Das Liebesleben der Habsburger

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Das Liebesleben der Habsburger
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

Walter Brendel

Das Liebesleben der Habsburger

Impressum

Texte: © Copyright by Walter Brendel

Umschlag: © Copyright by Gunter Pirntke

Übersetzer: © Copyrighby Walter Brendel

walterbrendel@mail.de

Verlag: Das historische Buch, Dresden / Brokatbookverlag

Gunter Pirntke

Altenberger Straße 47

01277 Dresden

gunter.50@gmx.net

Inhalt

Impressum

Einführung

1. Teil: Mätressenwirtschaft

2. Teil: Heirats- und Bettgeschichten

Einführung

Vorbilder sollten die Kaiser und ihre Familien sein, vom Volk respektiert, Träger des Gottesgnadentums. Die Ansprüche an ihre Lebensführung waren dementsprechend unerfüllbar hoch.

Doch nicht jeder fand im Ehebett allein das Ziel seiner Lust. Nicht jeder und nicht jede war dem jeweils anderen Geschlecht zugetan. Zwischen äußerem Anschein und gelebter Wirklichkeit taten sich bisweilen Welten auf, die, wenn sie ruchbar wurden, mit allen Mitteln verborgen und totgeschwiegen wurden. Erzherzog Ludwig Viktor war mit seinen homosexuellen Eskapaden ein solcher Fall, aber auch von den Prostituiertenbesuchen Josephs II. und von den lesbischen Anwandlungen einer seiner Ehefrauen sollte die Welt niemals erfahren. Eine Dokumentation über die Leidenschaften der Habsburger, die niemals publik werden sollten.

Eheliche Liebe war bei den Habsburgern eher ein reines Zufallsprodukt. Viel wichtiger waren von langer Hand geplante dynastische Verbindungen zum Wohl des Reiches. Quer über den Kontinent wurden Kinder, die sich nie gesehen hatten, einander versprochen – wen wunderte es, wenn viele dieser Verbindungen später zum Ehekerker wurden.

Einige wenige setzten sich über dieses unmenschliche System hinweg, etwa Erzherzog Johann, der eine Postmeisterstochter ehelichte, oder Franz Ferdinand, der für seine Ehe mit der Gräfin Chotek seine Nachfahren vom Thron ausschließen musste. Es brauchte viel Mut und Überzeugung, um sich über den über Jahrhunderte perfektionierten Standesdünkel dieser Familie hinweg zu setzen.

Der Name Habsburg geht auf das Dorf und die Burg Habsburg im schweizerischen Aargau zurück. Hier hatten die Habsburger im 12. und 13. Jahrhundert ihren Stammsitz und führten den Familiennamen Habsburg seit dem Jahr 1108.

Es dauerte nur wenige Generationen, bis die habsburgische Familie ihr Territorium entscheidend ausweiten und sich die deutsche Königswürde im Bund mit der römischen Kaiserwürde sichern konnte.

Im Jahr 1379 teilte sich die habsburgische Dynastie in zwei Linien, in das österreichische (albertinische) Haus und in die steierische (leopoldinische) Linie. Der österreichischen Linie entstammte Albrecht II., der als deutscher König von 1438 bis 1439 regierte. Ihm folgte 1440 Friedrich III. aus der steierischen Linie auf den Thron.

Friedrich III. gelang eine erhebliche Ausweitung der habsburgischen Hausmacht. Durch seine geschickte und subtile Politik sowie die 43 Jahre lang währende Regierungszeit erwarb er für das Haus Habsburg ganz Österreich, bekräftigte seine Ansprüche auf Böhmen und Ungarn und erlangte neben der deutsche Königskrone auch die Kaiserwürde. 1452 wurde er in Rom zum Kaiser gesalbt.

Seinen Sohn Maximilian I. vermählte Friedrich III. mit Maria von Burgund. Auf diese Weise sicherte er dem Haus Habsburg die burgundischen Erblande, einschließlich der reichen Niederlande.

Dadurch war der Streit mit dem französischen Haus Valois vorprogrammiert, das ebenfalls Anspruch auf Burgund erhob. Mit Kaiser Maximilian I. (1459-1519) begann der eigentliche Aufstieg der Habsburger zur Großmacht. Maximilian war der Sohn Friedrichs III. und einer portugiesischen Prinzessin. Er heiratete Maria von Burgund, die reichste Erbin ihrer Zeit, und später in zweiter Ehe Bianca Maria Sforza von Mailand. Im Jahr 1493 übertrug er seinem Sohn Philipp dem Schönen (1478-1506) die Regierung über Burgund und die Niederlande.

Als Haupt des Hauses Habsburg war Maximilian auf eine politisch möglichst vorteilhafte Heirat seines Sohnes bedacht. Zu Spanien bestanden seit langem Handelsbeziehungen, so dass eine Verbindung zwischen Habsburg und Spanien nahelag. Philipp der Schöne heiratete die Infantin Johanna die Wahnsinnige (1479-1555), Erbin von Aragón und Kastilien.

Durch sie gelangte das spanische Reich in habsburgischen Besitz. „Bella gerant alii, tu felix Austria nube! – Kriege mögen andere führen. Du, glückliches Austria, Heirate!"

Gemäß diesem berühmt gewordenen Leitsatz konnte sich das Haus Habsburg im 16. Jahrhundert endgültig etablierten. Dank Maximilians geschickter Heiratspolitik sowie dynastischer Glücksfälle für die Familie dehnten sich die habsburgischen Lande bald zu einem weltumspannnenden Reich aus.

Im Jahr 1500 kam Philipps Sohn Karl (1500-1558) im flandrischen Gent zur Welt. Er erbte nach dem Tod seines Vaters mit sechs Jahren die Niederlande und Burgund. Im Jahr 1516 wurde er König von Spanien. Mit 19 Jahren erbte er nach dem Tod seines Großvaters Maximilian im Jahr 1519 die Ländereien Habsburgs in Österreich.

Karl regierte außerdem über Kastilien und Aragón, Navarra, Granada, Neapel, Sizilien, Sardinien und die neuentdeckten spanischen Lande in Amerika. Er war der mächtigste Habsburger aller Zeiten, Herr über ein Reich, in dem die Sonne nie unterging.

Karl konkurrierte mit Franz I. von Frankreich und Heinrich VIII. von England um die Nachfolge seines Großvaters Maximilian als Deutscher Kaiser und König. Argwöhnisch beobachteten die europäischen Mächte die enorme Machtkonzentration in den Händen der Habsburger.

Der Papst, der sich durch die Einkreisung des Kirchenstaates durch das Deutsche Reich im Norden und die Spanier im Süden bedroht sah, unterstützte die Kandidatur des französischen Königs. Doch mit Hilfe seines politisch versierten Kanzlers Gattinara und finanziell abgesichert durch das Haus Fugger gelang es Karl, die deutschen Kurfürsten zu seinen Gunsten zu bewegen. Karl wurde zum deutschen Kaiser gewählt und am 23. Oktober 1519 feierlich in Aachen als Kaiser Karl V. gekrönt.

Die Idee des Weltreichs stellt sich eindrucksvoll in den Titeln dar, die Karl nach seinem Vorschlag in Deutschland führte: „Römischer König, zukünftiger Kaiser, immer Augustus, König von Spanien, Sizilien, Jerusalem, der Balearen, der kanarischen und indianischen Inseln sowie des Festlandes jenseits des Ozeans. Außerdem Erzherzog von Österreich, Herzog von Burgund, Brabant, Steier, Kärnten, Krain, Luxemburg, Limburg, Athen und Neopatria, Graf von Habsburg, Flandern, Tirol, Pfalzgraf von Burgund, Hennegau, Roussillon, Landgraf im Elsaß, Fürst in Schwaben, Herr in Asien und Afrika".

Karl V. schwebte eine Idee der Erneuerung des römisch-deutschen Kaisertums vor, als universale Ordnungsmacht über der abendländischen Christenheit. Doch neben Kriegen gegen Frankreich, den Papst und die Türken musste Karl ohnmächtig zusehen, wie die Reformation das Heilige Römische Reich deutscher Nation spaltete.

Nach dem Karl V. 1556 abgedankt hatte, wurden die habsburgischen Besitztümer geteilt. Karls Bruder Ferdinand I. begründete die österreichische Linie und erhielt die österreichischen Erblande, Böhmen und Ungarn. Karls Sohn Philipp II. übernahm Spanien, die amerikanischen Kolonien, Burgund, die Niederlande, Sizilien, Sardinien, Mailand und Neapel.

Philipp II. begründete die spanische Linie, die 1700 ausstarb. Im nun beginnenden Spanischen Erbfolgekrieg (1701-1714) konnten die Habsburger nur noch über die südlichen Niederlande, Neapel und Mailand verfügen.

Im Jahr 1713 erließ Kaiser Karl VI., da er über keine männlichen Nachkommen verfügte, die „Pragmatische Sanktion". Sie erklärte die habsburgischen Erblande für unteilbar und sicherte seiner ältesten Tochter Maria Theresia den Thron.

1804 wurde Franz II. Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Doch schon zwei Jahre später legte er unter dem Druck Napoleons den Kaisertitel wieder ab. Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation war zu Ende. Doch hielten die Habsburger ihre Macht über die österreichischen Erblande weiterhin aufrecht. Musste Kaiser Franz II. als Kaiser des alten Reiches auch zurücktreten, den Titel eines Kaisers von Österreich nahm er noch im Jahr 1806 an.

Österreich war ein Vielvölkerstaat, es umfasste Böhmen und Mähren, das heutige Österreich, Ungarn und den Balkan. Im Jahr 1866 verschwand Habsburg aus Anlass des preußisch-österreichischen Krieges von der gesamtdeutschen Landkarte. Ein Jahr später wurde das Habsburger Reich in die österreichisch-ungarische Doppelmonarchie umgeformt.

1. Teil: Mätressenwirtschaft

Zu Kaisers Zeiten war das Leben der Habsburger noch einfach. Die Habsburger heirateten, bekamen kleine Prinzen und Prinzessinnen und lebten ein frommes Leben – oder war das etwa nicht so?

Die Heiratspolitik der Habsburger zwang die Menschen, Gefühle mit politischen Zielen zu verbinden. Die katholische Moral stellte sich gegen die Sehnsucht nach echter Liebe. Oft war es nur der Schein, der aufrechterhalten werde musste. Für viele wurde dies zur bestimmenden Lebensaufgabe.

Früher herrschte der Adel in Europa. Das waren privilegierte Familien und je älter der adlige Stammbaum war, umso besser. Das wichtigste dabei war, dass man standesgemäß auftrat und diesbezügliche Nachweise erbringen konnte. Mindestens sechzehn Vorfahren mussten aus Kreisen des Hochadels stammen. Fürsten Prinzen und Prinzessinnen sein und wenn das nicht der Fall war, blieben die Türen zum Hof verschlossen. Dem ältesten Sohn wurde jeweils der Herrschertitel übertragen.

 

Es war also sehr wichtig, wem man heiratete. Ob man dabei glücklich war, war unwichtig. 44 Jahre waren Sisi u d Franzl verheiratet. In dieser ganzen Zeit sahen sie sich zusammengerechnet nur ganze vier Jahre. Kaiserin Elisabeth war früh schon auf Reisen und so kam es, dass Kaiser Franz Joseph eines Tages im Kammergarten von Schönbrunn, das war der öffentlich zugängliche Teil des Schlossparks, ein 15jähriges Mädchen, die aber schon verheiratet war, und die er bei Spazierengehen in aller Frühe getroffen hatte, näher betrachtete. Sie hieß Anna Nahowski. Dieses war im Jahre 1875.

Es gehörte zu Kaiser Franz Josephs Gewohnheiten, in den frühen Morgenstunden einen Spaziergang durch den Schönbrunner Schlosspark zu unternehmen. Und dabei geschah es mehrmals, dass er einem bildhübschen Mädchen begegnete. Anna war, obwohl gerade erst fünfzehn Jahre alt, auf Wunsch ihrer Mutter seit einigen Monaten mit dem Seidenfabrikanten Johann Heuduk verheiratet, der sich jedoch kaum um seine junge Frau kümmerte.

Den 24. Juni 1875 bezeichnete Anna als den glücklichsten Tag ihres Lebens, denn da sprach sie der um dreißig Jahre ältere Monarch zum ersten Mal an. Franz Joseph trug Generalsuniform, salutierte und sagte: „Sie gehen aber fleißig spazieren." Die Worte hat sie, wie viele Details der nun folgenden Begegnungen, feinsäuberlich in ihr Tagebuch notiert.

Die nächste Eintragung findet sich zwei Tage später. „Schönes Mädchen, Frau oder Kind, was Sie sind", sagte der Kaiser, „geben Sie mir einen Kuss. Er beugte sich herab, hob meinen Kopf empor, und ich habe ihn wahrhaftig geküsst."

Dass Franz Joseph zu diesem Zeitpunkt seit über zwanzig Jahren mit der meist auf Reisen befindlichen "Sisi" verheiratet war, findet in dem Tagebuch keine Erwähnung. Drei Jahre vergehen. Da ist Annas Mann endlich auf Reisen. Nun fragt der Kaiser, ob er sie in ihrer Wohnung in Mariahilf besuchen dürfe. Sein Begehr ist eindeutig.

Ein paar Tage später ist's so weit, in diesem Herbst 1878. Anna empfängt Seine Majestät zu Bette. Von nun an erfolgen seine Besuche regelmäßig. Ihre Ehe wird immer quälender, die Scheidung folgt. Sie heiratet aber überraschenderweise kurz danach den Beamten der k. u. k. Südbahnen Franz Nahowski. Der Kaiser hatte sein Einverständnis dazu gegeben.


Anna Nahowski mit 22 Jahren, ca. 1882

Im Mai 1880 wird Herr Nahowski, wohl „auf Befehl von ganz oben" zu den Staatsbahnen nach Galizien versetzt. Anna bleibt in Wien, der Kaiser beteuert ihr seine Liebe. Da ihm die oftmalige Anreise nach Mariahilf zu mühsam wird, übergibt er der Geliebten ein Kuvert, in dem sich 50 000 Gulden (umgerechnet 480 000 €) befinden. Anna kauft mit dem Geld die vis-á-vis von Schönbrunn gelegene Villa in der Maxingstraße 46.

Franz Joseph, dessen Nachbarin sie jetzt ist, kommt meist vor fünf Uhr früh und wird mit Kaffee und Kipferl verwöhnt. Am 29. Juli 1885 bringt Anna ein Mädchen namens Helene zur Welt, das später den Komponisten Alban Berg heiraten sollte. Von Helene wird angenommen, dass sie das Kind des Kaisers ist, ebenso wie der vier Jahre später geborene Knabe Franz Joseph. Doch der hundertprozentige Nachweis für des Kaisers Vaterschaft ist in den Tagebüchern nicht zu finden.

Ende des Jahres 1886 kommt es zur Krise. Ganz Wien spricht davon, dass der 56-jährige Monarch die Schauspielerin Katharina Schratt verehrt. Anna spioniert ihm nach, überrascht die beiden im Schönbrunner Park, stellt ihn zur Rede, doch Franz Joseph leugnet.

Die jetzt immer seltener werdenden Besuche des Kaisers erfolgen mitunter auch gegen Annas Wunsch. „Mit einer raschen Bewegung hat er mich erfasst und hielt mich fest. Jeder Versuch, mich freizumachen, war umsonst. Er zog mich mit Gewalt nach meinem Bett, mein zorniges Gesicht mit Küssen bedeckend."

Bald danach, das würdelose Ende. Im Frühjahr 1889 - wenige Wochen nach Mayerling - bittet Friedrich von Mayr, der Generaldirektor des Kaiserlichen Familienfonds, die Nahowski in sein Büro in der Hofburg. Nicht der Kaiser teilt ihr mit, dass es „aus" sei, sondern ein Beamter. Anna ist verbittert, will den Geliebten sprechen, wird aber nicht vorgelassen. Sie begegnet ihm nie wieder, wird im Auftrag des Kaisers mit einer großzügigen Summe abgefunden. Ihr wurde weiter mitgeteilt, dass sie die Höhe der Abfindung „für die 14 Jahre im Dienste des Kaisers“ selbst bestimmen könne. Sie verlangte dieselbe Summe, die sie schon einmal erhalten hatte und auch für ihre Kinder 50.000 Gulden. Als Gegenleistung musste sie die folgende Erklärung unterschreiben: „Ich bestätige hiermit daß ich am heutigen Tag 200.000 fl als Geschenk von Seiner Majestät dem Kaiser erhalten habe. Ferner schwöre ich, daß ich über die Begegnung mit Seiner Majestät jederzeit schweigen werde. Anna Nahowski, Wien, 14. März 1889.“

14 Jahre einfach gestrichen aus Franz Josephs Leben. Dass zu diesem Zeitpunkt Katharina Schratt bereits in Kaiser Franz Josephs Leben getreten war, wusste Anna. Es kränkte sie sehr, zumal Kaiser Franz Joseph an den Fenstern von ihr vorbei musste, um zum Haus von Katharina zu kommen. Anna ist sogar mehr als wütend, als Katharina die Frechheit besitzt, bei den Nahowskis nachzufragen, ob sie das Haus verkaufen würden.

Bis zu seinem Lebensende hoffte Anna auf ein Zeichen oder eine Erklärung. Sie bekam sie nie. Anna kam weder über die Affäre, noch über seinen Tod hinweg. Zeit ihres Lebens liebte sie ihn bedingungslos, was ihre Ehe zur Hölle werden ließ. Franz Nahowski trank im Überfluss und misshandelte seine Frau schwer. Anna leidet und liebt trotzdem. Auch als „Er“ (sie schreibt immer „der Kaiser“ oder „Er“ in ihr Tagebuch) längst tot ist. Anna überlebte Kaiser Franz Joseph um 15 Jahre. Sie liegt am selben Friedhof wie Katharina Schratt. Eine Fügung des Schicksals, dass sogar im Tode ihre Erzfeindin in ihrer Nähe ist.

Die nächste im kaiserlichen Bett ist dann die Hofschauspielerin Katharina Schratt.

Katharina Schratt ist die letzte (zumindest von der die Nachwelt weiß) und die bekannteste Affäre von Kaiser Franz Joseph.

Bis heute halten sich hartnäckig die Gerüchte, dass er diese sogar heimlich geheiratet habe. Im History Magazin vom Kurier kann man folgendes dazu lesen: „Viel Staub wirbelte die Frage auf, ob der Kaiser „die gnädige Frau“, wie sie genannt wurde, miteinander verheiratet waren, zumal das Erzbischöfliche Ordinariat im März 1938 das „Trauungsbuch für Gewissensehen“ (=Geheimehen) vernichtete. Weil die Kirche damals Indiskretionen durch die eben einmarschierenden Nazis befürchten musste, gibt es keinen schriftlichen Beweis für die vielfach vermutete Eheschließung. Sehr wohl aber Aussagen durchaus glaubwürdiger Zeugen, denen die Eintragung vor der Vernichtung des Buches zu Augen kam. Einer, der das bestätigte, war der bekannte Politologe Norbert Leser. Und für den profunden Habsburg-Kenner Adam Wandruszka gab es „aufgrund der Fakten keinen Zweifel, dass Franz Joseph und Katharina Schratt verheiratet waren“.

Die Schratt, wie sie im Wiener Volksmund genannt wurde, begegnete Kaiser Franz Joseph zum ersten Mal auf einem Ball. Als Burgschauspielerin und prominentestes Mitglied des Hofburgtheaters war sie zu allen großen Festen Wiens eingeladen. Der „Ball der Industriellen“ war 1885 also eine Art Pflichtveranstaltung für beide. Kaiserin Elisabeth sah Katharina Schratt bei einem Souper mit dem russischen Zaren Alexander III., da die anwesenden Künstler nach der Theatervorstellung zu diesem geladen wurden. Dabei fiel Kaiserin Elisabeth auf, dass Katharina Schratt ähnliche Interessen hatte, wie ihr Ehemann. Da sie annahm, dass ihr Ehemann einsam sei und auch um sich selbst zu befreien, förderte sie ab sofort die Beziehung mit dieser. Kaiser Franz Joseph war zu diesem Zeitpunkt bereits 55 Jahre alt, die Schratt 32.

Kaiserin Elisabeth konnte sich jedoch in ihren Gedichten mit Spott und Hohn nicht zurückhalten. Sie nannte die Schratt „dicklich“ und spottete in ihren Versen über den verliebten Oberon.1


Katharina Schratt

Katharina Schratt stellte sich jedoch als Glücksfall für den Kaiser heraus. Bald schon wurden tägliche Spaziergänge vereinbart und sie folgte ihm auch nach Ischl und an den Wolfgangsee. In Ischl wurde eine Villa gekauft, die ca. einen 20minütigen Fußmarsch erforderte; aber beide nahmen diesen gerne in Kauf.

Der alternde Kaiser blühte auf. Er war – wahrscheinlich – das erste Mal in seinem Leben glücklich. Auch wenn die Schratt weitere Affären nebenbei unterhielt, so war sie ihm stets eine loyale Freundin. Kaiser Franz Joseph dürfte von den Affären geahnt haben, denn in den ca. 900 Briefen die erhalten sind, reagiert er manchmal ziemlich eifersüchtig.

Allerdings kühlte sich das Verhältnis nach dem Tod von Kaiserin Elisabeth merklich ab und 1900/1 gab es gar keinen Kontakt, da sie mit dem Kaiser stritt. Doch ohne Katharina konnte Kaiser Franz Joseph auch nicht mehr und so fingen die beiden wieder an, sich unzählige Briefe zu schreiben bzw. stundenlang spazieren zu gehen.

„Unter all den Menschen, die sich nach den strengen höflichen Vorschriften bewegten und in vollendeten diplomatischen Formen irgendwelche schwer erkennbaren Ziele verfolgten, unter all den Menschen, vor denen man mehr oder minder auf der Hut sein mußte, auch wenn sie offizielle Berater waren, begegnete dem Kaiser ein Mensch, der so redete, wie ihm der Schnabel gewachsen war, der nichts von ihm wollte, dem gegenüber man sich selbst auch ungezwungen geben durfte, ohne etwas zu vergeben. Welche Labsal für den Vereinsamten! Und dieser Mensch hatte die wunderbare Gabe, fesselnd zu plaudern und den Kaiser mit vielem vertraut zu machen, das ihm auf seiner einsamen Höhe unbekannt geblieben war.“

Bis heute ist ungeklärt, ob die beiden nun auch eine leidenschaftliche Beziehung gehabt haben, oder ob das Ganze rein platonisch war. Dich steht fest, dass hier mehr im Spiel war. Denn wer die Briefe gelesen hat, wird merken, dass Franz Joseph ein sehr umtriebiger Mann gewesen ist. Und mit Verlaub: Auch mit 55 Jahren ist ein Mann noch kein altes Eisen.

„Unendlich glücklich macht mich die Mittheilung, daß Eure Majestät von mir träumten – wie gerne möchte ich in Wirklichkeit während der Nacht am Bette Eurer Majestät sitzen. Gedankenküsse auf Hand und Mund.“ Kaiser Franz Joseph schreibt zurück: „…, daß Sie mir im Bette Audienz erteilen, wie Sie es mir halb und halb versprochen haben.“

Sie haben die kostenlose Leseprobe beendet. Möchten Sie mehr lesen?