Das normale Christenleben

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Das normale Christenleben
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Imprint

Das normale Christenleben

WATCHMAN NEE

published by: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

Copyright: © 2014 Verlag Der Strom

ISBN 978-3-8442-8535-2

Übersetzt aus dem Englischen

Originaltitel: The Normal Christian Life

Copyright CLC Ministries International, Fort Washington, USA

Copyright der deutschsprachigen Gesamtausgabe 1995 Verlag ›Der Strom‹ GmbH, D-70599 Stuttgart

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Das Blut Christi

Unser zweifaches Problem: die Sünden und die Sünde

Gottes zweifache Antwort: das Blut und das Kreuz

Das Problem unserer Sünden

Das Blut stellt zuallererst Gott zufrieden

Gott ist Genüge getan

Der Zugang der Gläubigen zu Gott

Der Verkläger wird überwunden

Das Kreuz Christi

Der natürliche Zustand des Menschen

Wie in Adam, so in Christus

Der göttliche Weg der Befreiung

Sein Tod und seine Auferstehung – stellvertretend und uns einschließend

Der erste Schritt: die Tatsachen erkennen

Unser Sterben mit Christus – eine historische Tatsache

Der erste Schritt: „Da wir ja wissen ...“

Göttliche Offenbarung ist grundlegend für unsere Erkenntnis

Das Kreuz geht unserem Problem an die Wurzel

Der zweite Schritt: sich einschätzen

Schätzt auch ihr euch so ein!

Sich durch den Glauben einschätzen

Versuchung und Versagen – die Herausforderung an den Glauben

In ihm bleiben

Die große Scheidung durch das Kreuz

Zwei Schöpfungen

Begräbnis bedeutet Beendigung

Die Auferstehung zu neuem Leben

Der dritte Schritt: unsere Hingabe an Gott

„Gebt euch selbst Gott ...“

Abgesondert für den Herrn

Diener oder Sklave?

Der ewige Vorsatz

Der Erstgeborene unter vielen Brüdern

Das Weizenkorn

Adams Entscheidung

Adams Entscheidung machte das Kreuz notwendig

Wer den Sohn hat, der hat das Leben

Alle stammen von einem

Der Heilige Geist

Der ausgegossene Geist

Der Glaube ist der Schlüssel

Verschiedene Erfahrungen

Der innewohnende Geist

Der Schatz in irdenen Gefäßen

Die absolute Herrschaft Christi

Die Bedeutung von Römer 7

Das Fleisch und der Zusammenbruch des Menschen

Was das Gesetz lehrt

Christus – das Ende des Gesetzes

Unser Ende ist Gottes Anfang

Gott sei Dank!

Der vierte Schritt: im Geist wandeln

Das Fleisch und der Geist

Christus – unser Leben

Das Gesetz des Geistes des Lebens

Die Wirkung des Gesetzes des Lebens

„... die wir nicht nach dem Fleisch wandeln, sondern nach dem Geist“

Ein Leib in Christus

Eine Pforte und ein Pfad

Das vierfache Werk Christi am Kreuz

Ein lebendiges Opfer

Durch ihn sind wir mehr als Überwinder

Das Kreuz und das Seelenleben

Die Bedeutung des Falles

Die Seele des Menschen

Natürliche Kraft im Werk Gottes

Licht von Gott

Der fünfte Schritt: das Kreuz tragen

Die Grundlage des wahren Dienstes

Das subjektive Wirken des Kreuzes

Das Kreuz und das Fruchttragen

Eine dunkle Nacht – ein Auferstehungsmorgen

Das Ziel des Evangeliums

Verschwendung

Ihm wohlgefallen

Ihn im voraus salben

Ein Wohlgeruch

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Vorwort

Der Dienst W. Nees war im englischen Sprachraum bis zur Veröffentlichung des „Normalen Christenlebens“ 1957 in Bombay nur durch Mitschriften seiner gesprochenen Botschaften bekannt, die in Traktaten und Zeitschriften veröffentlicht worden waren. Dieses erste Buch nun in englischer Sprache wurde damals sofort allerorten willkommen geheißen. Es enthält eine Sammlung von Ansprachen, die W. Nee während und kurz nach seiner Reise nach Europa in den Jahren 1938 und 1939 gehalten hat. Die Herausgabe erfolgte aufgrund von persönlichen Mitschriften in Abwesenheit des Autors.

 

Im Jahre 1920, als der Student Nee To-sheng anläßlich des Besuchs eines chinesischen Evangelisten in seiner Heimatstadt Fuchow den Herrn Jesus Christus als seinen Retter fand, gab er sich Gott sogleich vorbehaltlos zum Werk unter seinen Landsleuten hin. Im Laufe der Jahre wurde er als ein begabter Evangelist und ausgezeichneter Ausleger der Heiligen Schrift in China bekannt, dessen Dienst beachtliche Frucht in einzelnen Christen und ebenso in vielen Gruppen von Christen trug. Dieses Buch zeigt W. Nees persönliches Verständnis des Christenlebens gegen Ende der ersten Jahre seines hingebungsvollen Dienstes für seinen Herrn.

In den darauf folgenden zwanzig Jahren ging die Gemeinde Gottes in China wiederholt durch Zeiten allerschwerster Prüfungen mit nur kurzen Zeiten des Aufatmens hindurch. Gemeinsam mit vielen seiner Mitarbeiter und Mitzeugen erhielt er bis zum heutigen Tag vollen Anteil an diesen Erfahrungen der Gemeinden. Daher überrascht es nicht, daß sein Dienst uns heute immer noch voller Frische und Kraft erreicht. Viele Leser haben bereits von den Veränderungen berichtet, die in ihrem Leben durch die erneute Entdeckung der Größe Christi und seines am Kreuz vollbrachten Werkes gewirkt wurden.

Der Ruf nach einer Neuauflage ermöglichte nun eine weitere sorgfältige Überarbeitung des Textes. Der Leser sei noch einmal daran erinnert, daß es sich um eine Sammlung gesprochener Botschaften und nicht, wie es bei oberflächlicher Betrachtung scheint, eine systematische Abhandlung christlicher Lehren handelt. Bei der Lektüre sollte nicht die intellektuelle Bereicherung im Vordergrund stehen, sondern die Botschaft Gottes an das Herz. Auf diese Weise wird der Geist Gottes selbst in seiner herausfordernden Kraft durch dieses Buch zu uns sprechen können.

Angus I. Kinnear

London 1961

Das Blut Christi

Was ist das: ein normales Christenleben? Es ist gut, sich gleich von vornherein diese Frage zu stellen. In der folgenden Betrachtung wollen wir zeigen, daß es sich durchaus von dem Leben des durchschnittlichen Christen unterscheidet. Tatsächlich drängt sich uns beim Lesen des geschriebenen Wortes Gottes – wie etwa der Bergpredigt – die Frage auf, ob ein solches Leben überhaupt je auf Erden gelebt wurde außer von dem Sohn Gottes selbst. Aber gerade diese Einschränkung enthält bereits die Antwort auf unsere Frage.

In Galater 2:20 gibt uns der Apostel Paulus seine Definition eines Christenlebens: „Nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir.“ Er beschreibt damit nichts Außergewöhnliches oder Eigenartiges im Sinne eines besonders hochentwickelten Christenlebens, sondern vielmehr Gottes Norm für den Christen schlechthin, die kurz gefaßt so lautet: Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt sein Leben in mir.

Gott macht es in seinem Wort ganz klar, daß er auf jedes menschliche Problem nur eine Antwort hat: seinen Sohn Jesus Christus. All sein Handeln an uns besteht darin, daß er uns beseitigt und Christus an unsere Stelle setzt. Der Sohn Gottes starb an unserer Statt, damit wir Vergebung erlangten. Er lebt an unserer Statt, damit wir befreit werden. So können wir von einer zweifachen Stellvertretung sprechen: sein stellvertretender Tod am Kreuz, der uns Vergebung erwirkt, und sein stellvertretendes Leben in uns, das uns den Sieg verschafft. Es wird uns eine große Hilfe sein und uns vor mancher Verirrung bewahren, wenn wir uns beständig vor Augen halten, daß Gott alle unsere Fragen nur auf eine einzige Art und Weise beantwortet, nämlich, indem er uns mehr von seinem Sohn zeigt.

Unser zweifaches Problem: die Sünden und die Sünde

Wir gehen bei unserer Betrachtung von der umfassenden Darstellung des normalen Christenlebens aus, die wir in den ersten acht Kapiteln des Römerbriefes finden, und werden sie von der praktischen Erfahrung her beleuchten. Die Kapitel 1 bis 8 des Römerbriefes bilden eine in sich geschlossene Einheit und lassen sich in zwei Abschnitte gliedern, deren beider Themen völlig Unterschiedliches behandeln.

Der erste Abschnitt reicht bis Kapitel 5:11 und der zweite von Kapitel 5:12 bis 8:39. Im ersten Teil wird vorzugsweise das Mehrzahlwort „Sünden“ gebraucht, wohingegen im zweiten immer wieder von der „Sünde“ in der Einzahl, aber kaum einmal von den „Sünden“ die Rede ist. Warum?

Der erste Teil handelt von den zahlreichen und aufzählbaren Sünden, die ich vor Gott begangen habe, während im zweiten Teil die Sünde als ein Prinzip, das in mir wirkt, beschrieben wird. Gleichgültig, wie viele Sünden ich begehe, es ist immer dieses eine Prinzip der Sünde, das mich dazu treibt. Für meine Sünden brauche ich Vergebung, aber um der Macht der Sünde zu entrinnen, brauche ich Befreiung. Das erstere betrifft mein Gewissen, das letztere mein Leben. Es mag sein, daß mir alle meine Sünden vergeben sind, daß ich aber wegen meiner Sünde trotzdem den bleibenden Frieden in meiner Seele nicht finde.

Wenn Gottes Licht zum ersten Mal in mein Herz hineinscheint und ich erkenne, daß ich vor ihm gesündigt habe, so flehe ich um Vergebung. Habe ich aber einmal Vergebung der Sünden erlangt, mache ich eine neue Entdeckung: die der Sünde. Ich werde gewahr, daß ich nicht nur gegen Gott gesündigt habe, sondern daß auch tief in mir etwas verkehrt ist. Ich trage die Natur eines Sünders in mir, eine Neigung zur Sünde, eine innere Macht, die mich zur Sünde hinzieht. Wenn diese Macht wirksam wird, begehe ich Sünden. Ich mag vielleicht Vergebung der Sünden erbitten und auch erlangen, doch dann sündige ich erneut. So drehe ich mich nur im Kreis von Sündigen, Vergebung, und wieder Sündigen. Zwar erfasse ich dankbar die kostbare Tatsache der göttlichen Vergebung, doch brauche ich mehr: ich brauche Befreiung. Ich bedarf der Vergebung für das, was ich getan habe, aber ich brauche zusätzlich die Befreiung von dem, was ich bin.

Gottes zweifache Antwort: das Blut und das Kreuz

In den ersten acht Kapiteln des Römerbriefes werden uns also zwei Aspekte der Errettung gezeigt: erstens die Vergebung unserer Sünden und zweitens die Befreiung von der Sünde. Darüber hinaus müssen wir aber nun einen weiteren Unterschied erkennen.

Im ersten Teil des genannten Abschnittes wird das Blut des Herrn Jesus zweimal erwähnt (Kapitel 3:25 und 5:9). Im zweiten Teil wird in Kapitel 6:6 ein neuer Gedanke entwickelt, nämlich, daß wir mit Christus gekreuzigt wurden. Zunächst wird also der Aspekt des Werkes des Herrn beleuchtet, der durch das Blut dargestellt wird, das für unsere Rechtfertigung zur Vergebung der Sünden vergossen wurde. Diese Wendungen werden im zweiten Teil jedoch nicht mehr wieder aufgegriffen. Dort geht es hauptsächlich um den Aspekt seines Werkes, der durch das Kreuz dargestellt wird, d. h. durch unsere Einheit mit dem Herrn in seinem Tod, seinem Begrabensein und seiner Auferstehung. Diese Unterscheidung ist wesentlich. Sie zeigt, daß das Blut unsere Taten behandelt, während das Kreuz das behandelt, was wir sind. Das Blut nimmt unsere Sünden hinweg, während durch das Kreuz Hand an die Wurzel unserer Fähigkeit zur Sünde gelegt wird. Auf das letztere werden wir in späteren Kapiteln noch zurückkommen.

Das Problem unserer Sünden

Anhand der folgenden Schriftstellen wollen wir nun zuerst das kostbare Blut des Herrn Jesus Christus betrachten und dessen Wert für uns bei der Behandlung unserer Sünden und unserer Rechtfertigung vor Gott. Dies wird uns in den folgenden Versen gezeigt:

„Alle haben gesündigt“ (Röm. 3:23).

„Gott aber erweist seine Liebe gegen uns darin, daß Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren. Um wieviel mehr nun werden wir durch ihn vom Zorn errettet werden, nachdem wir jetzt in seinem Blut gerechtfertigt worden sind!“ (Röm. 5: 8-9).

„Und werden ohne Verdienst gerechtfertigt aus seiner Gnade durch die Erlösung in Christus Jesus: Ihn hat Gott hingestellt als Sühnedeckel durch den Glauben an sein Blut zum Erweis seiner Gerechtigkeit – weil die vorher geschehenen Sünden durch Gottes Nachsicht ungestraft geblieben waren –, zum Erweis seiner Gerechtigkeit in der jetzigen Zeit, damit er allein gerecht sei und den rechtfertige, der des Glaubens Jesu ist“ (Röm. 3:24-26).

In späteren Kapiteln werden wir die wahre Natur des Falles und seine Wiederherstellung genauer betrachten. An dieser Stelle wollen wir uns nur vor Augen führen, daß die Sünde sich bei ihrem ersten Auftreten im Ungehorsam Gott gegenüber äußerte (Röm. 5:19). Vergeßt nicht, daß unmittelbar auf ein solches Ereignis immer Schuldbewußtsein folgt.

Die Sünde tritt als Ungehorsam auf und verursacht zunächst eine Trennung zwischen Gott und dem Menschen, wobei der Mensch von Gott abgeschnitten wird. Gott kann aufgrund des Hindernisses, das in der ganzen Schrift als „Sünde“ bezeichnet wird, keine Gemeinschaft mehr mit dem Menschen haben. So ist es also zunächst Gott, der sagen muß, „daß sie alle unter der Sünde sind“ (Röm. 3:9). Erst an zweiter Stelle verursacht die Sünde, die von diesem Zeitpunkt an ein Hindernis für die Gemeinschaft des Menschen mit Gott darstellt, in ihm ein Schuldgefühl, eine Entfremdung Gott gegenüber. Nun ist sich der Mensch durch sein erwachtes Gewissen selbst bewußt: „Ich habe gesündigt“ (Luk. 15:18). Dies ist aber noch nicht alles, denn die Sünde gibt auch Satan Grund zur Anklage vor Gott, während unser Schuldgefühl ihm Grund zur Anklage in unserem Herzen gibt. Drittens kommt also der „Verkläger unserer Brüder“ (Offb. 12:10) mit ins Spiel, der nun spricht: „Du hast gesündigt.“

Um uns zu erlösen und uns zum Vorsatz Gottes zurückzubringen, mußte der Herr Jesus diese drei Probleme – das der Sünde, das des Schuldgefühls und das der Anklage Satans gegen uns – lösen. Zunächst mußten unsere Sünden beseitigt werden – dies geschah durch das kostbare Blut Christi. Unser Schuldgefühl mußte beseitigt, d. h. unser schuldbeladenes Gewissen beruhigt werden, und dies konnte erst geschehen, als wir die Kraft des Blutes erkannten. Schließlich begegnet das Blut Christi auch den Angriffen und Anklagen Satans. Wir sehen in der Schrift, daß das Blut des Herrn auf allen drei Gebieten wirksam ist – gegenüber Gott, gegenüber dem Menschen und gegenüber Satan.

Die Kostbarkeit des Blutes muß uns deshalb stets bewußt sein, wenn wir vorangehen wollen. Dies ist außerordentlich wichtig. Wir müssen unbedingt erkennen, daß der Tod unseres Herrn Jesus am Kreuz ein stellvertretender Tod war, und wir müssen ebenso die Wirksamkeit seines Blutes für unsere Sünden begreifen. Ohne diese Grundlage können wir als Christen unseren Lauf nicht beginnen. Laßt uns im folgenden diese drei Aspekte genauer betrachten.

Das Blut stellt zuallererst Gott zufrieden

Das Blut bewirkt Versöhnung und betrifft zunächst unseren Stand vor Gott. Wir brauchen Vergebung für die von uns begangenen Sünden, damit wir nicht gerichtet werden. Und sie werden uns tatsächlich vergeben, nicht weil Gott unsere Übertretungen großzügig übersieht, sondern weil er das Blut ansieht. Daher ist die Wirkung des Blutes nicht hauptsächlich auf uns gerichtet, sondern auf Gott. Wenn ich den Wert des Blutes begreifen will, muß ich Gottes Wertschätzung dafür kennen. Wenn ich mir nämlich des Wertes, den Gott dem Blut beimißt, nicht bewußt bin, kann ich auch niemals seinen Wert für mich erfassen. Erst wenn mir durch seinen Heiligen Geist Gottes Wertschätzung für das Blut Christi offenbart wird, nützt es auch mir selbst und ich erkenne, wie kostbar das Blut auch für mich ist. Das Blut wirkt also zunächst einmal Gott gegenüber. Im ganzen Alten und Neuen Testament wird das Wort „Blut“ immer in Verbindung mit der Sühnung verwendet, ich glaube über hundert mal, und jedesmal wirkt es Gott gegenüber.

Im alttestamentlichen Kalender gibt es einen Tag, der eine große Auswirkung auf die Sünden hatte, nämlich der Versöhnungstag. Das Problem unserer Sünden wird nirgends so klar dargestellt wie in der Beschreibung dieses Tages. In 3.Mose 16 sehen wir, daß das Blut des Sündopfers am Versöhnungstag ins Allerheiligste gebracht und dort siebenmal vor dem Herrn gesprengt wurde. Über die Bedeutung dieser Tatsache müssen wir uns im klaren sein. An jenem Tag wurde das Sündopfer öffentlich im Vorhof der Stiftshütte geschlachtet. Jedermann konnte dabeisein und zuschauen. Der Herr befahl jedoch, daß in die Stiftshütte selbst kein Mensch außer dem Hohenpriester eintreten sollte. Einzig der Hohepriester durfte das Blut ins Allerheiligste bringen und es dort zur Versöhnung vor dem Herrn sprengen. Warum? Weil der Hohepriester ein Bild auf den Herrn Jesus in seinem Erlösungswerk ist (Hebr. 9:11-12), der diese Arbeit tat. Er war der einzige, der hineingehen durfte. Das Blut, das er zu Gott hineintrug, hatte Gott angenommen als etwas, das ihn zufriedenstellen konnte. Dieses Ereignis fand einzig und allein zwischen dem Hohenpriester und Gott im Allerheiligsten statt und war den Augen der Menschen, die doch den Nutzen davon haben sollten, verborgen. So wollte es Gott. Aus diesem Grund ist das Blut zunächst einmal nicht für uns, sondern für Gott.

 

Schon vor jener Anordnung Gottes finden wir bereits in 2.Mose 12:13 die Beschreibung, wie das Blut des Passahlamms zur Erlösung der Kinder Israel in Ägypten vergossen wurde. Dies ist wohl eines der deutlichsten Sinnbilder im Alten Testament für unsere Erlösung. Mit dem Blut wurden die Oberschwelle und die Türpfosten bestrichen, während das Fleisch des Lammes im Hause gegessen wurde. „Und wenn ich das Blut sehe, dann werde ich an euch vorübergehen“ (2.Mose 12:13), sprach Gott. Hier sehen wir abermals, daß das Blut für Gott geopfert werden mußte und nicht für die Menschen, die im Hause feierten und das Blut an der Oberschwelle und an den Türpfosten gar nicht wahrnahmen.

Gott ist Genüge getan

Gottes Heiligkeit und Gerechtigkeit erfordern ein sündloses Leben als Sühneopfer für den Menschen. Im Blut ist Leben, und Blut muß für mich, für meine Sünden vergossen werden. Dies ist die Anordnung Gottes. Er ist es, der verlangt, daß Blut vergossen wird, damit seiner Gerechtigkeit Genüge getan ist; er ist es, der sagt: „Wenn ich das Blut sehe, dann werde ich an euch vorübergehen.“ Das Blut Christi leistet Gott volle Genüge.

Hier möchte ich ein Wort an meine jüngeren Geschwister im Herrn richten, weil wir an dieser Stelle sehr oft in Schwierigkeiten geraten. Als Ungläubige mögen wir von unserem Gewissen völlig in Ruhe gelassen worden sein, bis das Wort Gottes begann, uns aufzuwecken. Unser Gewissen war tot, und in diesem Zustand ist jeder Mensch gewiß völlig unbrauchbar für Gott. Später nun, nachdem wir gläubig geworden sind, kann es sein, daß unser erwachtes Gewissen äußerst empfindsam ist und uns schwer zu schaffen macht. Das Bewußtsein unserer Sünde und Schuld kann so stark, so erschreckend werden, daß wir davon nahezu gelähmt sind, weil wir den klaren Blick für die Wirksamkeit des Blutes verloren haben. Vielleicht sind wir uns ständig unserer Sünden bewußt und gelangen gar an einen Punkt, wo uns eine bestimmte Sünde sogar mächtiger erscheint als das Blut Christi. Unser Problem rührt daher, daß wir den Wert des Blutes und seine Wirksamkeit subjektiv empfinden wollen. Das ist aber nicht möglich. Die Wirksamkeit des Blutes ist nicht zu fühlen, denn das Blut hat eine andere Wirkung. Zuallererst sieht Gott das Blut an, und wir Menschen sollen es akzeptieren, daß Gott das Blut schätzt. Nur so können wir Errettung erfahren. Wenn wir statt dessen jedoch die Bedeutung des Blutes mit unserem Gefühl ermessen wollen, gehen wir leer aus und bleiben in Finsternis. Nein, nun gilt es, dem Wort Gottes zu glauben! Wir müssen glauben, daß das Blut in Gottes Augen kostbar ist, weil er es gesagt hat (1.Petr. 1:18-19). Wenn Gott das Blut als Sühne für unsere Sünden und als Preis unserer Erlösung annehmen kann, dürfen wir absolut sicher und beruhigt sein, daß die Schuld bezahlt ist. Wenn Gott das Blut zu seiner Zufriedenstellung annimmt, muß es ausreichend sein. Unsere Bewertung ist gänzlich von der seinen abhängig. Sie kann nicht höher, darf aber auch nicht geringer sein. Haltet euch vor Augen, daß er heilig und gerecht ist und daß es ihm zusteht zu sagen, daß das Blut in seinen Augen wohlangenehm ist und ihm volle Genüge tut.