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Der Graf von Bragelonne

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Nach einem Augenblick kam der König zu ihr zurück und sagte:

»Oh! Ihr seht also nicht, daß mir Euer Stillschweigen das Herz durchbohrt; oh! mein Fräulein, wie unbarmherzig müßt Ihr sein, wenn Ihr zu einem Bruch entschlossen , . . alsdann halte ich Euch für veränderlich . . . und, und . . . ich fürchte die tiefe Liebe, die mich für Euch erfaßt.«

»Oh! Sire, Ihr täuscht Euch,« erwiederte la Vallière, «wenn ich lieben werde, so wird es für mein ganzes Leben sein.«

»Wenn Ihr lieben werdet!« rief der König mit schmerzlichem Tone: »wie, Ihr liebet also nicht?«

Sie verbarg ihr Gesicht in ihren Händen.

»Seht Ihr, seht Ihr, ich habe Recht, Euch anzuklagen,« sagte der König; »seht Ihr, daß Ihr veränderlich, launenhaft, coquette vielleicht seid! Oh! mein Gott! mein Gott!«

»Oh! nein,« entgegnete sie, »beruhigt Euch, Sire, nein! nein! nein!«

»So versprecht mir also, daß Ihr stets dieselbe für mich sein werdet!«

»Oh! stets, Sire.«

»Daß Ihr keine von den Härten haben werdet, die das Herz brechen, keine von den plötzlichen Veränderungen, die mir den Tod geben würden,«

»Nein, oh! nein.«

»Nun wohl! so höret: ich liebe die Versprechungen , ich liebe es, unter die Garantie des Eides, das heißt, unter den Schutz Gottes Alles zu stellen, was mein Herz und mein Liebe interessirt. Versprecht mir, oder vielmehr schwöret mir, daß wenn in diesem Leben das wir zu beginnen im Begriff sind, einem Leben voller Opfer, Geheimnisse, Schmerzen, einem Leben voll widriger Zufälle und Mißverständnisse schwöret, daß wenn wir uns getäuscht, wenn wir uns falsch verstanden, wenn wir uns ein Unrecht angethan haben, und das ist ein Verbrechen in der Liebe, Louise! . . . «

Sie bebte bis in die Tiefe ihrer Seele; es war das erste Mal, daß sie ihren Namen so von ihrem königlichen Geliebten ausgesprochen hörte.

Ludwig aber zog den Handschuh ab, streckte die Hand bis in den Wagen aus und fuhr fort:

»Schwöret, daß wir bei allen unsern Streitigkeiten nie, wenn einmal das eine von dem andern fern, nie die Nacht über einem Zwist vorübergehen lassen, ohne daß ein Besuch oder wenigstens eine Botschaft des Einen von uns dem Andern Trost und Ruhe bringt.«

La Vallière nahm in ihre beiden kalten Hände die glühende Hand ihres Geliebten und drückte sie sanft, bis eine Bewegung des über die Umdrehung und die Nähe des Rades erschrockenen Pferdes sie diesem Glück entriß.

Sie hatte geschworen.

»Kehret zurück, Sire,« sagte sie, »kehret zu den Königinnen zurück, ich fühle dort einen Sturm, einen Sturm, der mein Herz bedroht.«

Ludwig gehorchte, grüßte Montalais und galoppirte weg, um den Wagen der Königinnen wiedereinzuholen.

Im Vorrüberreiten sah er den Wagen von Monsieur, welcher schlief.

Madame schlief nicht.

Sie sagte zum König, als er an ihr vorbeikam: »Welch ein schönes Pferd, Sire! Ist es nicht ein Pferd von Monsieur?«

Die Königin aber sprach nur die Worte:

»Ist Euch besser, theurer Sire?«

X.
Triumfeminat

Sobald der König in Paris war, begab er sich in den Rath und arbeitete einen Theil des Tags. Die junge Königin blieb in ihren Gemächern mit der Königin Mutter und zerfloß in Thränen, nachdem sie vom König Abschied genommen.

»Ah! meine Mutter,« sagte sie, »der König liebt mich nicht mehr. Mein Gott! was soll aus mir werden!«

»Ein Gatte liebt stets eine Frau, wie Ihr seid,« erwiederte Anna von Oesterreich.

»Der Augenblick kann kommen, meine Mutter, wo er eine andere lieben wird.«

»Was nennt Ihr lieben?«

»Oh! immer an Jemand denken, immer diese Person aufsuchen.«

»Habt Ihr bemerkt daß der König dergleichen Dinge thut?« fragte Anna von Oesterreich.

»Nein, Madame,« erwiederte zögernd die junge Königin.

»Ihr seht wohl, Maria.«

»Und dennoch müßt Ihr gestehen, meine Mutter, daß der König mich vernachläßigt,«

»Der König, meine Tochter, gehört seinem ganzen Reich.«

»Und gerade darum gehört er mir nicht. Darum werde ich mich, wie dies bei so vielen Königinnen der Fall gewesen ist, verlassen, vergessen sehen, während die Liebe, der Ruhm und die Ehre den Anderen zufallen. Oh! meine Mutter, der König ist so schön, wie Viele werden ihm sagen, daß sie ihn lieben, wie Viele werden ihn lieben müssen!«

»Es ist selten, daß die Frauen einen Menschen im König lieben. Sollte dies aber geschehen, – was ich bezweifle, – so wünschet eher, Maria, daß diese Frauen Euren Gemahl wirklich lieben. Einmal ist die ergebene Liebe der Geliebten ein Element rascher Auflösung für die Liebe des Liebhabers; sodann verliert die Geliebte dadurch, daß sie innig liebt, jede Herrschaft über den Liebhaber, von dem sie weder Macht, noch Reichthum, sondern nur Liebe begehrt. Wünscht also, daß der König nur kärglich, und daß seine Geliebte viel liebe.«

»Oh! meine Mutter, welche Macht hat eine tiefe Liebe!«

»Und Ihr sagt, Ihr seid verlassen?«

»Es ist wahr, es ist wahr, ich rede unvernünftig . . . Es gibt jedoch eine Marter, meine Mutter, der ich nicht zu widerstehen vermöchte.«

»Welche?«

»Die einer glücklichen Wahl des Königs, die einer Haushaltung, die er sich neben der unserigen machen würde, die einer Familie, welche er bei einer anderen Frau fände. Ah! wenn ich je Kinder vom König sähe, ich würde sterben!«

»Maria! Maria!« erwiederte die Königin-Mutter mit einem Lächeln und sie nahm die junge Königin bei der Hand, »erinnert Euch dessen, was ich Euch sagen werde, und es gereiche Euch beständig zum Trost: der König kann keinen Dauphin ohne Euch haben, und Ihr könnt einen haben ohne ihn.«

Bei diesen Worten, die sie mit einem ausdrucksvollen Gelächter begleitete, verließ die Königin-Mutter ihre Schwiegertochter, um Madame entgegen zu gehen, deren Ankunft im großen Kabinet ein Page gemeldet hatte.

Madame hatte sich keine Zeit genommen, sich auszukleiden; sie erschien mit einer von den bewegten Physiognomien, die einen Plan enthüllen, dessen Ausführung beschäftigt und dessen Resultat beunruhigt.

»Ich wollte sehen, ob Eure Majestäten von unserer kleinen Reise etwas angegriffen seien,« sagte sie.

»Durchaus nicht,« erwiederte die Königin-Mutter.

»Ein wenig,« antwortete Maria Theresia.

»Ich, meine Damen, habe besonders unter einer Befürchtung gelitten.«

»Unter welcher Befürchtung?« fragte Anna von Oesterreich.

»Daß es den König angreifen müsse, so zu reiten.«

»Ah! das thut dem König wohl!«

»Und ich habe es ihm selbst gerathen,« sagte Anna von Oesterreich erbleichend.

Madame erwiederte nichts hierauf; doch es stand jenes Lächeln, das nur ihr eigenthümlich war, auf ihren Lippen, ohne auf die übrigen Theile des Gesichts überzugehen; dann aber wechselte sie bald die Richtung des Gesprächs und sagte:

»Wir finden Paris wieder ganz dem Paris ähnlich, das wir verlassen haben; immer Intriguen, immer Komplotte, immer Coquetterien.«

»Intriguen . . . was für Intriguen?« fragte die Königin-Mutter.

»Man spricht viel von Herrn Fouquet und von Madame Plessis-Bellière.«

»Die sich so bei Numero zehntausend einschreibt?« versetzte die Königin-Mutter. »Doch die Komplotte, wenn’s beliebt?«

»Wir haben, wie es scheint, Zwistigkeiten mit Holland.«

»Monsieur erzählte mir die Geschichte von den Münzen.«

»Ah!« rief Madame, »Münzen in Holland geschlagen, worauf man eine Wolke über die Sonne des Königs hinziehen sieht . . . Ihr habt Unrecht, dies Komplott zu nennen . . . «

»Oh! es ist so verächtlich, daß es der König sicherlich verachten wird,« erwiederte die Königin-Mutter. »Doch was sagtet Ihr von Coquetterien? Meintet Ihr Frau von Olonne?«

»Nein, nein, ich werde näher bei uns suchen.«

»Casa de Usted,« raunte die Königin-Mutter, ohne die Lippen zu bewegen, ihrer Schwiegertochter in’s Ohr.

Madame hörte nicht und fuhr fort:

»Die entsetzliche Neuigkeit ist Euch bekannt?«

»Oh! ja, die Verwundung von Herrn von Guiche.«

»Und Ihr schreibt sie, wie alle Welt, einem Unfall auf der Jagd zu?«

»Ja,« erwiederten die beiden Königinnen, diesmal interessirt.

Madame trat näher zu ihnen und sagte leise:

»Ein Duell!«

»Ah!« rief mit strengem Tone Anna von Oesterreich , in deren Ohren das, seitdem sie regierte, in Frankreich geächte Wort Duell schlecht klang.

»Ein beklagenswerthes Duell, das Monsieur beinahe zwei von seinen besten Freunden, den König zwei seiner besten Diener gekostet hätte.«

»Warum dieses Duell?« fragte die junge Königin, von einem geheimen Instinct belebt.

»Coquetterien,« wiederholte Madame triumphirend, »diese Herren haben sich über die Tugend einer Dame gestritten. Der Eine fand, Pallas sei wenig im Vergleich mit ihr. Der Andere behauptet, diese Dame ahme Venus nach, wie sie Mars anlockt; und so schlugen sich die Herrn, meiner Treue, wie Hektor und Achilles.«

»Venus, wie sie Mars anlockt,« sagte die junge Königin, ohne daß sie die Allegorie zu ergründen wagte, leise zu sich selbst.

»Wer ist diese Dame?« fragte Anna von Oesterreich grade heraus. »Ich glaube, Ihr habt gesagt eine Ehrendame?«

»Habe Ich das gesagt?« versetzte Madame.

»Ja. Ich glaubte sogar, Euch sie nennen zu hören.«

»Wißt Ihr, daß eine Frau dieser Art ein Unglück für ein königliches Haus ist?«

»Es ist Fräulein de la Vallière,« sagte die Königin-Mutter.

»Mein Gott, ja, die kleine Häßliche!«

»Ich glaubte, sie wäre mit einem Edelmann verlobt, der wohl weder Herr von Guiche, noch Herr von Wardes ist.«

»Es ist möglich, Madame.«

Die junge Königin nahm eine Stickerei und machte sie mit einer geheuchelten Ruhe, die das Zittern ihrer Finger Lügen strafte, auseinander.

»Was sprachet Ihr von Venus und von Mars,« fuhr die Königin-Mutter fort, »gibt es einen Mars?«

 

»Sie rühmt sich dessen.«

»Ihr habt gesagt, sie rühme sich dessen?«

»Das war die Ursache des Zweikampfes.«

»Und Herr von Guiche hat die Sache von Mars vertheidigt?«

»Gewiß, als guter Diener.«

»Als guter Diener!« rief die junge Königin, die jede Zurückhaltung vergaß, um ihrer Eifersucht den Lauf zu lassen; »Diener von wem?«

»Da Mars,« erwiederte Madame, »nur auf Kosten dieser Venus vertheidigt werden konnte, so behauptete Herr von Guiche die vollkommene Unschuld von Mars und bestätigte ohne Zweifel, daß Venus prahle.«

»Und Herr von Wardes?« sagte Anna von Oesterreich , »er verbreitete wohl das Gerücht, Venus habe Recht?«

»Ah! Herr von Wardes!« dachte Madame, »Ihr sollt mir die Wunde theuer bezahlen, die Ihr dem edelsten der Männer beigebracht habt.«

Und sie fing an Herrn von Wardes mit aller möglichen Erbitterung anzuklagen, und bezahlte so die Schuld des Verwundeten und die ihrige mit der Gewißheit, daß sie ihrem Feind den Ruin für die Zukunft bereite.

Sie sagte so viel, daß Manicamp, wäre er anwesend gewesen, es bedauert hätte, seinem Freund so gut gedient zu haben, weil der Untergang des unglücklichen Feindes daraus entsprang.

»In dem Allem sehe ich nur eine Pest, die in dieser la Vallière zu finden ist,« sprach Anna von Oesterreich.

Die junge Königin nahm ihre Arbeit mit völliger Ruhe wieder auf, Madame horchte.

»Ist das nicht Eure Ansicht?« sagte Anna von Oesterreich. »Sucht Ihr die Ursache dieses Streites und des Duells nicht in ihr?«

Madame antwortete mit einer Geberde, welche weder eine Bejahung, noch eine Verneinung war.

»Ich begreife dann nicht ganz, was Ihr mir in Beziehung auf die Gefahr der Coquetterie gesagt habt?«

»Es ist wahr,« erwiederte Madame rasch, »wäre die junge Person nicht coquette gewesen, so hätte sich Mars nichts um sie bekümmert.«

Das Wort Mars führte eine flüchtige Röthe auf die Wangen der jungen Königin zurück, sie setzte aber nichtsdestoweniger ihre angefangene Arbeit fort.

»Man soll nicht so an meinem Hofe die Männer gegen einander bewaffnen,« sprach phlegmatisch Anna von Oesterreich. »Diese Sitten waren vielleicht nützlich in einer Zeit, wo der getheilte Adel keinen anderen Vereinigungspunkt besaß, als die Galanterie. Da hatten die Frauen, welche allein regierten, das Privilegium, den Muth der Edelleute durch häufige Versuche zu unterhalten. Doch heute gibt es in Frankreich, Gott sei Dank! nur einen Gebieter. Diesem Gebieter ist man die Zusammenwirkung jeder Stärke und jedes Geistes schuldig. Ich werde es nicht dulden, daß man meinem Sohn einen seiner Diener raubt.«

Sie wandte sich an die junge Königin und fragte:

»Was wollen wir dieser la Vallière thun?«

»La Vallière?« versetzte die Königin, Erstaunen heuchelnd, »ich kenne den Namen nicht.«

Und diese Antwort wurde mit jenem eisigen Lächeln begleitet, das nur einem königlichen Mund gut ansteht.

Madame war selbst eine große Fürstin, groß durch den Geist, die Geburt und den Stolz. Das Gewicht dieser Antwort drückte sie aber nieder und sie mußte einen Augenblick warten, um sich zu erholen.

»Es ist eines von meinen Ehrenfräulein,« erwiederte sie mit einer Verbeugung.

»Dann ist es Eure Sache, meine Schwägerin, und nicht die unsere,« sagte Maria Theresia mit demselben Ton.

»Verzeiht,« sprach Anna von Oesterreich, »es ist auch die meinige. Und Ich begreife,« fuhr sie fort, indem sie sich mit einem Blick des Einverständnisses an Madame wandte, »ich begreife, warum mir Madame gesagt hat, was sie so eben gesagt.«

»Alles was Euch entfließt, Madame, kommt aus dem Munde der Weisheit.

»Man schickt das Mädchen in seine Heimath zurück und weist ihm eine Pension an,« sagte Maria Theresia mit sanftem Ton.

»Auf meine Cassette!« rief Madame lebhaft.

»Nein, nein, meine Damen,« unterbrach sie Anna von Oesterreich, »ich bitte, kein Aufsehen, der König liebt es nicht, daß man schlecht von Damen sprechen macht. Dies Alles soll, mit Ihrem Gutheißen, in der Familie abgemacht werden.

»Madame, Ihr werdet die Gefälligkeit haben, das Mädchen hierher rufen zu lassen.

»Ihr, meine Tochter, werdet so gut sein, einen Augenblick in Eure Zimmer zu gehen.«

Die Bitten der alten Königin waren Befehle. Maria Theresia stand auf, um in ihr Gemach zurückzukehren, und Madame, um la Vallière durch einen Pagen rufen zu lassen.

XI.
Ein erster Streit

La Vallière trat bei der Königin-Mutter ein, ohne entfernt zu vermuthen, daß ein gefährliches Complott gegen sie angezettelt worden war.

Sie glaubte, es handle sich um den Dienst, und nie war die Königin schlimm gegen sie bei einem solchen Verhältniß gewesen. Da sie überdies nicht unmittelbar dem Gebot von Anna von Oesterreich unterworfen war, so konnte sie nur dienstliche Beziehungen zu ihr haben, denen sich mit aller Willfährigkeit hinzugeben sie sich aus eigener Gefälligkeit und aus Achtung vor dem Rang der erhabenen Fürstin zur Pflicht machte.

Sie ging daher auf die Königin-Mutter mit dem freundlichen, sanften Lächeln zu, das ihre Hauptschönheit bildete.

Da sie nicht nahe genug hinzutrat, so bedeutete ihr Anna von Oesterreich, durch ein Zeichen, sie möge bis zu ihrem Stuhl kommen.

Da trat Madame wieder ein, setzte sich mit einer vollkommen ruhigen Miene zu ihrer Schwiegermutter und nahm die von Maria Theresia angefangene Arbeit auf.

La Vallière bemerkte, statt auf der Stelle den Befehl zu erhalten, den sie erwartete, diese Vorgänge und befragte neugierig, wenn nicht mit Besorgniß, das Gesicht der zwei Fürstinnen.

Anna dachte nach.

Madame behauptete eine geheuchelte Gleichgültigkeit, welche die am mindesten Furchtsamen beunruhigt hätte.

»Mein Fräulein,« sagte plötzlich die Königin-Mutter, ohne daß es ihr einfiel, ihren spanischen Accent zu mildern (was sie zu thun nie verfehlte, wenn sie nicht zornig war), »kommt ein wenig, daß wir über Euch sprechen, da alle Welt von Euch spricht.«

»Von mir?« rief la Vallière erbleichend.

»Stellt Euch, als wäre Euch dies unbekannt, meine Schöne! Wißt Ihr das Duell von Herrn von Guiche und Herrn von Wardes?«

»Mein Gott! Madame, das Gerücht ist gestern zu mir gelangt,« erwiederte la Vallière die Hände faltend.

»Und Ihr habt dieses Gerücht nicht zuvor schon geahnet?«

»Warum sollte ich es geahnet haben?«

»Weil sich zwei Männer nie ohne Grund schlagen, und weil Ihr die Gründe der Erbitterung der beiden Gegner kennen mußtet.«

»Ich weiß durchaus nichts.«

»Das beharrliche Leugnen ist ein etwas alltägliches Vertheidigungssystem, und Ihr, die Ihr ein Schöngeist seid, mein Fräulein, müßt die Alltäglichkeiten fliehen. Etwas Anderes!«

»Mein Gott! Eure Majestät erschrickt mich mit dieser eisigen Miene. Sollte ich das Unglück gehabt haben, bei ihr in Ungnade zu fallen?«

Madame lachte. La Vallière schaute sie mit erstaunter Miene an.

Anna erwiederte:

»Bei mir in Ungnade! . . . Bei mir in Ungnade fallen! Das kann Euch nicht in den Kopf kommen; ich muß an die Leute denken, wenn sie bei mir in Ungnade fallen sollen. Ich denke nur an Euch, weil man ein wenig zu viel von Euch spricht, und ich liebe es nicht, daß man von den Fräulein meines Hofes spricht.«

»Eure Majestät erweist mir die Ehre, es mir zu sagen,« versetzte la Vallière erschrocken; »doch ich begreife nicht, in welcher Hinsicht man sich mit mir beschäftigen kann.«

»Ich werde es Euch also eröffnen: Herr von Guiche soll Euch zu vertheidigen gehabt haben.«

»Mich!«

»Euch selbst. Er ist ein Ritter, und die Abenteuerinnen lieben es, daß die Ritter Lanzen für sie brechen.« »Ich, ich hasse die Kampfplätze, dann hasse ich besonders die Abenteurer und . . . zieht Euren Nutzen daraus.«

La Vallière beugte sich zu den Füßen der Königin, die ihr den Rücken zuwandte. Sie streckte die Hände gegen Madame aus, und diese lachte ihr ins Gesicht.

Ein Gefühl des Stolzes erhob sie wieder.

»Meine Damen,« sagte sie, »ich habe gefragt, was mein Verbrechen sei; Eure Majestät muß es mir sagen, und ich habe bemerkt, daß Eure Majestät mich verurtheilt, ohne mich zur Rechtfertigung zugelassen zu haben.«

»Ei!« rief Anna von Oesterreich, »seht doch die schönen Phrasen, Madame, seht doch die schönen Gefühle; es ist eine Infantin, dieses Mädchen, es ist eine der Aspirantinnen des großen Cyrus . . . es ist ein Brunnen der Zärtlichkeiten und heldenmäßiger Phrasen. Man sieht wohl, meine Schönste, daß wir unsern Geist im Umgang mit gekrönten Häuptern unterhalten.«

La Vallière fühlte sich im Herzen verwundet; sie wurde nicht mehr bleich, sondern weiß wie eine Lilie, und ihre ganze Stärke verließ sie.

»Ich wollte Euch sagen,« sprach die Königin verächtlich, »wenn Ihr fortfahret, solche Gefühle zu nähren, werdet Ihr uns Frauen dergestalt demüthigen, daß wir uns schämen müssen, bei Euch zu siguriren. Werdet einfach, mein Fräulein . . . Ah! was sagte man mir doch? ah! ich glaube, Ihr seid verlobt.«

La Vallière preßte ihr Herz zusammen, das ein neuer Schmerz zerrissen hatte.

»Antwortet doch, wenn man mit Euch spricht!«

»Ja, Madame.«

»Mit einem Edelmann?«

»Ja, Madame.«

»Sein Name?«

»Der Herr Vicomte von Bragelonne.«

»Wißt Ihr, daß dies ein sehr glückliches Loos für Euch ist, mein Fräulein, und daß Ihr, ohne Vermögen, ohne Stellung . . . ohne große persönliche Vorzüge, den Himmel, der Euch eine solche Zukunft gewährt, preisen müßtet?«

La Vallière erwiederte nichts.

»Wo ist er, dieser Vicomte von Bragelonne?« fuhr die Königin fort.

»In England, wo ihm das Gerücht von den glücklichen Abenteuern des Fräuleins unfehlbar zukommen wird,« sagte Madame.

»O Himmel!« murmelte la Vallière ganz verwirrt.

»Wohl, mein Fräulein,« sagte Anna von Oesterreich , »man wird diesen jungen Mann zurückkommen lassen und Euch mit ihm irgendwohin expediren. Seid Ihr anderer Ansicht, – die Mädchen haben oft bizarre Pläne, – so vertraut Euch mir an, ich werde Euch auf den guten Weg bringen, ich habe dies für Mädchen gethan, welche nicht soviel werth waren, als Ihr.«

La Vallière hörte nicht mehr. Die unbarmherzige Königin fuhr fort:

»Ich schicke Euch allein irgendwohin, wo Ihr reiflich überlegen werdet. Die Ueberzeugung besänftigt die Hitze des Bluts, sie verzehrt alle Täuschungen der Jugend. Ich denke, Ihr habt mich verstanden.«

»Madame, Madame!«

»Nicht ein Wort!«

»Madame, ich bin unschuldig an Allem dem, was Eure Majestät mir unterstellen kann. Madame, seht meine Verzweiflung. Ich liebe, ich achte Eure Majestät so sehr.«

»Es wäre besser, Ihr würdet mich nicht achten,« erwiederte die Königin mit einer kalten Ironie. »Es wäre besser, Ihr wäret’ nicht unschuldig. Bildet Ihr Euch zufällig ein, ich würde mich hiermit begnügen, wenn Ihr den Fehler begangen hättet?«

»Oh! Madame, Ihr tödtet mich!«

»Keine Komödie, wenn’s beliebt, oder ich übernehme die Entwickelung. Geht in Euer Zimmer zurück, meine Lection möge Euch von Nutzen sein.«

»Madame,« sagte la Vallière zur Herzogin von Orleans, deren Hände sie ergriff, »bittet für mich, Ihr, die Ihr so gut seid.«

»Ich,« erwiederte diese mit einer verletzenden Freude, »ich, gut? . . . Ah! mein Fräulein, das fällt Euch entfernt nicht ein.«

Und sie stieß ungestüm die Hand des Mädchens zurück.

Statt zu unterliegen, wie es die zwei Fürstinnen nach ihrer Blässe und ihren Thränen erwarten konnten, gewann aber la Vallière plötzlich ihre Ruhe und ihre Würde wieder; sie machte eine tiefe Verbeugung und ging hinaus.

»Nun!« sagte Anna von Oesterreich zu Madame, »glaubt Ihr, daß sie wieder anfangen wird?«

»Ich mißtraue sanften, geduldigen Charakteren,« erwiederte Madame. »Nichts ist muthiger, als ein geduldiges Herz; nichts ist seiner selbst sicherer, als ein sanfter Geist.«

»Ich stehe Euch dafür, daß sie sich mehr als einmal bedenken wird, ehe sie den Gott Mars anschaut.«

»Wenn sie sich nicht etwa seines Schildes bedient,« entgegnete Madame.

Ein stolzer Blick der Königin-Mutter erwiederte diesen Einwurf, dem es nicht an Feinheit gebrach, und, ihres Sieges fast sicher, suchten die zwei Damen Maria Theresia wieder auf, die sie, ihre Ungeduld verbergend, erwartete.

Es war halb sieben Uhr Abends und der König hatte so eben sein Vesperbrod eingenommen; er verlor keine Zeit, sobald das Mah! beendigt und die Geschäfte abgethan waren, ergriff er Saint-Aignan beim Arm und befahl ihm, ihn nach der Wohnung von la Vallière zu führen.

Der Höfling gab einen gewaltigen Ausruf von sich.

»Nun! was denn?« versetzte der König, »das ist eine Gewohnheit, welche angenommen werden soll, und um eine Gewohnheit anzunehmen, muß man mit irgend einer Handlung den Anfang machen.«

 

»Aber, Sire, die Wohnung der Fräulein hier ist eine Laterne: Jedermann sieht die Hineingehenden und die Herauskommenden. Mir scheint, daß ein Vorwand . . . der, zum Beispiel . . . «

»Sprecht.«

»Wenn Eure Majestät warten wollte, bis Madame in ihren Gemächern wäre.«

»Keine Vorwände, kein Warten mehr! . . . Genug der Widerwärtigkeiten, genug der Geheimnisse! Ich sehe nicht ein, in welcher Hinsicht der König von Frankreich sich entehrt, wenn er sich mit einem Mädchen von Geist unterhält. Trotz dem, der Arges davon denkt!«

»Sire, Sire, Eure Majestät wird mir ein Uebermaß von Eifer verzeihen?«

»Sprich.«

»Und die Königin?«

»Es ist wahr! es ist wahr! die Königin soll stets respectirt bleiben. Nun wohl! heute Abend werde ich noch zu Fräulein de la Vallière gehen, und ist dieser Tag vorüber, so nehme ich alle Vorwände, die Du willst. Morgen wollen wir suchen, heute Abend habe ich keine Zeit mehr.«

Saint-Aignan erwiederte nichts mehr; erging dem König voran die Treppe hinab und durchschritt die Höfe mit einer Scheu, welche die ausgezeichnete Ehre, dem König als Stütze zu dienen, nicht zu überwinden vermochte.

Saint-Aignan wollte sich nämlich im Geiste der zwei Königinnen und in dem von Madame vollkommen rein erhalten; er wollte auch nicht Fräulein de la Vallière mißfallen, und um so viele schöne Dinge zu thun, mußte man sich beinahe an einer Schwierigkeit stoßen.

Die Fenster der jungen Königin, die der Königin-Mutter, selbst die von Madame gingen aber auf den Hof der Fräulein. Den König führend gesehen werden hieß mit drei hohen Fürstinnen, mit drei Frauen von einem Ansehen brechen, das nicht zu beseitigen durch den schwachen Köder des Credits einer Geliebten.

Der unglückliche Saint-Aignan, der so viel Muth besaß, um la Vallière unter den Baumgruppen und im Park von Fontainebleau zu beschützen, fühlte sich nicht so muthig beim hellen Licht; er fand tausend Mängel an dem Mädchen und brannte vor Begierde, sie dem König mitzutheilen.

Doch seine Marter fand ein Ende. Die Höfe wurden durchschritten. Nicht ein Vorhang erhob sich, nicht ein Fenster öffnete sich. Der König ging rasch, einmal wegen seiner Ungeduld, sodann wegen der langen Beine von Saint-Aignan, der ihm voranschritt.

An der Thüre wollte sich Saint-Aignan aus dem Staube machen. Der König hielt ihn zurück.

Es war dies eine Zartheit, der der Höfling gern nicht theilhaftig geworden wäre.

Er mußte Ludwig zu la Vallière folgen.

Bei der Ankunft des Monarchen trocknete diese vollends ihre Augen. Sie that es so hastig, daß es der König bemerkte.

Er befragte sie wie ein theilnehmender Liebhaber; er drang in sie.

»Ich habe nichts, Sire,« erwiederte sie.

»Ihr weintet aber?«

»Oh! nein, Sire.«

»Schaut, Saint-Aignan, täusche ich mich?«

Saint-Aignan mußte antworten, er war jedoch sehr in Verlegenheit.

»Ihr habt rothe Augen, mein Fräulein,« sagte der König.

»Der Staub vom Wege, Sire.«

»Nein! nein! Ihr habt die Miene der Zufriedenheit nicht, die Euch so schön und so anziehend macht. Ihr schaut mich nicht an.«

»Sire!«

»Was sage ich! Ihr vermeidet meine Blicke.«

Sie wandte sich in der That ab.

»Aber, in der Himmels Namen, was ist es denn?« fragte Ludwig, dessen Blut kochte.

»Nichts, abermals nichts, und ich bin bereit, Eurer Majestät zu zeigen, daß mein Geist so frei ist, als sie es wünschen mag.«

»Euer Geist frei, während ich Euch in Allem, selbst in Eurer Geberde verlegen sein! Sollte man Euch geärgert, verletzt haben?«

»Nein, nein, Sire.«

»Oh! das müßtet Ihr mir erklären,« versetzte der junge Fürst mit funkelnden Augen.

»Niemand, Sire, Niemand hat mich beleidigt.«

»So nehmt die träumerische Heiterkeit oder die freundliche Melancholie wieder an, die ich diesen Morgen an Euch liebte; oh! ich bitte, ich bitte.«

»Ja, Sire, ja.«

Der König stampfte mit dem Fuß und rief:

»Eine solche Veränderung ist doch unerklärlich.«

Und er schaute Saint-Aignan an, der sowohl das düstere Brüten von la Vallière, als die Ungeduld des Königs bemerkte.

Ludwig mochte immerhin bitten, er mochte immerhin auf Mittel sinnen, diese unselige Stimmung zu bekämpfen, das Mädchen war gelähmt, selbst der Anblick des Todes hätte es nicht aus seiner Erstarrung erweckt.

Der König sah in dem verneinenden Benehmen von la Vallière ein unerfreuliches Geheimniß und blickte mit einer argwöhnischen Miene umher.

Es war gerade in dem Zimmer von la Vallière ein Portrait in Miniature von Athos.

Der König sah dieses Portrait, das Bragelonne ungemein glich, denn es war in der Jugend des Grafen gemacht worden.

Er heftete drohende Blicke auf das Gemälde.

In dem Zustand der Beklommenheit, in dem sie sich befand, und überdies auf hundert Meilen von dem Gedanken an das Portrait entfernt, konnte la Vallière nicht errathen, was den König auf eine so bedrohliche Weise in Anspruch nahm.

Und dennoch hatte sich Ludwig in eine furchtbare Erinnerung versetzt die seinen Geist mehr als einmal beschäftigt, Welche aber immer wieder daraus von ihm entfernt worden war.

Er erinnerte sich des innigen Verhältnisses der zwei jungen Leute seit ihrer Geburt.

Er erinnerte sich des Verlöbnisses, das eine Folge davon gewesen war.

Er erinnerte sich, daß ihn Athos um die Hand von la Vallière für Raoul gebeten hatte.

Er bildete sich ein, bei ihrer Rückkehr nach Paris habe la Vallière gewisse Nachrichten von London gefunden, und diese Nachrichten seien ein Gegengewicht gegen den Einfluß gewesen, den er auf sie zu gewinnen vermocht.

Sogleich fühlte er sich von der wilden Bremse, die man die Eifersucht nennt, in die Schläfe gestochen.

Er befragte abermals mit Bitterkeit.

La Vallière konnte nicht antworten; sie mußte Alles sagen, sie mußte die Königin anklagen, sie mußte Madame anklagen.

Sie hatte einen offenen Kampf mit zwei großen und mächtigen Fürstinnen zu bestehen.

Es dünkte ihr Anfangs, wenn sie nichts thäte, um dem König das, was in ihr vorging, zu verbergen, so müßte der König in ihrem Herzen durch ihr Stillschweigen lesen.

Wenn er wirklich liebte, müßte er Alles begreifen. Alles errathen.

Was wäre denn die Sympathie, wenn nicht die göttliche Flamme, welche das Herz aufklären und die wahrhaft Liebenden des Wortes überheben müßte.

Sie schwieg also und beschränkte sich darauf, daß sie seufzte weinte und ihr Gesicht in ihren Händen verbarg.

Diese Seufzer, diese Thränen, welche Ludwig XIV. Anfangs gerührt, dann erschreckt hatten, erzürnten ihn nun.

Er konnte die Widersetzung nicht ertragen, eben so wenig die der Seufzer und Thränen, als irgend eine andere.

Alle seine Worte wurden scharf, bitter, dringend, angreifend.

Es war dies ein neuer Schmerz den Schmerzen des Mädchens beigefügt.

Sie schöpfte aus dem, was sie als eine Ungerechtigkeit von Seiten ihres Geliebten betrachtete, die Kraft,

nicht nur den andern Schmerzen, sondern auch diesem zu widerstehen.

Der König sing an, unmittelbar anzuschuldigen.

La Vallière machte nicht einmal einen Versuch, sich zu vertheidigen: sie ertrug alle diese Anschuldigungen, ohne anders, als durch ein Schütteln des Kopfes zu antworten, ohne etwas Anderes von sich zu geben, als die zwei Worte, welche tief betrübten Herzen entströmen:

»Mein Gott! mein Gott!«

Doch statt die Gereiztheit des Königs zu beschwichtigen, vermehrte sie dieser Schmerzensschrei, es war ein Anruf an eine höhere Macht, als die seinige, an ein Wesen, das la Vallière gegen ihn beschützen konnte.

Uebrigens fühlte er sich von Saint-Aignan unterstützt. Saint-Aignan sah, wie gesagt, den Sturm anschwellen, er wußte nicht, in welchem Grad Ludwig XIV. Liebe empfinden konnte, er sah alle die Streiche der drei Fürstinnen, den Untergang der armen la Vallière kommen und war nicht ritterlich genug, um nicht zu befürchten, in diesen Untergang hinein gezogen zu werden.

Saint-Aignan antwortete daher auf die Anrufungen des Königs nur durch Worte mit halber Stimme ausgesprochen oder durch kurze, gleichsam gestoßene Geberden, durch die er die Dinge zu verschlimmern und einen Zwist herbeizuführen beabsichtigte, dessen Resultat ihn von der Sorge befreien sollte, am hellen Tage die Höfe zu durchschreiten, um seinem erhabenen Gefährten zu la Vallière zu folgen.

Während dieser Zeit erhitzte sich der König immer mehr.

Er machte drei Schritte, um wegzugehen, und kam wieder zurück.

La Vallière hatte nicht einmal emporgeschaut, obgleich das Geräusch der Schritte sie hätte darauf aufmerksam machen müssen, daß ihr Geliebter sich entferne.

Er blieb einen Augenblick mit gekreuzten Armen von ihr stehen und sagte:,