Das Geld

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Wolfgang Möhl

Theo Wentzke

Das Geld
Von den
vielgepriesenen Leistungen
des schnöden Mammons

GegenStandpunkt Verlag

© GegenStandpunkt Verlag 2017

Gegenstandpunkt Verlagsgesellschaft mbH

Kirchenstr. 88

81675 München

Tel (089) 2721604 Fax (089) 2721605

E-Mail: gegenstandpunkt@t-online.de

Internet: www.gegenstandpunkt.com

Alle Rechte vorbehalten

Druckausgabe ISBN 978-3-929211-11-5

EPUB: ISBN 978-3-929211-23-8

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Von den vielgepriesenen Leistungen des schnöden Mammons

Das Maß der Werte

Das Zirkulationsmittel

Das Geld bringt’s

Kapital – die Kunst der Geldvermehrung

Was jedermann geläufige Erfahrungen durchaus lehren könnten: Einige ökonomische Wahrheiten, Ware und Geld betreffend

1. Die Lehre der VWL: Von der Unverzichtbarkeit des Geldes für die Marktwirtschaft

2. Vom Nutzen des Preises und von der „Kaufkraft des Geldes“

3. Der Wert – weder Metaphysik noch Hypothese

4. Arbeit und Wertgesetz

5. Vom Produktionsverhältnis, auf dem der Wert beruht

Geld – das ‚reale Gemeinwesen‘

1. Geld & Gewalt: Die ausschließende Macht des Eigentums als Ding

2. Geld & Arbeit: Die ökonomische Kommandomacht des Eigentums

Anhang I: „Wie kann Papiergeld ‚Maß der Werte‘ sein?“

Anhang II: Das Maß des kapitalistischen Reichtums: „Surplus-Arbeitszeit“

Anhang III: Grundsätzliche Bemerkungen über Geld und Gewalt, Währung und Gold

Antwort der Redaktion

1. Zu unserem Dissens über die „kapitalismusimmanente Notwendigkeit“ einer „reellen verselbständigten Wertgestalt“

2. Zu unserem Dissens über die ökonomische Natur des staatlichen Kreditgelds

3. Zu deiner Frage, „wofür wohl“ „kapitalistische Staaten sich ihren Goldschatz halten“

Deutsch-deutsche Währungsunion – die erstmalige korrekte „Anwendung des Wertgesetzes“ auf dem Boden der DDR: Geld im Systemvergleich 1. Die D-Mark als Maß der Werte – der Wert als Maß aller Dinge

Preise in der Marktwirtschaft

Preise im Realen Sozialismus

Geld in der Marktwirtschaft

Geld im Realen Sozialismus

2. Die D-Mark als Geschäftsmittel – Armut und Reichtum als Produkte des freien Geschäftslebens

Armut in der Marktwirtschaft

Armut im Realen Sozialismus

Reichtum in der Marktwirtschaft

Reichtum im Realen Sozialismus

3. Deutsch – das einzige Attribut, das eine echte Mark verträgt

D-Mark ist Weltgeld

DDR-Mark nie.

4. Die D-Mark und ihr Recht: Das Privateigentum

Eigentum in der Marktwirtschaft

Volkseigentum

Das Geld des Staates

1. Das gesetzliche Zahlungsmittel

2. Die Staatsfinanzen

3. Der Währungsvergleich

4. Die Sorge der Staatsmacht um die Stabilität ihres Geldes

Vorwort

Geld muss man haben, nicht erklären; das versteht sich von selbst für lebenskluge Zeitgenossen. Wenn es am Geld etwas zu erklären gibt, dann, wie man am besten an möglichst viel davon herankommt; damit hat die praktische Vernunft des aufgeklärten Erwerbsbürgers auf alle Fälle schon genug zu tun.

Das ist fatal. Denn wer dem unausweichlichen Zwang, Geld zu verdienen, nur die Ermunterung entnimmt, ihm erfolgreich nachzukommen, der bleibt nicht nur in ein Zwangssystem der gesellschaftlichen Arbeitsteilung verstrickt, das mit hochprozentiger Sicherheit auf seine Kosten geht. Der macht außerdem den gar nicht so unvermeidlichen Fehler, sich dazu kritik- und begriffslos affirmativ zu stellen. Da helfen dann auch kein Ärger und keine Beschwerden mehr über die unausbleiblichen Konsequenzen: über Stress beim Geldverdienen, über spärliche Verdienste, über hohe Preise und überhaupt über Mangel hier und obszönen Reichtum dort. Wer sich das Geld nicht erklären will, soll über dessen ungleiche Verteilung nicht jammern.

*

Wer sich das Ding erklären will, das auf die bekannte totalitäre Weise und durchaus nicht zum Nutzen der großen Mehrheit das Handeln, Trachten und Denken der Insassen des globalen marktwirtschaftlichen Irrenhauses beherrscht, der wird von der einschlägigen Wissenschaft schlecht bedient. Die steht so entschieden auf dem Standpunkt, der Geldwirtschaft sei ihr quasi selbsttätiges Funktionieren hoch anzurechnen, dass sie dem Geld die Funktion des universellen Vermittlers aller funktionalen Bestandteile der Geldwirtschaft attestiert und überhaupt nicht versteht, was es außer dieser Tautologie noch zu erklären geben könnte an einer Wirtschaftsweise, die alles Produzieren und Konsumieren, den Lebensprozess der Gesellschaft insgesamt, dem Sachzwang des Geldverdienens unterwirft. Weiterhelfen kann hier, ungeachtet ihres ehrwürdigen Alters von bald anderthalb Jahrhunderten, Marx’ Kritik der politischen Ökonomie. Der Mann hat nicht bestritten, dass die kapitalistische Wirtschaft funktioniert; er hat das bloß nicht für einen Grund gehalten, sich die Überlegung zu ersparen, was da funktioniert. Dass ihm dann der Begriff des allgemeinen Äquivalents, das den Warenaustausch vermittelt, zur Kritik dieses ökonomischen Gegenstands geraten ist, liegt am Gegenstand: daran, dass das Geld ein gesellschaftliches Gewaltverhältnis vergegenständlicht und quantifiziert, dem die gesellschaftliche Arbeit unterworfen ist. Marx kommt das Verdienst zu, dass er sich weder durch verantwortungsvolle Voreingenommenheit für seinen Gegenstand noch durch methodische Vorüberlegungen von der Analyse des Geldes hat abhalten lassen – und schon gar nicht durch erkenntnistheoretische Bedenklichkeiten, ob die Enträtselung dieses Fetischs der bürgerlichen Welt überhaupt geht und wie sie allenfalls gelingen könnte.

*

Mit der letzteren geistigen Übung haben sich, sehr zum Nachteil ihres Wissens über die kapitalistische Ökonomie, viele Linke beschäftigt, die bei Marx Aufklärung über den gesellschaftlichen Zwangszusammenhang des Geldes gesucht haben, an dem die marktwirtschaftlich hergerichtete Menschheit laboriert. Sie haben die ersten drei Kapitel des 1. Bandes des Kapital studiert und glatt aus den Augen verloren oder gar nicht erst gemerkt, dass es der allgemein bekannte Alltag des kapitalistischen Betriebs ist, von dem diese Kapitel handeln, und dass an dem kein gutes Haar bleibt, wenn man ihn begreift und nicht wohlwollend danach beurteilt, dass man sich wunderbare Sachen kaufen kann, wenn das Geld reicht. Um in diesem Punkt die Aufmerksamkeit interessierter Zeitgenossen zu schärfen – also nicht, um Marx’ Ableitung des Geldes zu verbessern oder zu ersetzen –, hat das Autorenkollektiv, das den Gegenstandpunkt zu verantworten hat, schon in etlichen älteren Publikationen gegen den guten Ruf des Geldes polemisiert, in anderen Aufsätzen wichtige einzelne Argumente ausführlich dargelegt. Weil die geistige Lage der Nation, Linke und antikapitalistisch eingestellte Globalisierungskritiker eingeschlossen, nicht besser geworden ist, legen wir einige dieser Artikel in mehr oder weniger überarbeiteter Form wieder vor, ohne vor der Wiederholung zentraler Gedanken zurückzuschrecken – außer der Hoffnung, dass der eine oder andere Leser an einer Stelle merkt, was er an einer anderen überlesen hat, steckt keine tiefere Absicht dahinter. Der letzte Aufsatz über Das Geld des Staates geht über diesen Zweck einer Verständnishilfe für Marx’ ominöse „Arbeitswertlehre“ dann ein Stück hinaus: Er behandelt Dinge, die Marx in seinen Büchern über den Staat und über den Weltmarkt abgehandelt hätte, wenn er zu denen noch gekommen wäre.

 

© 2017 GegenStandpunkt Verlag

Von den vielgepriesenen Leistungen des schnöden Mammons1)

Hoch stehen sie im Kurs, die inneren und höheren Werte. Möglichst statt auf gewöhnliche Genüsse soll man scharf auf sie sein. Der schöngeistige Antimaterialismus geht nach wie vor so, dass ein Dichter beteuert: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein!“ – worauf ihm gleich ein anderer Denker ins Wort fällt und behauptet: „Geld macht nicht glücklich!“

Recht haben beide nicht. Der eine nicht, weil ja niemand behauptet hat, dass er, außer sein Stück trockenes Brot, nichts braucht. Der andere nicht, weil ihm bei Armut gleich das Glück einfällt. Handelseinig sind sich die volkstümlichen Sprüchemacher in der tieferen Überzeugung, dass das Leben durch seine ideellen Erträge lebenswert wird und dass sich vor denen der „bloße“ Reichtum allemal blamiert.

In dieser radikalen Kritik an den handfesten Genüssen und an den Zeitgenossen, die ihrer ordinären Bedürfnisse wegen auf mehr niedere Dinge aus sind, steckt ein Hinweis. Die freundlichen Herren von der Lebensfürsorge raten ja offensichtlich nur deswegen zu den hochprozentigen Werten, weil sie eine Entdeckung gemacht haben: Nicht wenige ihrer lieben Mitmenschen sind schon mit der Dutzendware nicht ordentlich versorgt und setzen daher unzufriedene Mienen auf. Das missfällt ihnen, weil es so unliebsame Überlegungen nahe legt wie die, was denn da auf dem gut gefüllten Markt mit seinen brauchbaren Reichtümern alles schief läuft, wenn immerzu Knappheit herauskommt. So etwas finden sie ziemlich anstrengend, die Sinnstifter der abendländischen Kultur. Und so verweisen sie das Publikum auf den Markt der höheren Werte, die noch nicht einmal etwas kosten.

Da nach allen gesammelten Erfahrungen der Marktwirtschaft das billigste Zeug nichts taugt, soll von der großzügigen Offerte hier einmal kein Gebrauch gemacht werden. Wir halten fest, dass vom Brot allein niemand glücklich wird, vergessen aber auch nicht, dass viele nicht vom Geld leben können, die von ihm leben müssen. Das kann unmöglich daran liegen, dass sie den Nährwert der höheren Werte vernachlässigen. Es hat wohl eher mit dem Wert des Geldes zu tun, an den man auch nicht zu glauben braucht, weil man sich nach ihm richten muss.

Das Maß der Werte

Es ist jedermann bestens vertraut: Außer jenen teuren Dingen, die „mit Geld nicht zu bezahlen“ sind, hat alles seinen Preis. Bei den Waren, die zum Verkauf anstehen, sieht man auf dem Preisschild, wie viel Geld sie kosten. Aber auch Gegenstände, an deren Veräußerung niemand denkt, werden mit der größten Selbstverständlichkeit andauernd in Geld gemessen. Die Eigenschaften eines Hauses, die es für seine Bewohner brauchbar machen, die Dienste einer Maschine für ihren Benutzer, die Vorzüge einer Stereo-Anlage – all das wird ziemlich gleichgültig, wenn es um die heiße Frage geht: Was tragen diese Dinge zum Reichtum einer Person bei? Ihre jeweilige Brauchbarkeit interessiert dann nur noch als Voraussetzung dafür, dass sie eine gewisse Summe Geldes wert sind. In dieser Eigenschaft addieren sie sich locker zum Geld hinzu, das der Betreffende womöglich auch noch hat. Das Ganze ergibt sein Vermögen, welches in der freien Marktwirtschaft entscheidet, was einer vermag. Es bestimmt den Grad der Freiheit, die man sich in der Welt des Marktes herausnehmen kann.

Einerseits scheint ein eigenartiger Idealismus am Werk zu sein, wenn alles irgendwie brauchbare Zeug einen Geldnamen verpasst kriegt. Der materielle Reichtum wird einem Geldquantum gleichgesetzt und gilt dabei als „Stellvertreter“ des Stoffs, der getrennt von den vielfältigen Gebrauchswerten den „eigentlichen“ Reichtum darstellt. In dieser Operation, die jedem geläufig ist, den es in die freie Marktwirtschaft verschlagen hat, braucht der abstrakte Reichtum noch nicht einmal greifbar zu sein, wenn er als Maß aller Dinge gewürdigt wird. Solange man nur wissen will, was eine Sache wert ist, tut es ein vorgestellter Geldbetrag auch. Sobald es jedoch darum geht, etwas zu kriegen, sich den Gebrauchswert einer Sache zu sichern, braucht man das Geld, das sie kostet.

Andererseits ist also überhaupt kein Idealismus vorhanden, wo alles in Geld geschätzt wird. Groß und Klein sehen sich da mit dem Materialismus des Privateigentums konfrontiert. Was immer jemand genießen und zu seiner Verfügung haben will – er muss es mit Geld bezahlen, weil es jemand anderem gehört. Und auch wenn auf den neuesten Scheinchen nicht mehr der Hinweis vermerkt ist: „Wer Banknoten nachmacht oder verfälscht oder nachgemachte oder verfälschte in Verkehr bringt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft“, verfällt doch keiner auf die Idee, er dürfte sich die ihm als Geld vertrauten Zettel nach Bedarf zurechtkleben. So viel weiß der moderne Mensch schon als Kind über seine Heimat, in der die Gültigkeit des Geldes durch die staatliche Gewalt gesichert wird, so dass es sein Werk als Maß des Reichtums ordentlich verrichten kann: Von allem Nützlichen und Angenehmen, das er zu Gesicht kriegt und gebrauchen will, steht jedem das zur Verfügung, was er in sein Privateigentum verwandelt. Das Geld stellt die eine Privatperson mit allen anderen gleich – und in einen gesellschaftlichen Zwangszusammenhang. Dieser abstrakte Reichtum ist der Schlüssel zur Teilhabe an den Sorten des konkreten Reichtums, des vielfältigen Zeugs, das an allen Ecken der freien Marktwirtschaft arbeitsteilig produziert wird, um verkauft zu werden. Der Zwang zum Tausch macht sich als „Bedürfnis“ nach Geld bemerkbar. Obgleich selbst ungenießbar, will es jeder haben, da dieses Maß der Werte mit seiner unmittelbaren Austauschbarkeit seinen Besitzer zum Herrn über die Warenwelt macht. Vorausgesetzt, er hat genug davon.

Das Zirkulationsmittel

Ist die Sache mit dem Privateigentum geregelt und Gott und die Welt hinter dem Geld her, damit sie auf dem Markt etwas ausrichten, dann zirkulieren nicht nur Waren, sondern auch Gemeinsprüche der begriffslosesten Sorte. „Das Geld ermöglicht den Tausch,“ heißt es da in den VWL-Büchern wie im kleinen Brockhaus und im großen Meyer. Und um einen guten Eindruck zu machen und den wissenschaftlichen Schein zu wahren, zu dem ein Quäntchen Notwendigkeit gehört, wird der Hinweis auf die Arbeitsteilung bemüht, welche im „Tauschmittel Geld“ die Verteilung der weit und breit verstreuten Güter glücklich herbeiführe.

An solchen Weisheiten, die freudig vermelden, dass das Geld „Zugang zu“ und „Verteilung von Gütern“ ermögliche, muss eine kleine Korrektur angebracht werden. Das Geld, das Maß des Reichtums, stellt den Zugang zu nützlichen Produkten und deren Verteilung auch ein wenig in Frage. Es verunmöglicht das, was es „möglich macht“, auch: Schließlich trennt das gewaltsam in Kraft gesetzte Eigentum erst einmal sämtliche Bedürfnisse von den ihnen entsprechenden Gegenständen. Es lässt sie nur unter der Bedingung zum Zug kommen, dass der geforderte Preis an den entrichtet wird, dem die Dinge gehören. Wenn ein Staat mit seiner Gewalt das Geld als Mittel der Bedürfnisse vorschreibt, dann erhebt er also ganz bestimmt nicht die Bedürfnisse zum Zweck des Wirtschaftslebens. Er unterwirft vielmehr ihre Befriedigung der Zahlungsfähigkeit derer, die sie verspüren. Vom Quantum des öffentlich-rechtlich beaufsichtigten Stoffes, das einer besitzt, hängt seine Betätigung in der Welt der Genüsse ab. Anders ausgedrückt: Die Güter finden den Weg zu ihren Liebhabern nur, wenn diese zahlen. Als Waren bevölkern sie dann den Markt, sie sind Geschäftsartikel, und ihre Eigentümer stellen sie äußerst ungern zur Verfügung, wenn sie sich nicht versilbern.

Dass durch das Geld eine Verteilung stattfindet, soll damit gar nicht bestritten werden. In Frage steht jedoch, ob es sich beim Geld um eine glückliche Erfindung aus fernen Tagen handelt, durch die ein mit der „Arbeitsteilung“ auf die Welt gekommenes Problem einvernehmlich gelöst wurde: Güter von dem Ort, wo sie nicht gebraucht werden, dorthin zu verfrachten, wo sie jemand haben will. Dagegen spricht schon jeder Werbespot mit seiner Botschaft von der „preiswerten Ware“. Die zeugt nämlich von nichts anderem als dem Bemühen um eine beschränkte Zahlungsfähigkeit; und an den Mann gebracht werden soll die eine Ware statt der anderen, was auch gleich die Behauptung widerlegt, das Geld sei, wenn schon keine Lösung des Verteilungsproblems, dann dessen Not-Lösung, angesichts der „Knappheit von Gütern“ – auch dies eine Deutung, die einen Hinweis auf die unübersehbaren Gegensätze des Marktes enthält, auf dem Waren und Geld die Hände wechseln.

Anders gesagt: Zunächst einmal vermittelt das Geld tatsächlich den Austausch von Waren beliebiger Herkunft untereinander. Zeitliche und örtliche Schranken der Produktion, wie sie neben den Zufällen individueller Bedürfnisse immer als Manko des „Naturaltausches“ ausgemalt werden („Der eine hat das (nicht), was sein gerade hereingeschneiter Tauschpartner (nicht) braucht...“), sind mit dem Geld beseitigt – ob das glücklich gelöste Problem außerhalb einer Geldwirtschaft, aus der man sich das Geld weggedacht hat, überhaupt eine Rolle spielen würde, mag dahingestellt bleiben. Deswegen ist das Geld aber noch lange keine „Recheneinheit“ und kein „Steuerungsinstrument“, das garantiert, dass Güter ihren Benützer finden. Immerhin macht es sich selbst zur Bedingung dafür, dass die Waren in Bewegung geraten und von ihrem ursprünglichen Besitzer zu ihrem Benützer gelangen. Vor dem allseits beliebten Resultat, dem gelungenen Austausch von Waren hier gegen Waren dort und anderswo, hat immerhin noch jede Ware ihre Verkäuflichkeit zu beweisen. Und das heißt: Sie muss sich nicht nur am Interesse an ihrem Gebrauchswert bewähren, sondern an der Zahlungsfähigkeit der Interessenten. Insofern verrichtet das Geld die ihm so hoch angerechnete Wohltat, den Gütern und Menschen als Verteilungsinstrument zu dienen, nur sehr bedingt. Unerfüllte Bedürfnisse zeugen ebenso deutlich wie unverkäufliche Waren davon, dass die Trennung von Kauf und Verkauf – jene „Technik“, die die Möglichkeit des Austauschs jeder beliebigen Ware gegen jede andere eröffnet – einen handfesten Gegensatz stiftet: Unterwegs kommt es offenbar so sehr aufs Geld an, dass Ware gar nicht erst zu Ware findet...

Wenig Trost bietet da auch die angesichts der Störungen des Marktes erhobene Klage, das Geld würde mengenmäßig verkehrt gehandhabt und Störungen deshalb hervorrufen. Den Idealismus, „das“ Geld der Marktwirtschaft, in der es auf die ausschließliche Verfügung von Privateigentümern über Geld und Ware ankommt, zu einer Gesamtmenge zu addieren, mit der, wenn richtig bemessen, der „Markt geräumt“ und jedes Bedürfnis befriedigt würde, treibt ja doch keiner der einschlägigen Experten bis zu dem Vorschlag, für den guten Zweck der Warenverteilung und Menschenversorgung einfach mehr Geld unter die Leute zu bringen, damit ein fröhlich Kaufen und Verkaufen anhebt: Das geht auf keinen Fall, weil die Kaufkraft, die so geschaffen würde, durch höhere Preise ausgenützt und nur dazu führen würde, dass das Geld nichts mehr taugt... Auf die Anzahl der Geldeinheiten kommt es demzufolge also an: nicht im Hinblick auf den Dienst als Zirkulationsmittel, den das Geld angeblich so zweckmäßig versieht und bisweilen dann doch versagt, sondern weil es auf die Einheit ankommt, von deren Inhalt kein marktwirtschaftlicher Kopf etwas wissen will. Immerhin geben insofern selbst die Freunde der „quantitätstheoretischen“ Deutung der Inflation (deren Geheimnisse im übrigen im Kredit und nicht in den Güterbergen und Geldmengen liegen!) noch zu, dass der Markt für den Nutzen des Geldes geradezustehen hat und nicht umgekehrt.

 

Dass die Beschaffung von Geld, jener Privatmacht über den gesellschaftlichen Reichtum in „schlagfertiger Form“, den Zweck des Marktes ausmacht, lässt sich freilich leichter bemerken als über falsche Theorien, die sich dann am Interesse ihrer Urheber blamieren. Darauf sind vor allen Marxisten schon ganz andere Leute gekommen.