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La San Felice Band 6

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»General, « sagte die Königin, »Sie haben in Mr. Dick einen kostbaren Mann, den ich Ihnen wahrscheinlich früher oder später abverlangen werde.«

»Dieser Tag, Madame,« antwortete Acton, »wird der sein, an welchem eine und meine innigsten Wünsche in Erfüllung gehen. Was befehlen Euer Majestät mittlerweile?«

»Komm,« sagte die Königin zu Emma Lyonna. »Es gibt Dinge, welche man mit eigenen Augen sehen muß.«

Zehntes Capitel.
Die Sage vom Berge Cassino

An demselben Tage und zu derselben Stunde, wo die Thür des geheimen Ganges sich vor der Königin öffnete, und wo Emma Lyonna ihrem gegebenen Versprechen gemäß als Romanheldin sich in diesen unterirdischen Raum wagte, während Richard oder Dick ihr mit einer Fackel voranschritt, ritt ein junger Mann zu Pferde den Berg Casino hinauf, welchen man gewöhnlich nur zu Fuße oder mit Hilfe eines Maulthieres ersteigt.

Sei es nun, daß er zu dem sichern Gang seines Thieres oder in seine Führung desselben volles Vertrauen setzte, oder sei es, daß er an die Gefahr gewöhnt und diese ihm gleichgültig geworden war, kurz er war zu Pferde von San Germano aufgebrochen und hatte trotz der Bemerkungen, die man über seine schon in Bezug auf das Hinaufreiten große Unklugheit, die beim Herabreiten noch gefährlicher werden mußte, gemacht, den steinigen Pfad eingeschlagen, der nach dem vom h. Benedictus gegründeten Kloster führt, welches die höchste Kuppe des Berges Casino krönt.

Unter ihm breitete sich das Thal aus, in welchem sich, um sich später bei Gaëta ins Meer zu ergießen, der Garigliano hinschlängelt, an dessen Ufern Gonzalvo von Core dova im Jahre 1503 die Franzosen schlug.

Jetzt konnte der Reiter in Folge eines seltsamen Glückwechsels, so wie er weiter hinaufkam, die Bivouacs der französischen Armee unterscheiden, welche nach dreihundert Jahren durch den Sturz der spanischen Monarchie die Niederlage Bayards zu rächen kam, die für ihn fast eben so glorreich gewesen als ein Sieg.

Bald zu einer Rechten, bald zu einer Linken, je nach den Zickzacks, welche der Weg machte, hatte er die Stadt San Germano mit ihrer alten, jetzt in Trümmern liegenden Festung, die auf der Stelle erbaut worden, wo das alte Cassinum der Römer gestanden und die eben so wie die Stadt, welche davon beherrscht ward, diesen Namen bis zum Jahre 844 trug, der Zeit, wo Lothar, der erste König von Italien, nachdem er sich in dem Herzogthume Benevento und Calabrien, von wo er die Saracenen vertrieben, festgesetzt, der Erlöserkirche einen Finger des h. Germanus Bischofs von Capua, zum Geschenk machte.

Diese kostbare Reliquie gab der italienischen Stadt den Namen des Heiligen und der übrige Theil des Körpers, welcher nach Frankreich in das Benedictinerkloster, das man im Walde von Ledia erbaute, geschickt ward, gab diesen selben Namen der französischen Stadt, in welcher Heinrich der Zweite, Carl der Neunte und Ludwig der Vierzehnte geboren worden. Wir meinen die Stadt Saint-Germain en Laye – Sanctus Germanus in Ledia.

Der Monte Cassino, welchen in diesem Augenblicke jener unvorsichtige Reiter hinaufritt und der, wie man sieht, den Namen nicht geändert, sondern sich begnügt hat, das Wort Cassinum zu italienisieren, ist der heilige Berg der Terra di Lavoro.

Hierher flüchteten sich die großen moralischen Schmerzen und das große politische Unglück. Carloman, Bruder Pipin‘s des Kleinen, ruht hier in seiner Gruft; Gregor der Siebente machte hier Halt, ehe er nach Salerno ging, um dort zu sterben. Drei Päpste waren Aebte dieses Klosters – Stephan der Neunte, Victor der Dritte und Leo der Zehnte.

Im Jahre 497 zog sich der im Jahre 480 geborene heilige Benedictus, angewidert von dem Schauspiel der Sittenverderbniß in Rom, nach Sublaqueum, heutzutage Subiaco, zurück, wo der Ruf einer Tugend ihm zahlreiche Schüler zuführte und später schwere Verfolgungen zuzog. Im Jahre 529 verließ er das Land, machte in Cassinum Halt und beschloß, als er den die Stadt beherrschenden Berg sah, vielleicht weniger, um sich dem Himmel zu nähern, als vielmehr sich über die Dünste zu erheben, womit der Garigliano das Thal bedeckt, auf dem höchsten Punkte dieses Berges ein Mönchskloster eines Ordens zu gründen.

In Ermanglung der Geschichte, welche uns hier verläßt, erlaube man uns, die Sage zu Hilfe zu rufen.

Der heilige Benedictus, welcher damals noch schlechtweg Benedict hieß, war nicht sobald auf dem Gipfel des genannten Berges angelangt, als er auch die Schwierigkeit einsah, mit welcher der Transport der nothwendigen Baumaterialien bis zu einer solchen Höhe verbunden sein würde.

Er kam deshalb auf den Einfall, sich bei dieser Arbeit durch den Satan helfen zu lassen.

Der Satan hatte den heiligen Benedictus oft versucht, aber dieser hatte sich niemals überwinden lassen.

Es war aber nicht genug, daß man sich vom Satan nicht hatte überwinden lassen; um ihm Gesetze geben zu können, mußte man ihn überwunden haben.

Es galt sonach, den Teufel in eine Lage zu versetzen, wo er nichts verweigern konnte.

Sei es nun durch eigenes Nachdenken, oder sei es durch himmlische Eingebung – kurz, eines Morgens glaubte der heilige Benedictus gefunden zu haben, was er suchte. Er ging nach Cassinum hinunter und trat in die Werkstatt eines wackern Schlossers, von dem er wußte, daß er ein guter Christ war, denn er hatte ihn selbst erst vor einer Woche getauft.

Diesem befahl er, ihm eine Zange zu machen.

Der Schlosser bot ihm eine sehr schöne, bereits fertige an, der heilige Benedictus dankte jedoch dafür.

Er wollte nämlich eine ganz besondere Zange mit zwei Haken an der Stelle, wo die Spitzen zusammentreffen. Er weihte das Wasser, in welchem der Schlosser ein glühendes Eisen härten wollte, und empfahl ihm vor allen Dingen seine Arbeit nie zu beginnen oder zu beenden, ohne das Zeichen des Kreuzes gemacht zu haben.

»Wünscht Ihr, daß ich Euch die Zange bringe, wenn sie fertig ist?« fragte der Schlosser.

Der heilige Benedictus bewohnte nämlich, bis sein Kloster erbaut sein würde, eine Grotte, welche noch heute auf der Höhe des Monte Cassino von den Gläubigen als die Wohnung des Heiligen verehrt wird.

»Nein,« antwortete der heilige Benedictus, »ich werde sie selbst holen. Wann wird sie fertig sein?«

»Uebermorgen, Mittag.«

»Gut, übermorgen denn.«

An dem bestimmten Tage, zur bestimmten Stunde trat der heilige Benedictus in die Werkstatt des Schlossers und in zehn Minuten kam er wieder heraus und trug in seinen Händen die Zange, die er aber sorgfältig unter seinem Mantel verbarg.

Es vergingen wenig Nächte, wo, während der heilige Benedictus in seiner Grotte die Kirchenväter las, der Teufel nicht entweder zur Thür oder zum Fenster hereinkam und den frommen Mann auf tausenderlei verschiedene Weise in Versuchung zu führen bemüht war.

Der heilige Benedictus setzte einen Pact folgenden Inhaltes auf:

»Im Namen des allmächtigen Herrn, Schöpfers des Himmels und der Erde und Jesu Christi, seines einzigen Sohnes:

»Ich, Satan, wegen meiner Empörung vom Himmel verworfener Erzengel, mache mich verbindlich, seinem Diener, dem heiligen Benedictus, mit aller meiner Macht das Kloster, welches er auf der Höhe des Berges Cassinum errichten will, bauen zu helfen, indem ich die Steine, die Säulen, die Balken und mit einem Worte alle zur Erbauung des genannten Klosters erforderlichen Bestandtheile hinauschaffe und pünktlich und redlich allen Befehlen gehorche, welche er mir ertheilen wird.

»Im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen.«

Benedictus legte das Papier zusammengefaltet, mit der Feder und dem Tintenfaß, dessen er sich bedient, auf den Tisch.

Denselben Abend traf er seine Zurüstungen und wartete dann ruhig.

Diese Zurüstungen bestanden darin, daß er das äußerste Ende der geweihten Zange ins Feuer legte und glühend machte.

Man hätte aber meinen sollen, der Satan habe geahnt, daß man ihm eine Schlinge gelegt, denn er ließ drei Tage oder vielmehr drei Nächte auf sich warten.

In der vierten Nacht kam er endlich und zwar während eines Unwetters, welches die ganze Schöpfung über den Haufen werfen zu wollen schien.

Trotz des unaufhörlich krachenden Donners und trotz des Leuchtens der Blitze that der heilige Benedictus, als ob er schliefe.

Er schlief aber nur mit einem Auge in der Nähe seines Feuers und so, daß er die Zange bequem erreichen konnte. Er stellte sich so gut schlafend, daß der Satan sich dadurch täuschen ließ.

Dieser näherte sich auf den Spitzen seiner Krallen und streckte den Hals über die Schulter des Heiligen.

Darauf wartete der heilige Benedictus eben. Rasch ergriff er die Zange und packte den Teufel damit geschickt an der Nase.

Hätte der Satan blos mit einer gewöhnlichen Zange zu thun gehabt, so hätte er, möchte dieselbe so glühend gewesen sein, als sie wollte, darüber gelacht; aber es war, wie man sich erinnert, eine Zange, die unter Gebet geschmiedet und in geweihtem Wasser gehärtet worden. Als der Satan sich gepackt fühlte, begann er rechts und links zu hüpfen, dem heiligen Benedictus das Feuer ins Gesicht zu blasen und ihm mit seinen Krallen zu drohen. Bei der Länge der Zange hatte aber der fromme Mann nichts zu fürchten, und je mehr der Satan hin- und hersprang, je mehr er Feuer und Flammen spie, je mehr er dem heiligen Benedictus drohte, desto fester drückte dieser mit der einen Hand die Zange zusammen und machte mit der andern das Zeichen des Kreuzes.

Satan sah, daß er es mit einem Stärkeren als er zu thun hatte, daß Gott der Bundesgenosse des Heiligen war, und er wünschte zu kapitulieren.

»Gut,« sagte der heilige Benedictus, »mir ist es auch recht. Lies das Pergament, welches auf dem Tische liegt, und unterschreib es.«

»Wie, fragte der Satan, »soll ich lesen, während mir eine Zange zwischen beide Augen gehalten wird? Gaëta

 

»Lies mit einem Auge.«

Der Satan mußte thun, was der fromme Einsiedler begehrte, und las, furchtbar schielend, das Pergament.

Wenn der Satan sich einmal gefangen sieht, so ist er ein guter Teufel und zeigt sich gewöhnlich sehr fügsam. Es gilt dann blos, daß man die Gelegenheit zu benutzen verstehe.

Nachdem er das Pergament gelesen, sagte er:

»Wie willst Du, daß ich unterzeichne? Ich kann ja nicht schreiben.«

»Nun, dann mache dein Kreuz,« antwortete der Heilige.

Bei diesen Worten: »Mache dein Kreuz« that der Satan einen solchen Satz, daß er ohne die Haken, welche der Heilige Sorge getragen, an der Spitze der Zange anbringen zu lassen, seine Nase aus dem Schraubstock, in welchen sie geklemmt war, herausgerissen haben würde.

»Wohlan,« sagte der Satan, »ich glaube, das Kürzeste ist, zu unterzeichnen.«

Und er ergriff die Feder.

»Jetzt,« sagte der Heilige, »gilt es die Sache regelmäßig zu besorgen. Beginnen wir mit Monatstag und Jahreszahl. Besonders, setzte der Heilige hinzu, »wollen wir leserlich schreiben, damit sich keine Zweideutigkeit herausstelle.«

Der Satan schrieb mit sehr schöner Handschrift: »Am 24. Juli des Jahres 529.«

»So ist es geschehen,« sagte er.

»Nur keine Faulheit,« entgegnete der Heilige. »Setzen wir hinzu: Unsers Herrn Jesu Christi.«

Der Satan stand im Begriff zu unterschreiben, der heilige Benedictus that ihm aber Einhalt.

»Noch einen Augenblick, sagte er. »Attestieren wir die Schrift.«

Der Satan sah sich seufzend gezwungen zu schreiben, aber endlich schrieb er:

»Die obige Schrift wird hiermit attestiert.«

»Und nun unterschreibe,« sagte der Heilige.

Der Satan hätte gern eine neue Ausflucht gemacht, aber der Heilige drückte die Zange noch schärfer zusammen als bisher, und Satan, um der Sache ein Ende zu machen, beeilte sich, seinen Namen zu schreiben.

Der Heilige überzeugte sich, daß von den fünf Buchstaben keiner fehlte, daß der Schnörkel beigefügt war, befahl dem Satan, das Pergament vierfach zusammenzubrechen, und legte dann seinen Rosenkranz darauf.

Dann öffnete er die Zange.

Mit einem einzigen Satze flog der Satan zur Grotte hinaus. Drei Tage lang verheerte ein fürchterlicher Sturm die Abruzzen und machte sich bis nach Neapel fühlbar. Der Vesuv, der Stromboli und der Aetna warfen Flammen aus. Da jedoch dieser Sturm vom Satan und nicht vom Herrn ausging, so erlaubte der Herr nicht, daß dadurch ein Mensch oder irgend ein anderes lebendes Geschöpf umkam.

Kaum hatte das Unwetter sich beruhigt, so ließ der heilige Benedict einen Architekten rufen.

Der Heilige ward, obschon er noch nicht canonisiert war, doch in dem ganzen Lande schon so verehrt, daß schon am nächstfolgenden Tag ein Architect herbeigeeilt kam.

Der Heilige setzte ihm auseinander, was er wünschte und zeigte ihm den Platz, auf welchem er ein Kloster erbauen wollte.

Es war dieses, wie wir schon gesagt haben, der höchste Punkt des Berges. Zu jener Zeit gelangte man dahin mittelt eines schmalen Steiges, den die Ziegen gebahnt.

Trotz der großen Ehrerbietung gegen den Heiligen konnte der Baumeister sich doch nicht des Lachens enthalten.

Der fromme Mann fragte ihn nach der Ursache seiner Heiterkeit.

»Von wem wollt Ihr denn die Baumaterialien bis hier herauschaffen lassen?« fragte der Architect.

»Das ist meine Sache,« antwortete der Heilige.

Da derselbe weite Reisen gelacht hatte, so glaubte der Baumeister, er habe vielleicht im Orient gewisse dynamische Mittel kennen gelernt, welche früher nur den Egyptern bekannt waren, die, wie man weiß, für die größten Mechaniker des Alterthums galten, und da der fromme Einsiedler von dem Baumeister weiter nichts verlangte als eine Zeichnung, so entwarf er ihm dieselbe auf der Stelle.

Am nächstfolgenden Tage citierte der heilige Benedictus, mit seinem Pact in der Hand, den Satan.

Der Satan kam herbeigeeilt.

Der heilige Benedictus hatte Mühe, ihn wieder zu erkennen, denn der Satan hatte vor Wuth die Gelbsucht bekommen, und seine Nase war so roth wie eine glühende Kohle.

In der Regel erfüllt der Satan, wenn er eine Verbindlichkeit einmal übernommen hat, dieselbe auch treulich. In dieser Beziehung muß man ihm Gerechtigkeit widerfahren lassen.

Der Heilige gab ihm das Verzeichniß der verschiedenen Materialien, deren er bedurfte, und der Satan rief ungefähr zwanzig seiner flinksten Teufel, welche sich augenblicklich an die Arbeit machten.

Der vom Heiligen gewählte Ort befand sich in der Nähe eines Waldes und eines dem Apollo geweihten Tempels. Der Heilige befahl daher dem Satan vor allen Dingen, den Wald anzuzünden. Der Satan rieb sich mit der Nase an einem harzigen Baum und dieser, der sich sofort entzündete, theilte die Flammen dem ganzen Walde mit.

Hierauf befahl der Heilige dem Satan, den heidnischen Tempel verschwinden zu lassen, jedoch mit Ausnahme einiger sehr schönen Säulen, welche er für die Kirche seines Klosters reservierte.

Der Satan nahm die Säulen eine nach der andern auf die Schulter und trug, damit kein Schaden daran geschehe, sie selbst an den von dem Heiligen bezeichneten Ort; dann blies er auf den noch übrigen Theil des Tempels und derselbe verschwand.

Der Heilige, der sich mit einem Hammer bewaffnet, schlug mittlerweile die Bildsäule des Gottes in Stücke.

Dank der Mitwirkung des Satans ward das Kloster sehr rasch erbaut. Wenn man den Antheil, welchen der Teufel an diesem Werke hatte, bezweifeln sollte, so verweisen wir die Ungläubigen auf die Fresken von Giordano, vielleicht das Meisterwerk dieses Künstlers, weil er es nach seiner Rückkehr aus Spanien, das heißt während der schönsten Entfaltung eines Talents, ausführte, und welche den Fürsten der Hölle und seine vornehmsten Minister vorstellen, wie sie eben, obschon mit großem Widerwillen, beschäftigt sind, das Kloster des heiligen Benedictus zu erbauen.

Das erste von dieser wunderbaren Macht, welche der heilige Benedictus über den Dämon errungen, erbaute Kloster stand in seinem Glanze und der heilige Benedictus, der jetzt sechzig Jahre zählte, in einem ganzen Ruhme da, als Totila, König der Gothen, welcher viel von dem heiligen Gründer sprechen gehört, auf den Einfall kam, ihn zu besuchen.

Da die Gothen auch noch nicht Christen waren, so war es die Neugier und nicht der Glaube, welche Totila nach dem Berge Cassinum führte. Er beschloß daher, sich selbst zu überzeugen, ob der Mann, welchem er einen Besuch abzustatten gedachte, in der Gnade Gottes hoch genug stünde, um eine Verkleidung zu durchschauen. Er legte deshalb die Kleider eines seiner Diener Namens Riga an, gab diesem die einigen und stieg unter der Menge verloren, nach dem Kloster hinauf, in der Hoffnung, den heiligen Benedictus auf diese Weise zu täuschen.

Von dem bevorstehenden Besuche des Königs unterrichtet, ging der heilige Benedictus ihm entgegen, und als er Riga, welcher mit dem königlichen Mantel bekleidet und mit der Krone auf dem Kopfe an der Spitze des Zuges einherschritt, von Weitem erblickte, rief er ihm zu:

»Mein Sohn, leg‘ dieses Gewand ab, denn es kommt Dir nicht zu!«

Bei dieser Anrede, welche bewies, daß der Geist Gottes mit seinem Diener war, sank Riga, von Reue und Demuth erfüllt, auf die Knie nieder und sämtliche Andern, selbst der König, ahmten ihm nach.

Der heilige Benedictus ging, ohne sich bei irgendeinem Andern aufzuhalten, gerade auf Totila zu und hob ihn auf.

Dann, nachdem er ihm Vorwürfe über seine Ausschweifungen und Sittenlosigkeit gemacht, ermahnte er ihn, sich zu bessern, prophezeite ihm, daß er Rom erobern, nachdem er es erobert, neun Jahre regieren und dann sterben würde.

Totila entfernte sich ganz zerknirscht und versprach, sich zu bessern.

Ungefähr zu derselben Zeit, das heißt am 12. Februar 543, starb die heilige Scholastica, die Zwillingsschwester des heiligen Benedictus. Der Heilige, welcher sich eben betend in seinem Oratorium befand, hörte einen Seufzer, hob die Hände zum Himmel empor und sah, da das Dach offen war, eine Taube vorüberfliegen, welche zum Himmel emporstieg.

»Das ist die Seele meiner Schwester!« rief er freudig. »Dank und Preis sei dem Allerhöchsten!«

Dann rief er seine Mönche, meldete ihnen die frohe Nachricht und alle gingen singend und zum Zeichen der Freude grüne Zweige und Blumen in den Händen haltend, den Körper zu holen, aus welchem die Seele in der That entflohen war, und begruben sie in der für die Heilige und ihren Bruder schon bereiteten Gruft.

Das nächstfolgende Jahr – andere Chronisten jagen dasselbe Jahr – am 21. März, ging der h. Benedictus selbst aus dem Leben sanft und schmerzlos in ein anderes ein und setzte sich, reich an Jahren, an Ruhm und Wundern, zur rechten Hand des Herrn.

Sein Körper ward neben der Leiche der heiligen Scholastica in dieselbe Gruft gebettet.

Der heilige Benedictus war zu Norcio in Umbrien geboren. Er stammte aus der edlen Familie der Guardati. Seine wegen ihrer himmlischen Liebe und Wohlthätigkeit bekannte Mutter ward mit ihm und seiner Schwester zugleich unter dem Namen der heiligen Abundantia heiliggesprochen.

Die Mutter und die Schwestern aller jener großen Heilgen aus der Verfallzeit Roms und aus dem Mittelalter, deren Homer der Dichter Dante war, sind beinahe alle ebenfalls heilig, und, auf ihre Söhne und ihre Brüder gestützt, haben diese Frauen, die Genossinnen ihres Lebens, Theil an der Verehrung, die letztern erwiesen wird.

So erscheint neben dem heiligen Augustin die heilige Monica und neben dem heiligen Ambrosius die heilige Marcellina.

Das von dem heiligen Benedictus erbaute Kloster ward – ohne Zweifel, nachdem der Satan die Oberhand gewonnen – im Jahre 808 von seinen Bundesgenossen, den Saracenen, niedergebrannt. Schon im Jahre 589 war es von den Lombarden geplündert worden, und war zur Zeit der Normannen eine förmliche Festung.

Die Aebte, welche schon damals den Bischofstitel führten, nahmen nun den eines ersten Barons des Königreichs an, welchen sie noch bis auf den heutigen Tag tragen.

Auf die Barbaren folgten Erderschütterungen und warfen das Kloster aus seinen Fundamenten, zum ersten Mal im Jahre 1349 und zum zweiten Mal im Jahre 1649.

Urban der Fünfte, Wilhelm von Grimuard, in Avignon erwählt, der aber das Papstthum nach Rom zurückführte, ein frommer, gelehrter und mit Kunstsinn begabter Papst, der Freund Petrarcas und der von der Tiara in einem Benedictinerkloster aufgesucht ward, trug viel zum Wiederaufbau des heiligen Klosters bei.

Man kennt die Dienste, welche durch die fleißigen Jünger des heiligen Benedictus in Frankreich der Geschichte geleistet worden sind.

Auf dem Berge Caffino wurden von ihnen die größten Autoren des Alterthums bewahrt.

Im neunten Jahrhundert ließ der Abt Desiderio, aus dem Hause der Herzoge von Capua, durch eine Mönche den Horaz, den Terenz, den Ovid und die Idyllen des Theokrit abschreiben.

Ueberdies ließ er aus Constantinopel Mosaikkünstler kommen, welche man zur Zahl derer rechnen muß, welche die Kunst in Italien wieder aufblühen ließen.

Der Weg, welcher sich an den Seiten des Berges, auf welchem das Kloster erbaut ist, hinaufschlängelt, ward von dem Abt Ruggi angelegt. Er ist mit großen Steinplatten von verschiedener Größe, gleich denen der antiken Straßen, belegt – Steinplatten, wie man sie auf der Via Appia findet, welche die Römer die Königin der Straßen nannten, und welche in einer Entfernung von zwei Meilen von hier vorüberführt.

Der Weg, welchen der Reiter verfolgte, ist es, was zu dieser archäologischen Abschweifung Anlaß gegeben hat. In einen großen Mantel gehüllt kümmerte der Reiter sich wenig um die Gewalt des Windes, der ruckweise wehend zuweilen sich plötzlich legte, um die ihn begleitenden starken Regengüsse herabströmen zu lassen.

Dazu, und obschon man im Monat December stand, donnerte und blitzte es wie in der Nacht, wo der Satan sich so zu seinem Nachtheil in die Grotte des heiligen Benedictus wagte.

War der Regen vorüber, so erhob sich der Wind von Neuem, und wälzte schwere Wolkenmassen so dicht über die Erde hinweg, daß der Reiter darin verschwand, um an einer lichten Stelle wieder zum Vorschein zu kommen und zwar ohne daß Regen, Donner, Blitze und Wolken Gewalt über ihn geäußert oder ihn bewogen hätten, von dem Augenblick seines Aufbruchs an den Schritt seines Pferdes zu beschleunigen oder zu verzögern.

Nach einem dreiviertelstündigen Ritt auf dem Gipfel des Berges angelangt, verschwand er ein letztes Mal, nicht in den Wolken, sondern in der Grotte, welche, wie die Sage behauptet, dem heiligen Benedictus zur Wohnung gedient, und sah sich, als er wieder zum Vorschein kam, dem riesigen Kloster gegenüber, welches, sich von dem grau und schwarz marmorierten Himmel abhebend, mit der imposanten Majestät unbeweglicher Dinge vor ihm emporragte.