Die Ermordung des guten Königs

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Die Ermordung des guten Königs
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Walter Brendel

Die Ermordung des guten Königs

Impressum

Texte: © Copyright by Walter Brendel

Umschlag: © Copyright by Gunter Pirntke

Übersetzer: © Copyrigh by Walter Brendel

Verlag:

Das historische Buch, Dresden / Brokatbookverlag

Gunter Pirntke

Mühlsdorfer Weg 25

01257 Dresden

gunter.50@gmx.net

Inhalt

Impressum

Einleitung

Die Bartolomäusnacht

Das Edikt von Nantes

Das Attentat und seine Folgen

Bestattung und Nachruf

Prozess und Hinrichtung von François Ravaillac

Schlussbemerkungen

Quellen

Einleitung

Der 1553 geborene Heinrich von Navarra, selbst aufgewachsen im reformierten Glauben und insgesamt sechsmal in seinem Leben konvertiert, war 1593 in den Schoß der römisch-katholischen Kirche zurückgekehrt, um seine Legitimation zu stärken. Als Führer der Hugenotten, der mit Mühe das Massaker der Bartholomäusnacht 1572 überlebt hatte, war Heinrich 1589 auf den Thron gelangt, doch die Religionskonflikte zwischen Katholiken und Protestanten tobten weiter.

Wie aber war Heinrich IV. wirklich? Er stammte auch einer Nebenlinie der französischen Dynastie der Valois, den Bourbonen. Da König Heinrich II. gleich vier Söhne hatte, die das Erwachsenenalter erreichten, schien es äußerst unwahrscheinlich, dass der am 13. Dezember 1553 geborene Sohn des Antoine von Bourbon und der Königin Johanna von Navarra je in die Nähe der französischen Krone kommen würde.

Doch die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts war eine bewegte Zeit: Heinrich II. starb schon mit 40 Jahren, sein ältester Sohn und Nachfolger Franz II. nach nur anderthalb Jahren auf dem Thron 1560 und dessen jüngere Brüder Karl IX. mit 24 Jahren 1574 und Heinrich III. durch die Klinge eines Mörders 1589 mit knapp 38 Jahren. Da alle drei Brüder (der vierte, Franz Herkules, starb mit 29 Jahren 1584) kinderlos blieben, zumindest was legitime männliche Nachkommen anging, rückte Heinrich von Navarra immer weiter nach vorne in der Thronfolge.

Frankreich war Anfang des 17. Jahrhunderts ein konsolidierter Staat. Nach jahrzehntelangem opferreichem Religionskrieg hatte König Heinrich IV. durch eine tolerante Innenpolitik das Land geeint und wirtschaftlich gestärkt. Jeder Bauer, so der König, solle sonntags „sein Huhn im Kochtopf“ haben. Nun begann ein Phänomen, das sich öfter in Frankreichs Geschichte zeigt: Immer wenn eine Revolution oder einen Bürgerkrieg überstanden waren, richtete sich die Aggressivität des Staates nach außen.

Als Betätigungsfeld bot sich das Deutsche Reich an, wo die religiösen Gegensätze besonders hart aufeinanderprallten. Die evangelischen Fürsten hatten sich 1608 zur „Union“ zusammengeschlossen, um ihre Interessen durchzusetzen. Als Gegenbewegung gründeten 1609 die katholischen Fürsten um Kaiser Rudolf II. die „Liga“. In dieser brisanten Situation starb Ende März 1609 Herzog Johann Wilhelm von Jülich-Kleve in Düsseldorf. Sein etwa 7000 Quadratkilometer großes Territorium am Niederrhein besaß große strategische Bedeutung, weshalb sofort ein Streit losbrach.

Johann Wilhelm war kinderlos gestorben, hinterließ aber vier verheiratete Schwestern, deren Ehemänner und Anverwandten ihre Ansprüche geltend machten. An der Spitze standen Kurfürst Johann Sigismund von Brandenburg und Pfalzgraf Philipp von Neuburg. Beide gehörten zur evangelischen „Union“.

Kaiser Rudolf II. handelte entgegen seinem Naturell diesmal ohne Zögern. Er ließ Truppen aus den Spanischen Niederlanden (etwa das heutige Belgien) nach Jülich-Kleve einmarschieren und erklärte das Land zum kaiserlichen Eigentum. Formell war der Habsburger damit im Recht, denn ein Land, dessen Fürst ohne Erben gestorben war, fiel als „erledigtes Lehen“ an den Kaiser zurück.

Der Brandenburger und der Pfalzgraf wollten sich damit natürlich nicht abfinden. König Heinrich IV., dem eine Ausweitung der kaiserlichen Macht am Rhein nicht ins Konzept passte, bot der „Union“ militärischen Beistand an. Dabei steuerte er zielbewusst auf einen gesamteuropäischen Konflikt hin, denn Frankreichs Diplomaten verhandelten nicht nur mit den evangelischen Fürsten Deutschlands, sondern auch mit England und den Niederlanden, die das Habsburgerreich von Norden angreifen sollten, während der Herzog von Savoyen die Rolle des Angreifers von Italien aus übernahm.

Heinrichs Kanzler und Freund Maximilien de Sully begann im Winter 1609/10 mit großangelegten Rüstungen. 6000 Söldner aus der Schweiz wurden angeworben, 2000 Mann kamen aus Piemont; in Frankreich hob Sully weitere 20 000 Soldaten aus. Im Frühjahr 1610 sollte das Heer marschbereit sein. Anfang Mai 1610 rollte bereits der gesamte Artilleriepark aus den Pariser Arsenalen Richtung Rhein. Am 17. wollte König Heinrich IV. zur Hauptarmee nach Chalons an der Marne abreisen, um den Oberbefehl zu übernehmen. Ein Zufall verhinderte das.

Dass er dafür noch einmal konvertieren musste, störte ihn nicht. Vermutlich enttäuschte reformierte Anhänger schoben ihm dafür das angebliche Zitat „Paris ist eine Messe wert“ unter. Falls er davon erfuhr, dürfte es ihn kaum gestört haben: Er wollte herrschen; nach welchen Regeln er den Gottesdienst feierte, war ihm gleichgültig. Allerdings nicht Francois Ravaillac, seinem Mörder.


14. Mai 1610: Heinrich IV. von Frankreich fällt einem Attentäter zum Opfer

Doch diese Rückkehr war nur pro forma gewesen, wie Ravaillac und viele andere Erzkatholiken überzeugt waren und wie ihnen die Position des Herrschers im Konfessionskonflikt zu beweisen schien. Immerhin hatte Heinrich IV. den in radikal katholischen Kreisen „Ketzern“ genannten Hugenotten im Edikt von Nantes 1598 weitgehende Toleranz zugesagt, statt sie mit Stumpf und Stiel auszurotten, wie es Kirchenfürsten gefordert hatten. Zudem bereitete Heinrich im Frühjahr 1610 einen Feldzug gegen das Haus Habsburg in den Spanischen Niederlanden vor, das immer treu zum Katholizismus gestanden hatte.

Ravaillac erwartete sogar, dass die Calvinisten sich, insgeheim unterstützt vom König, für die „Bartholomäusnacht“ rächen wollten, das Hugenottenmassaker des Jahres 1572. Sie wollten, so die Überzeugung des Attentäters, alle Katholiken zu ermorden. Das wollte er durch seinen Mordanschlag verhindern.

Heinrich brachte dem Land den so sehnlichst erwarteten Frieden, indem er im Edikt von Nantes 1598 den Hugenotten weitgehende Privilegien zugestand. Für Ravaillac, seinen späteren Attentäter war das jedoch ein todeswürdiges Verbrechen. Auch mit dem Feldzug gegen das katholische Haus Habsburg, den der König im Frühjahr 1610 vorbereitete, bewies er aus der Perspektive seines Mörders, dass die Rückkehr zum Katholizismus nur eine Farce gewesen sei. Um den Protestanten zu helfen, sich für die Bartholomäusnacht zu rächen?

Weil der „allerchristlichste König“ von Frankreich einem katholischen Reaktionär zu moderat war, musste Heinrich IV. sterben. Der (je nach Zählweise, es gibt unterschiedliche Angaben) wohl 18. Anschlag auf sein Leben gelang am 14. Mai 1610. Damit dürfte er der Herrscher sein, auf den die meisten Attentate verübt worden sind.


Heinrich IV. von Navarra, wie François Clouet ihn sah. Als Erster Prinz war er Anführer der französischen Hugenotten und bestieg nach dem Ende der Valois 1589 als erster Bourbone den Thron von Frankreich

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