldern können nur von der BWB oder dem BKA gestellt werden.

5.2 Bundeswettbewerbsbehörde (BWB)

172

Die beim Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit eingerichtete weisungsfreie und unabhängige BWB wurde ebenso wie der BKA mit der Novelle 2002 zum Kartellgesetz geschaffen. Ziel der BWB als eine der beiden Amtsparteien ist es, funktionierenden Wettbewerb sicherzustellen und Wettbewerbsverzerrungen oder -beschränkungen entgegenzutreten. Die BWB ist als Aufgriffs- und Ermittlungsbehörde ohne Entscheidungsbefugnis ausgestaltet. Sie hat (u.a.) folgende Befugnisse:


Wahrnehmung der Parteistellung im Verfahren vor dem Kartellgericht;
Durchführung der Europäischen Wettbewerbsregeln in Österreich;
allgemeine Untersuchung eines Wirtschaftszweiges, sofern die Umstände vermuten lassen, dass der Wettbewerb in den betreffenden Wirtschaftszweigen eingeschränkt oder verfälscht ist (Branchenuntersuchungen);
Leistung von Amtshilfe in Wettbewerbsangelegenheiten gegenüber dem Kartellgericht, Kartellobergericht etc.;

Die BWB kann ferner beim Kartellgericht die Erlassung eines Hausdurchsuchungsbefehls beantragen.

5.3 Bundeskartellanwalt (BKA)

173

Bei der zweiten Amtspartei neben der BWB, dem BKA, handelt es sich um eine dem Bundesminister für Justiz unmittelbar unterstellte, weisungsgebundene Behörde. Das Kartellgesetz überträgt dem BKA die Aufgabe der Vertretung des öffentlichen Interesses in Angelegenheiten des Wettbewerbs beim Kartellgericht. Wie die BWB hat auch der BKA die Möglichkeit, alle nach dem Kartellgesetz vorgesehenen Anträge einzubringen und jederzeit auch in Verfahren, in denen er nicht Antragsteller war, als Partei aufzutreten und Rechtsmittel gegen kartellgerichtliche Entscheidungen zu erheben. Die primäre Verfahrensinitiative und Betreibung soll jedoch der BWB überlassen werden.

6. Rechtsdurchsetzung

174

Liegt eine Verletzung des KartG vor, so bestehen folgende Risiken für Unternehmen:


Nach § 26 KartG hat das Kartellgericht Zuwiderhandlungen gegen die Verbote wirksam abzustellen und dem beteiligten Unternehmen die hierzu erforderlichen Aufträge zu erteilen. Statt der Abstellung kann das Kartellgericht aber auch Verpflichtungszusagen der beteiligten Unternehmer und Unternehmervereinigungen verbindend erklären, wenn zu erwarten ist, dass diese Zusagen zukünftige Zuwiderhandlungen ausschließen.
Gem. § 28 KartG kann das Kartellgericht eine Zuwiderhandlung gegen ein im ersten Hauptstück des Kartellgesetzes enthaltenes Verbot feststellen, auch wenn die Zuwiderhandlung gegen das Verbot bereits beendet ist. Voraussetzung ist, dass ein berechtigtes Interesse daran besteht.
Wenn ein Unternehmer oder einer Unternehmervereinigung vorsätzlich oder fahrlässig gegen ein Verbot verstößt, kann das Kartellgericht gem. § 29 KartG auf Antrag der BWB oder des BKA Geldbußen bis zu einem Höchstbetrag von 10 % des im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Umsatzes verhängen.
§ 168b StGB enthält einen gerichtlichen Straftatbestand für Bieterabsprachen (Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren). Über die Bestrafung der natürlichen Person kann es auch zu einer Bestrafung des Unternehmens kommen (siehe dazu die Ausführungen zum VbVG unter Rn. 118 ff.).

7. Wettbewerbsrechtliche Compliance-Programme

175

Um den kartellrechtswidrigen Verhaltensweisen und der Verhängung von Geldbußen vorzubeugen, aber auch um für den Fall einer überraschenden Hausdurchsuchung gewappnet zu sein, haben die meisten Unternehmen, die aufgrund ihrer Größe oder ihrer Marktposition der Gefahr einer Wettbewerbsverletzung ausgesetzt sind, bereits seit einigen Jahren spezielle „Compliance-Programme“ implementiert. Sie stammen ursprünglich aus dem angloamerikanischen Rechtsraum und sind eine Reaktion auf die „Federal Sentencing Guideline“ aus den frühen 90er Jahren. Die Guidelines sehen vor, dass bei einem Wirtschaftsdelikt das Vorliegen bestimmter Umstände als Milderungsgrund zu werten ist; dazu zählt u.a. ein installiertes Compliance-Programm. In Österreich und auch auf europäischer Ebene schrecken allerdings die Wettbewerbsbehörden davor zurück, Compliance-Maßnahmen im Rahmen der Geldbußenbemessung als Milderungsgrund oder gar als einen die Haftung einschränkenden Gesichtspunkt zu berücksichtigen.[6]

176

Die Europäische Kommission hat in dem Ende 2011 erschienenen Leitfaden mit dem Titel „Compliance matters – What companies can do better to respect EU compention rules“[7] wesentliche Aussagen über den Wert von Compliance-Maßnahmen und die Mittel zur Sicherstellung der Kartellrechts-Compliance getroffen. Die Europäische Kommission unterstreicht darin die Notwendigkeit einer klar formulierten Strategie und eine auf das konkrete Unternehmen zugeschnittene Compliance-Lösung. Sie betont aber auch, dass bloße Lippenbekenntnisse oder abstrakte, formalistische Compliance-Bemühungen nicht ausreichen. Die Europäische Kommission verlangt dabei ein starkes „management committment“, gepaart mit einer „top down“-Management-Kultur, welche idealerweise durch einen Compliance-Vorstand sichtbar gemacht wird.[8]

177

Die Wettbewerbskommission der International Chamber of Commerce hat in ihrem 2013 erschienenem „ICC Toolkit zur kartellrechtlichen Compliance“ ein weiteres Handbuch sowohl für KMU als auch größere Unternehmen herausgebracht. Dieser enthält praktische Tipps und Orientierungshilfen, die Unternehmen beim Aufbau und der Verstärkung glaubwürdiger kartellrechtlicher Compliance-Programme unterstützen können.[9]

178

Außerdem wurde von der Bundeswettbewerbsbehörde in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftskammer Österreich ein Leitfaden „Kartellrecht und Compliance, für einen professionellen Umfang mit kartellrechtlichen Regeln auf betrieblicher Ebene“ herausgegeben. Dabei werden in auch für Nicht-Juristen verständlicher Rechtssprache die wesentlichen Punkte der kartellrechtlichen Risikobereiche identifiziert, und werden außerdem deren Rechtsfolgen sowie Empfehlungen für die Handhabung erörtert.[10]

179

Aufbau/Bestandteile eines Compliance-Programmes:[11]


Legal Audit: Üblicherweise wird mit einer kartellrechtlichen Bestandaufnahme begonnen um festzustellen, in welchen Unternehmensbereichen potentiell Absprachen getroffen werden könnten.
Abhaltung von Compliance-Seminaren: Den Kern eines jeden Compliance-Programmes bilden kartellrechtliche Compliance-Seminare für jene Mitarbeiter, die regelmäßig mit kartellrechtlich relevanten Sachverhalten konfrontiert sind. Ziel dieser Schulungen ist es, den handelnden Personen ein Grundverständnis dafür zu vermitteln, wann ihr Verhalten kartellrechtliche Probleme aufwerfen könnte.
Erstellung eines Compliance-Manuals: Aus den Compliance-Manuals sind nicht nur die gesetzlichen Grundlagen zu entnehmen, sondern es finden sich auch Ablaufprozedere für eine Nachprüfung.
Vorbereitung des Unternehmens auf eine mögliche Nachprüfung: Ein weiterer wesentlicher Eckpfeiler eines Compliance-Programmes betrifft die Vorbereitung des Unternehmens auf eine mögliche Nachprüfung durch die Europäische Kommission oder eine nationale Wettbewerbsbehörde. Hier geht es vor allem darum, das Wissen von ausgewählten Mitarbeitern hinsichtlich der Rechte und Pflichten der Wettbewerbsbehörden einerseits und des zu untersuchenden Unternehmens andererseits zu vertiefen.
Durchführung von „Mock-Dawn-Raids“: Bei dieser Übung wird eine Nachprüfung einer Wettbewerbsbehörde simuliert.
Einführung eines Notifizierungs- und Genehmigungssytems für risikoträchtige Vorgänge: Um die Sensibilität von Mitarbeitern zu erhöhen und Beweisproblemen in einem allfälligen Kartellverfahren vorzubeugen, bietet sich die Einführung eines Notifizierungs- und Genehmigungssystems an. Demnach müssen Mitarbeiter vor jedem Kontakt mit Wettbewerbern um Genehmigung ansuchen und im Nachhinein schriftlich einen Bericht über die tatsächlichen Vorkommnisse abgeben.