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La San Felice Band 14

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Nachtrag

Im Laufe der Veröffentlichung des historischen Romans, welchen man soeben gelesen, ward von der Tochter der unglücklichen Luisa San Felice der nachstehende Brief an den Redacteur des Journals »l’Indipendente« gerichtet, welches Herr Alexander Dumas in Neapel herausgibt, und in welchem eine italienische Uebersetzung des vorliegenden Romans erschienen ist. Wir theilen diesen Brief hier eben so mit wie die von Herrn Dumas darauf gegebene Antwort, und sind überzeugt, daß diese beiden Documente mit großem Interesse gelesen werden.

Die Verleger.

»An den Herrn Redacteur des »Indipendente« im Neapel.

»Herr Redacteur!

»Als Tochter von Luisa Molina San Felice, welche zur Heldin eines Romanes gewählt worden, den Herr Dumas in dem »Indipendente« veröffentlicht, fühle ich die doppelte Pflicht, die eigentliche Herkunft meiner Mutter zu constatieren, und noch einige andere Ungenauigkeiten zu berichtigen, die in einem Romane vorkommen, welcher historisch sein will, während doch die Geschichte niemals das Alter oder die wesentlichen Umstände der Personen fälscht, welche sie zu schildern unternimmt. Wenn ich dieser Pflicht ein wenig spät genüge, so liegt der Grund darin, daß ich ein zurückgezogenes Leben führe und mich mit der Lektüre von Journalen fast gar nicht befasse.

»Wissen Sie daher, und ich kann es Ihnen durch Documente beweisen, daß meine Mutter Luisa die Tochter von Signor Pietro Molina und seiner Ehegattin Camillo Salinero war. Sie ward geboren am 28. Februar 1764 in einem zu dem Kirchspiel Santa Anna di Palazzo gehörigen Hause, wo sie auch getauft ward. Signor Andrea delli Monti San Felice, der Gatte meiner Mutter, war am 31. März 1763 im Kirchspiel San Liborio geboren und hier auch getauft. Es bestand daher zwischen ihm und seiner Gattin nicht jene große Ungleichheit des Alters, welche der historische Romandichter erwähnt, und die Vermählung ward am 29. September in der Kirche San Marco di Palazzo vollzogen.

»Luisa Molinas Aussteuer betrug übrigens nicht fünfzigtausend Ducati, wohl aber gaben ihre Aeltern ihr eine von sechstausend Ducati, wie aus dem von dem Notar Donato Cervelli aufgesetzten Ehecontract hervorgeht.

»Diese Aufschlüsse würden Herrn Dumas zum Zweck, dem Andenken meiner Mutter eine Verleumdung zu ersparen – denn die Veröffentlichung des Romanes kann ich in Folge der Preßfreiheit nicht verhindern – ertheilt worden sein, wenn er sie verlangt hätte, wogegen er sich, ganz im Widerspruch mit der Wahrheit, in der Geschichte der Bourbons von Neapel Seite 120 und 121 begnügt zu versichern, er sei bei mir gewesen, aber ich hätte meine Mutter verläugnet und ihm jeden Aufschluß verweigert.

»Haben Sie daher die Güte, diesen Brief zu veröffentlichen und in der Ausgabe, welche Sie von dem Roman veranstalten, eine für meine Familie durchaus nicht ehrenwerthe Herkunft, ein durch die Geburtsurkunden widerlegtes Alter und eine geradezu erdichtete Aussteuer zu berichtigen. Die Loyalität, mit welcher Sie zu Werke gehen, gibt mir die Ueberzeugung, daß Sie alle diese Berichtigungen bewirken werden, und ich sage Ihnen im Voraus dafür meinen Dank.

»Ihre ganz ergebene

»Maria Emmanuela delli Monte San Felice.
»Neapel, am 25. August 1864.«

Die Antwort des Herrn Alexander Dumas auf diesen Brief lautet folgendermaßen:

»Signora!

»Wenn ich mich in dem Roman: »Die San Felice« kraft der Vorrechte des Romandichters von der materiellen Wahrheit entfernt habe, um in das Gebiet des Idealen hinüberzustreifen, so bin ich dagegen in meiner Geschichte der Bourbons von Neapel, so viel es mir möglich gewesen, jenem geheiligten Pfad des Wahren gefolgt, von welchem der Geschichtsschreiber unter keinem Vorwand abweichen darf.

»Ich sage, so viel es mir möglich gewesen, denn Neapel ist die Stadt, wo es am leichtesten ist, sich zu verirren, wenn man die Wahrheit zu ermitteln bestrebt ist und ihren Spuren zu folgen versucht. Deshalb hatte ich mir auch vorgenommen, mich direct an Sie zu wenden, weil Sie als Tochter des unglücklichen Schlachtopfers des Königs Ferdinand mir das meiste Interesse daran zu haben schienen, daß zum ersten Male Licht in diese finstere, blutige Angelegenheit gebracht werde. Ich versuchte damals zu Ihnen zu gelangen, Signora, aber es war mir unmöglich. Ich beauftragte einen Freund, Ihren Landsmann M. F., meine Stelle zu vertreten. Er hatte die Ehre Ihnen zu sagen, zu welchem Zwecke er Sie zu sprechen wünschte und was der Aufschluß beträfe, den er von Ihnen zu erlangen suchte. Er erhielt jedoch, wie er mir versichert, von Ihnen eine Antwort, die in Bezug auf das Andenken Ihrer Frau Mutter einen solchen Mangel an Ehrerbietung verrieth, daß ich trotz seiner Versicherung nicht glauben kann, diese Antwort sei wirklich von Ihnen gegeben worden. Ich beschloß daher mit einigen Zeitgenossen der Märtyrerin zu sprechen und zu den in den Werken von Coletta, von Cuoco und einigen anderen Historikern enthaltenen Aufschlüssen die hinzuzufügen, welche mir vielleicht auf mündlichem Wege gegeben wurden.

»Ich sprach bei dieser Gelegenheit einen alten zweiundachtzigjährigen Arzt, dessen Namen ich vergessen und welcher den später verheirateten jungen Prinzen della Grazie, eine Tante der Prinzessin Maria und den Herzog von Rocca Romano, Nicolino Caracciolo, welcher auf dem Pausilippo wohnte, zu behandeln gehabt hatte.

»Auf diesem Wege gelang es mir, da Sie, Signora, sich geweigert, für meine Geschichte der Bourbons von Neapel einige Aufschlüsse zu erlangen, welche ich für richtig halte, und gegen diese wenigstens Sie auch nicht protestiert. Ich sage Ihnen aber nochmals, Signora, das dem Romandichter offenstehende Feld ist größer, als der dem Historiker vorgezeichnete Weg. In einem Werke, worin die Einbildungskraft nothwendig eine große Rolle spielt, wollte ich bei Schilderung der beklagenswerthen Periode, in welche das Leben Ihrer Frau Mutter fiel, gewissermaßen aus reinem Zartgefühle, die beiden Hauptpersonen meines Buches, die Helden meiner Erzählung, idealisieren. Ich wollte, daß man Luisa Molina wiedererkenne, aber so wie man im Alterthum die Göttinnen sah, welche den Sterblichen erschienen, das heißt durch eine Wolke hindurch. Diese Wolke sollte dieser Erscheinung Alles benehmen, was sie vielleicht Materielles hätte. Sie sollte die Person von ihren Familienbanden isolieren, damit ihre nächsten Verwandten sie wiedererkennen möchten, aber so wie man einen Schatten wiedererkennt, der aus dem Grabe aufsteigt und der, obschon er wieder sichtbar geworden, doch wenigstens ungreifbar bleibt.

»Deshalb ersann ich für meine Heldin die völlig erdichtete Abstammung von dem Fürsten Caramanico und zwar weil ich aus Luisa Molina ein ganz besonderes Wesen, welches der Inbegriff aller Vollkommenheiten wäre, machen, und auf sie einen jener poetischen Strahlen lenken wollte, welche das Andenken eines Menschen umgeben, der seltener Weise, während er mit der Geschichte des Königs Ferdinand und den Liebesabenteuern der Königin Carolina verwebt ist, die duftige Glorie der Leidenschaft, der Redlichkeit und des Unglücks bewahrt hat.

»Wenn dies, Signora, ein Fehler ist, so gestehe ich, daß ich denselben wissentlich begangen habe, und in meinem Irrthume beharrend, füge ich hinzu, daß, wenn mein Roman, anstatt geschrieben zu sein, erst noch geschrieben werden sollte, Ihre Reclamation, wie richtig sie auch ist, mich nicht bewegen würde, an diesem Theile meiner Erzählung etwas zu ändern.

»Was die zweite Person betrifft, die ich in Scene gesetzt und der ich den Namen Salvato Palmieri gegeben, so brauche ich wohl kaum erst zu sagen, daß dieselbe niemals existierte, oder wenn sie existiert hat, dies doch nicht unter den Verhältnissen geschehen ist, in welche meine Feder diese Persönlichkeit versetzt hat.

»Werden Sie aber den Muth haben, Signora, mir Vorwürfe darüber zu machen, daß ich die so wenig ansprechende Persönlichkeit Ferdinand Ferrys nicht wieder habe aufleben lassen, dieses freiwilligen Kämpfers im Dienste des Todes und Minister des Königs Ferdinand im Jahre 1848? Ferdinand Ferry war unglücklicherweise kein Romanheld, und wäre wohl jene übertriebene Liebe, welche die Chevaliere San Felice für ihn hegte und wodurch sie sich bewegen ließ, das ihr von dem unglücklichen Backer anvertraute Geheimniß zu verrathen, wahrscheinlich genug gewesen, um das beinahe ursprüngliche Interesse zu erwecken, welches ich dieser Liebe bewahren wollte? Mir schien es nämlich, als ob ich, indem ich diese schmerzliche, die Theilnahme in so hohem Grade erregende Geschichte schriebe, aus der Heldin nicht blos eine Märtyrerin, sondern auch eine Heilige machen müßte. Die Liebe ist, von einem gewissen Gesichtspunkte aus betrachtet, eine Religion. Sie hat auch ihre Heiligen und von diesen Heiligen will ich Ihnen nur zwei nennen, welche die nicht am wenigsten beredten und am wenigsten angebeteten des Kalenders sind. Diese beiden sind die heilige Theresia und der heilige Augustin, und Sie sehen, daß ich dabei noch die populärste aller Heiligen vergesse, die, welche zur Vergeltung für die Liebe, welche sie bewogen, so Vieles zu verzeihen, der wiederauferstandene Jesus seiner Erscheinung würdigt – kurz, Sie sehen, daß ich die heilige Magdalena vergesse.

»Kommen wir nun auf den Chevalier San Felice. Mitten unter allen den blutigen Hinrichtungen von neunundneunzig bleibt er eben so vollständig unbemerkt als jener bekannte Vatia, dessen Thurm sich am Fuße des Fusarosees erhebt und von welchem Seneca sagte: »0 Vatia, solus scis vivere!« Sein bleiches Gespenst wird weder von dem Haß noch von der Rache belebt. Der einzige Wiederschein, den er durch die ehebrecherische Liebe seiner Gattin und Ferrys erhält, ist nicht einmal ein blutiger Wiederschein, und diesem Falle, wissen Sie, ist man, wenn man nicht der Don Guttiere Calderons ist, der George Dandin Molières. Ich habe, glaube ich, mit dem erdichteten Helden, den ich geschaffen, etwas Besseres gethan. Ich habe aus ihm nicht einen grausamen oder lächerlichen Ehemann, sondern einen selbstverläugnungsvollen Vater gemacht. Wenn er in meinem Buche an Jahren älter ist, als er in Wirklichkeit war, so ist er gleichzeitig reicher an Tugenden, und wird sich ebenso wie Ihre Mutter, Signora, bei der Nachwelt nicht darüber zu beklagen haben, daß er von der Feder der Geschichte unter die des Poeten und Romanschreibers gerathen ist.

 

»Und wenn in der Zukunft, Signora, in jener Zukunft, welche das wirkliche und wahrscheinlich einzige Elysium ist, in welchem die Dido und die Virgil, die Francesca und die Dante, die Herminia und die Tasso wieder aufleben, ein Wanderer fragen sollte: »Was ist die San Felice?« so wird er, anstatt sich wie ich an eine Person Ihrer Familie zu wenden, die ihm ebenso wie mir geantwortet ward, entgegnen würde: »Sprechen Sie mir nicht von dieser Frau; ich schäme mich derselben!« lieber mein Buch aufschlagen und zum Glück für den Ruf der Familie wird die Geschichte vergessen werden und der Roman sich in Geschichte verwandeln.

»Genehmigen Sie, Signora, die Versicherung meiner ausgezeichnetsten Hochachtung.

»Saint-Gratien am 15. September 1864.
»Alexander Dumas.«
– Ende -