Verdorbenes Vorstellungsgespräch

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Tim Langner

Verdorbenes Vorstellungsgespräch

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Verdorbenes Vorstellungsgespräch

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Verdorbenes Vorstellungsgespräch

Timo, jetzt haben Sie mir die ganze Zeit so viel über Ihre Stärken erzählt. Da frage ich mich doch, wo Ihre Schwächen liegen?“

Verdammt! Jetzt ist sie da; die Frage, die ich gleichsam erwartet und gefürchtet hatte. Ich meine, inzwischen gehört sie ja für jeden Personaler zum Standardrepertoire. Trotzdem weiß ich nie so recht, was ich darauf antworten soll. Meist erzähle ich was von Übermotivation und Ungeduld. Das übliche Blabla halt. Unruhig rutsche ich auf dem unbequemen Stühlchen herum und zwinge mich, Bergmann in die Augen zu schauen.

Ich meine, warum will er das überhaupt so genau wissen? Ich bewerbe mich hier ja nicht um eine Vorstandsposition, sondern lediglich um die offene Stelle im Empfang des Hotels. Und da sollten die äußerst positiven Empfehlungsschreiben meiner bisherigen Arbeitgeber doch eigentlich ausreichen. Dazu habe ich mich mit dem dunkelgrauen Anzug samt passendem hellblauen Hemd und marineblauer Krawatte angemessen gekleidet.

Ich lächle mir vor dem Personalchef einen ab und bin mir sicher, dass ich für den Job absolut geeignet bin. Trotzdem stellt mir dieser Bergmann lauter Fragen, die mich in Verlegenheit bringen. Der will dich nur aus der Reserve locken und in Verlegenheit bringen!, versuche ich, mich zu beruhigen. Das mit der Verlegenheit bekommt der massige Mann von bestimmt einsneunzig jedenfalls schon mal gut hin. Dazu sein unergründliches Grinsen, das mir aus der unbewegten Visage entgegenscheint. Mit den dunklen Haaren, dem kantigen Kinn samt kleinem Grübchen und den wachen, graublauen Augen sieht der Mann gar nicht mal übel aus. Ein Typ, der weiß, dass er bei seinen Gesprächspartnern ankommt, dachte ich mir gleich, als ich zum Gespräch in das Büro gebeten wurde und ihm die Hand geschüttelt hatte. Sein Blick war dabei flüchtig über meine Statur gewandert und hatte dabei vielleicht den Bruchteil einer Sekunde zu lange auf meinem in den schmal geschnittenen Anzug gezwängten Oberkörper verharrt. Der steht doch jetzt nicht auf Jungs!, schoss es mir durch den Kopf, als ich an ihm vorbei ins Büro gegangen bin. Bei den wenigen Schritten zu dem für mich reservierten Stühlchen spürte ich jedoch förmlich seinen Blick auf meinem in der knapp sitzenden Hose verpackten Po.

Dabei - oder vielleicht gerade deshalb? - läuft eigentlich ganz gut, trotzdem werde ich permanent von einem sonderbaren Gefühl heimgesucht, denn mir ist, als ob ihn meine Antworten auf seine Fragen gar nicht richtig interessieren. Immer wieder wirft er einen Blick auf den Monitor oder meine offen vor ihm auf dem Tische liegende Bewerbungsmappe. Ich merke jedoch, wie er mir dabei immer wieder auf die übereinandergeschlagenen Beine und ein wenig höher schielt, bis ich fast meine, nackt oder wenigstens ohne Unterhose vor ihm zu sitzen. Kann gar nicht sein, habe ich doch morgens extra ein eng anliegendes Modell rausgelegt, dass unter dem dünnen Stoff nicht weiter auffällt und mein relativ ausgeprägtes Geschlecht in gewissem Maße kaschiert. Nicht ausreichend, wie mir scheint und wenn ich Bergmanns Gesten korrekt deute. Dabei werde ich ob seines immer wieder flüchtig aufblitzenden verlangenden Blicks immer nervöser. Ich meine, normalerweise gefällt mir meine Wirkung auf Männer und ich habe nicht das geringste Problem damit, wenn sie mir nachschauen oder ihre Blicke voller Sehnsucht und Verlangen über meinen Körper wandern. Ich trage schließlich extra deswegen oft genug Hosen, die meinen süßen Po besonders schön zur Geltung bringen. Auch liebe ich es, mit Männern zu flirten. Hey, ich bin schließlich Single und will von Zeit zu Zeit einfach meinen Spaß. Und bei Bergmann könnte ich mir in einer anderen Atmosphäre schon vorstellen, auf seine Avancen einzugehen. Groß gebaut und maskulin, wie er daherkommt...

Beiläufig mustere ich die kräftigen, äußerst gepflegten Hände. Wie sie sich wohl anfühlen würden... Ich meine, es ist leider eine ganze Weile her, dass mich ein Mann, dass mich kräftige Hände begehrt, berührt, besessen haben. Timo, STOP!, rufe ich mich stumm zur Ordnung. Unruhig rutsche ich auf dem Stuhl vor und schaue dem Mann gedankenverloren auf den Mund. Ich bin derart durcheinander, dass ich erst mit einer gewissen Verzögerung bemerke, das Bergmann seine Lippen bewegt und mich danach fragend anschaut.

„Entschuldigung, wie bitte?“ Mit einer hastigen Bewegung rücke ich meine Brille zurecht und erwidere hilflos seinen Blick. Bergmann seufzt leise auf und widerholt seine Frage.

„Nun, von den Voraussetzungen scheinen Sie gut zu uns zu passen. Sind Sie denn noch interessiert an dem Job?“

Aber natürlich bin ich das! Aber warum schweift sein Blick schon wieder über meine Statur? Warum dieses süffisante Grinsen in seinem Gesicht? Fast könnte man meinen, dass der Typ etwas ganz anderes will - nämlich mich...! Ein mulmiges Gefühl breitet sich in mir aus und ich muss mich kräftig räuspern, um einen Kloß im Hals zu lösen.

„Aber natürlich, Herr Bergmann!“ Zur Bekräftigung nicke ich entschieden mit dem Kopf. Meine Antwort scheint den Mann zufrieden zu stellen, denn er schürzt flüchtig die Lippen und schaut - nach einem weiteren, wieder ein klein wenig zu lange in meinem Schritt verweilenden Blick, auf meine Unterlagen.

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