Hochschulrecht im Freistaat Bayern

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

bb) im Binnenbereich

206

Im Zuge von Hochschulreformen, die eine Stärkung der Hochschulleitung bewirkt haben, hat die Verteidigung des Selbstverwaltungsrechts im Binnenbereich einen erheblichen Bedeutungszuwachs erfahren. Die Möglichkeit eines Hochschulorganstreits wurde im Zusammenhang mit hochschulinternen Satzungsgenehmigungen bereits erwähnt. Sie kommt auch in anderen Fällen in Betracht, so etwa bei der internen Mittelverteilung und beim Streit um organschaftliche Rechte in der Binnenorganisation. Verfassungsgerichtlicher Rechtsschutz gegen Maßnahmen der Hochschulleitung ist ebenfalls denkbar, es ist jedoch zu differenzieren:

207

Der einzelne Hochschullehrer kann sich gegenüber Maßnahmen, die Forschung und Lehre unmittelbar betreffen, auf seine Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG und Art. 108 BV berufen, da ihm gegenüber die Hochschule und diejenige Untergliederung, der er angehört, grundrechtsverpflichtet sind. Ebenso kann sich eine teilrechtsfähige Untergliederung oder Einrichtung der Hochschule (z.B. Fakultät, Fachbereich, Department) gegen Maßnahmen der Hochschulleitung, die sich allein an sie richten, aber mittelbar in die Wissenschaftsfreiheit einzelner Angehöriger dieser Hochschuleinheit eingreifen, gleichsam als Treuhänderin ihrer Angehörigen unter Berufung auf Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG, Art. 108 BV wehren.[170]

208

Aus Art. 138 Abs. 2 S. 1 BV berechtigt sind Untergliederungen der Hochschule gegenüber Maßnahmen der Hochschulleitung hingegen nicht. Andernfalls wären die verselbstständigten Einheiten innerhalb der Hochschule in der Lage, sich gegen Organisationsmaßnahmen der Hochschulleitung auch in Fällen zu wehren, in denen nicht zugleich die Wissenschaftsfreiheit betroffen ist. Sinn und Zweck des Art. 138 Abs. 2 S. 1 BV ist es jedoch, die Selbstverwaltung der (gesamten) Hochschule gerade im Interesse der individuellen Wissenschaftsfreiheit zu ermöglichen.

1. Kapitel Grundlagen › IV. Grundlagen und Reichweite der akademischen Selbstverwaltung › 5. Die „neue“ Selbstverwaltung

5. Die „neue“ Selbstverwaltung

209

Seit der Deregulierung des Hochschulorganisationsrechts durch das 4. HRGÄndG[171] wurden in allen Bundesländern Hochschulreformen durchgeführt,[172] die zahlreiche neue Herausforderungen für die akademische Selbstverwaltung geschaffen haben:

a) Reformleitbilder im Konflikt mit der akademischen Selbstverwaltung

210

Die Reformen orientierten sich an bestimmten Leitbildern, die ihrerseits in den Vorstellungen des „New Public Management“ bzw. des Neuen Steuerungsmodells[173] wurzelten. Seit die neu geschaffenen Steuerungselemente in den Hochschulgesetzen verankert und in der Verwaltungspraxis etabliert sind, ist um diese Leitbilder stiller geworden. Dennoch lohnt es, sie sich zumindest überblicksartig zu vergegenwärtigen, weil sie die Hochschulpolitik entweder heute noch prägen (ökonomisierte Hochschule) oder sich zumindest dafür eignen die abstrakten, aus dem Selbstverwaltungsrecht folgenden Grenzen (gegenwärtiger und künftiger) Hochschulreformen zu erkennen:

aa) Die „entfesselte Hochschule“

211

Nach dem Leitbild der „entfesselten Hochschule“ sollen die Hochschulen selbstständiger und handlungsfähiger werden und gleichermaßen den Prinzipien der Wissenschaftlichkeit und der Wirtschaftlichkeit verpflichtet sein. Dadurch sollen sie besser gesellschaftlichem Legitimationsdruck standhalten, ihr Profil schärfen und im Wettbewerb bestehen können.[174]

212

Die Problematik dieses selbstverwaltungsfreundlich klingenden Leitbilds lag darin, dass die Vertreter der „entfesselten Hochschule“ mehr Hochschulautonomie nicht nur gegenüber dem Staat, sondern auch gegenüber den Professoren und nachgeordneten Untergliederungen durchsetzen wollten.[175] Damit bestand Gefahr, dass die akademische Selbstverwaltung von ihrer Wurzel, nämlich der individuellen Wissenschaftsfreiheit abgeschnitten und dadurch diese Freiheit selbst bedroht wird.[176]

213

Ferner war das Konzept der entfesselten Hochschule auch ausdrücklich gegen die Gruppenuniversität gerichtet. Diese Form der inneren Hochschulorganisation wurde für gescheitert erklärt, weil sie Partizipation nicht in adäquater Weise sicherstellen könne und die Arbeit der Gremien ineffektiv sei.[177] Als Beweis wurde die geringe Beteiligung an Hochschulwahlen angeführt. Das vorgeschlagene, hierarchischere Gegenmodell der Binnenorganisation der Hochschulen ist allerdings seinerseits problematisch, wie insbesondere das BVerfG in den letzten Jahren immer wieder herausgearbeitet hat.

bb) Die ökonomisierte Hochschule

214

Hochschulen müssen schon deswegen, weil sie staatliche Mittel erhalten, nach Art. 5 Abs. 1 S. 3 BayHSchG i.V.m. Art. 7 Abs. 1 S. 1, 105 Abs. 1 BayHO entsprechend den Grundsätzen von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bzw. ökonomisch handeln. Im Übrigen ist bei der „Ökonomisierung“ der Hochschulen von Exzellenzinitiativen und leistungsgerechter Professorenbesoldung bis hin zur „Management-Universität“ jedoch Vorsicht geboten denn schon in theoretischer Hinsicht ist noch immer vieles ungeklärt.[178] Beispielsweise wird erwartet, dass Hochschulen sich mehr als bisher dem Wettbewerb stellen, ohne dass intensiv genug thematisiert würde, was Wettbewerb im Bezug auf Hochschulen und Wissenschaft bedeutet.[179] Um „echten“ ökonomischen Wettbewerb kann es sich kaum handeln, denn Leistungen in Forschung und Lehre haben regelmäßig keinen unmittelbaren Marktwert. Professoren sind nur selten (z.B. im Bereich der Drittmittelforschung oder beim Technologietransfer) Marktteilnehmer im ökonomischen Sinne. Die Kategorien Markt und Wettbewerb sind für das Hochschulwesen wohl nur dann sinnvoll operationalisierbar, wenn man (ähnlich wie im Medienbereich, wo zwischen publizistischem und ökonomischem Wettbewerb unterschieden wird)[180] zwischen der Konkurrenz um wissenschaftliche Erkenntnis und derjenigen um ökonomische Mittel trennt.

215

Eine Ökonomisierung der Hochschulen birgt außerdem die Gefahr eines Verlusts an wissenschaftlicher Vielfalt. Fächer die, wie insbesondere solche der Geisteswissenschaften, weniger „marktgängig“ sind, drohen der nachfrageorientierten Verschlankung des Lehrangebots zum Opfer zu fallen. Die gerade von Befürworten einer entfesselten Hochschule erhobene Forderung nach mehr Interdisziplinarität verträgt sich mit diesem möglichen Effekt kaum. Ebenfalls nicht unproblematisch sind Tendenzen, die die Hochschulbinnenorganisation derjenigen von Unternehmen angleichen wollen.[181] Eine so weitgehende Hierarchisierung passt nicht zum Schutz der wissenschaftlichen Eigengesetzlichkeit.[182] Der Zweck eines Unternehmens (Gewinnmaximierung) ist im Übrigen vorrangig ein kollektiver, während der Zweck der Hochschule (Erlangung und Weitergabe wissenschaftlicher Erkenntnis) ein individueller ist.

216

Einzelne Ökonomisierungselemente, wie etwa die Forderung, dass sich Hochschulen intensiver als bisher am Studenten als (zahlenden) „Kunden“ orientieren sollen, begegnen weniger Bedenken. Eine damit verbundene Qualitätssteigerung in der Lehre kann sich positiv auswirken, solange das Bestreben nach Kundenorientierung nicht dazu führt, dass die „performance“ mehr als der Inhalt zählt. Voraussetzung ist allerdings, dass die Studenten sich auch aktiv in die Kundenrolle begeben und sich bei ihrer Auswahl zwischen verschiedenen Hochschulen an marktrationalen Kriterien orientieren. Wie empirische Studien belegen, scheint dies jedoch auch, soweit Studiengebühren erhoben werden, kaum der Fall zu sein.[183]

b) Ausgewählte Einzelprobleme

217

Einzelmaßnahmen mit deren Hilfe die Hochschulen reformiert wurden, werfen zahlreiche noch immer nicht vollständig geklärte Fragen auf. Der bayerische Gesetzgeber war sich dessen offenbar bewusst und ist deshalb bei der Reform des bayerischen Hochschulrechts eher behutsam vorgegangen.

aa) Stärkung der Hochschulleitung

218

Problematisch ist zunächst die von allen Reformmodellen befürwortete – und inzwischen mehrfach vom BVerfG geprüfte – Stärkung der Hochschulleitung. Daraus resultiert eine Hierarchisierung, die mit dem Gedanken einer Selbstverwaltung als Betroffenenpartizipation und auch mit der wissenschaftlichen Eigengesetzlichkeit (d. i. Freiheit von Fremdbestimmung) fast schon notwendig in Konflikt geraten muss. Die gestärkte Hochschulleitung muss außerdem auch in der Lage sein, ihre neuen Kompetenzen effektiv wahrzunehmen. Dafür muss der Rektor bzw. Präsident,[184] der in der Ordinarien- und auch noch in der klassischen Gruppenuniversität vorwiegend primus inter pares war, sich zum „Hochschulmanager“ weiterentwickeln. Dies erfordert Fähigkeiten, die im Rahmen der wissenschaftlichen Qualifizierung zum Hochschullehrer kaum erworben werden können. Mit der Verlagerung von Kompetenzen auf die Leitungsebene geht außerdem ein Transparenzverlust einher, weil die Beratung der Entscheidungen nicht mehr (wie früher) in Kollegialorganen und damit zumindest eingeschränkt öffentlich stattfindet.[185] Transparenz fordert jedoch gerade die Funktion der Selbstverwaltung als Betroffenenpartizipation.

 

219

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat in einem Urteil vom 7.5.2008 die Kompetenzen der gestärkten Hochschulleitung nach Art. 21 Abs. 7–13 des neuen BayHSchG als mit Art. 108 und 138 Abs. 2 BV vereinbar beurteilt.[186] Eine strukturelle Gefährdung der Wissenschaftsfreiheit sei nicht erkennbar. Aus Art. 108 BV folge kein Anspruch des einzelnen Wissenschaftlers auf bestimmte Organisationsstrukturen, auf die Verfolgung bestimmter hochschulpolitischer Zielsetzungen o. Ä. Außerdem sehe Art. 3 Abs. 2 und 3 BayHSchG vor, dass Entscheidungen der Hochschulleitung in Fragen der Forschung und Lehre nur eingeschränkt möglich seien und die Wissenschaftsfreiheit nicht beeinträchtigen dürften. Damit lag der Gerichtshof ganz auf der im Brandenburg-Urteil vorgezeichneten Linie des BVerfG.

220

Ob der Gerichtshof bei Würdigung der aktuellen (2008 noch nicht ergangenen) Rechtsprechung des BVerfG zum gleichen Ergebnis gekommen wäre, ist zweifelhaft: Das BVerfG verlangt – wie bereits dargelegt (s.o. Rn. 201–208) –, dass je mehr die Hochschulleitung zu wissenschaftsrelevanten Entscheidungen ermächtigt wird, desto größer die Kontrollrechte des (mit Professorenmehrheit besetzten) Kollegialorgans sein müssen.[187] Problematisch ist insoweit zum einen, dass die Hochschulleitung nach Art. 20 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 BayHSchG die Zielvereinbarungen mit dem Staat schließt, ohne dabei an ein Votum des Senats oder auch nur des Hochschulrats (letzterer ist nach Art. 26 Abs. 5 S. 2 BayHSchG lediglich anzuhören) gebunden zu sein.[188] Zum anderen kann der Präsident nach Art. 21 Abs. 3 BayHSchG nur mit einer Mehrheit von zwei Drittel der zwanzig Hochschulratsmitglieder, von denen nach Art. 26 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. 25 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BayHSchG nur sechs Hochschullehrer sein müssen, abgewählt werden.[189]

221

Gegen eine Verfassungswidrigkeit des Organisationsmodells nach dem BayHSchG spricht andererseits, dass der Senat maßgeblichen Einfluss auf die Zusammensetzung des Hochschulrats hat (die Bestellung der nicht hochschulangehörigen Mitglieder bedarf nach Art. 26 Abs. 3 S. 1 BayHSchG seiner Bestätigung) und dass er in Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung für die Forschung beschließt (Art. 25 Abs. 3 Nr. 3 BayHSchG). Das letztere Recht kann im Lichte des Art. 108, 138 Abs. 2 S. 1 BV bzw. Art. 5 Abs. 3 GG verfassungskonform so ausgelegt werden, dass die Hochschulleitung an entsprechende Senatsbeschlüsse im Zweifel gebunden ist. Zu berücksichtigen ist außerdem die Rolle der Erweiterten Hochschulleitung (in dieser haben i.d.R. die ihrerseits nach Art. 28 Abs. 1 S. 1 BayHSchG aus dem Kreis der Professoren vom mit Professorenmehrheit besetzten Fakultätsrat gewählten Dekane die Mehrheit)[190] bei der Steuerung der Hochschule nach Art. 24 BayHSchG. Die Erweiterte Hochschulleitung stellt insbesondere den Entwicklungsplan der Hochschule auf und berät und unterstützt die Hochschulleitung bei der Erfüllung ihrer Aufgaben.

bb) Hochschulrat

222

Hochschulräte sollen als vermittelnde Instanz zwischen Hochschulen und Staat fungieren.[191] Die mit der Neufassung des BayHSchG 2006 geschaffenen Hochschulräte an den bayerischen Hochschulen nehmen Kompetenzen war, die früher anderen Hochschulorganen (nach Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 BayHSchG ist der Hochschulrat ein Hochschulorgan) oder dem Staat oblagen wie z.B. den Beschluss der Grundordnung, die Wahl der Hochschulleitung und die Entwicklungsplanung. Sie setzen sich nach Art. 25 Abs. 1 Nr. 1–4, 26 Abs. 1 BayHSchG aus den gewählten Mitgliedern des jeweiligen Hochschulsenats und zehn der Hochschule nicht angehörenden Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Kultur, Wirtschaft und beruflicher Praxis zusammen. In der Literatur sind insbesondere die demokratische Legitimation der Hochschulräte sowie die Vereinbarkeit ihrer Kompetenzen mit der Wissenschaftsfreiheit umstritten.[192]

223

Beide Fragen waren 2008 Gegenstand einer Entscheidung des BayVerfGH. Der Gerichtshof hat den Hochschulrat, wie ihn das BayHSchG konstituiert, für verfassungskonform erachtet und den weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung des Hochschulrechts betont.[193] Die Tatsache, dass im Hochschulrat die von der Hochschule entsandten Mitglieder nicht die Mehrheit hätten, sei unproblematisch, weil die Zusammensetzung jedenfalls keine Steuerung der Hochschule durch Externe zulasse.[194] Die externen Ratsmitglieder könnten sich wegen des ausgeglichenen Kräfteverhältnisses nicht gegenüber den Mitgliedern der Hochschule durchzusetzen. Eine Mehrheit der Professoren im Hochschulrat sei verzichtbar, weil der Rat keine Entscheidungen treffe, die im Kernbereich der akademischen Selbstverwaltung anzusiedeln seien, sondern ihm in erster Linie Planungs-, Steuerungs-, Kontroll- und Entwicklungsaufgaben oblägen.[195]

224

Ob der BayVerfGH diese Entscheidung unter Würdigung der aktuellen BVerfG-Rechtsprechung erneut so treffen würde, ist unsicher. Das BVerfG hat mehrfach deutlich gemacht, dass die Entscheidungen der Hochschulräte (insbesondere, soweit sie die Verteilung von Stellen und Mitteln betreffen) Relevanz für die Wissenschaft haben und dabei nicht danach differenziert, ob der Kern- oder nur der Randbereich der institutionellen Seite des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG betroffen ist.[196]

225

Bemerkenswert ist auch, dass der BayVerfGH die demokratische Legitimation des Hochschulrats mit der Begründung bejaht, der Hochschulrat leite seine Legitimation vom Senat ab, welcher seinerseits „durch hochschulinterne Wahlen demokratisch legitimiert“ sei.[197] Er folgt hier also offenbar der These von den Hochschulmitgliedern als legitimationsfähiges Teilvolk (s.o. Rn. 167–171), freilich ohne sie näher zu problematisieren. An anderer Stelle wird die demokratische Legitimation des Hochschulrats detaillierter begründet:[198] Die Ratsmitglieder, die zugleich dem Senat angehören, seien durch die Hochschulwahlen „sachlich-funktionell“ legitimiert. Die externen Ratsmitglieder verfügten deshalb, weil sie vom Staatsministerium bestellt würden, über eine personell-demokratische Legitimation und seien überdies sachlich-funktionell legitimiert, weil der Senat die Vorschläge für ihre Bestellung bestätigen müsse. Im Übrigen sei der Hochschulrat in seinem Handeln an die Gesetze, insbesondere des BayHSchG gebunden.

cc) Zielvereinbarungen

226

Zentrales Steuerungsmittel des New Public Management und damit auch der an ihm orientierten Hochschulreformen sind Zielvereinbarungen.[199] Verschiedene Ebenen in der Hochschulorganisation (Staat und Hochschule, Hochschulleitung und Fakultät, Dekan und Institut) schließen Vereinbarungen,[200] in denen geregelt wird, dass innerhalb eines bestimmten Zeitraums bestimmte Ziele z.B. bei der Entwicklung und Profilbildung der Hochschulen (Art. 15 Abs. 1 S. 1 BayHSchG) erreicht werden oder im Rahmen eines Globalhaushalts zugeteilte Mittel in bestimmter Weise verwendet werden sollen.

227

Diese Zielvereinbarungen sind ein durchaus janusköpfiges Reformelement: Einerseits kommt ihr konsensualer Charakter der wissenschaftlichen Eigengesetzlichkeit und dem Gedanken des Grundrechtsschutzes durch Verfahren entgegen.[201] Andererseits bleiben Zielvereinbarungen notwendig ineffektiv, wenn es den Partnern nicht gelingt, Ziele in angemessener Weise gemeinsam zu bilden und zu formulieren. Die Formulierung in der Regelung des BayHSchG über Zielvereinbarungen (Art. 15 Abs. 1 S. 2) mahnt daher zu Recht: „In der Zielvereinbarung werden insbesondere messbare und überprüfbare Ziele, das Verfahren zur Feststellung des Standes der Umsetzung der Zielvereinbarung und die Folgen bei Nichterreichung von vereinbarten Zielen festgelegt“. Schon der Ablauf des Verfahrens der Zielbildung ist allerdings eher wenig rechtlich strukturiert[202] und birgt die Gefahr von Intransparenzen.[203] Hierdurch können Unsicherheiten auf beiden Seiten (Staat und Hochschule) entstehen, die zu unpräzisen Zielvereinbarungen führen und so den angestrebten Steuerungseffekt verfehlen. Diese Gefahr wird noch dadurch vergrößert, dass bisher nicht hinreichend geklärt ist, in wieweit Verpflichtungen aus Zielvereinbarungen rechtlich bindend und deshalb einklagbar sind.[204]

dd) Globalhaushalte

228

Art. 5 Abs. 4 BayHSchG regelt, dass an den Hochschulen die Einführung von Globalhaushalten zugelassen werden kann.[205] Globalhaushalt ist „eine Mittelzuweisung in einem oder mehreren globalen Zuschusstiteln im Landeshaushalt, verbunden mit Haushaltsaufstellung, Vollzug und Entscheidungsfindung in eigener Verantwortung der Hochschule“.[206] Die Folgen dieser Flexibilisierung der Hochschulhaushalte für die Selbstverwaltung sind ambivalent:

229

Einerseits werden die Hochschulen, wenn sie selbstständiger über ihre Mittel entscheiden können unabhängiger vom Staat; die Selbstverwaltung wird also gestärkt.[207] Andererseits sind hochschulinterne Verteilungskämpfe leichter möglich.[208] Diese kann nur der Staat oder die Hochschul-/Fachbereichsleitung entscheiden. Somit stärkt die Umstellung auf Globalhaushalte mittelbar die Leitungsebene der Hochschule noch über diejenige Position hinaus, die ihr der Gesetzgeber ohnehin schon zugebilligt hat.[209] Ferner ist keineswegs klar, ob die Globalisierung die Finanzsituation der Hochschulen insgesamt verbessert oder eher verschlechtert. Nur im ersteren Fall kann von ihr eine spürbare Stärkung der akademischen Selbstverwaltung ausgehen.[210] Es besteht jedoch die Gefahr, dass Kürzungen ebenfalls globaler erfolgen können. Begründungen, warum gerade bei einem bestimmten Haushaltstitel gekürzt wird, sind bei einer Globalbudgetierung nicht mehr erforderlich, weil es eben diese bestimmten Haushaltstitel nicht mehr gibt. Kürzungen sind außerdem für den Staat leichter durchsetzbar. Indem er der Hochschule einen gekürzten Globalhaushalt zuweist, verlagert er den Streit darum, zu wessen Lasten die Kürzung letztlich geht, in den Hochschulbinnenbereich.

230

Im Schrifttum wird außerdem nachvollziehbar in Frage gestellt, in welchem Umfang die Einführung von Globalhaushalten mit verfassungsrechtlichen Vorgaben vereinbar ist. Insbesondere ist streitig, inwieweit sich das Parlament seines Budgetrechts i.S.d. Art. 110 Abs. 2 S. 1 GG entäußern darf.[211] Da dieses Recht insbesondere im Lichte des Demokratieprinzips als wichtiges Steuerungsmittel erscheint, dürften hier enge Grenzen bestehen. In jedem Fall muss der Verlust an budgetrechtlichen Steuerungsmöglichkeiten zumindest durch den Abschluss von Zielvereinbarungen und der Einführung von Controlling-Mechanismen kompensiert werden.[212]