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El Salteador

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Elftes Capitel.
Schluß

Früh am andern Tage füllte eine große Menschenmenge den Algivesplatz und drängte sich um ein Schaffot, das in der Mitte dieses Platzes stand.

Der Nachrichter stand mit übereinander geschlagenen Armen am Fuße des Blutgerüstes.

Ueber der Stadt lag drückend ein großes Geheimniß und man sagte, der König Don Carlos werde zum ersten Male Gerechtigkeit üben.

Unter dem versammelten Volke erkannte man die Mauren mehr noch an ihren glühenden Augen als an ihrer orientalischen Tracht. Diese Augen glänzten vor Freude bei dem Gedanken, daß sie einen Edelmann, einen rico hombre, einen alten Christen, sollten hinrichten sehen.

In dem Augenblicke als der Thurm der Vela die neunte Stunde verkündete, öffneten sich die Pforten der Alhambra, die Leihwachen stellten sich auf, drängten die Menge zurück und nöthigten sie einen großen Kreis um das Schaffot her zu bilden.

Dann erschien der König Don Carlos, der unruhig unter seinen blinzelnden Lidern hervor umherblickte. Es schien als sehe er sich, wie gewöhnlich, nach einem längst erwarteten Boten um.

Da der Bote nicht kam, nahm der königliche Blick seine gewöhnliche Ruhe wieder an.

Neben dem Könige ging ein verschleiertes Mädchen, dessen Gesicht eben des dichten Schleiers wegen nicht zu erkennen war, deren reiche Kleidung aber anzudeuten schien, daß sie dem Adel angehöre.

Der König schritt durch die Menge hindurch und blieb sodann einen Schritt vor dem Blutgerüste stehen.

Hinter ihm erschienen der Oberrichter und Dona Flor.

Dona Flor stützte sich auf den Arm ihres Vaters.

Als sie das Schaffot erblickten, blieben beide stehen und es ließ sich nicht bestimmen, ob der Vater oder die Tochter bleicher wurde.

Der König blickte sich um, um zu sehen, ob ihm sein Oberrichter folge, und als er bemerkte, daß derselbe stehen geblieben war, eine Ohnmacht mit Mühe bekämpfte und die halbohnmächtige Tochter aufrecht zu halten sich bemühte, ließ er ihn zu sich berufen.

Gleichzeitig kamen von der entgegengesetzten Seite her durch die Menge zwei andere Personen, – Don Ruiz und Dona Mercedes.

Beide blickten, aber mit sehr verschiedenem Ausdrucke, auf das Blutgerüst.

Noch waren nicht fünf Minuten vergangen, als von den Leibgarden geleitet, Don Fernand und Don Ramiro, die beiden Nebenbuhler, erschienen. Don Fernand war, wie wir wissen, am Tage vorher in das Gefängniß gebracht worden; Don Ramiro hatte sich selbst, auf den erhaltenen Befehl, als Gefangener gestellt.

Alle Betheiligte an dem Drama, von dem vier Acte abgelaufen waren, hatten sich zu der letzten Scene zusammen gefunden. Tiefe Stille herrschte und man erwartete eine ungeahnte Entwicklung, auf welche die Anwesenheit des Nachrichters in geheimnißvoller schrecklicher Weise hindeutete.

Der König Don Carlos richtete das Haupt empor, blickte zum letzten Male nach dem maurischen Thore und da er nichts und Niemanden daher kommen sah, wendete er seinen Blick auf Don Inigo, dem unter diesem eiskalten Blicke ein Schauer durch alle Glieder rieselte.

»Don Inigo Velasco de Haro,« sagte er mit so heller Stimme, daß sie von allen Umstehenden vernommen wurde, obgleich sie nicht mehr als gewöhnlich angestrengt war, »Ihr habt mich zweimal, ohne einen Grund dafür anzugeben, um das Leben eines Mannes gebeten, der zweimal den Tod verdient hatte. Ihr seyd nicht mehr Oberrichter von Andalusien.«

Ein Gemurmel verbreitete sich von den Zunächststehenden zu der versammelten Menge und Don Inigo schien näher zu dem Könige treten zu wollen, ohne Zweifel um sich zu rechtfertigen.

»Ihr seyd nicht mehr Oberrichter von Andalusien,« fuhr der König Don Carlos fort, »aber Ihr seyd Connetable des Reiches. Der Mann, welcher die Wage der Gerechtigkeit unsicher hält, kann muthig das Schwert des Krieges führen.«

»Sire . . . « begann Don Inigo.

»Schweigt, Connetable,« unterbrach ihn der König, »ich bin noch nicht zu Ende.«

»Don Ruiz,« fuhr der König fort, »ich kenne Euch längst schon als einen Mann vom ältesten Adel in meinen spanischen Staaten; seit gestern erst weiß ich, daß Ihr das edelste Herz in der Welt besitzet.«

Don Ruiz verbeugte sich.

»Ihr seyd Oberrichter von Andalusien an der Stelle Don Inigo’s; Ihr habt mich gestern um Gerechtigkeit für eine Beschimpfung ersucht, die man Euch angethan, verschafft Euch selbst Gerechtigkeit.«

Don Ruiz erbebte.

Dona Mercedes wurde todtenbleich.

»Don Fernand,« fuhr der König fort, »Ihr seyd zweifach schuldig; einmal lehntet Ihr Euch gegen die Gesetze des Staates auf, – dies verzieh ich Euch; das zweite Mal vergingt Ihr Euch an den Gesetzen der Natur und da ich ein so großes Verbrechen nicht zu strafen vermag, überlasse ich dem Beleidigten, ob er Euch verzeihen oder Euch strafen will.

»Jedenfalls entziehe ich Euch hiermit euren Adel, euren Titel als rico hombre, und mache Euch – leider nicht so rein – aber so arm, so nackt, als an dem Tage, da Ihr in die Welt eintratet.«

»Ginesta,« sprach der König weiter, »Ihr seyd weder die Zigeunerin der Venta del Rey moro, noch die Nonne aus dem Annunciatenkloster, Ihr seyd Herzogin von Carmona, Marchesa von Montefrio, Gräfin von Vulgar, besitzet die Grandenwürde erster Classe und könntet diese Grandezza mit eurem Namen eurem Gatten gehen, wähltet Ihr diesen Gatten auch aus dem Volke, aus einem maurischen Stamme oder am Fuße eines Schaffots.«

Daraus wendete er sich an Don Ramiro und sprach:

»Don Ramiro, Ihr seyd frei. Ihr seyd herausgefordert worden und konntet nicht anders als der Aufforderung Folge leisten, aber selbst im Kampfe habt Ihr das Alter geehrt, das nach Gott dem Herrn das Ehrwürdigste auf Erden ist. Reicher als Ihr schon seyd, kann ich Euch nicht machen, aber zur Erinnerung an mich will ich eurem Namen den Namen Carlos und eurem Wappen den burgundischen Löwen hinzufügen.

»Und nun werde Allen Gerechtigkeit oder Belohnung! – Beginnet, Don Ruiz, Oberrichter von Andalusien.«

Die Stille wurde womöglich noch tiefer. Aller Augen wendeten sich auf Don Ruiz, alle Ohren spannten sich.

Dona Mercedes, die bis dahin unbeweglich wie ein Marmorbild dagestanden hatte, schien durch eine gewaltsame Anstrengung die Füße von dem Fußboden hinwegzureißen, und langsamen, feierlichen Schrittes begab sie sich zu ihrem Gatten der mit über einander geschlagenen Armen dastand.

»Im Namen der Heiligsten im Himmel und auf der Erde bittet die Mutter um Gnade für ihren Sohn,« sprach sie.

Man sah es in den Zügen des Don Ruiz, daß er einige Augenblicke einen schweren Kampf mit sich kämpfte.

Daten ließ er einen Arm sinken, legte die Hand auf das Haupt der Dona Mercedes und sprach mit unbeschreiblich sanftem Tone und Blicke:

»Ich verzeihe.«

Ein lautes Gemurmel lief durch die Menge. Don Fernand erbleichte grauenhaft. Er griff unwillkürlich an seiner Seite nach einer Waffe und hätte er seinen baskischen Dolch da gefunden, würde er sich denselben vielleicht lieber in das Herz gestoßen, als diese Vergebung von dem alten Manne angenommen haben.

Aber Don Fernando war waffenlos in den Händen der Soldaten.

»Nun Ihr, Herzogin von Carmona!,« sagte Don Carlos.

Ginesta schritt ihrerseits über den freien Raum, ließ sich vor Fernand auf die Kniee nieder, schlug den Schleier zurück und sagte:

»Don Fernand, ich liebe Dich.«

Der junge Mann stieß einen lauten Schrei aus und stand einen Augenblick wie betäubt da. Lange blickte er auf Dona Flor, dann breitete er die Arme gegen Ginesta aus, die in einer jubelnden Freude, wie sie eine gleiche noch nie empfunden, an seine Brust sank.

»Herzogin von Carmona, Marchesa von Montefrio, Gräfin von Vulgar, nehmt Ihr den verurtheilten Don Fernand, der keinen Namen, keinen Rang, kein Vermögen hat, zu eurem Gemal?« fragte Don Carlos.

»Ich liebe ihn, Sire, ich liebe ihn!« wiederholte Ginesta.

Gleichzeitig zog sie Fernand nieder und sank so mit ihm auf die Kniee vor dem Könige.

»Nun wohl, ein Königswort soll man nicht drehen und deuteln. So stehet auf, Herzog von Carmona, Marquis von Montefrio, Graf von Vulgar, Grand von Spanien erster Classe durch eure Gemalin, die Schwester eines Königs, die Tochter eines Königs.«

Ohne den Betheiligten und den Zuschauern Zeit zu lassen von ihrem Staunen sich zu erholen, fuhr er fort:

»Nun Ihr, Don Ramiro.«

Don Ramiro ging unsichern Schrittes über den Platz, der ihn von Dona Flor trennte. Vor seinen Augen schwebte etwas wie eine Wolke von Gold und Purpur und sein Ohr glaubte gleichzeitig alle Engel im Himmel singen zu hören.

Er ließ sich auf ein Knie vor Dona Flor nieder und sprach:

»Señora, seit zwei Jahren liebe ich Euch. Don Ramiro d'Avila wagte bisher nicht mehr zu sagen, aber in Gegenwart seines gnädigen Königs bittet Don Carlos d’Avila ehrerbietig um eure Hand:

»Señor,« stammelte Dona Flor, »fragt meinen Vater!«

»Heute, Dona Flor, bin ich euer Vater,« fiel der König ein, »und so gebe ich eure Hand eurem Liebesboten.«

Die drei Gruppen befanden sich noch in der beschriebenen Stellung, als man plötzlich gewaltigen Lärm nach dem Gerichtsthore zu hörte und ein staubbedeckter Reiter, in welchem Don Carlos einen deutschen Herrn erkannte, ein Pergament hoch emporhaltend herbeisprengte.

»Wo ist der König? Der König?« rief er.

Don Carlos wurde todtenbleich, als sollte nun über ihn ein Richterspruch gefällt werden.

»Wo ist der König?« fragte der Reiter wiederholt. Man machte ihm Platz. Don Carlos trat etwa zehn Schritte vor und sprach mit fester Stimme, obgleich seine Leichenblässe die Todesangst verrieth: »Hier ist er.«

Das Pferd blieb zitternd und Schweiß bedeckt stehen. Alle harrten athemlos.

Der Reiter richtete sich in den Steigbügeln empor und rief:

»Hört alle, die Ihr hier versammelt seyd. Höre, Granada – höre, Spanien, höre, Europa, höre, die ganze Welt: Heil Carl V., dem erwählten Kaiser! Ehre seiner Regierung! Ruhm seinen Söhnen und den Söhnen seiner Söhne!«

 

Darauf schwang er sich von dem Pferde herab, ließ sich aus ein Knie nieder und überreichte das Pergament, welches die Erwählung des Königs Don Carlos zum deutschen Kaiser bestätigte.

Carlos nahm es mit zitternder Hand, mit einer Stimme aber, in welcher man auch nicht eine Spur von Erregung erkennen konnte, sprach er:

Ich danke Euch, Herzog von Baiern. Nie werde ich vergessen, daß Ihr mir diese wichtige Nachricht überbracht habt.«

Alle Umstehenden wiederholten den Ruf des Kaiserboten: Ehre und Ruhm Carl V.! Ehre und Ruhm seinen Söhnen! Ehre und Ruhm den Söhnen seiner Söhne!«

Der Kaiser erhob seine Hand und sprach:

»Gott allein gebührt die Ehre, denn Gott allein ist groß

– E n d e -