Torn (Life Tree - Master Trooper) Band 1

Text
Autor:
Aus der Reihe: Master-Trooper Reihe #1
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Torn (Life Tree - Master Trooper) Band 1
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

Alexa Kim

Torn (Life Tree - Master Trooper) Band 1

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Epilog

Die Master Trooper Reihe (Vorschau)

Bisher erschienen von Alexa Kim

Impressum neobooks

Kapitel 1

Larona

Mein Blick wandert aus dem Fenster des Shuttles, in dem ich mit etwa zwanzig anderen Frauen sitze. Wir alle haben keine Zukunft … jede von uns musste ihr altes Leben hinter sich lassen – Freunde, Familie, Kinder, Ehemänner, Beruf … einfach alles. Für die Gesellschaft existieren wir nicht mehr. UG … United Governments … hat uns zu lebenslanger Zwangsarbeit auf dem Mars verurteilt – einige haben ihre Strafe sicherlich verdient. Aber ich bin unschuldig … nur hat mir das niemand geglaubt. Trake … der Mann, den ich geliebt habe, dem ich vertraut habe, wie keinem anderen zuvor, hat mich verraten, um seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Hätte ich bemerken müssen, dass er mit Drogen dealt? Vielleicht … aber ich habe diese verdammte rosarote Brille getragen und wollte nur die guten Seiten an ihm sehen.

Er hat mir den Stoff untergeschoben … drei Tüten reinstes weißes AX. Es gibt nur zwei Verbrechen, die UG mit lebenslanger Zwangsarbeit auf dem Mars bestraft, seitdem die Todesstrafe abgeschafft wurde … Mord und Drogenhandel.

Ich war ein naives Schaf. Trake hatte die besseren Anwälte und die besseren Chancen. Sie schoben mir die Schuld unter … und hier bin ich. Ich kann Trakes Gesicht nicht vergessen, als er sich umgedreht und den Gerichtssaal verlassen hat. Als wären wir nie zusammen gewesen ... als hätte es die Nächte, die Küsse, all seine Versprechungen nicht gegeben. War denn alles Lüge? Kann man sich in einem Menschen denn so täuschen? Hat Trake mir seine Gefühle nur vorgespielt? Egal, wie ich es auch drehe … ich komme immer nur zu einem Fazit – ich bin dumm, jung und naiv … und ich werde niemals eine Antwort auf meine Fragen erhalten.

Mein Leben ist vorbei … mit gerade einmal dreiundzwanzig Jahren! Die Strafkolonien auf dem Mars sind schlimmer als die Todesstrafe. Zumindest wird es behauptet, genau weiß ich es nicht. In den fünfzig Jahren, in denen die Kolonien existieren, ist noch nie jemand von dort zurückgekehrt. UG ist scharf auf die Rohstoffvorkommen, die in den unterirdischen Minen auf dem Mars abgebaut werden … nachdem die Erde so gut wie ausgebeutet ist, werden eben andere Planeten ausgepresst. Es ist eine kräftezehrende Arbeit, die einen nach und nach umbringt … der Staub, der sich auf die Lungen legt … die Schwermetalle … niemand überlebt die Minen länger als zehn Jahre.

Ich versuche mich vorzubeugen und an meiner Nachbarin vorbeizuschauen, doch die Metallmanschetten, die meine Arme an die Sitzlehnen fixieren, erlauben mir nur wenig Spielraum.

„Hey … du …“, spreche ich meine Nachbarin an. „Ist der Mars schon zu sehen?“

Sie dreht sich zu mir um und mustert mich unfreundlich. Ich bereue sofort, sie angesprochen zu haben. Nur weil ich unschuldig bin, gilt das nicht für die meisten anderen hier. Die Rothaarige mit den durchdringenden grünen Augen wirkt auf jeden Fall nicht so, als wäre sie unschuldig. In diesem Moment bin ich fast froh über die Metallringe, die uns an die Sitze fesseln. Die Rothaarige würde mir sonst glatt den Hals umdrehen.

„Interessiert mich verdammt noch mal einen Scheiß, Süße … kapiert? Was glaubst du, wo du hier bist? Auf einem intergalaktischen Ferientrip? Und jetzt halt die Klappe!“

„Ok … tut mir leid.“ Ich drehe mich schnell weg.

Die Leidensgenossin, die an meiner anderen Seite sitzt, schenkt mir ein mitfühlendes Lächeln. Sie ist zwei oder drei Jahre älter als ich und weitaus gefasster. Mit ihren schwarzen schulterlangen Haaren sieht sie aus wie eine Frau, die fest im Leben steht und weiß, was sie will. Ich frage mich, was sie getan hat, um das hier zu verdienen.

„Ich habe meine Nase in Dinge gesteckt, von denen ich besser die Finger gelassen hätte“, deutet sie meinen fragenden Blick. „Mein Name ist Sira … ich war Journalistin.“

„Larona ...“, sage ich leise und schüchtern.

„Was soll das werden? Ein Gesprächskreis?“, mault die Rothaarige von der anderen Seite und funkelt zuerst Sira und dann mich genervt an.

Sira beachtet sie nicht weiter und spricht weiter. „Du siehst nicht aus, als würdest du hierhin gehören, Larona.“

Ich weiß, was sie meint. Mit meiner zierlichen Gestalt, den blonden Haaren und den großen blauen Augen bin ich bestimmt ein gefundenes Fressen für Frauen wie die Rothaarige. Ich versuche schon die ganze Zeit zu verdrängen, dass es auf dem Mars von Gefangenen wie ihr wimmeln wird, die mir mein ohnehin beschissenes Leben zur Hölle machen werden. Und die Aufseher … jung, blond, blauäugig … eine schlechte Kombination in meiner Situation.

„Ich … bin unschuldig ...“, antworte ich leise, auch wenn ich weiß, dass das keinerlei Bedeutung mehr hat …

„Na klar … und ich bin Jungfrau“, ätzt die Rothaarige.

Sira öffnet den Mund, um etwas zu sagen … ich tue ihr leid, das kann ich sehen. Obwohl es ihr selbst nicht besser ergehen wird als mir ...

Plötzlich tönt eine weibliche Stimme aus dem Cockpit des Shuttles durch die Lautsprecher.

Achtung … Gefangene … wir befinden uns im Landeanflug. Sobald das Shuttle gelandet ist, verhalten Sie sich ruhig, Gespräche sind verboten! Wir erinnern Sie daran, dass Sie durch ihr Fehlverhalten der Gesellschaft gegenüber ihren Status und Ihre Bürgerrechte verloren haben … Sie sind nun Eigentum von UG … jeglicher Widerstand wird bestraft!

Ein Knacken in den Lautsprechern zeigt mir, dass die Ansprache beendet ist. Ich schlucke. Jetzt geht es also los.

„Verdammt … das ist nicht der Mars.“

Sira und ich drehen fast gleichzeitig unsere Köpfe. Die Rothaarige hat sich endlich bequemt, einen Blick aus dem Shuttlefenster zu werfen.

„Was … was meinst du damit?“, fragt Sira sichtlich nervös.

„Na, dass das nicht der verdammte fucking Mars ist!“

„Aber … das verstehe ich nicht ...“, antworte ich schüchtern.

Sira schweigt. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass sie etwas weiß, was wir anderen hier nicht wissen.

„Sira?“, frage ich besorgt.

Sie schüttelt den Kopf. „Tut mir leid, Kleine.“

Was meint sie damit? Was zum Teufel meint sie damit, dass es ihr leidtut? Angst kriecht meine Arme und Beine hinauf. Ich kann spüren, dass hier etwas nicht stimmt. Noch haben die anderen Frauen nichts bemerkt. Sogar die Rothaarige scheint sich keine großen Sorgen zu machen. Der Mars oder ein anderer Planet … wir sind sowieso am Arsch …, drückt ihre Körperhaltung aus.

Wir treten in die Atmosphäre des Planeten ein und werden durchgeschüttelt. Endlich kann ich etwas sehen. Das ist definitiv nicht der Mars! Die Oberfläche des Planeten sieht anders aus … keine künstliche Atmosphäre, sondern Wasser, Bäume … Blau und Grün … hier aus dem All erinnert mich der Planet ein wenig an alte Fotos der Erde, die um die Jahrtausendwende gemacht worden sind … bevor UG den Planeten durchbohrt und ausgehöhlt hat wie einen Käse, um an die letzten Rohstoffe zu kommen.

Ich unterdrücke die Panik, die in mir aufkommt. Meine Blase platzt fast … am liebsten würde ich aufspringen und zur Toilette laufen, aber die Armmanschetten lassen das nicht zu. Ab jetzt werden andere darüber bestimmen, wann ich zur Toilette darf. Noch nicht einmal diese Freiheit bleibt mir.

Wir landen … die Rückstöße der Antriebsturbinen schütteln uns ein letztes Mal durch, dann steht das Shuttle.

Niemand spricht … es herrscht angespannte Stille, und die Angst ist körperlich spürbar. Keiner von uns weiß, was uns erwartet.

Dann öffnen sich die Türen, und alles geht so schnell, dass ich kaum Zeit habe, Luft zu holen. Eine Gruppe von Soldaten stürmt in das Shuttle. Sie tragen Cargohosen in Camouflagefarben und enge schwarze Shirts … außerdem Gasmasken. Warum tragen sie Gasmasken? Um ihre Hüften liegen schwere Gürtel, in denen Waffen stecken … Macheten, aber auch Laserpistolen und Elektroschockstäbe. Ich starre sie mit offenem Mund an. Mein Gott … die sind riesig! Jeder von denen ist fast zwei Meter groß und mit Muskeln bepackt. Fast bin ich froh, ihre Gesichter hinter den Gasmasken nicht sehen zu können. Was sind das für Typen? Überall auf der Erde gibt es Soldaten … aber solche Monster habe ich noch nie gesehen!

 

Die anderen Frauen beginnen zu schreien, nur Sira neben mir ist wie erstarrt. Die Rothaarige scheint ihren Überlebenswillen wiedergefunden zu haben. Sie tobt und versucht, ihre Hände aus den Armmanschetten zu befreien. Sie kämpft so verzweifelt, dass sie sich die Handgelenke aufschürft, aber sie hat keine Chance.

„Keine Gegenwehr“, bellt einer der Typen mit tiefer Stimme uns an. Er löst damit aber nur noch mehr Panik unter den Frauen aus. Plötzlich fangen alle an zu schreien und verzweifelt an ihren Handgelenksmanschetten zu zerren.

Nur Sira und ich sind noch immer wie erstarrt. Einer der Typen nickt den anderen zu, und dann kommen sie auf uns zu. Ich weiß, dass ich mein Ende … im Shuttle bricht die Hölle los. Ein großer Schwarzhaariger zieht seinen Elektroschocker und hält ihn der Rothaarigen an die Schulter. Ihr Kopf schlägt zurück gegen den Sitz, sie reißt die Augen auf, zuckt zusammen, dann kippt ihr Kopf nach vorn und sie ist still.

„Er hat sie umgebracht“, schreit eine der Frauen, bevor sich die große Hand eines Soldaten auf ihren Mund legt. „Keine Gegenwehr …“, fährt er sie an.

Um mich herum verschwimmt alles, als einer der Typen direkt auf mich zukommt. Ich kann sein Gesicht hinter der Maske nicht erkennen, aber als der riesige Kerl sich zu mir herunterbeugt, kann ich seine Augen sehen. Sie sind braun und sie starren mich an.

„Bitte … nicht ...“, schaffe ich es mit piepsiger Stimme zu sagen. Seine riesige Hand kommt auf mich zu. Ich öffne den Mund, um zu schreien und schließe mit meinem Leben ab. Er wird mich umbringen, doch dann höre ich seine Stimme … tief und verzerrt durch die Maske.

„Bleib ruhig … ist besser für dich, Püppchen.“

Ich weiß, nicht warum, aber ich tue, was er sagt. Ohne mich aus den Augen zu lassen, zieht er eine etwa handgroße Kartusche aus seinem Waffengürtel und schnippt einen Hebel mit dem Finger fort. Ein weißes Gas entweicht dampfend und ich presse die Lippen zusammen. Ich will nicht atmen, aber schließlich muss ich es doch tun. Das Letzte, was ich sehe, bevor ich bewusstlos werde, sind seine braunen Augen, die mich noch immer anstarren.

Als ich zu mir komme, blendet mich kaltes weißes Licht. Ich stöhne und schließe die Augen sofort wieder. Mein Kopf schmerzt und mir ist schlecht.

„Das sind die Nebenwirkungen vom Gas. Bleiben Sie noch etwas liegen. Gleich geht es Ihnen besser“, weist mich eine weibliche Stimme an. Sie scheint freundlich … aber das bedeutet nichts. Trotzdem gehorche ich.

Nach einer Weile legen sich Schwindel und Übelkeit etwas, und ich wage erneut, die Augen zu öffnen.

Eine Ärztin sieht mich an. Sie ist jung, nicht viel älter als ich und trägt einen weißen Bodysuit. Ich erkenne nur an ihrem Pulsfrequenzer, dass sie Ärztin ist. „Ich bin Doctor Barner ... Leslie Barner. Sie sind in Sektion A der Forschungsstation von Life Tree auf dem Planeten Terra Alpha.“ Sie hilft mir, mich aufzusetzen und ich nehme meine Umgebung erstmals wahr.

Ein Untersuchungsraum … steril und in weiß gehalten, mit der neuesten Technik ausgestattet. Ich habe auf einer Liege gelegen und bin an einen Vitalfunktionsmesser angeschlossen.

„Keine Sorge … es ist alles in Ordnung. Wir haben nur ein paar Tests durchgeführt, während Sie bewusstlos waren.“

„Was für Tests? Und warum bin ich nicht auf dem Mars?“ Ich verstehe die Welt nicht mehr. Irritiert stelle ich fest, dass ich auch andere Sachen trage. Die hellblaue Gefangenenkleidung wurde gegen eine Art weißes Krankenhaushemd getauscht. Dr. Barner lächelt beruhigend. „Gesundheitstests … Sie sind für das INBREED-Programm von Life Tree geeignet.“

„Was für ein Programm?“

„Ich werde Ihnen alles erklären. Glauben Sie mir … hier zu sein ist besser als auf dem Mars. Sie sind ausgewählt worden. Nicht nur aufgrund Ihrer körperlichen Eignung, sondern auch wegen Ihrer charakterlichen.“

Ich verstehe noch immer nicht, was sie meint. Dr. Barner setzt einen Druckluftinjektor an meinen Oberarm. Ich zucke zurück. „Was ist das?“

„Vitamine und Aufbaustoffe … um den Stress abzubauen.“

Ich muss ihr glauben … was bleibt mir auch anderes übrig. An der gegenüberliegenden Wand sehe ich ein Logo aus blank poliertem Metall … einen Baum, der auf einer Weltkugel steht. Darüber steht „Life Tree“.

Dr. Barner bemerkt meine Blicke. „Life Tree ist ein geheimes Forschungsprojekt von UG … es ist streng geheim.“

„Aber warum bin ich hier? Und wo sind die anderen Frauen?“

Dr. Barner weicht meinem Blick aus und geht nur teilweise auf meine Frage ein. „Wie gesagt, Sie sind hier, weil Sie für das INBREED Programm ausgewählt wurden.“ Sie lächelt aufmunternd und setzt sich mir gegenüber auf einen Stuhl, der ebenso weiß und steril wirkt, wie der ganze Raum – offenbar ist es ihr wichtig, sich Zeit für mich zu nehmen. „Das Life Tree Forschungsteam wurde nur für einen Zweck gegründet – die Erschaffung eines perfekten Kämpfers … eines Soldaten, dessen Sinne und Fähigkeiten alles übertreffen. Eine Elite-Einheit mit dem Namen Master Trooper. Sie haben sie gesehen … im Shuttle.“

Ich starre sie an. Diese Monster, die uns überfallen haben? Als sie die Angst in meinen Augen sieht, legt Dr. Barner eine Hand auf meinen Unterarm. „Keine Sorge … das alles war nur ein Test. Wir mussten wissen, wie Sie in Stresssituationen reagieren. Sie haben sich vorbildlich verhalten und sind ruhig geblieben.“

Ich kann sehen, dass sie überlegt, wie sie mir die nächste Information vermitteln kann, ohne mich in Panik zu versetzen. „Kurz gesagt, Larona … wir wollen, dass Sie ein Kind austragen … von einem unserer Master Trooper.“

Ich öffne den Mund, springe auf und stolpere rückwärts. „Und das soll besser sein als der Mars?“, rufe ich mit piepsiger Stimme.

Sie steht auf und gibt mir ein kaum merkbares Zeichen mit der Hand, mich ruhig zu verhalten. Scheinbar werden wir beobachtet oder zumindest abgehört. Ich weiß nicht, warum, aber mein Überlebensinstinkt sagt, mir, dass ich besser auf sie höre. Allein der Gedanke an die Rothaarige und den Elektroschocker hält mich davon ab, nach Hilfe zu schreien – und natürlich die Tatsache, dass es hier niemanden gibt, der mir helfen würde.

„Sie meinen … künstliche Befruchtung“, zwinge ich mich leise aber gefasst weiterzusprechen.

„Nein … INBREED funktioniert anders. Wir suchen eine passende Frau für einen unserer Master Trooper aus und überlassen den Rest der Natur.“

Meine Unterlippe zittert. Ehe ich losschreien kann, spricht Dr. Barner schon weiter. „Wir haben es mit künstlicher Befruchtung versucht … aber die Ergebnisse waren … nun … nicht optimal. Es liegt an den Genen unserer Master Trooper.“ Erneut sucht sie nach Worten. Kann es denn wirklich noch schlimmer werden?

„Larona … die Genetik unserer Trooper ist zu acht Prozent nicht menschlich.“

Ich knicke ein und bleibe zitternd auf dem Boden sitzen. Sofort wandert der Blick der Ärztin in eine Zimmerecke, und ich erkenne eine Kamera an der Wand. Wir werden also tatsächlich beobachtet. Ein leichtes Kopfschütteln von Dr. Barner signalisiert, dass sie alles im Griff hat. Sie hilft mir auf und führt mich zurück zur Liege, damit ich mich setze.

„Nicht menschlich ...“, flüstere ich.

Sie hält meine Hand. „Acht Prozent ihrer Genetik ist Raubtier-DNA. Es macht sie aggressiver für den Kampf, verbessert ihre Reaktionsgeschwindigkeit und den Muskelaufbau.“

Das habe ich gesehen … ich habe noch nie solche Riesenmonster gesehen, wie diese Typen.

„Ein weiterer Aspekt der nicht menschlichen DNA ist ihr Sexualtrieb.“ Sie räuspert sich. „Die Natur lässt sich in dieser Hinsicht nur schlecht überlisten. Die Anregung durch eine reale Partnerin führt zu besseren Ergebnissen bei der Verpaarung … deshalb machen wir es nun so. Außerdem würde ein unterdrückter Sexualtrieb unweigerlich zu Aggressionen führen … wir hätte Probleme, sie zu kontrollieren.“

Mein Kopf rauscht. Ich wünsche mir, in Ohnmacht zu fallen, und auf dem Mars wieder aufzuwachen. Plötzlich erscheinen mir die Minen nicht mehr so schrecklich wie das alles hier.

„Aber … ich bin ein Mensch … Sie können mich denen doch nicht einfach vorwerfen, wie ein Beutestück ...“

„Es tut mir leid, Larona. Aber mit Ihrer Verurteilung haben Sie Ihre Bürgerrechte verloren. Sie sind Eigentum von UG und für das Life Tree Projekt ausgewählt worden.“ Flüsternd fügt sie hinzu: „Glauben Sie mir … INBREED ist das Beste, was Ihnen hier passieren kann.“

Die Art, wie Dr. Barner mich ansieht, lässt mir einen Schauder über den Rücken laufen. Kurz darauf ist sie wieder ganz die geschäftige Ärztin. „Haben Sie keine Angst. Der Trooper, zu dem sie gebracht werden, ist ein netter Kerl.“

Ein netter Kerl! Hat die sie noch alle? Acht Prozent Raubtier-DNA sprechen eindeutig gegen einen netten Kerl.

Sie steht auf. „Ich werde Ihnen auf dem Weg alles Weitere erklären … auch die Dinge, die sie im Umgang mit einem Trooper beachten müssen.“

Schon wieder starre ich sie an. Das ist ein Albtraum! Das alles kann nicht wahr sein!

Wir haben die Forschungsstation verlassen. Die Ärzte und anderen Mitarbeiter der Station haben mir nur einen kurzen Blick zugeworfen und sich dann weiter mit ihrer Arbeit beschäftigt – Männer und Frauen in weißen Bodysuits. Ich bin unwichtig … ein Teil ihres Forschungsprojektes, das nicht gefragt wird, ob es freiwillig mitmachen will. Das Forschungsgebäude von Life Tree ist aus glänzend verspiegeltem Glas und von einem hohen Elektrozaun umgeben. Zwei Master Trooper in ihren Cargohosen stehen dort Wache und kontrollieren, wer kommt und wer geht. Sie nicken Dr. Barner kurz zu und lassen uns passieren.

Wir steigen in ein Electrocar, das Dr. Barner selber lenkt. Scheinbar hat sie keine Angst vor den hünenhaften Soldaten. Ich wundere mich über die Hitze und die Vegetation des Planeten. Die Straße, die wir entlangfahren, ist von Dschungel umgeben. Früher gab es Gegenden auf der Erde, die ähnlich aussahen. Heute gibt es kaum noch Bäume … nur in einigen Natur- und Klimaparks. Ohne die künstlichen Sauerstoffanlagen könnte kein Mensch auf der Erde überleben.

„Schön nicht …?“, fragt Dr. Barner lächelnd, weil sie meine Gedanken errät. „Wir haben Setzlinge unserer eigenen Erdvegetation angepflanzt. Mittlerweile brauchen wir keine Sauerstoffanlagen mehr.“

„Sie meinen … der Planet lebt?“

Sie nickt. „Terra Alpha ist ein sich selbst versorgendes Ökosystem. Wie es die Erde auch einmal war.“

Zu unserer Linken sehe ich eine Ansammlung von Häusern. Es sind Bungalows, umgeben von Gärten. Das Ganze wirkt fast wie eine Ferienanlage.

„Wir sind fast da.“ Dr. Barner seufzt. „Die Trooper sind vier Monate im Einsatz und haben dann zwei Monate Urlaub. Diejenigen, die für das INBREED-Programm ausgewählt werden, leben in dieser Zeit in diesen Bungalows und bekommen eine Partnerin zugeteilt. Die anderen verbringen ihren Urlaub in Sektion B.“

„Sektion B?“

Sie schüttelt den Kopf. „Unwichtig … wir haben nicht viel Zeit. Sie müssen mir gut zuhören, Larona.“

Ich nicke, weil mir nichts anderes übrig bleibt. Alles, was sie mir sagt, kann überlebenswichtig sein. „Torn macht das nicht zum ersten Mal. Aber Sie dürfen ihn nicht reizen … in Stresssituationen können bei den Troopern nicht menschliche Reaktionen durchbrechen.“

„Stresssituationen?“, frage ich ängstlich.

„Sexuelle Erregung … Verweigerung … es sind immerhin Männer mit einem Teil sehr ursprünglicher DNA … sie verhalten sich einer Partnerin gegenüber dominant.“ Sie sieht mich eindringlich an. „Deshalb der Test im Shuttle … verstehen Sie? Wir wollen jeglichen Stress vermeiden.“

Scheiße! Warum habe ich nicht geschrien und getreten, als ich es noch gekonnt hätte?

Das Electrocar hält vor einem der Bungalows, und Dr. Barner bedeutet mir, auszusteigen.

„Ich werde Sie jetzt im Haus herumführen und dann zu Torn bringen.“

„Torn?“

„So heißt der Trooper, dem Sie zugeteilt wurden.“

Ich habe keine Zeit, mich über den seltsamen Namen zu wundern, und vor allem habe ich andere Sorgen.

Der Bungalow ist von einer Mauer umgeben, aber sie ist nicht besonders hoch. Scheinbar rechnet hier niemand mit einem Fluchtversuch. Das wundert mich nicht … wohin sollte ich auch fliehen? Ich bin überrascht, als wir an einem Swimmingpool vorbeikommen.

„Wir möchten größtmögliche Normalität …“, bemerkt Dr. Barner nebenbei.

„Keinen Stress ...“, murmele ich vor mich hin.

 

„So ist es … die Situation ist nicht einfach … das wissen wir.“

Als wir das Haus betreten, umfängt mich eine angenehme Kühle. Scheinbar gibt es im Bungalow eine Klimaanlage. Ich bin froh, dass ich das Krankenhaushemd nicht mehr trage. Dr. Barner hat mir einen blassgelben Bodysuit gegeben. „Es gibt normale Kleidung für Sie im Haus. Aber wenn Sie das Haus verlassen, müssen Sie den Bodysuit tragen. Die Farben dienen als Erkennungsmerkmal. So wird jeder der anderen Trooper wissen, dass sie Torns Partnerin sind und das akzeptieren.“

„Und das ist nötig?“, frage ich vorsichtig.

Dr. Barner lächelt zuversichtlich. „Es ist besser … hier ist noch nie etwas passiert, aber Regeln erhalten die Zivilisation.“

Zivilisation! Dass ich nicht lache. Sie werfen mich einem Monster zur Begattung vor und nennen das zivilisiert! Ich werde aus Dr. Barner nicht schlau. Sie spricht über diese Vergewaltigung, als wäre es etwas vollkommen Normales. Wie kann eine Frau nur so einen Job machen? Vorhin im Untersuchungsraum von Life Tree habe ich gedacht, dass sie auf meiner Seite wäre. Aber das ist sie nicht. Sie ist nett und doch irgendwie kalt … als ließe sie nicht zu, dass sie das alles berührt.

„Das hier ist Ihr Zimmer“, weist Dr. Barner mich ein, als wir das Haus betreten. Ich bin überrascht. „Ich habe ein eigenes Zimmer?“

Sie zieht eine Braue hoch. „Aber natürlich, Larona. Sie sollen ihn ja nicht heiraten.“

Das alles ist absurd. Und je mehr ich erfahre, desto absurder wird es. Der Bungalow ist mit einer Küche, zwei Schlafzimmern, Wohnraum und Fitnessraum ausgestattet. Alles ist modern und sehr sauber, die Küche in Weiß gehalten … Solarinduktionsherd, Kühlschrank … wie kann es so verdammt normal aussehen … so als würde ein glückliches Pärchen hier wohnen?

„Das ist das Bad … hier gibt es eine Besonderheit“, holt mich Dr. Barner aus meinen Gedanken. Sie führt mich zu einem Screener an der Wand. „Sehen Sie den roten Punkt?“

Ich nicke.

„Legen Sie Ihren Finger darauf.“

Wieder gehorche ich. Kaum liegt mein Finger auf dem roten Punkt, fährt blitzschnell eine winzige Nadel daraus hervor, und sticht mir in den Finger.

„Au ...“, rufe ich und ziehe den Finger zurück. Ein Tropfen Blut quillt hervor.

Screening negativ …, tönt eine weibliche Computerstimme aus dem Screen.

„Das machen Sie jeden Samstagmorgen. Die Daten des Screenings werden automatisch das Labor übermittelt.“

Ich sehe sie fragend an.

„Ein Schwangerschaftstest, Larona“, klärt mich Dr. Barner auf.

„Und … wenn er positiv ist?“

Sie lächelt, aber nur sehr kurz. „Dann gibt es keinen Grund mehr, dass Sie hierbleiben.“

Ich nicke. Wenigstens etwas. Vielleicht geht es ja schnell … auch wenn ich gar nicht darüber nachdenken will, von einem dieser Monster ein Kind auszutragen.

Als wir in die Küche zurückkehren, erstarre ich.

„Oh, Hallo Torn. Ich habe mich schon gefragt, wo du bleibst. Dein Einsatz im Außenbereich war sehr erfolgreich, wie ich gehört habe. Das hier ist Larona … deine neue Partnerin.“ Sie schiebt mich in die Küche, genau auf den muskulösen Riesen zu. Seine Augen starren mich an, und ich spüre, wie ich unter seinen erdrückenden Blicken zu einem Häufchen Elend zusammenschrumpfe. Der Typ ist fast zwei Meter groß und hat Arme wie andere Männer Oberschenkel. Er trägt noch die Einsatzkleidung der Trooper, wie ich sie schon aus dem Shuttle kenne. Cargohosen und ein schwarzes Shirt. Er hat braunes kurzes Haar, ein männlich markantes Kinn und ein gut geschnittenes Gesicht. Tatsächlich könnte man ihn als attraktiv bezeichnen, wenn man auf riesige Monsterkerle mit Raubtiergenen steht. Wenigstens den Waffengürtel scheint er abgelegt zu haben, aber das macht ihn nicht weniger bedrohlich. Seine Hände sind riesig, und ich stelle mir vor, wie er mich damit packt, auf das Bett wirft und …

„Tag Dr. Barner“, unterbricht seine tiefe Stimme meine panischen Gedanken. „Der Einsatz in den Außengebieten war erfolgreich … mindestens zwanzig der Crawler, die versucht haben, Sektion B anzugreifen, haben wir erwischt.“

Dr. Barner nickt, legt aber scheinbar Wert darauf, schnell das Thema zu wechseln. Ich frage mich, was Crawler sind, doch als der Trooper mich erneut mustert, schmelzen alle meine Gedankengänge erneut zu einem brodelnden Klumpen Angst zusammen. Ich will nicht mit ihm alleine bleiben … ich will nicht, dass Dr. Barner geht!

„Schön ...“, antwortet Dr. Barner, und ich kann spüren, dass sie es eilig hat. „Sei nett zu deiner neuen Partnerin, Torn.“

„Bin ich doch immer, Doc“, antwortet er, wiederum, ohne mich aus den Augen zu lassen. Ich spüre, wie meine Augen feucht werden und meine Unterlippe zittert. Wahrscheinlich malt er sich in diesem Augenblick aus, was er gleich mit mir anstellen wird – sobald Dr. Barner fort ist.

Dr. Barner schenkt mir ein aufmunterndes Lächeln. In diesem Moment habe ich wieder das Gefühl, dass sie auf meiner Seite ist. „Wir sehen uns wieder, Larona.“

„Dr. Barner … ich ...“

„Ja …?“, fragt sie, und mir bleiben die Worte in der Kehle stecken, als dieser monströse Trooper mir eindeutige Blicke zuwirft. Er will, dass ich ruhig bin. Niemals einen Master Trooper reizen …, erinnere ich mich an Dr. Barners Lektion.

„N … nichts ...“, stottere ich.

Sie lächelt ein letztes Mal, dann stehe ich mit dem Hünen allein in der Küche.

„Ich … heiße Larona“, bringe ich mit piepsiger Stimme heraus und kann sehen, wie er bei meinen Worten die Armmuskeln anspannt. Als würde ihn allein die Tatsache, dass ich ihn anspreche, schon wütend machen.

„Das weiß ich ...“, antwortet er mehr als unfreundlich mit seiner tiefen Stimme, dann knallt er die Tür des Kühlschranks zu, dass die gesamte Küche zittert. Ich zucke zusammen. Oh Gott! Was habe ich denn getan? Am liebsten würde ich mich in einer Ecke verkriechen. Was, wenn er mich packt und gleich hier auf dem Boden über mich herfällt?

Doch anstatt über mich herzufallen, dreht der Monstertyp sich um und lässt mich stehen. Ich starre auf seinen breiten Rücken und bin kurz davor, mir in die Hose zu machen.

„Ich muss trainieren … und im Trainingsraum brauche ich meine Ruhe. Also komm nicht rein …“

Ich nicke, obwohl das total dämlich ist. Er hat mir ja den Rücken zugewandt und sieht mich nicht. Plötzlich dreht er sich um und fährt mich an. „Hast du verstanden, was ich gesagt habe?“

„Ja ...“, piepse ich zurück. Ich meine ein zufriedenes Knurren von ihm zu hören, dann verschwindet er hinter der Tür zum Trainingsraum.

Sie haben die kostenlose Leseprobe beendet. Möchten Sie mehr lesen?