Antikorruptions-Compliance

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C. Korruption und die Auswirkungen auf die Steuerpflicht
I. Steuerhinterziehung durch Verschweigen von erhaltenen Bestechungsgeldern

1. Wertneutralität des Steuerrechts

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Nach § 40 AO ist es für die Besteuerung unerheblich, ob ein Verhalten, das den Tatbestand eines Steuergesetzes ganz oder zum Teil erfüllt, gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt. Der Gesetzgeber geht deshalb davon aus, dass auch illegal erzielte Einkünfte versteuert werden müssen, wenn ein gesetzlicher Besteuerungstatbestand erfüllt ist.[31] Bestechungsgelder unterliegen einem Besteuerungstatbestand, nämlich § 22 Nr. 3 EStG;[32] bei Freiberuflern handelt es sich um Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit, so dass erhaltene Bestechungsgelder in der Steuererklärung anzugeben sind.[33]

2. Verstoß gegen die Selbstbelastungsfreiheit?

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Das bringt den Steuerpflichtigen in die Situation, dass er seine Verwicklung in einen korruptiven Sachverhalt der Finanzbehörde offenlegen muss, was einen Verstoß gegen den Grundsatz nemo-tenetur bedeuten könnte. Das Steuergeheimnis ist hier jedenfalls nicht lückenlos (dazu unten mehr). Der BGH sieht keinen Verstoß gegen die Selbstbelastungsfreiheit in dem Erfordernis der Angabe der Einkünfte aus Bestechungen, bietet aber einen scheinbaren Ausweg aus dieser Zwickmühle, indem er die Anforderungen an die Mitwirkungspflichten hinunter schraubt.[34] Es wird dem Steuerpflichtigen frei gestellt, die Einkünfte nur der Höhe nach anzugeben, ohne konkret mitzuteilen, aus welchen Lebenssachverhalten und auch von welchem Empfänger diese Zahlung stammt. Vordergründig ist dies eine für den Steuerpflichtigen praktische und auch komfortable Lösung, weil die nachfolgende Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung nach der strafbaren Annahme von Bestechungsgeldern vermieden wird. Der Steuerpflichtige muss keine Einzelheiten mitteilen, welche die Tat unmittelbar beschreiben, so dass die Ermittlungen einen konkreten Anhaltspunkt hätten. Freilich hilft ihm dies nur begrenzt. Es dürfte nämlich eine lebensnahe Prognose sein, dass auf unbestimmte Angaben über Einkünfte nachfolgende Ermittlungen zumindest aufgenommen werden, weil ein Anfangsverdacht wegen einer Korruptionsstraftat angenommen werden kann.[35] In der Literatur wird deshalb die Annahme eines strafrechtlichen Verwertungsverbots gefordert.[36]

II. Steuerhinterziehung wegen Betriebsabgabenabzug gezahlter Bestechungsgelder
1. Das Abzugsverbot nach § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG

a) Keine Notwendigkeit einer Verurteilung

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Seit dem Jahressteuergesetz vom 1.1.1996[37] dürfen Bestechungsgelder gem. § 4 Abs. 5 Nr. 10 S. 1 EStG nicht als Betriebsabgaben abgezogen werden. Nach der ursprünglichen Gesetzesfassung war hierzu entweder eine rechtskräftige Verurteilung wegen einer Korruptionsstraftat oder eine Verfahrenseinstellung nach §§ 153 ff. StPO erforderlich. Diese Fassung hat sich aber als impraktikabel erwiesen, weil das Veranlagungsverfahren von der strafrechtlichen Verurteilung oder Einstellung des Verfahrens abhängig gemacht wurde.[38] Das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24.3.1999 hat die Regelung deshalb modifiziert, so dass nach der geltenden Fassung nur noch die Begehung einer Korruptionsstraftat erforderlich ist. Nach § 4 Abs. 5 Nr. 10 S. 1 EStG sind zugewendete Vorteile sowie damit zusammenhängende Aufwendungen nicht steuerlich abzugsfähig, wenn die Zuwendung eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt.[39] Die Koppelung an eine Verurteilung oder strafrechtliche Einstellung ist damit aufgehoben, so dass das Steuerverfahren nicht mehr bis zum Abschluss des Strafverfahrens ausgesetzt werden muss. Damit ist es auch unerheblich, ob die Tat überhaupt bestraft werden kann, etwa weil die Schuld nicht vorliegt oder kein Strafantrag gestellt worden ist. Sogar verjährte Taten begründen ein Abzugsverbot.[40] Das tatbestandsmäßige Verhalten muss hingegen vom Gesetz umfasst sein und das ist von den Finanzbehörden auch zu überprüfen.[41]

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Der Vorschrift wird vorgeworfen, systemwidrig zu sein, weil dem Abzugsverbot der Ausgaben beim Zuwendenden eine Steuerbarkeit der Einnahmen beim Empfänger entgegensteht.[42] In der Norm ist aber nicht in erster Linie ein Instrument zur Doppelbesteuerung, sondern zur Bekämpfung der Korruption zu sehen.

b) Sachlicher Anwendungsbereich des Abzugsverbots

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Ausdrückliche Anwendung findet das Abzugsverbot nur auf Gewinneinkunftsarten. Durch die Verweisung des § 9 Abs. 5 EStG gilt es aber auch für Überschusseinkünfte und nach § 8 Abs. 1 S. 1 KStG auch für juristische Personen, die ihre Gewinne ebenfalls nach dem EStG ermitteln.[43]

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§ 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG bezieht sich aber nur auf Ausgaben, die grundsätzlich Betriebsausgaben sind. Zuwendungen, die schon von vornherein keine Betriebsausgaben sind, weil der betriebliche Zusammenhang fehlt, unterfallen nicht dem Abzugsverbot nach § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG, sondern sind schon nach § 2 EStG nicht abzugsfähig. Das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG ist weiterhin auch nicht einschlägig, wenn der Abzug bereits nach einer anderen Norm ausgeschlossen ist. Beispielshaft seien hier Geschenke genannt, die schon nach § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG nicht abzugsfähig sind.[44] Gleiches gilt auch z.B. für § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG (Aufwendungen von Bewirtungen, soweit sie 70 % der Aufwendungen überschreiten, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung angemessen sind und deren Höhe und betrieblicher Anlass nachgewiesen ist). Für die Beurteilung der Handlung als strafbare Steuerhinterziehung durch vorsätzliche unberechtigte Geltendmachung von Betriebsausgaben und deren Behandlung kann diese Unterscheidung von entscheidender Bedeutung sein, weil die unrichtige Angabe über die Natur einer Betriebsausgabe, die tatsächlich ein Geschenk und deshalb nicht abzugsfähig ist, die Mitteilungspflichten, die in § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG vorgesehen sind, nicht auslöst.[45]

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Die Vorschrift enthält keine ausdrückliche Beschränkung auf einzelne Tatbestände, wie es während der Gesetzgebungsgeschichte durchaus vorgesehen war,[46] sondern drückt sich sehr weit aus. Der Vorteil dieser Regelungsart zeigt sich insbesondere, wenn es zu gesetzlichen Änderungen kommt, wie etwa die Einführung des § 299a StGB, der ohne Anpassung des Gesetzes unter die erfassten Tatbestände fällt. Das Abzugsverbot bezieht sich vor allem auf die Korruptionsdelikte (§§ 299, 331 ff. StGB) und solche Wirtschaftsdelikte, die mittels einer unerlaubten Zuwendung begangen werden.[47] Aufgrund der weiten Gesetzesformulierung erstreckt sich der Anwendungsbereich auch auf Ordnungswidrigkeiten, die durch die Gewährung von Vorteilen begangen werden.[48] Zahlungen, mit denen andere Delikte verwirklicht werden, fallen hingegen regelmäßig nicht unter das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Nr. 10 S. 1 EStG, weil die Zuwendung von Vorteilen Tatbestandsmerkmal des erfüllten Straf- oder Bußgeldtatbestandes sein muss. Spielt die Zuwendung hingegen für die Erfüllung des Tatbestandes keine Rolle, so ist sie auch als Betriebsausgabe abzugsfähig.[49] Dies gilt etwa für die Hehlerei durch den Ankauf gestohlener Ware,[50] für die (entgeltliche) Verletzung von Privatgeheimnissen[51] oder für die Untreue.[52] Denn bei diesen Delikten wird nicht wegen der Vorteilsgewährung bestraft.[53] Durch die Neuregelung des § 4 Abs. 5 Nr. 10 S. 1 EStG dürfte sich hieran nichts geändert haben. Denn gegen eine Einbeziehung anderer Tatbestände lässt sich anführen, dass der Gesetzgeber in § 4 Abs. 5 Nr. 10 S. 1 EStG eine Maßnahme zur Korruptionsbekämpfung sah und in der Ursprungsfassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 die Bestechungsdelikte enumerativ aufgezählt waren. Auf diese Aufzählung wurde lediglich verzichtet, um die Norm bei einer Änderung der Strafgesetze nicht anpassen zu müssen.[54]

c) Rechtfolge des § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG

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Das Abzugsverbot ist steuerlich eine zwingende Rechtsfolge. Es erfasst dabei nicht nur die Zuwendung als solche, sondern auch damit zusammenhängende Transaktionskosten. Ausreichend ist dabei ein allgemeiner Veranlassungszusammenhang.[55] Damit können auch Zahlungen, mit denen selbst noch kein Korruptionsdelikt verwirklicht wurde, dem Abzugsverbot unterfallen, wenn es sich bei diesen Zahlungen um mit späteren Bestechungszahlungen zusammenhängende Aufwendungen handelt.[56]

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Mit strafbaren Zuwendungen zusammenhängende Aufwendungen sind insbesondere sog. Transaktionskosten[57] wie Reise-, Transport-, Telefon-,[58] aber auch Nebenkosten im Zusammenhang mit den einschlägigen Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten[59] wie Beratungs-, Verteidigungs- und Gerichtskosten.[60] Geldbußen, die von einem inländischen Gericht oder einem Organ der Europäischen Union verhängt worden sind, unterfallen bereits dem Abzugsverbot nach § 4 Abs. 5 Nr. 8, 9 EStG soweit es sich um den Ahndungsteil handelt.[61] Geldstrafen sind dagegen unabhängig davon, ob es sich um eine europäische Entscheidung handelt nach § 12 Nr. 4 EStG nicht abzugsfähig.[62]

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Auch bei Auslandssachverhalten kann der Betriebsausgabenabzug unter Umständen versagt werden.[63] Voraussetzung ist, dass der Sachverhalt nach den einschlägigen Vorschriften der deutschen Strafgewalt unterliegt, etwa weil das Territorialprinzip durchbrochen ist.[64] Hierfür spricht, dass die steuerrechtlichen Sanktionen des Abzugsverbotes die strafrechtlichen Sanktionen nur ergänzen sollen. Sind die Rechtsverstöße nach deutschem Recht nicht strafbar, so besteht auch kein Bedürfnis, steuerrechtliche Sanktionen zu verhängen.[65]

 

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Eine sich insbesondere bei aus Unternehmen heraus begangenen Steuerstraftaten stellende Frage ist, ob auch die Kosten einer anlässlich der Korruptionsstraftat vorgenommenen internen Untersuchungen dem Abzugsverbot unterliegen, weil sie einen ausreichenden Zusammenhang mit der Vorteilszuwendung aufweisen.[66] Nach dem weiten Verständnis des allgemeinen Veranlassungszusammenhangs dürfte das wohl zu bejahen sein, wenn die Untersuchungen einzig aufgrund der Korruptionsstraftat vorgenommen werden. Nach überzeugender Ansicht ist das Abzugsverbot aber zu verneinen und zwar mit dem Argument, dass Unternehmen oftmals zu internen Ermittlungen gezwungen sind und diese außerdem einem funktionierenden Complianceprogramm zuzurechnen sind. Es kann deshalb der Bezug zu der einzelnen Straftat abgelehnt werden, weil die Vornahme der Untersuchungen Teil der Unternehmenskultur ist und deshalb nicht mehr nur auf der konkreten Straftat beruht, sondern der allgemeinen Selbstverpflichtung des Unternehmens, Straftaten aufzuklären.

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Problematisch und noch weitgehend ungeklärt ist auch, wie nach einer Einziehung zu verfahren ist. Nach § 73 StGB soll das Erlangte vollständig eingezogen werden und § 73d StGB hat der Abziehbarkeit von Aufwendungen bei der Berechnung des durch die Straftat Erlangten enge Grenzen gesetzt. Es würde aber zu einer Doppelbelastung kommen, wenn bei dem Täter oder dem Dritten das Erlangte zwar eingezogen wird, dieses aber dennoch als Gewinn zu versteuern ist. Grundsätzlich sind hier zwei Herangehensweisen möglich, nämlich die Berücksichtigung der Steuerlast bei der Einziehung oder die Berücksichtigung der Einziehung bei der Steuerfestsetzung. Vor der Neuregelung wurde dies nach dem Prioritätsprinzip gelöst.[67] Der Gesetzgeber hat sich in der neu geregelten Gewinnabschöpfung für die sog. steuerliche Lösung entschieden.[68] Danach soll der Einziehungsbetrag bei der Abziehbarkeit von Werbungskosten und Betriebsausgaben zu berücksichtigen sein. Der nunmehr geltende § 73d StGB lässt den Abzug der Steuerlast von dem aus der Straftat Erlangten nicht zu, da kein sachlicher Zusammenhang mit der strafrechtlich relevanten Bereicherung besteht.[69] Auch wenn die damit einhergehende Klarheit über das anzuwendende System zu begrüßen ist, bringt die steuerliche Lösung durchaus Probleme mit sich. Zum einen scheitert die steuerliche Lösung in den Fällen, in denen der Abzug nicht mehr möglich ist, weil die Steuerfestsetzung Bestandskraft hat.[70] Zum anderen kann es im Einzelfall ein Auseinanderfallen der Berechnung des Erlangten aufgrund der strengen Regelung zur Abziehbarkeit bei der Einziehung und der steuerlichen Anerkennung von Aufwendungen kommen.

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Bei Korruptionsstraftaten stellt sich ein ganz eigenes Problem, das unmittelbar aus § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG folgt.[71] Indem nach dieser Vorschrift alle Aufwendungen, die mit der strafbaren Zuwendung zusammenhängen, nicht abgezogen werden können, verbietet sie auch die Geltendmachung des Einziehungsbetrags. Die vorgenommene Einziehung hängt unmittelbar mit der Tat zusammen und unterliegt deshalb dem steuerlichen Abzugsverbot. Bei Korruptionsstraftaten verfängt die von Gesetzgeber vorgesehene steuerliche Lösung deshalb nicht. Um die damit einhergehende Doppelbelastung zu vermeiden, ist eine teleologische Reduktion des § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG vorzunehmen, nach welcher der Einziehungsbetrag ausnahmsweise nicht als mit der Vorteilszuwendung zusammenhängende Ausgabe anzusehen ist.[72] Der Gesetzgeber wollte mit der Wahl für die steuerliche Lösung die Strafgerichte von der Aufgabe entlasten, die Steuerlast bei der Berechnung des Erlangten einzubeziehen und nicht etwa eine Doppelbelastung – und dann auch nur in einer bestimmten Deliktsgruppe – bewirken.

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Fallen eine Korruptionstat und eine Steuerstraftat zusammen, ist es jedenfalls nicht möglich, die erhaltene Zuwendung als das Erlangte einer Bestechlichkeit und die ersparten Aufwendungen der hinterzogenen Steuern bezüglich des erhaltenen Vorteils parallel einzuziehen.[73] Dieses Ergebnis folgt aber nicht daraus, dass eine Doppelbelastung im Steuerverfahren zu vermeiden ist, sondern es handelt sich hierbei schon um den gleichen wirtschaftlichen Vorteil.[74]

d) Steuerhinterziehung bei Geltendmachung eines unberechtigten Abzugs

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Eine (versuchte) Steuerhinterziehung auf Seiten des Vorteilsgewährenden liegt vor, wenn die Zahlungen als Betriebsausgaben geltend gemacht werden trotz des bestehenden Abzugsverbots und dabei unrichtige Angaben über die Natur der Aufwendungen gemacht werden.[75] Die unrichtigen Angaben über die wahre Natur der Aufwendungen werden in der Praxis oftmals mit der Einreichung von Scheinrechnungen begleitet. Diese sind nach § 41 Abs. 1 S. 2 AO für die Besteuerung grundsätzlich unerheblich, weil nach § 41 Abs. 2 S. 2 AO das verdeckte Geschäft maßgeblich für die Besteuerung ist. Dabei ist es auch unerheblich, ob die tatsächlich getroffenen Vereinbarungen möglicherweise unwirksam sind, wenn die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis dieser Rechtsgeschäfte gleichwohl eintreten und bestehen lassen wollten.

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Werden die Bestechungsgelder dagegen von vornherein als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben gebucht, so scheidet eine Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung aus.[76] Dieses Vorgehen mag im Rahmen einer Betriebsprüfung zwar als Anhaltspunkt für eine vorgenommene strafbare Vorteilsgewährung auffallen. Es wird aber darauf hingewiesen, dass die weitere Aufklärung oftmals schwierig sein wird, wenn die entsprechende Zahlung nur der Höhe nach gebucht werden und keine weiteren Angaben hinterlegt sind.[77]

2. Empfängerbenennung und Versagung des Betriebskostenabzugs nach § 160 AO

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Werbungskosten und Betriebsausgaben sind nach § 160 EStG nur zu berücksichtigen, wenn dem Empfängerbenennungsverlangen der Finanzbehörde nachgekommen wird. In der Praxis hat diese Möglichkeit der Finanzbehörden vielleicht sogar eine größere Bedeutung als das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG. Der Zweck der Vorschrift besteht darin, bei einer Anerkennung einer Betriebsausgabe auf der einen Seite eine Besteuerung auf der Empfängerseite sicherzustellen.[78] Deshalb kann auf dem Empfängernachweis verzichtet werden, wenn die Zuwendung ins Ausland geflossen ist und feststeht, dass der Empfänger nicht der deutschen Steuergewalt unterliegt. Es ist mit diesem Instrument also keine Schätzung oder ein erhöhtes Steueraufkommen verbunden, sondern es enthält nur eine Konkretisierung der Mitteilungspflichten. Die Finanzbehörde kann vom Steuerpflichtigen die Angabe über den Empfänger einer Betriebsausgabe verlangen und sie macht davon auch regelmäßig Gebrauch, wenn sie den Verdacht auf eine Zahlung von Bestechungsgeldern hat. Der Steuerpflichtige kann sich dafür entscheiden, diesem Verlangen nicht nachzukommen, Zwangsmittel dürfen nämlich nach § 393 Abs. 1 S. 2 AO nicht angewendet werden, worauf der Steuerpflichtige auch hinzuweisen ist. In diesen Fällen wird die Zahlung aber regelmäßig nicht als abzugsfähige Ausgabe anerkannt. Die Finanzverwaltung stützt dabei die Nichtabziehbarkeit der Ausgaben nicht auf das nicht oder nur schwer nachzuweisende Korruptionsdelikt, sondern schlicht auf die Nichtbenennung des Empfängers. Ratio dieser Herangehensweise ist es, den möglichen Steuerausfall durch die Gefahr der Nicht-Besteuerung beim Empfänger durch die Versagung des Abzugs beim Zahlenden zu kompensieren.

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Nach zutreffender Ansicht ist § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG lex specialis zu § 160 AO, weil letztere Vorschrift abziehbare Betriebsausgaben gerade voraussetzt.[79] Deshalb muss nach der Systematik des Gesetzes zuerst geprüft werden, ob es sich um Betriebsausgaben handelt, die nicht abgezogen werden dürfen, weil die Zuwendung ein Strafgesetz erfüllt. Da das im Einzelfall schwierige Ermittlungen einer Korruptionsstraftat voraussetzt, geht die Finanzbehörde oft verfahrensökonomisch vor und wendet in Zweifelsfällen § 160 AO an, ohne vorher die Voraussetzungen des Abzugsverbots geprüft zu haben. Aus verfahrensökonomischen Gründen ist dies nachvollziehbar, weil die Finanzbehörde mit der Feststellungslast der Nichtabziehbarkeit wegen eines Korruptionsdelikts belastet ist.[80]

III. Umsatzsteuerhinterziehung

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Die Geltendmachung von Vorsteuern für Leistungen setzt nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG eine Rechnung voraus. Liegt diese nicht vor oder handelt es sich um eine Scheinrechnung, ist ein Vorsteuerabzug nicht zu gewähren und die Geltendmachung mit unrichtigen Angaben bzw. unter Vorlage einer Scheinrechnung eine (versuchte) Steuerhinterziehung. Dem Abzugsverbot nach § 15 Abs. 1a UStG unterfallen die Vorteilszuwendungen dagegen nicht, weil § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG in dem genannten Katalog nicht enthalten ist. Das beruht auf Art. 176 MwStSysRL, die vorsieht, dass nur Ausgaben ausgeschlossen werden, die keinen streng geschäftlichen Charakter haben.

D. Steuerstrafverfahren

I. Zuständigkeit

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Im Steuerstrafverfahren stehen der Finanzbehörde die Aufgaben und Befugnisse nach § 386 Abs. 1 S. 2 AO zu, wenn die Tat ausschließlich eine Steuerstraftat darstellt oder zugleich andere Strafgesetze verletzt und deren Verletzung Kirchensteuer oder andere öffentlich-rechtliche Aufgaben betrifft, die an Besteuerungsgrundlagen oder Steuerbeträge anknüpfen. Damit der Steuerhinterziehung durch Geltendmachung von Betriebsausgaben entgegen § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG grundsätzlich eine Strafbarkeit eines Korruptionsdelikts einhergeht, bleibt es bei der allgemeinen Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft, die sich dann auch auf die Steuerstraftat bezieht. Die Finanzbehörde nimmt in diesen Verfahren die Rolle der Ermittlungsbeamten ein.

II. Durchbrechung des Steuergeheimnisses durch Mitteilungspflichten