Hochschulrecht im Freistaat Bayern

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(3) Hochschulzugang für qualifizierte Berufstätige

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Neben dem Zugang zum Hochschulstudium aufgrund vorbereitender Schulbildung (vgl. § 27 Abs. 1 HRG) besteht für alle Hochschularten die Möglichkeit, den Nachweis der Hochschulzugangsberechtigung auf andere Weise zu erbringen (vgl. § 27 Art. 2 S. 2 HRG). Ausgangspunkt hierfür ist die Annahme, dass die Schule wie die Berufspraxis die Studierfähigkeit in gleicher Weise vermitteln.[119] Für qualifizierte Berufstätige legt der Landesgesetzgeber die Voraussetzungen, unter denen der Nachweis der Qualifikation erbracht werden kann, fest (Art. 45 BayHSchG)[120].

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Der allgemeine Hochschulzugang wird nach Art. 45 Abs. 1 BayHSchG Absolventen und Absolventinnen der Meisterprüfung, gleichgestellter beruflicher Fortbildungsprüfungen sowie Absolventen und Absolventinnen von Fachschulen und Fachakademien eröffnet. Sie müssen lediglich zuvor an einem Beratungsgespräch an einer Hochschule teilnehmen.

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Der fachgebundene Hochschulzugang wird eröffnet, wenn nach erfolgreichem Abschluss einer mindestens zweijährigen Berufsausbildung und anschließender in der Regel mindestens dreijähriger hauptberuflicher Berufspraxis, jeweils in einem dem angestrebten Studiengang fachlich verwandten Bereich, die Hochschule entweder in einem besonderen Prüfungsverfahren oder durch ein nachweislich erfolgreich absolviertes Probestudium von mindestens einem Jahr die Studieneignung festgestellt hat. Auch hier ist vor der Durchführung des Prüfungsverfahrens oder vor der Aufnahme des Probestudiums ein Beratungsgespräch an der Hochschule erforderlich. Falls ein Eignungsfeststellungsverfahren gemäß Art. 44 Abs. 4 BayHSchG durchführt wird, kann kein Probestudium absolviert werden; die Eignung wird allein im Eignungsfeststellungsverfahren geprüft.

c) Hochschulzulassung

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Ausgangspunkt des Hochschulzulassungsrechts ist nach wie vor die Numerus-clausus-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts,[121] die sowohl das Teilhaberecht aus Art. 12 GG wie die Möglichkeit der Einschränkung nach Maßgabe der vorhandenen Ausbildungskapazität bekräftigt und so ein umfangreiches Normengeflecht initiiert hatte.

aa) Kapazitätsgrenzen

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Die Studienplätze werden entsprechend der Aufnahmekapazität der jeweiligen Hochschule vergeben. Diese wird entsprechend §§ 29, 30 HRG nach Art. 4 BayHZG, §§ 38 ff. BayHZV aufgrund studiengangspezifischer sog. Curricularnormwerte[122], die nach dem Ausbildungsaufwand festgesetzt werden, sowie aufgrund des vorhandenen Lehrangebots berechnet. Soweit in einem Studiengang Studienplätze nur in begrenzter Anzahl zur Verfügung stehen, werden diese Plätze in speziellen Vergabeverfahren (in Bayern im Hochschulzulassungsgesetz BayHZG und der Hochschulzulassungsverordnung BayHZV geregelt) auf die Bewerber verteilt. Grundlage dieser Verfahren ist regelmäßig ein Numerus Clausus (NC), also eine bestimmte Zulassungszahl. Da aus Art. 12 Abs. 1 GG ein grundsätzlicher Anspruch auf einen Studienplatz folgt, sind an die Kapazitätsberechnung und an das Verteilungsverfahren genaue Anforderungen zu stellen. Insbesondere ist das Gebot der (vollständigen) Kapazitätserschöpfung zu erfüllen (§ 29 Abs. 2 S. 2 HRG, Art. 1 Abs. 1 BayHZG); die Zulassungszahlen dürfen daher nicht niedriger festgesetzt werden als dies unter Berücksichtigung der personellen, räumlichen, sächlichen und fachspezifischen Gegebenheiten zur Aufrechterhaltung einer geordneten Wahrnehmung der Aufgaben der Hochschule in Forschung, Lehre, Studium und Weiterbildung sowie in der Krankenversorgung unbedingt erforderlich ist (§ 29 Abs. 2 S. 1 HRG, Art. 3 Abs. 3 S. 1 BayHZG)

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Das komplizierte Verfahren der Studienplatzvergabe kann hier ebenso wie das Hochschulkapazitätsrecht nicht en detail dargestellt werden.[123] Es muss daher ausreichen, die Grundtypen der Vergabeverfahren zu skizzieren:

Zu unterscheiden ist zunächst zwischen Studiengängen mit und ohne Zulassungsbeschränkung. Bei den zulassungsbeschränkten Studiengängen ist weiter zu differenzieren zwischen solchen mit absoluten (d.h. bundesweit geltenden; Art. 3 Abs. 2 BayHZG) NCs[124] und solchen mit relativen (örtlich auf bestimmte Hochschulen begrenzten und in Hochschulsatzungen festgelegten; Art. 3 Abs. 1 BayHZG) NCs.

bb) Zulassung bei absoluten NCs durch die Stiftung für Hochschulzulassung

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Für Studiengänge mit absoluten NCs (bundesweit derzeit: Medizin, Tiermedizin, Zahnmedizin, und Pharmazie) erfolgt die Studienplatzvergabe bzw. ihre Organisation[125] einheitlich durch die Stiftung für Hochschulzulassung (SfH)[126]. Die SfH wendet den „Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung“ (SfH-StV)[127] sowie die Hochschulzulassungsverordnung (BayHZV)[128], die 2007 an die Stelle der „Verordnung über die zentrale Vergabe von Studienplätzen (Vergabeverordnung ZVS)“[129] getreten ist, an.

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Maßgebliche Vergabekriterien sind regelmäßig der Grad der Qualifikation der Hochschulzugangsberechtigung (Durchschnittsnote nach §§ 11–13 BayHZV unter Berücksichtigung von Landesquoten), die Wartezeit auf den Studienplatz und die Ergebnisse eines hochschuleigenen örtlichen Auswahlverfahrens nach § 10 BayHZV (vgl. dazu ausführlich unten cc)). Die Vergabe erfolgt anhand bestimmter Quoten:[130] einer Vorabquote bis zu 30 % für Studienbewerber, die besondere Anforderungen erfüllen (nach § 32 Abs. 2 HRG; § 6 Abs. 1, 2 BayHZV) und einer Hauptquote für sonstige Studienbewerber (§ 32 Abs. 3 HRG); danach werden 20 % nach dem Grad der Qualifikation der Hochschulzugangsberechtigung, weitere 20 % nach der Wartezeit[131] und 60 % nach hochschuleigenen Auswahlverfahren vergeben.[132] Für Studienbewerber, die eine Dienstpflicht erfüllt oder z.B. als Entwicklungshelfer gearbeitet haben, normieren § 34 HRG, Art. 2 BayHZG ein Benachteiligungsverbot bzw. einen Nachteilsausgleich. Spezielle Regelungen gelten nach Art. 6 BayHZG für die Zulassung in höheren Fachsemestern, soweit in diesen – ausnahmsweise – Zulassungsbeschränkungen bestehen, sowie für die Zulassung zu postgradualen Studiengängen. Bewerber, die das 55. Lebensjahr vollendet haben, werden an den Verteilungsverfahren regelmäßig nicht mehr beteiligt.[133]

cc) Hochschulzulassung durch hochschuleigene Auswahlverfahren

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Das Hochschulzulassungsrecht ist in Bayern im Bayerischen Hochschulzulassungsgesetz (BayHZG) und in der Bayerischen Hochschulzulassungsverordnung (BayHZV) geregelt. Den Hochschulen in Bayern wurde durch das BayHZG 2007 mehr Verantwortung und Gestaltungsspielraum im Hinblick auf die Studienplatzvergabe zugestanden.

Grundsätzlich hat ein Studienbewerber, der die Qualifikationsanforderungen erfüllt, einen Zulassungsanspruch.[134] Ist jedoch eine größere Nachfrage als verfügbare Studienplätze vorhanden, erfolgt die Vergabe der Studienplätze gemäß Art. 1 Abs. 2 BayHZG durch die SfH, falls der Studiengang in die zentrale Vergabe durch die SfH einbezogen wurde[135] (vgl. Rn. 60), oder durch ein örtliches Auswahlverfahren der Hochschule. Voraussetzung für das örtliche Auswahlverfahren ist die Festsetzung von Zulassungszahlen (Art. 5 I BayHZG, § 24 BayHZV). Auch hier gilt das Ziel der erschöpfenden Nutzung der Ausbildungskapazitäten („Kapazitätsausschöpfungsgebot“, Art. 1 I BayHZG). Auf diese unter Umständen hochschulübergreifende Kapazitätserschöpfung besteht zudem ein Anspruch.[136]

(1) Örtliches Auswahlverfahren

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Der Ablauf und die Kriterien des örtlichen Auswahlverfahrens werden zunächst durch Art. 5 BayHZG bestimmt.

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Nach einem Nachteilsausgleich (Art. 5 Abs. 2 BayHZG) und einem Abzug einer für bestimmte Bewerbergruppen vorgesehenen Vorabquote (Art. 5 Abs. 3 1, 2 BayHZG) aus der festgesetzten Zulassungszahl werden die verbleibenden Studienplätze im örtlichen Auswahlverfahren nach Art. 5 Abs. 4 S. 1 BayHZG vergeben. Danach werden 25 % der Studienplätze nach der Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung, 65 % der Studienplätze nach dem Ergebnis eines ergänzenden Hochschulauswahlverfahrens (vgl. Rn. 65) und 10 % der Studienplätze nach der Wartezeit[137] vergeben. Erfüllt jemand die Voraussetzungen für mehrere Quoten, nimmt er an jeder Quote teil. Die Reihenfolge, in der die einzelnen Quotenranglisten berücksichtigt werden, ergibt sich aus § 33 Abs. 3 BayHZV.

(2) Ergänzendes Hochschulauswahlverfahren

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Innerhalb des örtlichen Auswahlverfahrens ermöglicht es Art. 5 Abs. 5 BayHZG den Hochschulen in einem eigenen, ergänzenden Auswahlverfahren Schwerpunkte für die Studienplatzvergabe zu setzen.[138] In diesem ergänzenden Auswahlverfahren können 65 % der nach Art. 5 Abs. 4 BayHZG verbleibenden Plätze vergeben werden. Mithilfe dieses Verfahrens wählt die Hochschule die Bewerberinnen und Bewerber aus, die nach Eignung und Motivation die besten Aussichten auf einen erfolgreichen Abschluss des Studiums bieten (Art. 5 Abs. 5 S. 1 BayHZG). Neben der Durchschnittsnote, die eine überwiegende Bedeutung innehat (Art. 5 Abs. 5 S. 4, 5 BayHZG), können mehrere Auswahlmaßstäbe zugrunde gelegt werden. Darunter fallen gem. Art. 5 Abs. 5 S. 2 Nr. 1–4 BayHZG fachspezifische Einzelnoten, fachspezifische Studierfähigkeitstests, die Art einer Berufsausbildung oder Berufstätigkeit und ein aussagekräftiges Auswahlgespräch über Motivation und Identifikation hinsichtlich des Studiums. Dabei darf das Auswahlgespräch nicht einem „Nachabitur“ oder einer Hochschuleingangsprüfung dienen.[139] Dieses ergänzende Hochschulauswahlverfahren mitsamt seinen Auswahlmaßstäben nach Art. 5 Abs. 5 BayHZG kann auch für die Zulassung von Bewerbern postgradualer Studiengänge angewendet werden (Art. 6 Abs. 2 BayHZG). In Art. 56 Abs. 3 S. 2 BayHSchG ist eine Legaldefinition des Begriffs „postgradualer Studiengänge“ enthalten. Demzufolge versteht man darunter das Angebot der Hochschule zur Vermittlung weiterer wissenschaftlicher, künstlerischer oder beruflicher Qualifikationen, insbesondere zur Heranbildung des wissenschaftlichen oder künstlerischen Nachwuchses und zur beruflichen Weiterbildung.[140]

 
dd) Regelungen für ausländische Studienbewerber

(1) Hochschulzugang

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Zum Hochschulzugang vgl. bereits oben Rn. 43 bis 45.

(2) Hochschulzulassung

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Für die Hochschulzulassung ausländischer Studienbewerber sind im BayHZG und im BayHZV besondere Regelungen enthalten. Die Studienplatzvergabe erfolgt für Deutsche sowie ausländische Staatsangehörige und Staatenlose, die Deutschen gleichgestellt sind (Art. 1 Abs. 2 S. 2 BayHZG). Die Gleichstellung setzt voraus, dass Staatsangehörige der EU-Mitgliedsstaaten, sonstige ausländische Staatsangehörige und Staatenlose die deutsche Hochschulzugangsberechtigung besitzen (Art. 1 Abs. 2 S. 3 BayHZG). Als weitere Personengruppe sind diejenigen zu berücksichtigen, die aufgrund staatlicher Vereinbarungen den Deutschen gleichgestellt sind (Art. 1 Abs. 2 S. 4 BayHZG). Die Gleichstellung bewirkt, dass auf diese ausländischen Studienbewerber die für die Deutschen geltenden Bestimmungen des Vergabeverfahrens anzuwenden sind (§ 2 S. 2 Bayerische Hochschulzulassungsverordnung – BayHZV)[141]. Nicht-EG-Ausländer mit deutscher Hochschulzugangsberechtigung (sog. „Bildungsinländer“) sind aber nur in regulären Vergabeverfahren den Deutschen gleichgestellt („Ausländerquote“); sie haben keinen Anspruch auf Zulassung zum Studium außerhalb der festgesetzten Ausbildungskapazitäten.[142]

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Für diejenigen, die den Deutschen nicht gleichgestellt sind, bleibt es bei der Vorabquote gem. Art. 5 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BayHZG, so dass diesen ausländischen Staatsangehörigen und Staatenlosen derzeit 5 % der festgesetzten Zulassungszahlen zugutekommen. In § 23 Abs. 1 S. 1 BayHZV wird unter Beachtung dieser Quoten die Zulassung der nicht gleichgestellten Ausländer durch die Hochschulen normiert. Hierbei sind die Zulassungsanträge innerhalb der Semester – Ausschlussfristen (§ 3 Abs. 2 BayHZV) – an die Hochschule zu richten (§ 23 Abs. 1 S. 2 BayHZV). Die Auswahl für die Zulassung unter den nichtgleichgestellten Bewerbern erfolgt vorrangig nach dem Grad der Qualifikation, nachrangig aufgrund besonderer für die Zulassung sprechender Umstände (§ 23 Abs. 2, S. 1, 2 BayHZV). In § 23 Abs. 2 S. 3, Abs. 3 BayHZV sind diese besonderen Umstände in einem nicht abschließenden Katalog aufgeführt, über die die Hochschule unter Berücksichtigung zwischenstaatlicher und zwischen den Hochschulen getroffener Vereinbarungen, nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden kann.

ee) Zulassung zu höheren Fachsemestern

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Sofern für ein höheres Fachsemester eine Zulassungszahl festgesetzt ist, werden die verfügbaren Studienplätze von der Hochschule an Studienbewerber vergeben, die die Voraussetzungen für die Aufnahme in das betreffende höhere Fachsemester erfüllen (Art. 6 I 1 BayHZG). Die Aufnahmevoraussetzungen sind bei zwei Gruppen erfüllt. Die erste Gruppe sind gem. § 35 II BayHZV Studierende, die bereits in dem entsprechenden Studiengang unter Anrechnung der entsprechenden Studiendauer an einer Hochschule in der Bundesrepublik Deutschland immatrikuliert waren oder sind. Die zweite Gruppe besteht aus denjenigen Bewerberinnen und Bewerbern, die nachweislich per Bescheid ein früheres Studium ganz oder teilweise anrechnen können. Erfüllen mehrere diese Kriterien, dann erfolgt die Studienplatzvergabe in einer bestimmten Reihenfolge (Art. 6 I 2 BayHZG). Dabei sind vier Bewerbergruppen nach der in Art. 6 I 2 BayHZG, § 35 III BayHZV vorgegebenen Reihenfolge abzuarbeiten. Zunächst werden Studierende berücksichtigt, die an der betreffenden Hochschule im Studiengang Medizin auf einem Teilstudienplatz eingeschrieben sind. Teilstudienplätze sind gem. der Legaldefinition des § 22 I BayHZV Studienplätze, bei denen die Zulassung auf den ersten Teil eines Studiengangs beschränkt ist, weil das Weiterstudium an einer deutschen Hochschule nicht gewährleistet ist. Als nächstes sind diejenigen Studierenden auszuwählen, die an der betreffenden Hochschule in dem betreffenden Studiengang eingeschrieben sind. Dann diejenigen, die an dieser Hochschule in einem anderen Studiengang eingeschrieben sind. Zuletzt sonstige Bewerberinnen und Bewerber. Besteht zwischen den Studierenden Ranggleichheit, dann entscheidet die Hochschule durch das Los, Art. 6 I 3 BayHZG. Abweichungen von der Zulassungsreihenfolge sind gem. § 35 IV BayHZV für den Fall außergewöhnlicher Härte zulässig.

ff) Die gerichtliche Überprüfbarkeit der Zulassungsentscheidung

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Die Zulassungsentscheidung unterliegt als subjektive Berufswahlvoraussetzung i.S. der Dogmatik zu Art. 12 GG der gerichtlichen Überprüfung. Dementsprechend bedeutsam ist daher die Frage nach der gerichtlichen Überprüfbarkeit der (insb. ablehnenden) Entscheidung über die Zulassung.[143] Deutsche und EU-Bürger genießen dabei Grundrechtsschutz nach Art. 12 GG, Art. 18 AEUV[144], Nicht-EU-Ausländer entsprechend über Art. 2 I GG[145]. Voraussetzung für eine verfassungsgemäße Zulassungsbeschränkung ist unter anderem ein transparentes Kapazitätsrecht.[146] Die SfH bzw. jetzt schwerpunktmäßig die Hochschulen, müssen daher, sofern die Zulassungszahlen durch die Bewerber überschritten werden, im Auswahlverfahren die Studienplätze vergeben. Nicht selten werden im Anschluss an das Auswahlverfahren Prozesse der abgelehnten Bewerber gegen die Hochschule angestrengt, naturgemäß v.a. in den „harten“ NC-Fächern. Die Entwicklung der gerichtlichen Überprüfbarkeit der Anwendung und Bewertung dieser kapazitätsrechtlichen Entscheidungen hat sich stark gewandelt. So gehen die Gerichte nun von einer hohen Kontrolldichte im Bereich der Kapazitätsberechnung und der Kapazitätsnormen aus.[147] Im Vordergrund steht die vollständige Ausschöpfung der Kapazitäten unter strikter Wahrung der Gleichheitssätze;[148] der „Kapazitätsprozess“ ist zu einem lukrativen Spezialgebiet von verwaltungsrechtlichen Kanzleien geworden.[149] Den Hochschulen ist für das Zulassungsverfahren zu raten, eine Rangfolge ausgerichtet an den SfH-Vergabekriterien zu erstellen, um Prozessniederlagen entgegenzuwirken.[150]

gg) Das studentische Rechtsverhältnis

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Mit der Immatrikulation nach Art. 42 Abs. 2 BayHSchG (Verwaltungsakt gem. Art. 35 BayVwVfG[151]) wird das studentische Rechtsverhältnis begründet. Sie erfolgt grundsätzlich für einen Studiengang, nach Maßgabe von Abs. 2 S. 4 auch für mehrere Studiengänge. Durch die Immatrikulation für ein Studium (= Studiengang) wird der reguläre Studierendenstatus begründet (Art. 42 Abs. 2 S. 1, 2 BayHSchG). Mit der Immatrikulation entsteht ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis und die Mitgliedschaft in der Körperschaft Hochschule (Art. 17 Abs. 1 BayHSchG). Es berechtigt zur Inanspruchnahme der von der Hochschule im jeweiligen Studiengang oder in den jeweiligen Lehrveranstaltungen angebotenen Leistungen, zur Nutzung der zentralen Einrichtungen der Hochschule (insb. der Bibliotheken, Sprachenzentren, aber auch – bei Bedarf – eines hochschuleigenen Kindergartens) und verleiht das aktive und passive Wahlrecht zu den studentischen Vertretungen in den Selbstverwaltungsorganen (Art. 18 Abs. 1, Art. 38 BayHSchG). Vom Studierendenstatus hängen zahlreiche (meist begünstigende) Rechtsfolgen im öffentlichen und privaten Recht ab (Nutzung von Mensen, Studentenwohnheimen, Verkehrssondertarife, Versicherungsbeiträge). Im Gegenzug begründet der Status die Pflicht zur Loyalität zur Hochschule und ihren Mitgliedern (Art. 18 BayHSchG), zur Sorgfalt bei der Nutzung der Einrichtungen sowie die Pflicht zur Zahlung des Studentenwerksbeitrags (Art. 95 Abs. 2 BayHSchG).

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Durch die Immatrikulation für einzelne Lehrveranstaltungen wird der Status eines/r Gaststudierenden begründet; es entsteht ebenfalls ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis, das beiderseitige Sorgfalts- und Loyalitätspflichten sowie das Recht auf Besuch der betreffenden Lehrveranstaltungen einschließlich Vorlesungsmaterialien begründet; der Gaststudierende wird jedoch nicht Mitglied der Hochschule (arg e Art. 17 Abs. 1 aE BayHSchG) und erwirbt keine Rechte in der Selbstverwaltung[152] und auf Nutzung sonstiger Lehrveranstaltungen und – mit Ausnahme der Bibliotheken – der allgemeinen Einrichtungen.

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Auch die Teilnahme von hochbegabten Schülern und Schülerinnen nach Art. 42 Abs. 3 BayHSchG begründet keinen Mitgliedsstatus; auch hier entsteht jedoch mit der Genehmigung, die im Ermessen der Hochschule liegt, ein dem Gaststudierendenstatus vergleichbares öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis. Über jenes hinaus können sie jedoch an Studien- und Prüfungsleistungen teilnehmen und ECTS-Punkte erwerben, die – aufschiebend bedingt – in einem späteren Studium angerechnet werden (kein Ermessen!). Mit der Genehmigung entsteht ein Anspruch auf Teilnahme und Bewertung.

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Die Immatrikulation ist ein gebundener Verwaltungsakt und darf nur in den im Katalog des Art. 46 BayHSchG genannten Fällen versagt werden. Gegen die Versagung ist die Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1, 2. Alt. VwGO) statthaft. Da sie als solche keine personenbezogene Prüfungsentscheidung darstellt und keine Maßnahme der Studienförderung betrifft, ist ein Widerspruch gem. Art. 15, I Nr. 4, 6, II BayAGVwGO nicht statthaft Das Studienverhältnis endet mit der Exmatrikulation (Art. 49 BayHSchG); diese tritt entweder kraft Gesetzes zum Ende des Semesters ein, in dem der Studierende die Abschlussprüfung bestanden hat, oder ist in den Fällen des Abs. 2 zwingend, nach Abs. 3 S. 2 als gebundene Ermessensentscheidung („soll“) von der Hochschule vorzunehmen. Im letzteren Fall ist die Exmatrikulation Verwaltungsakt nach Art. 35 BayVwVfG und mit der Anfechtungsklage überprüfbar; ein Widerspruch ist auch hier nach § 68 VwGO i.V.m. Art. 15 Abs. 2 BayAGVwGO unstatthaft.