Schuldrecht Allgemeiner Teil II

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Aus der Reihe: JURIQ Erfolgstraining
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2. Tätigwerden bei Erfüllung einer Verbindlichkeit des Schuldners






a) Verbindlichkeit des Schuldners



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Aus

§ 278

 folgt weiter, dass der Erfüllungsgehilfe

bei der Erfüllung einer den Schuldner treffenden Verbindlichkeit

 tätig wird.





Hinweis



An dieser Stelle lauern gerne „Klausurfallen“, so dass Sie hier besonders sauber arbeiten müssen.



Bei Leistungspflichten ist die Betrachtung in diesem Zusammenhang nicht auf den Leistungserfolg bezogen, sondern immer auf die geschuldete Leistungshandlung.





Beispiel 1



Im Falle eines Versendungskaufes schuldet der Verkäufer zwar gem.

§ 433 Abs. 1

 Übereignung und Übergabe der verkauften Sache im mangelfreien Zustand. Seine dazu erforderliche Leistungshandlung erschöpft sich aber in der Übergabe der mangelfreien Sache an eine geeignete Transportperson und ihre Beauftragung mit dem Transport an die Zieladresse des Käufers (vgl.

§ 447

). Die Transportperson ist daher kein Erfüllungsgehilfe des Verkäufers.





Beispiel 2



Der Hersteller ist kein Erfüllungsgehilfe des Verkäufers, weil der Verkäufer gem.

§ 433 Abs. 1

 gerade nicht zur Herstellung verpflichtet ist. Anders liegt es beim Werklieferungsvertrag (vgl.

§ 650

).





Beispiel 3



Eine Fluggesellschaft ist Erfüllungsgehilfin des Veranstalters einer Reise, wenn der Flug Bestandteil der „Gesamtheit von Reiseleistungen ist“, zu deren Bewirken der Reiseveranstalter gem.

§ 651a Abs. 1

 verpflichtet ist (etwa „zweiwöchige Pauschalreise nach Mallorca mit Halbpension“). Die Fluggesellschaft ist allerdings nicht Erfüllungsgehilfin des Reisebüros, das lediglich bei der Auswahl und Buchung der Reise berät und daher allenfalls zur Beratung bei der Reiseauswahl verpflichtet ist.



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Lesen Sie noch einmal kurz das

Beispiel

 oben unter

Rn. 43

.



Der Schuldner „bedient“ sich einer Person auch dann „zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit“, wenn er sie zur

Planung und Vorbereitung seiner Leistungshandlung einschaltet

.





Beispiel



Knüpfen wir wieder an unser

Beispiel

 an, in dem der Mieter auf anwaltlichen Rat Nebenkostenvorauszahlungen einbehalten hat (siehe oben unter

Rn. 43

).



Dort hatten wir bereits festgestellt, dass den Mieter kein eigenes Verschulden trifft und er nur dann in Verzug geraten sein kann, wenn er ein Verschulden seines Anwalts R zu vertreten hat. In Betracht kommt hier allein eine Zurechnung nach

§ 278 S. 1 Var. 2

.



Dies setzt voraus, dass R seinerseits schuldhaft gehandelt hat. Dies bestimmt sich wiederum nach

§ 276

, wonach Verschulden in einem vorsätzlichen oder fahrlässigen Verhalten liegen kann.



Die Auskunft des Anwalts, nach dem einem Mieter ein Anspruch gegen seinen Vermieter auf Übersendung der Abrechnungsbelege zu den Nebenkostenabrechnungen zusteht, entbehrte einer gesetzlichen Grundlage und entsprach nicht der höchstrichterlichen Rechtsprechung.



Ein vorsätzliches Verhalten scheidet insoweit aus, da R seine Auskunft für richtig hielt und ihm deshalb das für den Vorsatz erforderliche Bewusstsein fehlte, mit seiner Auskunft eine Pflichtverletzung des M herbeizuführen.



Die Auskunft widersprach aber der gebotenen Sorgfalt, so dass die eingetretene Zahlungsverzögerung auf einem fahrlässigen Verhalten des R beruht. Als Rechtsanwalt war R wie jeder Schuldner gehalten die Rechtslage sorgfältig zu prüfen und die höchstrichterliche Rechtsprechung zu beachten. Entschuldigt ist ein Rechtsirrtum nur dann, wenn der Irrende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer abweichenden Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte. Da seine Empfehlung aber weder einer gesetzlichen Regelung noch höchstrichterlicher Rechtsprechung entsprach, handelte R fahrlässig, indem er dem M zur Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts riet.





Hinweis



Anders liegt es, wenn sich die höchstrichterliche Rechtsprechung ändert. Bis zur Veröffentlichung des neuen Urteils liegt ein entschuldbarer Rechtsirrtum vor, wenn der Schuldner bzw. sein Berater auf der Grundlage der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung handeln.



Fraglich ist aber, ob R bei Abgabe seiner fehlerhaften Empfehlung auch zur Erfüllung einer Verbindlichkeit des M tätig wurde. M schuldete dem V Zahlung des Mietzinses einschließlich der monatlichen Nebenkostenvorauszahlungen. R ist aber nicht bei der Ausführung der eigentlichen Erfüllungshandlung, nämlich bei Zahlung, tätig geworden. Vielmehr hat R den M lediglich dabei beraten, ob der M hinsichtlich der ab Januar 2008 zu zahlenden Nebenkostenbeträge die Leistungshandlung vornehmen oder von einem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch gemacht werden soll. Ein so enges Verständnis würde aber dazu führen, dass es von der Reichweite des Auftrages und der Art der Einschaltung des Gehilfen abhinge, ob eine Zurechnung stattfinden kann oder nicht. Ein Tätigwerden bei Erfüllung einer Verbindlichkeit des M ist daher zu bejahen, so dass sich M das Verschulden seines Rechtsanwalts zurechnen lassen muss.



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Schließlich ist zu beachten, dass auch Rücksichtspflichten i.S.d.

§ 241 Abs. 2

 „Verbindlichkeiten“ i.S.d.

§ 278

 darstellen.





Beispiel



A betritt die Verkaufsräume des V und rutscht auf dem frisch gewischten und noch nassen Boden aus. Die Mitarbeiterin M des von V beauftragten Reinigungsunternehmens R GmbH hatte entgegen sonstiger Übung und der vertraglichen Vereinbarung mit V vergessen, entsprechende Hinweisschilder aufzustellen. Hier haftet der V aus

§§ 280 Abs. 1

,

241 Abs. 2

,

311 Abs. 2 Nr. 1

 bzw.

3

, weil er sich die fahrlässige Verletzung der Sorgfaltspflicht durch die M gem.

§ 278

 zurechnen lassen muss. M ist bei der Reinigung zugleich Erfüllungsgehilfin des V, da V die nach

§§ 241 Abs. 2

,

311 Abs. 2

 seinen Kunden geschuldete Warnung vor Rutschgefahr von den Mitarbeitern der R erledigen lassen will.






b) Handeln bei Erfüllung



62












Nicht jedes Verhalten eines Erfüllungsgehilfen ist dem Schuldner wie eigenes Verschulden zuzurechnen. Man unterscheidet zwischen einem Verhalten

„bei Erfüllung“ und „bei Gelegenheit der Erfüllung“

. Es stellt sich dieselbe Abgrenzungsproblematik wie bei der Repräsentantenhaftung nach

§ 31

.



Zwischen dem Verhalten des Erfüllungsgehilfen und der ihm mit Willen des Schuldners zugewiesenen Aufgabe muss

ein mehr als zufälliger Zusammenhang

 in der Weise bestehen, dass die Handlung

aus Sicht eines Außenstehenden noch in einem inneren Sachzusammenhang zu seinen mit Willen des Schuldners übernommenen Aufgaben steht

. Dabei spielt die Überschreitung etwaiger Vertretungsmacht oder eine Strafbarkeit des Verhaltens keine entscheidende Rolle.





JURIQ-Klausurtipp



Als Faustformel können Sie sich merken, dass ein Verhalten „bei Erfüllung“ zu bejahen ist, wenn sich im schuldhaften Verhalten noch ein spezifisches Risiko der zugewiesenen Aufgabe verwirklicht hat. Schließlich muss der Schuldner dann mit der Verwirklichung solcher Risiken rechnen und wird durch die Zurechnung nicht unangemessen belastet.





Beispiel



A bestellt bei Maler M den Anstrich der Wände im Wohnzimmer seines Hauses (

§ 631

).



Variante 1

 Der beim Anstrich behilfliche Lehrling L des M beschädigt beim Umstellen der Leiter eine Vase des A, da er sich nicht umgesehen hatte. Hier liegt eine schuldhafte Verletzung einer Rücksichtspflicht vor, die sich M nach

§ 278

 zurechnen lassen muss. L ist mit Willen des M beim Anstreichen und damit bei der Erfüllung der sich aus dem mit A geschlossenen Werkvertrag ergebenden Leistungspflicht des M tätig geworden. Das Verrücken der Leiter steht in einem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit der dem L zugewiesenen Aufgabe, da es sich um eine typische und notwendige Maßnahme zur Durchführung des Anstrichs handelt.

 



Variante 2

 L findet beim weiteren Anstrich einen 100 Euro-Schein auf dem Schreibtisch des A und nimmt ihn heimlich mit nach Hause. Hier ist ein innerer Sachzusammenhang zwischen dem Diebstahl (= Pflichtverletzung i.S.d.

§ 241 Abs. 2

) und dem Zuweisen der Hilfstätigkeit beim Anstrich zu verneinen, da der Diebstahl nicht zu den typischen Risiken der dem L zugewiesenen Hilfstätigkeit gehört.



Variante 3

 L raucht in einer kurzen Pause eine Zigarette und drückt sie auf dem Parkettfußboden des A aus, wobei ein Brandfleck entsteht.



Zwar besteht kein funktioneller Zusammenhang zwischen dem Ausdrücken der Zigarette (= Pflichtverletzung i.S.d.

§ 241 Abs. 2

) und der dem L zugewiesenen Tätigkeit. Jedoch ist eine „Raucherpause“ kein rein zufälliges Ereignis im Rahmen eines Anstrichs. Da bereits das Rauchen in einer fremden Wohnung – zumindest aber das Rauchen ohne Aschenbecher – eine schuldhafte Pflichtverletzung darstellt, ist noch ein innerer Zusammenhang zwischen dem pflichtwidrigen Verhalten und der Hilfstätigkeit zu bejahen. Auf das Ausdrücken auf dem Fußboden kommt es nicht mehr entscheidend an, da die Beschädigung des Fußbodens einen Schaden darstellt, der adäquat kausal auf das Rauchen (ohne Aschenbecher) zurückzuführen ist. Auf den Schaden muss sich das Vertretenmüssen bei

§ 280 Abs. 1 S. 2

 aber nicht beziehen, sondern nur auf die Pflichtverletzung (Rauchen ohne Aschenbecher)!



Variante 4

 L fühlt sich aufgrund einer Virenerkrankung auf einmal elend und muss sich plötzlich auf dem kostbaren Perserteppich des A im Flur übergeben.



Hier fehlt es bereits an einem zurechenbaren Verschulden des L, weil ihm nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, eine derartige Entwicklung voraussehen zu müssen. Auf die Frage des inneren Sachzusammenhangs kommt es gar nicht an. Anders wäre anzusetzen, wenn der Teppich wegen der Streicharbeiten hätte abgedeckt werden müssen (je nach Lage und Verschmutzungswahrscheinlichkeit). Wenn L das Abdecken trotz Weisung des M unterlassen hat, liegt das Verschulden darin und begründet bereits eine Haftung des M. Dann kann man die Beschädigung durch Erbrechen des L aber als atypischen und außergewöhnlichen Kausalverlauf ansehen und die objektive Zurechenbarkeit des Schadens verneinen.



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Die oben genannte und von der Rechtsprechung verwendete Formel vom „inneren Sachzusammenhang“ wird in der Literatur teilweise als zu eng und im Übrigen wenig aussagekräftig angesehen. Daher wird vorgeschlagen, ein Handeln „bei Erfüllung“ immer dann anzunehmen, wenn dem Gehilfen das schuldhafte Verhalten durch die ihm übertragene Aufgabe erheblich erleichtert wurde. Denn der Schuldner habe durch eine Einschaltung des Gehilfen ein erhöhtes Risiko für die Gefährdung des Gläubigers geschaffen.



Eine derartige Haftungserweiterung bringt zwar mehr Rechtssicherheit, aber auch unbillige Ergebnisse mit sich: Im vorhergehenden

Beispiel

 müsste sich der M auch den Diebstahl des L zurechnen lassen, da er erst durch die Hilfstätigkeit beim Anstrich möglich wurde. M hat aber kaum Möglichkeiten, derartiges Fehlverhalten seines Gehilfen zu unterbinden. Eine permanente Beaufsichtigung kann von ihm nicht verlangt werden und würde die Einschaltung von Hilfspersonen letztlich unsinnig machen (M könnte dann selbst nicht mehr arbeiten). Dass die in der Literatur vorgeschlagene Formel keine deutliche Verbesserung der Abgrenzungssicherheit bringt, zeigt sich daran, dass ein Verhalten „bei Erfüllung“ beispielsweise dann nicht vorliegen soll, wenn der Gehilfe das vor dem Haus abgestellte Fahrrad des Kunden entwendet. Zum Kunden ist er aber doch nur gekommen, weil er seinem Arbeitgeber dort behilflich sein muss. Der genaue Standort des Fahrrades (vor dem Haus, im Garten hinter dem Haus, im Flur oder in der offenen Garage, etc.) kann schwerlich das maßgebliche Kriterium sein.





Hinweis



Sie können selbstverständlich dem Literaturvorschlag folgen. Wichtig ist nur, dass Sie erst prüfen, ob die Auffassungen überhaupt zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Das ist bei den Varianten Nr. 1, 3 und 4 im

Beispiel

 nicht der Fall.



2. Teil Vertretenmüssen

 ›

D. Vertretenmüssen wegen Verschuldens Dritter (§ 278)

 › IV. Gesetzliche Vertreter






IV. Gesetzliche Vertreter



64





Gesetzliche Vertreter des Schuldners sind – je nach Einzelfall – die Eltern oder ein Elternteil (

§§ 1626 ff.

), der Vormund (

§§ 1773 ff.

), Betreuer (

§§ 1896 ff.

) und Pfleger (

§§ 1909 ff.

).



Darüber hinaus gilt

§ 278

 in allen Fällen, in denen Personen kraft Gesetzes mit Wirkung für den Schuldner handeln können.





Beispiele



Testamentsvollstrecker (vgl.

§ 2205 ff.

), Nachlassverwalter (

§§ 1984 f.

), Insolvenzverwalter (

§§ 80 ff. InsO

); Ehegatten im Falle des

§ 1357

.



65





Bei Gesamtvertretung (z.B. der Eltern gem.

§§ 1626

,

1629

) genügt Verschulden eines Vertreters.

Beachten Sie aber:

 Die Zurechnung des Verschuldens eines gesetzlichen Vertreters setzt, wie in allen Fällen des

§ 278

, immer voraus, dass im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses bereits ein (vertragliches, vertragsähnliches oder gesetzliches) Schuldverhältnis bestand!





Hinweis



Denken Sie immer daran, dass

§ 278

 auf das Verhalten von Organen und Repräsentanten von juristischen Personen und Personengesellschaften keine Anwendung findet. Hier gilt

§ 31

 direkt oder analog (siehe oben unter

Rn. 46

).





Anmerkungen









Lorenz

 JuS 2007, 983, 984 unter Ziff. II 3.









Vgl. dazu

Lorenz

 JuS 2007, 983 unter Ziff. II 1.









Lorenz

 JuS 2007, 983, 985 unter Ziff. II 3a.









Lorenz

 JuS 2007, 983, 985 unter Ziff. III.









BGH

 in BGHZ 114, 263, 272 unter Ziff. II 3c = NJW 1991, 2556, 2558; Palandt-

Grüneberg

 § 278 Rn. 27.









BGH

 in BGHZ 123, 1, 14 f. unter Ziff. III 5c = NJW 1993, 3061, 3064 m.w.N. (Einschaltung eines Notars); Urteile vom 12. Juli 2006 (Az. X ZR 157/05) unter Ziff. II 3c = NJW 2006, 3271 (Einschaltung eines Rechtsanwalts) und vom 25. Oktober 2006 (Az. VIII ZR 102/06) unter Ziff. II 3, Tz. 20 ff. = NJW 2007, 428 (Einschaltung eines Mietervereins).









BGH

 in BGHZ 114, 263, 272 unter Ziff. II 3c = NJW 1991, 2556, 2558;

Lorenz

 JuS 2007, 983, 984 unter Ziff. II 3a.









Lorenz

 JuS 2007, 983, 985 unter Ziff. II 3a.









Lorenz

 JuS 2007, 983, 985 unter Ziff. II 3a.









St. Rspr. des

BGH

, z.B. Urteil vom 25. Oktober 2006 (Az. VIII ZR 102/06) unter Ziff. II 3a, Tz. 22 = NJW 2007, 428.









Lorenz

 JuS 2007, 983, 984 unter Ziff. II 2a.









Lorenz

 JuS 2007, 983, 984 unter Ziff. II 2a.









Palandt-

Grüneberg

 § 278 Rn. 7.









Palandt-

Grüneberg

 § 278 Rn. 9.









Lorenz

 JuS 2007, 983, 984 unter Ziff. II 2b.









Lorenz

 JuS 2007, 983, 984 unter Ziff. II 2b.









Der

BGH

 nimmt eine vertragliche Beziehung zwischen Reisebüro und Kunden nur unter besonderen Voraussetzungen an, vgl. Urteil vom 25. April 2006 (Az. X ZR 198/04) unter Ziff. II 2a aa = NJW 2006, 2321.









Urteil des

BGH

 vom 25. Oktober 2006 (Az. VIII ZR 102/06) unter Tz. 22 f. = NJW 2007, 428.









Urteil des

BGH

 vom 8. März 2006 (Az. VIII ZR 78/05) = NJW 2006, 1419 unter II A 1a bb (2).









BGH

 Urteil vom 22. November 2007 (Az. III ZR 9/07) unter Ziff. 5, Tz. 17 = NJW 2008, 840.









Palandt-

Grüneberg

 § 278 Rn. 18;

Lorenz

 JuS 2007, 983, 984 unter Ziff. II 2b.









BGH

 NJW 1997, 1233, 1234 f. unter Ziff. II 4; NJW 1991, 3208, 3209 f. unter Ziff. II 3.









Palandt-

Grüneberg

 § 278 Rn. 22 a. E;

Lorenz

 JuS 2007, 983, 984 unter Ziff. II 2c.









Lorenz

 JuS 2007, 983, 984 unter Ziff. II 2c.









Vgl.

Medicus/Lorenz

 Schuldrecht I Rn. 391.









Palandt-

Grüneberg

 § 278 Rn. 5.









Palandt-

Grüneberg

 § 278 Rn. 5.






2. Teil Vertretenmüssen

 › E. Erleichterungen im Haftungsmaßstab






E. Erleichterungen im Haftungsmaßstab



66





Der Maßstab des Vertretenmüssens kann kraft Gesetzes oder Vereinbarung zugunsten des Schuldners auf

bestimmte Verschuldensformen

 beschränkt werden.



67








Die gesetzliche Beschränkung der Haftung schlägt auf alle konkurrierende Ansprüche durch mit der Folge, dass wegen derselben Handlung keine strengere Haftung stattfindet. Andernfalls entstünden ungerechtfertigte Wertungswidersprüche. Damit entfällt konsequenterweise auch eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung, insbesondere nach

§ 833 S. 1

.





Hinweis



Bei der Haftung wegen Unfällen im Straßenverkehr aus

§§ 7 Abs. 1

,

18 StVG

 sollen die Haftungsbeschränkungen außerhalb des StVG wegen des abschließenden Charakters der Haftungsregeln in

§§ 7 ff. StVG

 jedoch unanwendbar sein.

 



68





Gesetzliche und vertragliche Haftungsbeschränkungen

gelten auch für die Zurechnung des Verschuldens nach

§ 278

. Denn nach

§ 278

 haftet der Schuldner für deren Verschulden „wie für eigenes Verschulden“ und kann deshalb nicht schlechter gestellt werden, als wenn er das schuldhafte Verhalten sogar selbst begangen hätte.



2. Teil Vertretenmüssen

 ›

E. Erleichterungen im Haftungsmaßstab

 › I. Gesetzliche Beschränkungen auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit






I. Gesetzliche Beschränkungen auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit



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In bestimmten Fällen beschränkt das Gesetz das Vertretenmüssen auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Bei der groben Fahrlässigkeit liegt – wie der Name schon sagt – ein besonders schwerwiegender Sorgfaltsverstoß vor. Anders als beim allgemeinen Fahrlässigkeitsmaßstab des

§ 276 Abs. 2

 sind beim Vorwurf grober Fahrlässigkeit auch individuelle Umstände, insbesondere Schwächen und Wissensdefizite, zu berücksichtigen.










Grob fahrlässig

 ist ein Handeln, bei dem die erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich grobem Maße verletzt worden ist und bei dem dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall

jedem

 hätte einleuchten müssen, wobei auch subjektive, in der Person des Handelnden begründete Umstände zu berücksichtigen sind.





Beispiel 1



Gem.

§ 300 Abs. 1

 haftet der Schuldner während des Gläubigerverzugs nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Dabei ist zu beachten, dass diese Haftungsmilderung entgegen dem umfassenden Wortlaut nur die Haftung

für den Leistungsgegenstand

 betrifft. Das ergibt sich aus Sinn und Zweck der Haftungsmilderung. Sie soll einen Ausgleich dafür schaffen, dass der Schuldner durch das Verhalten des Gläubigers gezwungen ist, den Leistungsgegenstand weiterhin in seiner Obhut zu behalten. Für eine darüber hinausgehende Haftungserleichterung besteht dagegen kein Grund.





Beispiel 2



§§ 521

,

599

 (Haftung des Schenkers und Verleihers).





Beispiel 3



§ 968

 (Haftung des Finders – wichtig bei Verletzung der Herausgabepflicht aus

§ 967

).





Hinweis



Diese Erleichterungen im Haftungsmaßstab verliert der Schuldner durch Verzugseintritt wieder, da er dann nach

§ 287 S. 1

 für jede Fahrlässigkeit einzutreten hat.



2. Teil Vertretenmüssen

 ›

E. Erleichterungen im Haftungsmaßstab

 › II. Haftungsbeschränkung auf die eigenübliche Sorgfalt






II. Haftungsbeschränkung auf die eigenübliche Sorgfalt



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An manchen Stellen ordnet das Gesetz an, der Schuldner hafte nur für „diejenige Sorgfalt, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflege“ (sog. „diligentia quam in suis“). Diese Beschränkung betrifft alleine den Fahrlässigkeitsmaßstab und lässt die Haftung für vorsätzliches Verhalten unberührt.





Beispiel 1



§ 346 Abs. 3 S. 1 Nr. 3

 (Haftung des kraft Gesetzes zum Rücktritt Berechtigten);





Beispiel 2



§ 690

 (Haftung des unentgeltlichen Verwahrers);





Beispiel 3



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