Internal Investigations

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cc) Die autonome Projektorganisation

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Schon aus der Bezeichnung dieser Organisationsform lässt sich ableiten, dass für das Projekt eine eigenständige Organisation aufgebaut wird, die autonom neben die Stammorganisation tritt. In ihrer idealtypischen Ausprägung werden die gesamte Entscheidungskompetenz sowie die volle Führungsverantwortung dem Projektleiter übertragen. Alle Projektmitarbeiter sind ihm unterstellt.

Abb. 2: Autonome Projektorganisation[13]


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Die Vorteile dieser Organisationsform ergeben sich aus der eindeutigen Zuweisung von Verantwortung und Entscheidungskompetenz zum Projektleiter und der direkten Unterstellung der Projektmitarbeiter. Dadurch wird eine hohe Identifikation des Projektteams mit den Projektzielen erreicht. Dies fördert gleichzeitig die Motivation, auftretende Konflikte zu bewältigen. Kurze Kommunikationswege und die in der Hand des Projektleiters gebündelte Weisungsbefugnis ermöglichen, dass kurzfristig auf Projektstörungen reagiert werden kann und notwendige Entscheidungen getroffen werden. Der Hauptnachteil liegt in der geringen Personalflexibilität. Für die Dauer des Projektes müssen die abgestellten Mitarbeiter in den jeweiligen Fachabteilungen ersetzt werden. Dies wiegt umso schwerer, sollten abgeordnete Spezialisten im Rahmen des Projektes nicht dauerhaft ausgelastet werden können. Die Projektmitarbeiter selbst müssen nach Abschluss des Projektes wieder eingegliedert werden. Letzteres kann sich auch deshalb als schwierig erweisen, weil diese Mitarbeiter für die Dauer des Projektes von der Know-how-Entwicklung ihrer Fachabteilung abgeschnitten sind.

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Für kleinere Projekte kommt eine autonome Projektorganisation aufgrund des vergleichsweise hohen organisatorischen Umstellungsaufwandes und der damit verbundenen Kostenbelastung kaum in Betracht. Vielmehr eignet sich diese Organisationsform für besonders komplexe Vorhaben, mit vergleichsweise wenigen Berührungspunkten zu herkömmlichen Aufgaben des Unternehmens. Auch bei großer Dringlichkeit sowie Vorhaben mit hohem Risiko oder einschneidenden Auswirkungen für das Gesamtunternehmen kommen die Vorteile einer autonomen Projektorganisation besonders zum Tragen: Durch das hohe Maß an Eigenständigkeit erreicht das Projektteam als „Task Force“ schneller und durchsetzungsstärker die gewünschten Projektziele.

dd) Die Matrix-Projektorganisation

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Bei der Matrix-Projektorganisation handelt es sich um eine Mischform aus autonomer Projektorganisation und Einfluss-Projektorganisation. Die vertikal verlaufenden Instanzenwege der (nach Funktionen gegliederten) Linienorganisation (Spalten der Matrix) werden gekreuzt von der horizontal strukturierten Projektorganisation (Zeilen der Matrix). An den Kreuzungspunkten dieser Matrix kollidieren der Verantwortungsbereich sowie die Führungs-/Entscheidungsansprüche des Projektleiters mit denen der Linieninstanzen. Deshalb sind eine eindeutige Zuweisung von Verantwortungsbereichen und eine sorgfältige Aufteilung der Kompetenzen erforderlich, um Konflikte zu vermeiden. Eine solche Aufteilung ist an den spezifischen Anforderungen des Projektes auszurichten. Von Projekt zu Projekt kann die Aufteilung stark variieren. In der Grundausprägung dieser Organisationsform ist der Projektleiter verantwortlich für die Definition/Konkretisierung der Projektziele, die Planung und Steuerung des Projektes, die Terminüberwachung sowie die Budgetkontrolle. Die fachliche Durchführung der einzelnen Projektaufgaben obliegt hingegen den einzelnen Fachinstanzen. Eine solche Aufteilung führt zu einer Doppelzuordnung der betreffenden Mitarbeiter. In Bezug auf die fachliche Durchführung der Projektaufgaben unterliegen sie dem aufgabengebundenen Weisungsrecht des Fachabteilungsleiters (auch disziplinarisch ändert sich die Zuordnung nicht). Gleichzeitig unterliegen sie dem projektgebundenen Weisungsrecht des Projektleiters. Für das Gelingen des Projektes sind demnach beide Leitungsinstanzen gemeinsam verantwortlich.

Abb. 3: Matrix-Projektorganisation[14]


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Im Unterschied zur autonomen Projektorganisation zeichnet sich die Matrix-Projektorganisation durch eine hohe Personalflexibilität aus, ohne dass damit jedoch das geringe Maß an Verantwortungsbewusstsein für das Projekt in Kauf genommen werden muss, wie es für die Einfluss-Organisation typisch ist. Dadurch, dass die einzelnen Mitarbeiter in ihren Fachabteilungen verbleiben, werden die Abstellungs- bzw. Rückgliederungsprobleme vermieden. Auch die kontinuierliche fachliche Weiterbildung des Mitarbeiters ist auf diese Weise sichergestellt. Zudem wird die Gefahr von Leerzeiten reduziert, weil die Fachinstanz den Einsatz der einzelnen Mitarbeiter sowohl in der Abteilungs- als auch in der Projektarbeit koordiniert. Durch die gleichzeitige projektbezogene Anbindung an den Projektleiter wird erreicht, dass der betreffende Mitarbeiter sich dennoch für das Projekt verantwortlich fühlt. Projektschädlichem Abteilungsdenken kann der Projektleiter entgegenwirken. Die Nachteile dieser Organisationsform liegen in den hohen Anforderungen an das Organisationsverständnis der Beteiligten (Doppelunterstellung der Mitarbeiter, Einschränkung der institutionellen Autorität des Fachabteilungsleiters) sowie der Gefahr von Kompetenzkonflikten.

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Trotz der skizzierten Nachteile ist die Matrix-Projektorganisation die in der Praxis am häufigsten anzutreffende Organisationsform.[15] Der Grund dafür ist nicht zuletzt in der tendenziell wirtschaftlicheren Nutzung begrenzter Ressourcen zu sehen. Zusätzlich zeichnet sich die Matrix-Projektorganisation durch ein hohes Maß an Vielseitigkeit aus: Je nach Art der Aufteilung von Verantwortung und Kompetenzen zwischen Linienorganisation und Projektleiter lässt sie sich einer der beiden übrigen Grundtypen annähern und damit an Unternehmensbesonderheiten und Projektumstände anpassen. Durch gezieltes Gegensteuern des Managements lassen sich außerdem negative Effekte dieser Organisationsform eindämmen. Mithilfe von eindeutigen Befugnisregelungen kann Kompetenzkonflikten vorgebeugt werden. In Schulungen ist das Organisations- und Führungsverständnis sowie die innerbetriebliche Kommunikations- und Informationsbereitschaft zu entwickeln.

ee) Überlegungen zur Wahl der Organisationsform einer Internal Investigation

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Wie voranstehend bereits angeklungen ist, sind bei der Auswahl der geeigneten Organisationsform für ein Projekt eine Vielzahl von Einflussfaktoren zu berücksichtigen. Allen voran sind die Projektspezifika zu nennen: Einmaligkeit, Neuartigkeit und Komplexität/Interdisziplinarität des Projektes sowie seine Dringlichkeit, geschäftspolitische Bedeutung und voraussichtliche Laufzeit. Hinzu kommen Umfeldfaktoren wie bspw. die vorhandene Struktur und Kultur der Stammorganisation, die Verfügbarkeit benötigter Ressourcen und das Führungs- und Organisationsverständnis innerhalb des Unternehmens (vorhandener Erfahrungsschatz zu Projektorganisationen).

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Alle diese Einflussfaktoren können auch bei der Organisation von Internal Investigations Bedeutung erlangen. Sie sind sich deshalb im Vorhinein bewusst zu machen. Je stärker bspw. die Aufgaben einer Internal Investigation denen einer Routineprüfung ähneln, wie sie üblicherweise von der internen Revision des Unternehmens durchgeführt werden, desto eher bietet sich eine Projektorganisation in Form der Einfluss-Organisation an. Diejenigen Fachkenntnisse, die über das für die Routineprüfungen erforderliche Maß hinausgehen, werden in einem solchen Fall mit der Person des Projektleiters in das Projekt eingebracht. Bei außerordentlich komplexen Internal Investigations, in die bspw. aufgrund besonderer rechtlicher Fragestellungen eine größere Anzahl von externen Rechtsberatern einzubinden ist, eignet sich hingegen eine autonome Projektorganisation deutlich besser. Allein schon deshalb, weil sich die externen Berater nicht ohne Weiteres in die Linienorganisationen des Unternehmens eingliedern lassen. Hinsichtlich der an der Internal Investigation zu beteiligenden Unternehmensmitarbeiter lässt sich die autonome Projektorganisation erforderlichenfalls in der Weise modifizieren, dass gewisse Spezialisten nicht vollkommen dem Projekt überstellt werden, sondern ihre Mitarbeit über Vereinbarungen gesichert wird. Durch eine solche Modifikation würde der grundsätzlich autonome Organisationsansatz deutlich einer Matrix-Projektorganisation angenähert.

2. Aufbauorganisation

a) Gegenstand der Aufbauorganisation, Vorgehensweise

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Gegenstand der Aufbauorganisation eines Projektes ist die Gestaltung einer hierarchischen Ordnung[16], mittels derer für die Dauer des Projektes Funktionen, Zuständigkeiten und Verantwortungsbereiche der Projektbeteiligten sowie die zwischen ihnen bestehenden Beziehungen und die Schnittstellen zur Stammorganisation festgelegt werden.

 

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Der Aufbau einer solchen Funktionsstruktur erfordert zunächst die Definition der wesentlichen Projektrollen. Gemeint sind so genannte formale Rollen, wie bspw. die des Auftraggebers des Projektes, des Projektleiters und des Lenkungsausschusses. Ersichtlich ist, dass dieser Prozessschritt einhergehen muss mit der Entscheidung über die Organisationsform des Projektes, sofern diese nicht bereits im Vorhinein durch übergeordnete Sachzwänge determiniert ist. In den Rn. 38 ff. wurde dargelegt, dass sich je nach Organisationsform unterschiedliche Schnittstellen sowohl innerhalb des Projektes als auch zur Stammorganisation ergeben können, denen die hierarchische Ordnung der Aufbauorganisation des Projektes Rechnung tragen muss. Auch die dargelegten Vor- und Nachteile der einzelnen Organisationsformen sollten im Rahmen der Definition der Projektrollen bewusst aufgegriffen und berücksichtigt werden. Die Festlegung und Normierung der Rollen erfolgt im ersten Schritt personenunabhängig in Form von Funktions- und Aufgabenbeschreibungen (Stellenbeschreibungen). Je besser es gelingt, die Aufgaben- und Verantwortungsbereiche der einzelnen Rollen voneinander abzugrenzen und transparent zu machen, desto geringer ist die Gefahr von Rollenkonflikten im Verlauf des Projektes. Besondere Vorsicht ist bei Mehrfachrollen geboten (Projektleiter wirkt bspw. als Teammitglied auch inhaltlich an dem Projekt mit).[17] Vorteile, wie ein rascherer Informationsfluss durch die hierarchieunabhängige Zusammenarbeit, sind sorgfältig gegen möglich Nachteile (Überlastung des Multirollenträgers, eingeschränkte Unabhängigkeit im Rahmen des Projektcontrollings) abzuwägen. Sind die Projektrollen definiert und beschrieben, erfolgt die Zuordnung von Personen zu diesen Rollen. Anschließend ist der Informationsbedarf der einzelnen beteiligten Personen zu identifizieren und daraus abgeleitet das projektbezogene Informationssystem festzulegen. Das Gesamtergebnis sollte in Form eines Organigramms (Darstellung der Projektaufbauorganisation) festgehalten werden, aus dem sich zusätzlich die vereinbarten Kommunikationswege ergeben.

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Diese grundsätzliche Vorgehensweise zur Zuweisung von Funktionen, Verantwortung und Kompetenzen sowie zur Identifikation von Schnittstellen und Informationsbedürfnissen soll nachfolgend exemplarisch für wesentliche Projektrollen erörtert werden, wie sie üblicherweise bei größeren Internal Investigations mit autonomer Projektorganisation vorzufinden sind. Nicht alle diese Projektrollen müssen zwingend in jeder Phase der Internal Investigation vorzufinden sein. Auch kann die Aufbauorganisation im Verlauf der Internal Investigation anzupassen sein, z.B. wenn sich Untersuchungsziel oder -aufgaben ändern bzw. erweitern.

b) Einzelne Aufgabenträger

aa) Auftraggeber des Projektes

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Es existiert eine Vielzahl von Auslösern für Projekte,[18] so auch für eine Internal Investigation. Doch kein Projekt startet von selbst sondern muss ins Leben gerufen werden. Auch eine Internal Investigation ist erst zu beauftragen. Der Auftraggeber dieses Projektes ist nicht notwendigerweise derjenige, der den Anstoß dazu gegeben hat. Er ist jedoch derjenige, der die Rahmenbedingungen abzustecken hat, d.h. die Anforderungen und Ziele, die mit der Internal Investigation verbunden sind, definieren muss.

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Internal Investigation zeichnen sich durch einen internen Projektauftraggeber aus. Hiervon abzugrenzen sind Projekte mit externen Projektauftraggebern (z.B. externen Kunden). Eine Internal Investigation mag möglicherweise parallel zu einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren stattfinden. Gleichwohl darf dieser Umstand nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch in solchen Fällen der Auftrag für die das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren begleitende Internal Investigation durch den Vorstand des Unternehmens erteilt wird. Als weitere Auftraggeber für eine Internal Investigation kommen Stabsabteilungen wie Corporate Compliance, die Rechtsabteilung, die Steuerabteilung oder die interne Revision, jedoch auch der Aufsichtsrat[19] in Betracht (siehe dazu auch Rn. 10).

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Der Auftraggeber einer Internal Investigation hat zunächst – wie bei jedem anderen Projekt auch – einen Projektleiter auszuwählen. Diesem gegenüber wird der Projektauftrag erteilt. Gerade bei komplexeren Internal Investigations, im Rahmen derer auch externe Berater beauftragt werden, hat der Projektauftraggeber bei Ernennung des Projektleiters oftmals noch eine vergleichsweise unpräzise Vorstellung zu den einzelnen Projekt-/Untersuchungszielen. Es ist dann die gemeinsame Aufgabe des Auftraggebers und des Projektleiters – ggf. in Person eines unternehmensexternen Beraters –, die konkreten Untersuchungsziele und -aufgaben (inhaltliche Projektabgrenzung) herauszuarbeiten und zu vereinbaren.

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Aufbauend auf der inhaltlichen Abgrenzung der Internal Investigation wird der Auftraggeber auch eine erste zeitliche Determinierung vornehmen, wesentliche Projektphasen abgrenzen, Meilensteine und Termine festlegen sowie seine Vorstellungen über den Kostenrahmen festhalten (Projektrahmenplan). Innerhalb dieser Vorgaben obliegt es dann dem Projektleiter, die Internal Investigation als Projekt eigenverantwortlich zu planen und durchzuführen. Der Projektplan wird von dem Auftraggeber geprüft und genehmigt. Damit verbunden ist die Zusicherung, die vereinbarten bzw. erforderlichen Ressourcen bereitzustellen. Während des Projektes nimmt der Auftraggeber nur eine übergeordnete Führungsfunktion (Eskalationsstufe/Entscheidungsinstanz) ein: In Situationen, in denen die Autorität oder die Kompetenzen des Projektleiters nicht ausreichen (Krisen-/Eskalationsfall), greift der Auftraggeber ein. Ferner sind von ihm diejenigen (strategischen) Entscheidungen zu treffen, die das Projekt als Ganzes betreffen (z.B. Veränderung des Umfangs/Ziels der Internal Investigation, Laufzeit, Budget, Ressourcenbedarf, Wechsel der Projektleitung, etc.) oder eine projektübergeordnete Bedeutung entfalten (z.B. im Unternehmen zu ergreifende Sofortmaßnahmen aufgrund erster Untersuchungsergebnisse). Daneben ist der Auftraggeber für das strategische Projektcontrolling verantwortlich, d.h. die Überwachung des Projektfortschritts (wesentliche Teilergebnisse und Termine, Zielerreichung) und die Kostenkontrolle. Und der Auftraggeber hat die Interessen des Projektes gegenüber Umfeldgruppen zu vertreten bzw. den Projektleiter darin zu unterstützen. Zu berücksichtigen sind sowohl unternehmensinterne (z.B. erweiterte Geschäftsführung, Betriebsrat) wie auch unternehmensexterne Umfeldgruppen (z.B. Kreditgeber, Konsortialpartner, Behörden). Nach Abschluss des Projektes (dieser ist vom Auftraggeber festzustellen) hat der Auftraggeber die Pflicht, den Projektleiter zu entlasten und das Projekt formal zu beenden (Auflösung der Projektorganisation), die dokumentierten Ergebnisse der Internal Investigation zu sichern und den Nutzen daraus für das Unternehmen zu ziehen.

bb) Projektlenkungsausschuss

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Bei besonders umfangreichen und fachlich komplexen internen Untersuchungsprojekten kann als Entscheidungs- und Verantwortungsträger an die Stelle oder in Erweiterung des Auftraggebers auch ein Projektlenkungsausschuss (Steuerungsgruppe, Steering Commitee, Projektbeirat) treten. Wird ein solches Gremium installiert, so kann dies einerseits dem Umstand Rechnung tragen, dass die genannten Großprojekte typischerweise einen Auftraggeber aus der obersten Stufe der Unternehmensführung haben (Vorstand, Geschäftsführung). Weil dieser Auftraggeber die Interessen eines solchen Projektes oftmals schon rein zeitlich nicht in Gänze wahrnehmen kann, ist u.U. ein Lenkungsausschuss mit Mitgliedern aus der unmittelbar nachgeordneten Führungsebene zur Entlastung des eigentlichen Auftraggebers geboten. Andererseits kann der Grund auch in den fachlichen Anforderungen des Projektes liegen. Ein hochrangiger Auftraggeber mag zwar die strategischen Projektentscheidungen insbesondere mit entsprechend finanziellen Auswirkungen treffen können. Auf viele inhaltliche Fragestellungen wird dies jedoch nicht zutreffen. Insbesondere wenn mehrere Fachabteilungen des Unternehmens in die Internal Investigation eingebunden sein sollten (bspw. Rechts- und Steuerabteilung, Vertrieb und Personalabteilung) und/oder verschiedene externe Beratergruppen, kann ein Projektlenkungsausschuss im Sinne eines Fachgremiums helfen, die divergierenden oder sogar konfligierenden Anforderungen der beteiligten Fachgruppen zu bündeln und in einheitliche Projektziele zu überführen. Mit diesem Hintergrund ist ein Projektlenkungsausschuss in der Praxis deshalb oft in Verbindung mit einer Matrix-Projektorganisation anzutreffen. Der Ausschuss dient in diesen Fällen der leichteren Abstimmung zwischen der Projekt- und der Linienorganisation.

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Ist ein Projektlenkungsausschuss in dem vorgenannten Sinne als Mittler zwischen dem eigentlichen Auftraggeber und dem Projektleiter eingesetzt, so können an dieses Gremium weitere Auftraggeber-Aufgaben delegiert werden. Soweit dies erfolgt, hat der Projektlenkungsausschuss die Projektaktivitäten ergebnisverantwortlich zu leiten bzw. zu überwachen. Die besonderen Anforderungen, die sich daraus für die Ablauforganisation des Projektes ergeben (Sitzungsfrequenzen, Berichterstattung, etc.), sind insbesondere im Rahmen der Terminplanung (siehe dazu Rn. 107 f.) zu berücksichtigen.

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Ein fachübergreifend besetzter Projektlenkungsausschuss eignet sich außerdem besonders gut, die vielfältigen Interessen eines großen Untersuchungsprojektes nach außen zu vertreten. Wie bereits erwähnt, kann eine solche Internal Investigation parallel zu einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren, bspw. wegen erhobener Korruptionsvorwürfe, stattfinden. In diesen Fällen wird seitens des Unternehmens oftmals gegenüber der Ermittlungsbehörde eine Kooperationszusage abgegeben. Diese beinhaltet mindestens, dass für die Ermittlungen notwendige Unterlagen auf Anfrage zusammengestellt und herausgegeben werden. Zwangsmaßnahmen sollen dadurch vermieden werden. Die Kooperationszusage kann zudem umfassen, dass auch Anfragen der Ermittlungsbehörde zu konkreten Einzelfällen im Rahmen der Internal Investigation mit bearbeitet und beantwortet werden. Und des Weiteren, dass der Ermittlungsbehörde alle Informationen und Unterlagen herausgegeben werden, soweit sich bei der Internal Investigation konkrete und belastbare Hinweise auf neue, bisher noch unbekannte Korruptionssachverhalte ergeben. Ein ähnlicher Austausch ist in diesen Fällen möglicherweise auch mit der Steuerfahndung und mit ausländischen Behörden vorzunehmen. Er sollte daher innerhalb des Lenkungsausschusses koordiniert werden, so dass projektseitig nur eine Schnittstelle entsteht. Die Kommunikation mit den Behörden selbst kann dann von dem jeweils zum Projektlenkungsausschuss gehörenden Fachmann geführt werden (Leiter der Rechts-/Steuerabteilung, beauftragter Rechtsanwalt/Steuerberater). Bei derart komplexen Internal Investigations kommt dem Lenkungsausschuss jedoch auch eine besondere Verantwortung hinsichtlich der Vertretung des Projektes innerhalb des Unternehmens zu. Eine mögliche Priorisierung der Internal Investigation gegenüber anderen Projekten und den Standardprozessen muss von ihm gesetzt und zur Stärkung des Projektleiters in das Unternehmen kommuniziert werden. Umgekehrt hat er darauf zu achten, dass innerhalb des Projektes eine ausreichende Sensibilität für die berechtigten Belange unternehmensinterner Umfeldgruppen entsteht.

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Die Frage, in welcher Weise die Kommunikation gegenüber unternehmensinternen und -externen Umfeldgruppen erfolgt, hat auch Auswirkungen auf die Binnenorganisation des Projektlenkungsausschusses. Je mehr Mitglieder dieses Gremium aufweist, desto sorgfältiger sollte die Ausgestaltung dieser Organisation erfolgen. Die Mitglieder haben u.a. festzulegen, in welcher Weise die Koordination und Leitung des Ausschusses erfolgt (gleichberechtigt, Sprecher/Vorsitzender), und nach welchen Regeln Entscheidungen getroffen werden sollen (Mehrheit, Konsens).