Antikorruptions-Compliance

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4. Vermögensnachteil

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Das Verhalten des Täters muss bei dem Treugeber einen Vermögensnachteil begründen. Dabei wird der Nachteilsbegriff des § 266 StGB inhaltlich mit dem Schadensbegriff des § 263 StGB gleichgesetzt. Ein Vermögensnachteil liegt vor, sofern im Wege einer Gesamtsaldierung festgestellt wird, dass das Vermögen infolge der Tathandlung einen geringeren Wert aufweist, mithin insbesondere keine Kompensation durch einen gleichzeitig erlangten, rechtmäßigen Vermögenszuwachs erfolgt ist.[27]

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Praktisch relevant ist auch der Eintritt eines Vermögensnachteils durch Ausbleiben einer Vermögensmehrung. Ob hierin ein Nachteil liegen kann, ist umstritten.[28] Wer dies bejaht, setzt für die Annahme eines Vermögensnachteils aber voraus, dass die Aussicht auf den Zugewinn hinreichend gesichert ist. Ein bloßes Hoffen oder lediglich unbestimmte Erwartungen genügen freilich nicht.[29]

5. Vorsatz

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Der Täter muss vorsätzlich im Hinblick auf alle Tatbestandsmerkmale handeln. Hierfür genügt Eventualvorsatz – eine spezifische Absicht, wie sie etwa § 263 StGB verlangt, ist für eine Strafbarkeit nach § 266 StGB nicht erforderlich.

II. Korruptionsrelevante typische Fallgruppen

1. Bildung und Fortführung schwarzer Kassen

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Einer Korruption geht nicht selten spezifisches, die Tat ermöglichendes Fehlverhalten voraus. Ein verbreitetes, praktisch bedeutsames Beispiel bildet hier die Bildung und Unterhaltung sog. „schwarzer“ Kassen. Gemeint ist damit, dass der zur Vermögensbetreuung Verpflichtete Vermögenswerte des Treugebers unter Verstoß gegen eine ihm obliegende Pflicht einer Sonderkasse zuführt, deren Existenz und Verwaltung er zugleich verborgen hält. Ziel ist es dabei, hierauf im Bedarfsfall im (vermeintlichen) Interesse des Vermögensinhabers unkompliziert Zugriff nehmen zu können. Hier stellt sich die Frage, ob die bloße Bildung und Verwaltung solcher schwarzer Kassen bereits eine Untreuestrafbarkeit auslöst.[30] Zu ihrer Beantwortung wird in der Praxis zumindest zwischen schwarzen Kassen in der Privatwirtschaft, der öffentlichen Verwaltung und dem Parteiwesen unterschieden.[31]

a) Tatbestandsmäßige Pflichtverletzung

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Eine Pflichtverletzung ist prinzipiell in sämtlichen der drei genannten Bereiche gegeben. So verstößt die Bildung schwarzer Kassen innerhalb der öffentlichen Verwaltung gegen öffentlich-rechtliche (haushaltsrechtliche) Vorschriften, während insbesondere die Regelungen des PartG die ordnungsgemäße Offenlegung eines Rechenschaftsberichts verlangen. Im privatwirtschaftlichen Bereich verstößt die Bildung schwarzer Kassen zumeist gegen Buchführungs- und Bilanzierungsvorschriften gem. §§ 238 ff. HGB bzw. §§ 140 ff. AO. Auch die allgemeine Sorgfaltspflicht des ordentlichen Geschäftsmanns nach § 93 Abs. 1 S. 1 AktG bzw. § 43 Abs. 1 GmbHG wird hierdurch verletzt.[32]

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Das Verhalten kann sowohl die Voraussetzungen einer Missbrauchs- als auch einer Treubruchuntreue erfüllen, wobei es sich in der Praxis typischerweise um letztere handelt. Für die Unterscheidung kommt es maßgeblich darauf an, ob die Eröffnung der schwarzen Kasse bzw. die Überweisung eines Geldbetrags auf das entsprechende Konto rechtswirksam erfolgt. Dies ist von der Reichweite der Vertretungsmacht des Treupflichtigen abhängig, die oftmals keine Vermögensverfügungen ohne unmittelbare Gegenleistung erfasst. Zudem handelt es sich um ein rechtlich unwirksames Verhalten, sofern die schwarze Kasse durch Scheingeschäfte (Scheinrechnungen) eingerichtet wird (§ 117 BGB). Diese Fälle können ausschließlich unter den Treubruchtatbestand subsumiert werden. Auch die Bildung schwarzer Kassen mit Bargeld durch den sog. „Griff in die Kasse“ wird unter den Treubruchtatbestand subsumiert, da es sich dabei um eine faktische Tatbegehung handelt.[33]

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Die Pflichtwidrigkeit des Verhaltens scheidet indes aus, wenn es auf der Basis eines rechtlich wirksamen Einverständnisses des Geschäftsherrn erfolgt. Hiervon kann beim Einverständnis der Aktionäre einer AG bzw. der Gesellschafter einer GmbH in Bezug auf die Bildung oder Unterhaltung der schwarzen Kasse ausgegangen werden (insb. bei sog. „Kriegskassen“, die zu Bestechungszwecken und mithin möglicherweise zum Wachstum bzw. zur Mehrung des Vermögens gebildet werden).[34]

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Im Kontext der Pflichtverletzung muss entschieden werden, ob das Verhalten durch Tun oder Unterlassen verwirklicht wird. Im letztgenannten Fall bedarf es einer individuellen Garantenstellung des Treunehmers, die freilich bei Vorliegen einer Vermögensbetreuungspflicht unproblematisch gegeben ist. In Bezug auf den Anknüpfungspunkt für das individuelle Fehlverhalten ist zu beachten, dass der BGH in den Fällen „Kanther“ und „Siemens/ENEL“ bei Übernahme von vorab durch einen anderen eingerichteten schwarzen Konten ein strafbares Unterlassen bereits in der fehlenden Offenbarung durch ordnungsgemäße Verbuchung der Geldmittel gesehen hat.[35]

b) Vermögensnachteil
aa) Endgültiger Schaden oder schadensgleiche Vermögensgefährdung?

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Die Bildung schwarzer Kassen wirft insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Vermögensnachteils Fragen auf. Umstritten ist, ob dem Vermögensinhaber auf diese Weise ein endgültiger Schaden entsteht, oder ob das Verhalten eine schadensgleiche Vermögensgefährdung begründet. Innerhalb der Rechtsprechung zeichnet sich hierbei eine Veränderung ab. Während der BGH noch im Fall „Kanther“ von einer schadensgleichen Vermögensgefährdung ausging,[36] nimmt er in „Siemens/ENEL“ einen endgültigen Vermögensnachteil durch dauerhafte Entziehung der Verfügungsmöglichkeit an. Die spätere unrechtmäßige Verwendung der Gelder beurteilte er nur als Schadensvertiefung.[37]

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In Teilen der Literatur wird die Annahme eines endgültigen Vermögensnachteils kritisch gesehen.[38] Dieser Position liegt ein (verengtes) wirtschaftliches Verständnis des Schadensbegriffs zugrunde, die normativen Gesichtspunkten zu wenig Raum lässt.[39] Entgegen der Kritik pervertiert der Bundesgerichtshof durch seine Rechtsprechung § 266 StGB nicht zu einem Delikt zum bloßen Schutz der Dispositionsfreiheit. Vielmehr trägt der BGH dem Umstand Rechnung, dass Vermögensschutz allein unter Berücksichtigung der Gestaltungswünsche des Inhabers einen guten Sinn ergibt. Ohne eine Normativierung des Nachteilsbegriffs ist sinnvoller strafrechtlicher Schutz nicht zu leisten.[40]

bb) Schadenskompensation durch erwirtschaftete Gewinne

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In unmittelbarem Zusammenhang mit der Klassifizierung der Einrichtung einer schwarzen Kasse als endgültiger Vermögensnachteil steht die Frage, ob der gewinnbringende Einsatz der entsprechenden Mittel zu einer Schadenskompensation führen kann. Der BGH geht hiervon unabhängig von dem konkreten Verwendungszweck des Täters aus, wenn sich unmittelbar aus der pflichtwidrigen Handlung ein Gewinn ergibt – die bloße vage Gewinnchance oder ein Zufluss, der erst durch den späteren Einsatz der verborgenen Gelder erwirtschaftet werden soll, sei hierfür nicht ausreichend.[41] Demgegenüber wird im Schrifttum teilweise auf den subjektiven Verwendungszweck abgestellt.[42]

cc) Vermögensnachteil bei Fortführung einer schwarzen Kasse

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Auch in Fällen der Fortführung einer zu einem früheren Zeitpunkt durch einen anderen eingerichteten schwarzen Kasse kommt die Begründung eines Vermögensnachteils in Betracht. Dies ist nach Auffassung des BGH der Fall, sofern eine „konkret gesicherte Aussicht auf Vermögensmehrung“ bestand. Das Unterlassen wirke sich in dieser Konstellation vermögensmindernd aus, indem der Treugeber einen selbstständigen Anspruch des Treunehmers auf Herausgabe der Gelder vereitle.[43] In der Literatur stößt auch diese höchstrichterliche Rechtsprechung nicht zuletzt aufgrund der damit einhergehenden Ausdehnung der Untreuestrafbarkeit auf Kritik.[44]

2. Kick-Backs

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Einen weiteren praktisch relevanten Anwendungsfall für die Bestrafung nach § 266 StGB liefern sog. „Kick-Back-Zahlungen“. Gemeint sind damit Konstellationen, in denen der Abschluss eines Rechtsgeschäfts von einer der Parteien von geldwerten Dienst- oder Sachleistungen (z.B. Schmiergeld, Provision, Rabattzahlung, Rückvergütung) abhängig gemacht wird.[45] Der Zuwendende kompensiert diese Einbuße zugleich durch verdeckte Einbeziehung der überschüssig geleisteten Vermögenswerte in die Abrechnung gegenüber dem Geschäftsherrn – etwa indem ein gezahltes Schmiergeld dem eigentlichen geschäftsgegenständlichen Preis zugeschlagen wird.[46] Beispiele können vermeintliche Beraterverträge oder Provisionsvereinbarungen darstellen.[47]

a) Potentielle Untreuestrafbarkeit auf der Nehmerseite

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In aller Regel missbraucht der zur Vermögensbetreuung Verpflichtete durch die Vereinbarung einer Kick-Back-Leistung seine Vertretungsmacht im Innenverhältnis zum Treugeber. Weil zumeist ein kollusives Zusammenwirken bzw. ein evidenter Missbrauch vorliegt, bindet das Verhalten den Geschäftsherrn nicht im Außenverhältnis, sodass allein die Tatbestandsvariante der Treubruchuntreue in Betracht kommt.[48]

 

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Das Verhalten stellt eine Pflichtwidrigkeit dar, da es – das mangelnde Einverständnis des Vermögensinhabers vorausgesetzt – diesem die Möglichkeit nimmt, ein günstigeres Geschäft abzuschließen.[49] Das schädigende Verhalten kann entweder darin gesehen werden, dass der Treupflichtige die konkrete, sichere Möglichkeit eines günstigeren Vertrags hat verstreichen lassen (= Unterlassen), oder darin, dass er durch den Vertragsabschluss (= aktives Tun) eine Anwartschaft des Geschäftsherrn auf vorteilhaftere Konditionen oder ein mögliches, günstigeres Geschäft vereitelt.[50] Indessen handelt es sich bei der unterlassenen Abführung der Schmiergelder an den Geschäftsherrn um keine strafbewehrte Handlung i.S.d. § 266 Abs. 1 StGB. Die Herausgabepflicht (§§ 687 Abs. 2, 681 S. 2, 667 BGB) besteht allein auf schuldrechtlicher Ebene.[51]

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Der Schaden des Geschäftsherrn liegt in der Zahlung eines überhöhten Preises bzw. (bei wirksamen, noch nicht vollzogenen Verträgen) in der Verpflichtung, dies zu tun, sofern dadurch eine Diskrepanz zwischen Leistung und Gegenleistung auftritt.[52] Wenn ein entsprechender Wertunterschied nicht besteht, kommt es für die Annahme eines Schadens darauf an, ob der das Schmiergeld Zahlende zuvor bereit war, seine Leistung auch zu einem um das Schmiergeld gekürzten Preis zu erbringen. Eine solche Exspektanz begründet die Annahme, dass der Geschäftsherr ein günstigeres Geschäft hätte abschließen können.[53] In der Praxis entstehen in diesem Zusammenhang oftmals Beweisschwierigkeiten. Die Rechtsprechung wirkt diesen entgegen, indem sie prinzipiell von einer günstigeren Preiskalkulation ohne die Schmiergeldzahlung ausgeht. Diese Form der „Beweislastumkehr“[54] wird allein unter der Voraussetzung nicht angenommen, dass Umstände erkennbar sind, die nicht unbedingt darauf hindeuten, dass die Leistungen in die Kalkulation zu Lasten des Geschäftsherrn eingestellt worden seien.[55]

b) Potentielle Untreuestrafbarkeit auf der Geberseite

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Auch aus der Perspektive desjenigen, der eine Kick-Back-Zahlung leistet (Geberseite) kommt eine Untreuestrafbarkeit in Betracht. Die Rechtsprechung knüpft dabei in aller Regel an das Unterhalten von „Schmiergeldkassen“ an. Dem liegt zum einen die Erwägung zugrunde, dass die Zahlung für sich genommen nicht selten vom Einverständnis des Geschäftsherrn gedeckt ist, der auf diese Weise einen lukrativen Auftrag erlangt. Zum anderen kann es nach der Gesamtsaldierung an einem Schaden fehlen, weil die Vermögenseinbuße letztlich für einen Gewinn aufgewendet wird.[56]

C. Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen, § 298 StGB

I. Allgemeines

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Die Regelung der wettbewerbsbeschränkenden Absprachen bei Ausschreibungen wurde durch Art. 1 Nr. 3 des Korruptionsbekämpfungsgesetzes vom 13.8.1997 in das Strafgesetzbuch aufgenommen.[57] Ein Blick auf die Statistik lässt § 298 StGB in der Praxis angesichts geringer Fallzahlen eher unbedeutend erscheinen. Doch kann von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen werden.[58] Vor dem Inkrafttreten des § 298 StGB wurden diese Fälle im Rahmen des § 263 StGB erfasst. Der Gesetzgeber begründete die Gesetzesänderung mit den nicht selten auftretenden Beweisschwierigkeiten bei der Schadensermittlung in Bezug auf § 263 StGB. Auch wurde mit der Notwendigkeit argumentiert, das Unrechtsbewusstsein in der Bevölkerung in Bezug auf solche Verhaltensweisen zu erhöhen, um generalpräventive Effekte in Bezug auf Korruptionstaten zu erzielen.[59] § 298 StGB schützt den freien Wettbewerb.[60] Dieser steht sowohl in Abhängigkeit von gesetzlichen Vorgaben insbesondere des GWB als auch von seiner gesellschaftlichen Bedeutung.[61] Vor allem Letztere trägt eine gewisse Dynamik in die Reichweite des Schutzinteresses von § 298 StGB hinein. Neben dem Wettbewerb (oder vermittelt durch ihn) schützt § 298 StGB Individualinteressen.[62] Weil es für die Strafbarkeit nicht auf den Eintritt eines Vermögensschadens ankommt,[63] handelt es sich bei der Vorschrift um ein abstraktes Gefährdungsdelikt.[64]

II. Tatbestand des § 298 StGB

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Gem. § 298 Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer bei einer Ausschreibung über Waren oder Dienstleistungen ein Angebot abgibt, das auf einer rechtswidrigen Absprache beruht, die darauf abzielt, den Veranstalter zur Annahme eines bestimmten Angebots zu veranlassen. Bei einer Ausschreibung nach § 298 Abs. 1 StGB handelt es sich um ein Verfahren, bei dem der Veranstalter Angebote für die Erbringung von bestimmten Leistungen oder für die Lieferung bestimmter Waren bei einer Mehrzahl von Anbietern einholt.[65] Eine Ausschreibung kann sowohl als öffentliches Verfahren (unbeschränkte Zahl von Anbietern) als auch als beschränktes Verfahren (beschränkte Zahl von Anbietern) stattfinden.[66] Als von § 298 StGB erfasste Vergabeverfahren sind die öffentliche Ausschreibung bzw. das offene Verfahren, die beschränkte Ausschreibung bzw. das nichtoffene Verfahren ebenso wie das Verhandlungsverfahren bzw. die freihändige Vergabe zu nennen. Nach § 298 Abs. 2 StGB steht der Ausschreibung die freihändige Vergabe eines Auftrages nach vorausgegangenem Teilnahmewettbewerb gleich.

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Hauptanwendungsbereich des § 298 StGB sind Vergabeverfahren aus öffentlicher Hand, die den Vorschriften der VOB/A, VOL/A und der Vergabeordnung unterliegen.[67] Doch auch Private können sich nach § 298 StGB strafbar machen. Zwar sind diese Personen nicht an die VOB/A, VOL/A oder die Vergabeordnung gebunden. Sofern das private Vergabeverfahren aber ähnlich ausgestaltet ist, unterfällt es ebenfalls der Vorschrift des § 298 StGB.[68] Öffentliche Auftraggeber müssen prinzipiell ein öffentliches Verfahren wählen, sofern nicht der durch § 113 GWB bestimmte Schwellenwert unterschritten wird.[69]

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Die Ausschreibung muss sich auf Waren oder Leistungen beziehen. Waren sind sämtliche Objekte, die als Gegenstand des Geschäftsverkehrs veräußert oder übertragen werden können.[70] Dies schließt nicht nur bewegliche und unbewegliche Sachen sowie Rechte ein, sondern auch nicht körperliche Gegenstände wie das „know how“ und den „good will“ des Anbieters.[71] „Leistungen“ können im Rahmen des Geschäftsverkehrs im unternehmerischen, freiberuflichen sowie dem Bereich des privatwirtschaftlich tätigen Staates erbracht werden.[72]

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Das der Ausschreibung folgende Angebot muss die Verfahrensregeln einhalten. Informelle Bemühungen zur Auftragserlangung sind mithin zumindest von § 298 StGB nicht erfasst, können aber eine strafrechtliche Verantwortlichkeit nach §§ 263, 331 ff. StGB begründen.[73] Bei einem Angebot i.S.d. § 298 StGB handelt es sich um eine eindeutige Erklärung in Bezug auf die gebotene Leistung und den dafür veranschlagten Preis.[74] Auch formelle Anforderungen wie etwa das Vorliegen einer Unterschrift müssen gewahrt sein.[75] Abgegeben ist ein Angebot, sofern es dem Veranstalter zugegangen ist und zeitgemäß innerhalb der Ausschreibung berücksichtigt werden kann. Es genügt daher nicht entsprechend zivilrechtlichen Vorschriften, dass das Angebot mit Willen des Erklärenden in den Verkehr gebracht wird. Auf eine Kenntnisnahme oder Annahme durch den Veranstalter kommt es jedoch nicht an.[76] Der BGH hält selbst eine verspätete Abgabe für grundsätzlich ausreichend.[77]

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Das abgegebene Angebot muss auf einer Absprache beruhen. Ein Beruhen kann bei bloßer Mitursächlichkeit i.S.d. allgemeinen Kausalitätsregeln angenommen werden.[78] Die Absprache setzt keine vertragliche Abrede voraus, zumindest aber ein abgestimmtes Verhalten, mithin eine zumindest konkludente Verständigung der Beteiligten.[79] Der entsprechende Bindungswille muss jedenfalls faktischer Natur sein.[80] Erfasst sind sowohl sog. horizontale Absprachen zwischen Unternehmen, die keine direkten Wettbewerber sind, als auch vertikale Vereinbarungen zwischen Anbieter und Veranstalter.[81] Rechtswidrig ist die Absprache, wenn sie gegen kartellrechtliche Vorschriften des § 1 GWB oder Art. 101, 102 AEUV verstößt.[82]

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Die Absprache muss nach verbreiteter Ansicht darauf gerichtet sein, die Annahme eines spezifischen Angebots zu erreichen. Letzteres muss daher seinem Inhalt nach eine gewisse Bestimmtheit aufweisen (Beispiel: Festlegung eines Nullpreises).[83] Dabei steht es der Absprache nicht entgegen, wenn diese dem Veranstalter etwa durch eigene Mitarbeiter bekannt war. Es handelt sich bei § 298 StGB nicht um ein „heimliches“ Delikt.[84]

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Die Strafbarkeit setzt vorsätzliches Fehlverhalten voraus.[85] Der Vorsatz muss sich auf das normative Tatbestandsmerkmal der Rechtswidrigkeit der Absprache erstrecken, weshalb in Irrtumsfällen Straflosigkeit gem. § 16 Abs. 1 S. 1 StGB in Betracht kommt.[86]

III. Rechtfertigungsgründe und tätige Reue

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§§ 2, 3 GWB normieren spezialgesetzliche Rechtfertigungsgründe für § 298 StGB. Im Übrigen greifen die allgemeinen Regeln. Eine analoge Anwendung von § 193 StGB kommt nicht in Betracht.[87] § 298 Abs. 3 StGB sieht die Möglichkeit einer persönlichen Strafaufhebung in Fällen der tätigen Reue vor.

IV. Verfolgungszuständigkeit

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Verstöße gegen § 81 GWB werden von der Kartellbehörde verfolgt. Bei Zusammentreffen mit einer Straftat ist allerdings die Staatsanwaltschaft zuständig, §§ 21 Abs. 1, 41 Abs. 1 OWiG. Sofern sich das Verfahren der Kartellbehörde gegen eine juristische Person oder eine Personenvereinigung richtet, kommt eine fakultative Abgabe an die Staatsanwaltschaft gem. § 82 S. 2 GWB in Betracht.

D. Betrugsdelikte, §§ 263, 264 StGB

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Korruptionsstraftaten gehen nicht selten mit Betrugsdelikten einher. Hier kommen ganz unterschiedliche Konstellationen in Betracht wie etwa die bloße Vortäuschung der Vorteilszuwendungsbereitschaft durch den Versprechenden oder die Erstellung von Scheinrechnungen zur Verdeckung von Bestechungsgeschäften.[88] Beim Betrug gem. § 263 StGB handelt es sich um ein besonders voraussetzungsreiches Delikt, das in der Praxis Nachweisschwierigkeiten vor allem im Hinblick auf die subjektive Tatseite aufwerfen kann. Vor diesem Hintergrund erklärt sich das gesetzgeberische Bemühen, durch eine Vorverlagerung der Strafbarkeit einen weiteren Bereich von Verhaltensweisen zu erfassen.[89] Zu den sog. betrugsähnlichen Kranzdelikten zählen der Subventionsbetrug (§ 264 StGB), der Kapitalanlagebetrug (§ 264a StGB), der Versicherungsbetrug bzw. -missbrauch (§ 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 5 und § 265 StGB), der Kreditbetrug (§ 265b StGB) sowie der „Ausschreibungsbetrug“ durch wettbewerbsbeschränkende Absprachen (§ 298 StGB)[90]. Diese Delikte sollen jeweils spezielle Anwendungsprobleme oder gar -hindernisse des Betrugstatbestandes aufheben und setzen in den meisten Fällen als abstrakte Gefährdungsdelikte keinen Vermögensschaden voraus. In Fällen der Korruption treten der Subventions- und der Ausschreibungsbetrug besonders häufig auf.