Schuldrecht Besonderer Teil II

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Aus der Reihe: JURIQ Erfolgstraining
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2. Rechtsvernichtende Einwendungen

a) Erfüllung und Erfüllungssurrogate

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Der Primäranspruch des Mieters erlischt gem. § 362 Abs. 1 im Idealfall durch permanente Erfüllung. Denkbar ist aber auch ein Erlöschen durch die Erfüllungssurrogate Leistung an Erfüllungs statt (§ 364 Abs. 1) oder Erlass (§ 397).

b) Nachträgliche Leistungsbefreiung nach § 275

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Dem Vermieter kann die Erfüllung seiner Leistungspflicht durch einen nach Vertragsschluss eintretenden Umstand ganz oder teilweise unmöglich werden. Insoweit wird er nach § 275 Abs. 1 von seiner Leistungspflicht befreit. Da es sich um ein absolutes Fixgeschäft handelt, tritt mangels rückwirkender Nachholbarkeit der Leistung mit dem Ausfall der Leistung für den fraglichen Zeitraum Unmöglichkeit ein.[123]

Beispiel

Vermieter V vermietet dem M eine Wohnung ab dem 1.6. Der Mietvertrag mit dem Vormieter X ist bereits zum 30.4. beendet. Allerdings räumt der X die Wohnung erst verspätet zum 15.6. Dem V ist seine Leistungspflicht damit für den Zeitraum 1.–15.6. unmöglich geworden.

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Der Vermieter wird ferner von seiner Leistung frei, sofern er seine Leistung nach § 275 Abs. 2, 3 berechtigterweise verweigert.

Beispiel[124]

M mietet von V eine Wohnung nebst Kellerraum und Tiefgaragenstellplatz. Im Durchgangsbereich vom Haus zum Keller und zur Tiefgarage trat nach einiger Zeit auf einmal starke Feuchtigkeit auf. Bei hoher Regentätigkeit sammelte sich regelmäßig über einen längeren Zeitraum Wasser in diesem Bereich. Da M diesen Bereich immer durchqueren muss, um an seinen Keller und an seinen Tiefgaragenstellplatz zu kommen und dabei keine nassen Füße bekommen möchte, verlangt er von V fachgerechte Beseitigung der Feuchtigkeitsschäden und Maßnahmen gegen weiteres Eindringen von Feuchtigkeit in diesen Bereich. V hält dem entgegen, dass er nur durch eine vollständige Erneuerung der Betonwanne unter dem Haus sicherstellen könne, dass überhaupt kein Wasser mehr eintritt. Denn die Feuchtigkeit trete aus dem Erdreich durch die undichte Betonwanne in den Keller ein. Die Sanierung würde mindestens 100 000 € kosten, was ihm nicht zumutbar sei.

Die aus § 275 Abs. 2 folgende Opfergrenze für die Leistungspflicht des Vermieters gem. § 535 Abs. 1 (Mängelbeseitigung) ist hier überschritten. Das Gläubigerinteresse des M besteht nur darin, bei jedem Wetter trockenen Fußes zu seinem PKW und seinem Kellerraum zu gelangen. Der zur Befriedigung dieses Erfüllungsinteresses erforderliche Aufwand steht dazu in keinem zumutbaren Verhältnis mehr.

c) Fristablauf
aa) Auswirkungen einer Befristung

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Wird ein Mietvertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen, endet das Mietverhältnis durch Kündigung, vgl. § 542 Abs. 1. Die Parteien können aber auch einen fixen Endtermin vereinbaren. Das Mietverhältnis endet dann automatisch an diesem Termin, ohne dass es einer gesonderten Kündigung bedarf, vgl. § 542 Abs. 2 Hs. 1. Aus § 542 ergibt sich weiter, dass im Fall einer Befristung die ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist.

Schließen die Parteien ein befristetes Mietverhältnis, erlöschen die Primäransprüche der Parteien mit Fristablauf für die Zukunft. Der Fristablauf ist also rechtsvernichtende Einwendung gegen die wechselseitigen Primäransprüche.

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Diese Wirkung tritt aber nur ein, wenn die Befristung wirksam vereinbart wurde. Das Mietrecht kennt Regelungen, die nur zur Unwirksamkeit der Befristungsabrede, aber nicht zur Unwirksamkeit des gesamten Vertrages führen. Solche Regelungen sehen wir uns nun an:

bb) Wirksamkeitsvoraussetzungen bei Wohnraummiete

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Bei der Vermietung von Wohnräumen sieht das Gesetz für die Befristung zwei verschiedene Wirksamkeitsvoraussetzungen vor, die je nach Ausgestaltung kumulativ oder alternativ zur Anwendung kommen.

(1) Schriftform bei Befristung über mehr als ein Jahr, § 550

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Wollen die Parteien das Mietverhältnis für längere Zeit als ein Jahr befristen,[125] ordnet das Gesetz bei allen Wohnraummietverhältnissen[126] in § 550 für den gesamten Vertrag die Schriftform (§ 126) als Wirksamkeitsvoraussetzung neben § 575 an, wobei (theoretisch) die Schriftform auch durch die elektronische Form nach § 126a ersetzt werden könnte. Wird die gesetzliche Form nicht eingehalten, hat dies nicht die Nichtigkeit des Vertrages nach § 125 S. 1 zur Folge. Vielmehr ordnet § 550 S. 1 abweichend vom Grundsatz der Gesamtnichtigkeit nur die Unwirksamkeit der vereinbarten Befristung an, so dass der Mietvertrag für unbestimmte Zeit geschlossen gilt.

Der Sinn dieser Regelung besteht darin, den Parteien zwar den Mietvertrag zu erhalten, aber gleichzeitig das ordentliche Kündigungsrecht zu eröffnen. Dieses ist im Falle einer wirksamen Befristung ja ausgeschlossen. Erweist sich die Befristung jedoch als unwirksam, können die Parteien durch ordentliche Kündigung vorzeitig wieder „aussteigen“. Nach § 550 S. 2 ist die Kündigung allerdings frühestens zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung des Wohnraums zulässig. Die Fristberechnung richtet sich nach §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2.

Beispiel

V schließt mit M am 15.1.2019 einen Mietvertrag über Wohnräume. Das Mietverhältnis soll am 1.2.2019 beginnen und am 31.1.2022 enden. Die Räume werden dem M am 1.2.2019 übergeben. Erfüllt der Vertrag die Formerfordernisse des § 126 nicht, können die Parteien den Vertrag nach den für die Kündigung maßgeblichen Regelungen (§§ 573 ff.) ordentlich kündigen, frühestens jedoch zum 1.2.2020.

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Die Formvorschrift des § 550 hat verschiedene Schutzwirkungen: Zum einen zielt sie auf den Schutz des Grundstückserwerbers, der wegen §§ 93, 94 neben dem Eigentum am Grundstück zugleich auch das Eigentum am vermieteten Wohnraum auf diesem Grundstück erhält und nach § 566 Abs. 1 in die Rechte und Pflichten aus bestehenden Mietverhältnissen eintritt. Wegen dieser Eintrittswirkung soll sich der Erwerber über seine Rechte und Pflichten aus solchen Verträgen zuverlässig informieren können, an die er längerfristig gebunden ist.[127] Zum anderen verfolgt die Anordnung der Schriftform – wie immer – auch den Zweck, die Beweisbarkeit der vertraglichen Abreden zwischen den Vertragspartnern sicherzustellen und die Parteien vor einer unbedachten Übernahme der sich aus einem langfristigen Mietvertrag ergebenden Pflichten zu schützen (Beweis- und Warnfunktion).[128] Die Warnfunktion ist deshalb notwendig, weil eine langfristige Bindung eine erhebliche Belastung der Parteien mit sich bringen kann. Möglicherweise ist eine Partei im Laufe der Mietzeit wirtschaftlich kaum noch in der Lage, die geschuldeten Leistungen zu erbringen, oder sie will das Objekt aus Gründen beruflicher oder privater Veränderungen nicht mehr in der vereinbarten Form nutzen. Die Schriftform will dazu beitragen, dass die Parteien sich auch dieser Risiken bewusst werden.

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§ 550 gilt angesichts dieser Schutzfunktionen deshalb auch bei auf unbestimmte Zeit geschlossenen Mietverträgen, bei denen die Parteien die Bindungswirkung über mehr als ein Jahr „indirekt“ begründen: Das kann einmal dadurch geschehen, dass die Parteien das Recht zur ordentlichen Kündigung für mehr als ein Jahr ausschließen[129] oder wenn die vereinbarte Kündigungsfrist länger als ein Jahr beträgt.[130]

Anhand der vorstehend beschriebenen Schutzfunktionen und Folgen bei Formverstößen wird auch verständlich, warum die Parteien nach einhelliger Auffassung die Beurkundung eines zunächst formlos geschlossenen Mietvertrags jederzeit nachholen können und der Vertrag dann von Anfang an als in der gesetzlich vorgeschriebenen Form abgeschlossen gilt.[131] Denn bis zu diesem Zeitpunkt ist die Befristung unwirksam, wodurch den Parteien die Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung eröffnet und ihr Schutz dadurch ausreichend sichergestellt ist. Auf diesen Schutz können sie jederzeit durch Nachholung der für die langfristige Bindung notwendigen Form verzichten.

(2) Schriftliche Angabe eines besonderen Grundes, § 575

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Lesen Sie bitte die wichtigen Ausnahmetatbestände in § 549 Abs. 2 und 3 durch – diese betreffen insbesondere die Vermietung von Wohnraum an Studierende!

Nach § 575 Abs. 1 können bestimmte Mietverhältnisse über Wohnraum überhaupt nur dann befristet abgeschlossen werden, wenn der Vermieter für die Befristung einen der in § 575 Abs. 1 S. 1 Nr. 1–3 – abschließend – genannten Gründe für sich in Anspruch nehmen kann und er dem Mieter einen solchen Grund bei Vertragsschluss schriftlich (§ 126) mitteilt.[132] Eine Ausnahme gilt nur für die in § 549 Abs. 2 und 3 genannten Mietverträge, die vom Anwendungsbereich des § 575 ausgenommen sind.

Besteht einer der in § 575 Abs. 1 S. 1 Nr. 1–3 genannten Gründe tatsächlich nicht oder wurde er dem Mieter nicht in Schriftform mitgeteilt, gilt das Mietverhältnis ohne Befristung, also auf unbestimmte Zeit i.S.d. § 542 Abs. 1 geschlossen, § 575 Abs. 1 S. 2. Diese Vorschriften sind zugunsten des Mieters zwingend, § 575 Abs. 4. Der Sinn dieser Regelungen liegt darin, dass der Wohnraummieter bei unbefristeten Mietverträgen einen besonderen Kündigungsschutz nach §§ 573 ff. genießt. Im Fall einer wirksamen Befristung wird dieser Kündigungsschutz „ausgehebelt“, da das Mietverhältnis dann ja allein durch Zeitablauf, also ohne Kündigung endet. Mit § 575 will der Gesetzgeber dem Mieter von Wohnräumen deshalb einen besonderen Schutz vor solchen „gefährlichen“ Befristungen gewähren. Der Mieter soll seinen Kündigungsschutz nach §§ 573 ff. also nur in besonderen Ausnahmefällen verlieren.

 

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Unter den Voraussetzungen des § 575 Abs. 2 und 3 kann der Mieter vom Vermieter trotz wirksamer Befristung eine Verlängerung des Mietverhältnisses über das Fristende hinaus verlangen.

cc) Wirksamkeitsvoraussetzungen bei sonstigen Mietverträgen

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Während § 575 nur bei Wohnraummietverträgen zur Anwendung kommen kann, erstreckt § 578 die Anwendung des § 550 auch auf andere Mietverträge, und zwar auf Mietverträge über Grundstücke sowie nach auf Mietverhältnisse über Räume, die keine Wohnräume sind. Auch in diesen Fällen tritt ein Erwerber nach § 566 i.V.m. § 578 Abs. 1 bzw. § 578 Abs. 2 S. 1 in die bestehenden Mietverhältnisse ein und ist auf die Informationen über die bestehenden Mietkonditionen langfristig angelegter Verträge angewiesen.

Beispiel

Wenn V dem M Büroräume befristet auf 5 Jahre vermieten will, muss der Mietvertrag nach § 578 Abs. 2 S. 1 i.V.m. §§ 578 Abs. 1, 550 S. 1 schriftlich abgeschlossen werden. Andernfalls ist die Befristung unwirksam und der Mietvertrag läuft auf unbestimmte Zeit. Auf die zusätzlichen Voraussetzungen des § 575 kommt es hingegen nicht an. Beide Parteien bzw. der nach § 578 Abs. 2 S. 1 i.V.m. §§ 578 Abs. 1, 566 eintretende Erwerber des Grundstücks, können bei unwirksamer Befristung ordentlich kündigen und sich vom Vertrag vorzeitig lösen, frühestens jedoch zum Ablauf des ersten Vertragsjahres, § 550 S. 2.

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Bei allen anderen Verträgen, also etwa Mietverträge über bewegliche Sachen, werden an die Wirksamkeit der Befristung keine zusätzlichen Voraussetzungen gestellt.

dd) Verlängerung trotz Fristablaufs
(1) Einvernehmliche Verlängerung

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Abgesehen von den Sonderfällen des § 575 Abs. 2, 3 kann sich ein wirksam befristetes Mietverhältnis über den vereinbarten Zeitpunkt hinaus auch dann verlängern, wenn die Parteien die Befristung nachträglich durch Vertrag wieder aufheben und einvernehmlich – auf bestimmte oder unbestimmte Zeit – verlängern (§ 542 Abs. 2 Nr. 2).

(2) Verlängerung durch Fortsetzung des Gebrauchs (§ 545)

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Nach § 545 S. 1 verlängert sich das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit, wenn der Mieter nach Ablauf der Mietzeit den Gebrauch der Mietsache fortsetzt, sofern eine Partei dem nicht innerhalb von zwei Wochen widersprochen hat. Fortsetzung des Gebrauchs bedeutet tatsächliche Nutzung und nicht bloßes „Vorenthalten“, wie sich nicht nur aus dem allgemeinen Sprachgebrauch, sondern auch aus der systematischen Zusammenschau mit § 546a Abs. 1 ergibt, der ausdrücklich die Formulierung „Vorenthaltung“ verwendet.[133]

Die Widerspruchsfrist beginnt nach § 545 S. 2 für den Mieter mit der Fortsetzung des Gebrauchs, für den Vermieter dann, wenn er von dem fortgesetzten Gebrauch Kenntnis[134] erhält. Bei mehreren Vermietern beginnt die Frist, wenn alle Vermieter Kenntnis erlangen.[135]

Der Widerspruch ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die durch Zugang bei der anderen Partei wirksam wird. Der Widerspruch bedarf keiner besonderen Form und kann auch schon vor Fristbeginn erklärt werden, sofern ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Zugang des Widerspruchs und Vertragsablauf besteht.[136] Haben auf Mieterseite mehrere Personen den Vertrag geschlossen, muss die Erklärung sämtlichen Personen bzw. bei deren berechtigten Empfangsvertretern (§ 164 Abs. 3) zugehen.[137] Besteht Personenmehrheit auf Vermieterseite genügt der Widerspruch durch eine Person.[138]

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Bei fehlendem Widerspruch ordnet § 545 die Weitergeltung des Mietvertrages auf unbestimmte Zeit an, und zwar ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Willen der Parteien. Eine Anfechtung des Schweigens wegen Irrtums über dessen Bedeutung scheidet aus.[139]

§ 545 ist keine zwingende Vorschrift und kann deshalb – auch durch AGB – im Mietvertrag ausgeschlossen werden.[140] Eine unangemessene Benachteiligung des Mieters i.S.d. § 307 Abs. 1 entsteht dadurch nicht, da § 545 weder einem wesentlichen Grundgedanken des Mietrechts entspricht (vgl. § 307 Abs. 2 Nr. 1) noch der Ausschluss dieser Vorschrift zu einer unangemessenen Beschränkung von Mieterrechten führen kann (vgl. § 307 Abs. 2 Nr. 2).

d) Eintritt einer auflösenden Bedingung

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Vereinbaren die Parteien im Mietvertrag eine auflösende Bedingung (§ 158 Abs. 2), knüpfen sie das Ende des Mietvertrages nicht wie bei der Befristung an den Eintritt eines bestimmten Termins, sondern an den ungewissen Eintritt eines bestimmten Ereignisses.

Beispiel

V hat dem M Büroräume vermietet, die der M nach den mit V getroffenen Vereinbarungen auch untervermieten darf. Eine Teilfläche will der M nun an den U untervermieten. Er vereinbart mit diesem unter anderem, dass der Untermietvertrag „in jedem Fall dann beendet ist, wenn der zwischen V und M geschlossene Hauptmietvertrag endet“.

Da der Eintritt der auflösenden Bedingung ungewiss ist, ist das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit geschlossen und kann vor Bedingungseintritt nach den allgemeinen Regeln durch Kündigung vorzeitig beendet werden.[141] Das Mietverhältnis endet jedoch spätestens mit Bedingungseintritt, § 158 Abs. 2.

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Bei Wohnraummietverhältnissen[142] droht durch eine solche Regelung eine Umgehung des besonderen Kündigungsschutzes des Mieters (§§ 573 ff). Daher ordnet § 572 Abs. 2 an, dass sich der Vermieternicht auf eine Vereinbarung berufen kann, nach der das Mietverhältnis zum Nachteil des Mieters auflösend bedingt ist.“

Die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung ist auch in Wohnraummietverhältnissen wirksam, da § 572 Abs. 2 gerade keine Nichtigkeitsfolge ausspricht. Der Mietvertrag wird durch den Eintritt der auflösenden Bedingung also wirksam beendet.[143] Jedoch kann sich der Vermieter (wohl aber der Mieter) auf den Bedingungseintritt und damit auf die Auflösung des Vertrages nicht berufen, wenn der Bedingungseintritt – wie in der Regel – auch im Interesse des Vermieters und damit zum Nachteil des Mieters ist. Damit hat es allein der Mieter in der Hand, die Beendigung des Vertrages geltend zu machen. Macht der Mieter davon keinen Gebrauch, sondern setzt er den Gebrauch der Sache fort, gelten die Rechtsfolgen des § 545: Nach Ablauf der zweiwöchigen Frist verlängert sich das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit.[144] Der Vermieter kann dem fortgesetzten Gebrauch wegen § 572 Abs. 2 nicht widersprechen.

In den seltenen Fällen, in denen die vereinbarte Bedingung allein im Interesse des Mieters liegt, können sich beide Parteien auf den Bedingungseintritt berufen. Der drohenden Wirkung des § 545 bei fortgesetztem Gebrauch können dann ebenfalls beide Parteien widersprechen.

Beispiel

V vermietet dem Schauspieler M eine Wohnung, der gerade beim örtlichen Theater eine feste Anstellung als Ensemblemitglied angenommen hat. Da M bei einem Wechsel zu einem anderen Theater unverzüglich wieder aus dem Mietverhältnis entlassen sein will, hat er mit V vereinbart, dass der Mietvertrag endet, wenn M nicht mehr angestelltes Ensemblemitglied beim örtlichen Theater ist.

e) Kündigung/Rücktritt/Widerruf
aa) Kündigung

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Das Mietverhältnis kann ferner durch Kündigung beendet werden. Die Beendigung des Mietverhältnisses durch Kündigung ist aus Gründen der Übersichtlichkeit Gegenstand eines gesonderten Kapitels (ab Rn. 345 ff.). Hier sollen jedoch schon einmal zur „Einstimmung“ die Grundlinien aufgezeigt werden. Bei der Beendigung eines Mietverhältnisses durch Kündigung ist zu unterscheiden, ob es sich um einen wirksam befristeten Mietvertrag handelt oder ob das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit läuft.

(1) Kündigung eines wirksam befristeten Mietvertrages

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Wie wir oben unter Rn. 75 bereits gesehen haben, führt eine wirksame Befristung dazu, dass das ordentliche Kündigungsrecht der Parteien ausgeschlossen ist. Jedoch bleibt es den Parteien nach § 542 Abs. 2 Nr. 1 unbenommen, das Mietverhältnis in den gesetzlich zugelassenen Fällen außerordentlich zu kündigen, etwa aus wichtigem Grund nach § 543.

(2) Kündigung eines Mietverhältnisses mit unbestimmter Laufzeit

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Das Mietverhältnis mit unbestimmter Laufzeit kann von den Parteien nicht nur außerordentlich, sondern auch ordentlich gekündigt werden, § 542 Abs. 1.

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In Wohnraummietverhältnissen gelten für die ordentliche Kündigung besondere Schutzvorschriften zugunsten des Mieters: Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat, § 573. Außerdem steht dem Mieter in besonderen Härtefällen ein Widerspruchsrecht zu, §§ 574 ff. Schließlich verlängert sich die Kündigungsfrist je nach Vertragsdauer einseitig zum Nachteil des Vermieters, § 573c.

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Für alle anderen Mietverhältnisse gelten keine besonderen Einschränkungen. Die Kündigungsfrist bestimmt sich nach § 580a.

(3) Verlängerung durch Fortsetzung des Gebrauchs (§ 545)

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Wird das Mietverhältnis durch Kündigung beendet, ist wie bei den sonstigen, oben genannten Beendigungsgründen an eine Verlängerung durch fortgesetzten Gebrauch des Mieters nach § 545 zu denken. Der Widerspruch des Vermieters gegen die Verlängerung des Mietverhältnisses kann bereits in der Kündigung erklärt werden.[145]

bb) Rücktritt

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Im Fall eines wirksamen Rücktritts enden die Primärleistungspflichten, die durch Rückgewährpflichten nach §§ 346 ff. ersetzt werden.[146] Wie die Kündigung beendet also auch der Rücktritt die Primärleistungspflichten für die Zukunft. Anders als die Kündigung lässt der Rücktritt den früheren, bis zum Rücktritt vollzogenen Leistungsaustausch (Gebrauchsgewährung gegen Mietzahlung) aber nicht unberührt, sondern führt Rückgewährpflichten gem. §§ 346 ff. herbei. Das Bestehen des Rücktrittsrechts hängt davon ab, ob ein vertragliches oder ein gesetzliches Rücktrittsrecht vorliegt.