Warum Vater?

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Warum Vater?
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Wilhelm Tramitzke

WARUM VATER?

Odyssee einer Familie

Engelsdorfer Verlag

Leipzig

2016

Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Copyright (2016) Engelsdorfer Verlag Leipzig

Alle Rechte beim Autor

Titelillustration © Konstantin Kornel

konstantin-lornel@gmx.de

Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)

www.engelsdorfer-verlag.de

Inhaltsverzeichnis

Cover

Titel

Impressum

Warum Vater?

Friedlich und still lag die Kleinstadt mit ihren Häusern, ihren historischen Monumenten, rechts und links eines Nebenflusses der Donau, eingebettet in einem Tal von grünen Wiesen und Wäldern umgeben. Die Straßenbeleuchtung schickte ihre Helligkeit in die Zimmer der Häuser, als wollte sie sagen: „Schlaft wohl ihr Bürger, wir wachen über euch und beschützen euch vor Unbill und Gefahr.“

Ein Hauch von Duft des Waldes und der Wiesen legte sich über die Dächer und strömte durch die offenen Fenster, als wollte die Natur den Menschen ein gesundes und heilendes Geschenk machen.

Das Städtchen schlief seinen gerechten Schlaf.

Aurora, die Göttin der Morgenröte, weckte die Bürger des Städtchens mit ihren leuchtend roten Strahlen und verkündete den Anfang eines neuen Tages.

Die Stadt wird lebendig und die Menschen bereiteten sich auf einen arbeitsreichen Tag vor.

Der Bäcker erschien als Erster auf der Bildfläche und so nach und nach öffneten die Geschäfte und Handwerker ihre Türen und die Fabriken ihre Tore.

Die Behörden ließen sich noch etwas Zeit, denn die Bürger sind von frühen Behördengängen nicht begeistert.

Außer Textil-, Schuh-, Juwelier-, Lebensmittel- und anderen Geschäften ist noch das Handwerk zu erwähnen. Ärzte und Apotheker sollte man in den Vordergrund stellen.

Alles in Allem: Die Stadt prosperiert durch den Fleiß ihrer Bürger.

Man kann sagen: Sie sucht ihresgleichen.

Zu erwähnen wäre noch, dass die Metzgerei Weißer durch ihre Wurst- und Fleischqualitäten weit über die Grenzen hinaus bekannt ist. Die Metzgerei nennt sich „Metzgerei Weißer und Söhne“.

Die Metzgerei läuft unter der Führung des Metzgermeisters Weißer Senior. Als Vertreter fungiert Sohn Ralf, ebenfalls Metzgermeister, dann folgt Sohn Jörg, Metzgergeselle.

Was lobend zu erwähnen ist, dass die Ehefrau und Mutter der zwei Söhne als Fachverkäuferin in der Metzgerei unentbehrlich ist.

„Ein Hoch dem Metzgerhandwerk!“

Metzgermeister Rudolf Weißer und seine Ehefrau Lieselotte Weißer, geb. Müller, haben sich kurz nach ihrer Berufsausbildung vermählt und gründeten dann die Metzgerei Weißer. Aus dieser Ehe gingen zwei Söhne hervor, Ralf und Jörg.

Die Metzgerei lief von Anfang an mit gutem Erfolg und die Familie Weißer hatte nichts zu beklagen.

Zur selben Zeit traf das Glück in der Stadtapotheke von Apotheker Rompel, Heinrich ein. Seine Ehefrau Gerda Rompel, geb. Kugele, schenkte ihrem Mann eine gesunde Tochter, die sie auf den Namen Renate tauften.

Als die Kinder noch klein waren, sah man die Mütter oft im Park spazieren gehen und zuweilen spielten ihre Kinder fröhlich im Sandkasten. Der Metzgersohn Ralf und die Apothekentochter Renate waren bald unzertrennlich. Oftmals machten die Kinder Furore, wenn sie beim Nachhausegehen getrennt wurden. Diese Bekanntschaft der Mütter war für Frau Rompel, welche selbst gelernte Apothekerin ist, von Vorteil, denn die Frau Metzgermeisterin hatte ihr so manches saftige Steak zukommen lassen.

Im Park erschien des Öfteren eine Frau Dr. Johanna Hübner, ihres Zeichens nach Ärztin der Allgemeinmedizin und Mitarbeiterin in der Praxis ihres Mannes, Dr. Hübner, Wilhelm, auch Allgemeinmediziner.

Frau Doktor hatte einen Sohn, genannt Alfred, welcher sich auch im Sandkasten tummelte, aber er wurde nicht so richtig warm mit den anderen Kindern.

Das spielte keine große Rolle. denn auch die Frau Doktor war durch ihr arrogantes Auftreten bei den anderen Müttern nicht so beliebt.

So ging die Zeit vorüber und die Kinder wurden immer älter und älter, kamen bald in die Grundschule, Gymnasium und schließlich studierten sie.

Ralf und Renate blieben unzertrennlich.

Es werden nur die Kinder des Metzgermeisters Weißer, des Apothekers Rompel und des Arztes Hübner erwähnt, denn die Kinder sind in dieser tragischen Geschichte die Opfer unvernünftigen Denkens.

Alle Sprösslinge der genannten drei Familien traten beruflich in die Fußstapfen ihrer Eltern.

Ralf Weißer erstritt sich sein Metzgermeisterdiplom mit „Gut“, wogegen Renate Rompel sich mit einem „Summa cum laude“ als Apothekerin bei ihren Eltern vorstellte.

Der Herr Apotheker, Renates Vater, plusterte sich vor Stolz wie ein Truthahn auf, wogegen Renates Mutter sich etwas gemäßigter zeigte, doch man konnte ihr die Freude regelrecht anmerken.

Das verwöhnte Söhnchen des Ärztepaares Hübner brachte es bei seiner Prüfung zum Orthopäden zu einem „sehr gut“, was die Eltern mit Stolz erfüllte.

Die frischgebackenen Meister ihres Faches brauchten nicht langweilige und Nerven zermürbende Bewerbungsschreiben aufsetzen, denn sie wurden jeweils bei ihren Eltern gebraucht, außer Alfred, der Orthopäde.

Es ist erstaunlich, wie Renate und auch Ralf sich in ihrem Beruf vehement einsetzten und so manche Neuigkeit austüftelten.

Unser Orthopäde Alfred Hübner wurde im Kreiskrankenhaus beschäftigt und zeigte seine Künste zur Zufriedenheit seiner Vorgesetzten.

Allerdings dauerte es nicht lange, bis man ihn als den größten „Casanova“ bezeichnete, denn angeblich war keine Frauenschürze vor ihm sicher!

Ob sich das Gerede im Städtchen über den Orthopäden Alfred Hübner nur um eine Verleumdung handelte, daran störte sich niemand, doch dem Alfred, der von seinen Berufskollegen als Luftikus und Aufschneider genannt wurde, war alles zuzutrauen.

Die Stadt zeigte sich von ihrer schönsten Seite, denn es gab keine wohnsitzlosen Bürger, keine Land- oder Stadtstreicher, dafür sorgte die Polizei.

Das Kulturamt bot Abwechslungen, wie Theater, Kino, Tanzabende usw., was von der Bevölkerung sehr begrüßt wurde. Nicht zu vergessen sind die Vereine, welche ihre Vorstellungen in Eigenregie gaben, was wiederum die Jugend erfreute.

Renate und Ralf waren Mitglieder des Gesangsvereins „Goldene Stimme“ und es gab keine Versammlung, der sie nicht gemeinsam beigewohnt hätten. Die Beiden machten oft Spaziergänge im Wald und Flur. Ralf, der etwas sentimental veranlagt ist, saß oft mit seiner Renate am Waldesrand, summte oder sang sein Lieblingslied „Im schönsten Wiesengrunde“.

Daraufhin nahm er seine Renate liebevoll in die Arme und küsste sie leidenschaftlich.

Von diesen Zusammenkünften wusste keiner, denn Renate und Ralf wollten ihre Liebe zueinander noch nicht an die große Glocke hängen.

Ruhig liegt die Stadt an den beidseitig plätschernden Ufern des Flusses und die Bürger träumen von Glück und Wonne und der Schönheit ihrer Stadt.

Morgens, wenn das pulsierende Städtchen in vollem Gange war, sah man Menschen, welche in Scharen zu ihren Arbeitstätten gehen.

Summa summarum: Es scheint, als ob die Stadt vom Glück und Prosperität geküsst wurde!

Dunkle Wolken erschienen am Horizont und verhießen kein gutes Omen.

Renate wollte am kommenden Sonntag mit Ralf vor ihren ahnungslosen Vater treten und ihm ihre Liebe zu Ralf kundtun.

Ralf wollte dann den Herrn Apotheker um die Hand seiner Tochter bitten.

Was nun geschah, kann nur ein zerstörerisches Werk eines Despoten, eines herzlosen Vaters seiner Tochter gegenüber, sein.

Nie und nimmer wirst du einen Metzger heiraten, schrie der Apotheker seine Tochter an. Du ruinierst unseren Berufsstand, unser Ansehen. Eher stecke ich dich in ein Kloster, wetterte Apotheker Rompel weiter.

Gehe in dein Zimmer, wir sprechen uns später!

Als seine Tochter sich in ihr Zimmer zurückzog, wandte sich der Apotheker an Ralf und eröffnete seine Philippika lautstark.

Was erlaubst du dir, sich in unsere Familie einzuschleichen. Ein Metzger würde unseren Beruf erniedrigen und das hat uns gerade noch gefehlt.

Wir Apotheker heilen und ihr Metzger tötet. Siehst du nun den Unterschied unserer Berufe. Verschwinde zu deinen Viechern und zeige dich nie mehr wieder in unserem Haus.

Das war eine abscheuliche gewaltsame Trennung der Renate von ihrem so geliebten Ralf.

Renate liebte und verehrte ihren Vater sehr, obwohl er ein sehr strenger Vater ist.

Sie hat ihm viel zu verdanken und möchte ihrem Vater durch fleißiges Arbeiten in der Apotheke zeigen, dass er sie nicht umsonst den Apothekerberuf erlernen ließ.

Der Vater honorierte ihren Fleiß gelegentlich mit kleinen Geschenken, was wiederum Renate freute.

 

Das vorhergehende Ereignis mit ihrem Vater und Ralf schnitt tiefe Wunden in Renates Herz und hinterließ tiefe Spuren der Traurigkeit. Wie soll sie ihrem Vater gegenübertreten? Kann sie ihn noch lieben und verehren, oder soll sie ihn hassen?

Der Satz ihres Vaters: „Nie und nimmer wirst du einen Metzger heiraten!“, zerstörte Renates Glück und es traf Renate tief ins Herz und Seele, wogegen sich ihr Vater über die Tragweite seines cholerischen Benehmens keine Vorstellungen machen konnte.

Apotheker Heinrich Rompel zerstörte mit einem Federstrich das Glück seiner Tochter und versetzte Renate durch seine Strenge und Herrschsucht in einen psychischen Tiefstand.

Renate wusste nicht mehr ein noch aus und erschien geistesabwesend in der Apotheke und verrichtete stereotypisch und roboterartig ihre Arbeiten, als ob sie ein Wesen aus der Novelle von „Huxley“ wäre.

Das Ausmaß und die Folgen des seelischen Schadens, verursacht durch ihren Vater, sind mit keinen Mitteln wieder gut zu machen.

Der Apotheker wusste es zu verhindern, dass seine Tochter je wieder mit Ralf Weißer zusammentraf oder Verbindung zu ihm aufnahm. Die einzige Möglichkeit war, dass Renates Mutter, welche nach wie vor ihre Fleisch- und Wurstwaren in der Metzgerei Weißer einkauft, von ihrem heißgeliebten Ralf Grüße überbrachte.

Nach Feierabend, und wenn es die Zeit erlaubte, begab sich Renate, wie geistesabwesend, zu dem Platz am Waldesrand, wo sie glückliche Stunden mit ihrem Ralf verbrachte und konnte stundenlang dasitzen und meditieren.

Sie spürte ihren Ralf neben sich und hörte sein Lieblingslied „Im schönsten Wiesengrunde!“

doch es war die Wiese und der Wald, welche ihr die Melodie mit ihrer Naturfrische einhauchten.

Das waren nun die schönsten Stunden, welche sich Renate zu eigen machte und sie fühlte sich in Gedanken neben ihrem Ralf, glücklich.

Apotheker Rompel saß des Öfteren mit seinesgleichen am Stammtisch der Gastwirtschaft „Zum Frommen Lamm“ und man sah ausschließlich Ärzte und solche, die es werden wollten.

Mitunter erschien auch des Öfteren der Sohn des Arztes, Dr. Hübner, unser Casanova Alfred Hübner, seines Zeichens Orthopäde im Kreiskrankenhaus. So lernten sich der Apotheker und Alfred Hübner kennen.

Apotheker Rompel war von den Sprüchen und Zoten, welche unser Herr Orthopäde von sich gab, begeistert, und so reifte in seinem bornierten Hirn ein fürchterlicher Gedanke heran.

Das wäre doch der richtige „Eidam“ für eine Apothekerfamilie, sinnierte er, und kurze Zeit später hatte Alfred Hübner eine Einladung zu Mittag im Hause Rompel.

Natürlich war es ein Hintergedanke, den Orthopäden mit seiner Tochter bekannt zu machen, um seine Tochter von dem Gedanken einer Heirat mit einem Metzger abzubringen. Er war der Meinung, dass Renate beim Anblick eines Orthopäden, eines Akademikers und standesgemäßen Mannes, in Glückslaune ihm vor Freude um den Hals fallen würde.

Frau Rompel zauberte zur Feier des Tages ein ausgezeichnetes Menü auf den Tisch, was sich sehen lassen konnte. Dass das Fleisch von dem so verhassten Metzger stammte, nahm er nicht wahr. Auserlesene Weine wurden kredenzt und die Gesellschaft schien froher Laune zu sein, wozu mal der Apotheker merkte, dass Dr. Hübner seiner Tochter Avancen machte. Es ließ Renate kalt und sie verspeiste apathisch ihre Mahlzeit und begab sich dann in ihr Zimmer, ihre Familie mitsamt dem Gast hinter sich lassend.

Renate verstand nicht, was ihr Vater im Sinn hatte, denn ihre Gedanken waren immer bei Ralf und immer, wenn sie am Waldesrand saß, verspürte sie seine sehnsuchtsvolle Nähe, doch der Vater wachte über sie, wie auf seinen eigenen Augapfel. Ralf hatte keine Chance, mit Renate zusammen zu treffen, obwohl er jede Gelegenheit in Erwägung zog, doch er sah keine Möglichkeit.

Renates Vater schreckte vor keinen noch so gemeinen und fiesen Tricks zurück und streute Lügen unter der Bevölkerung aus, dass seine Tochter sich eines anderen überlegt habe und sich von dem Metzger Ralf Weißer distanziert hätte und mehr dem bekannten Orthopäden Dr. Alfred Hübner zugetan sei.

Das tuschelte man in der Bevölkerung, was auch Ralf Weißer zu Ohren kam.

Ralf glaubte das nie und nimmer und wusste, dass das nur von dem „Malfaiteur“ (Übeltäter) vom Apotheker kommen muss.

Die Rechnung des Apothekers ging auf, nur seine Tochter Renate hatte von all diesen Lügen in ihrer Traurigkeit keinen blassen Schimmer.

Diese boshaften Lügen gingen von Mund zu Mund und bald gab es keinen Bürger der Stadt, welcher nicht von der traurigen Geschichte wusste.

Die Besuche von Dr. Hübner bei Apotheker Rompel nahmen von Woche zu Woche zu, was die Tochter Renate lästig fand. Wenn möglich, entzog sie sich der Anwesenheit von Dr. Hübner mit der Begründung, dass sie in der Apotheke zu tun hätte.

Für Renate war es eine schwere Zeit, die sie überbrücken musste, denn sie hoffte immer noch, dass ihr Vater doch noch ein Herz hat und umschwenkte.

In diese Angelegenheit mischte sich die Mutter nicht ein, denn sie hatte einen zu großen Respekt, mit Furcht verbunden, vor ihrem Mann.

Das Malheur lief immer tiefer in den Sumpf und letztlich wusste keiner, wie man sich aus diesem Dilemma befreien kann.

Das Unheil nahm seinen Gang und in der Metzgerei Weißer brodelte es auch, denn Ralf erwägte, angesichts der prekären Lage in der Familie Rompel, auszuwandern.

Er sah keinerlei Möglichkeit, mit Renate Verbindung aufzunehmen und hoffte, aus der Ferne eher mit ihr in Verbindung treten zu können und sie womöglich dann ihre Familie verlässt und zu ihm kommt.

Renate liebte ihre Apotheke und ihren Beruf, doch in dieser fatalen Lage wusste sie nicht, ob sie ihren Vater hassen oder lieben soll, denn immerhin ist sie aus seinem Fleisch und Blut und sie hielt viel von Familienbande.

Die Auswanderung von Ralf war eine schwere Entscheidung, was seiner Mutter das Herz schwermachte und sie befürchtete, dass sie ihren Sohn Jahre nicht mehr sehen werde. Ihr einziger Trost war, weil sie wusste, dass ihr Sohn niemals in Not geraten würde denn er war bereits ein betuchter Mann und könnte mit seinem Kapital jahrelang ohne Sorgen sein Leben fristen.

Gut vorbereitet und seine Vorhaben mit der Familie bis aufs kleinste Detail besprochen, verließ Ralf Weißer seine so geliebte Heimat bei Nacht und Nebel, man kann sagen: „Ralf flieht vor der Sehnsucht mit der Sehnsucht.“

Seine Mutter weinte bei der Verabschiedung bittere Tränen und sie war sehr besorgt um ihren Sohn Ralf.

Frau Metzgermeister machte sich Gedanken, wie sie die Auswanderung von Ralf der Renate beibringen könnte, doch mit einem saftigen Steak war die Frau Apothekerin bestimmt bereit, ihrer Tochter die Nachricht zu überbringen.

Renate wusste nicht, dass die Boshaftigkeiten ihres Vaters den Ralf veranlassten, sich zur Auswanderung zu entscheiden, denn er glaubte tatsächlich, dass der Apotheker niemals zulassen würde, seine Tochter einem Metzger als Frau zu geben.

Die traurige Geschichte nahm ihren Anfang und Renate sowie Ralf fügten sich in ihr Schicksal, welches durch Missverständnisse, Intrigen, Verleumdungen und übler Nachrede nur so gespickt war.

Renate verschanzte sich hinter ihrer Arbeit in der Apotheke und Ralf saß im Flugzeug, denn „Argentinien ruft“.

Immer in Gedanken bei Renate landete Ralf in der Millionenstadt Buenos Aires und schaute sich erstmal in der Stadt um. Da er kein großer Freund von Großstädten ist, entschloss er sich, sich am selben Tag nach Santa Rosa in der Pampa (Steppenlandschaft in Südamerika) zu begeben. Santa Rosa ist eine sehr schöne Stadt und mit über 100.000 Einwohner einiges kleiner als Buenos Aires.

Die Sehnsucht trieb ihn in die Einsamkeit, doch die Einsamkeit ist in den weiten Steppen Argentiniens schwer zu erreichen.

Eigentlich wollte Ralf Weißer die ersten Jahre in Argentinien nur Land und Leute kennenlernen, das Land erforschen, die Gepflogenheit der Leute auf dem Land und in den Städten erkunden und erleben.

Dazu muss man die Landessprache beherrschen und gerade diese Idee wäre das Richtige, um die Landessprache zu erlernen.

Dazu hat sich Ralf was ganz Erstaunliches erdacht, was kurios erscheint, aber sich nicht schlecht anhört. Ralf hat in der Heimat Versicherungen abgeschlossen, so dass, was die Sicherheit seines Lebens anbelangt, alles abgesichert ist.

Nun galt es, sich unter die Leute zu mischen, um die spanische Sprache zu erlernen, denn von Sprachkursen und Seminaren hielt Ralf nicht viel.

Ralf konnte nicht untätig sein. So hatte er die Idee, sich bei verschiedenen Arbeitgebern zu bewerben, wie: Haziendas, Metzgereien, Grandes Almacenes (großer Kaufladen) und sogar als Gaucho in der Pampa.

Was einmalig ist, ist die Art, wie Ralf zu Arbeit kommen möchte, denn als Ausländer und der Landessprache nicht mächtig, wird er wohl kaum eine Arbeitsstelle bekommen.

Er verzichtete auf Entlohnung und bat die einzelnen Arbeitgeber, ihm für seine Arbeit nur Kost und Logis zu gewähren, und erklärte ihnen, dass er mit seinem Tun die Landessprache erlernen möchte.

Mit dieser Methode bekam Ralf in Santa Rosa seine erste Arbeitsstelle in einer Almacen, Abteilung, Fleisch- und Wurstwaren. Natürlich hatte sich Ralf ein Wörterbuch Spanisch-Deutsch, Deutsch-Spanisch zugelegt und büffelte schon einige Zeit, meistens Wörter aus seinem Beruf.

Carne de puerco, oder carne de Vaca sowie salchicha oder Embutido, (Schweinefleisch, Rindfleisch, Würstchen, Wurst) waren für Ralf keine Fremdwörter mehr und was die Aussprache anbelangt, darin war Ralf sehr begabt. Ralf wusste was er tat, und nur unter dem Volk lernt man die wahren Ausdrücke, ihre populären Aussprachen und Schimpfwörter kennen, die man nicht in Wörterbüchern finden kann. Auch Volkslieder oder Gedichte sind zur Erlernung der Sprache sehr wichtig.

Ralf hatte sich auch einen Sprachlehrgang (Buch) zugelegt und daraus soll nun einiges aus dem Spanischen betrachtet werden.

La extensión del idioma español tiene carácter de universal, pues se abla en las cinco partes del mundo.

En Europa el español se abla en España.

En la America del Sur hablan castellano los habitantes de los países siguientes, dann folgen alle südamerikanischen Staaten außer Brasilien.

In etwa übersetzt Die Ausbreitung des Spanischen hat universellen Charakter, denn man spricht es in allen fünf Teilen der Welt.

In Europa spricht man in Spanien spanisch.

In Südamerika sprechen die Bewohner folgender Staaten das Kastilische.

Dann folgen alle Staaten in Südamerika, außer Brasilien.

Auch in mittelamerikanischen Staaten wird die spanisch sprechende Bevölkerung bis einschließlich Mexiko genannt.

Die Antillen und auch die Philippinen (Filipinas) werden erwähnt, was hinreichend bekannt ist.

Weiterhin pflegte Ralf sich unter die sangesfreudigen Leute zu begeben und schmetterte (er ist ein sangesfreudiger Bursche) mit lauter Stimme: „Alla en el Rancho grande“ und „cucurrucucu paloma.“

Es ist eine Freude, Ralf zuzuhören, wenn er sein Spanisch an den Mann bringt.

Erstaunlich ist auch, wie schnell er die Landessprache lernt und spricht.

Seine Aussprache, Artikulation, ist phänomenal, man kann sagen, Ralf ist ein Genie.

Es fehlte nur noch, dass seine argentinischen Freunde ihn als den deutschen Professor nannten.

„El profesor alemán“ (der deutsche Professor).

Die Arbeit in der „Grandes Almacenes“ verrichtete Ralf zur vollsten Zufriedenheit seines Arbeitgebers und man hörte des Lobes nicht genug über den trabajador (Arbeiter) und carnicero (Metzger) alemán, (deutscher), was Ralf bei seinen Mitarbeitern so beliebt machte.

Da Ralf nur für Kost und Logis und ohne Entlohnung eingestellt wurde, so vereinbarte man, dass er jederzeit die Arbeit verlassen kann, ohne lange kündigen zu müssen.

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