Sea and Fall

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Sea and Fall
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Svea Dunnabey

Sea and Fall

Einsicht

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Kapitel I

Kapitel II

Kapitel III

Kapitel IV

Kapitel V

Kapitel VI

Kapitel VII

Kapitel VIII

Kapitel IX

Kapitel X

Kapitel XI

Kapitel XII

Kapitel XIII

Kapitel XIV

Kapitel XV

Kapitel XVI

Kapitel XVII

Kapitel XVIII

Kapitel XIX

Kapitel XX

Impressum neobooks

Kapitel I

Die letzten Tage waren wie im Flug vergangen. Ethan und ich verbrachten jede freie Minute zusammen und genossen unser neues Glück, was mir immer leichter fiel. Ethan war der erste Mann, bei dem ich wirklich fühlte, dass ich ihn liebte und ohne den ich nicht mehr sein wollte. Zwar gab es viele Probleme, die uns den Weg steiniger machten, trotzdem wollten wir es versuchen und zusammenhalten.

Vor ein paar Tagen hatte er sich mir geöffnet und gebeichtet, dass er seit vier Jahren keinen Sex und keine Frau mehr gehabt hatte, weil er sich selbst dafür bestrafte, dass eine Frau beim Sex mit ihm gestorben war, weil sie einen Herzfehler hatte. Er gab sich die Schuld dafür und hatte Angst, dass das gleiche bei mir passieren könnte, was ich absolut absurd fand. Für mich war das mit Anna ein Unfall gewesen, woran nur ihr kaputtes Herz Schuld war und ich war in Topform und gesund, weswegen er sich keine Sorgen machen musste.

Auch ich hatte mich ihm anvertraut und ihm alles aus meiner Kindheit berichtet. Mein Vater starb an meinem siebten Geburtstag an Krebs, wofür meine Mutter mir die Schuld gab, da sie durch mich keine Zeit gehabt hatte nach ihm zu sehen und ihm zu helfen. Zudem hatte sie mich immer schlecht behandelt, weswegen mich heute noch Selbstzweifel und Selbsthass plagten. Das waren Dinge, die ich wahrscheinlich nie ablegen konnte und durch die Trennung von meinem Mann, weil er fremdgegangen war, kam auch noch das Problem des Misstrauens hinzu. Ethan hatte es also wahrlich nicht leicht mit mir, doch er gab sich größte Mühe mit meinen Launen und Zweifeln umzugehen.

>> Kann ich dir noch irgendwie helfen?<<

Paul schaute durch einen Spalt in meiner Schlafzimmertür herein und grinste mich an. Er war schon vor einer halben Stunde gekommen und hatte sich in einen schicken Anzug geworfen, in dem er einfach fabelhaft aussah. Jacob und er kamen ebenfalls zur Ballettaufführung von Emma, die in etwa zwei Stunden begann. Ich hoffte nur, dass Ethan es noch rechtzeitig schaffte und auch Jacob war noch nicht da, weshalb wir nun zusammen auf unsere Männer warteten.

>> Könntest du mir beim Reißverschluss helfen?<<

>> Aber natürlich.<<

Ich trug ein langes roséfarbenes Kleid aus Chiffon, wobei die Korsage durchgehend gerafft war und um die Taille ein breites Band mit Perlen und Pailletten gebunden war. Unter dem Band verliefen sich die Raffungen, sodass es leicht und locker herunterfiel. Als Paul den Reißverschluss schloss, saß es perfekt und betonte meine Kurven. Meine Haare hatte ich nach hinten gedreht, wo sie lockig meinen Rücken hinunterfielen. Zusammen mit meinem Make-Up und dem Schmuck, den mir Ethan gestern geschenkt hatte, fühlte ich mich wie eine Göttin.

>> Danke.<<

>> Du siehst wunderschön aus Sarah.<<

Ich errötete und schob die Bemerkung beiseite, was er schon gewohnt war von mir. Ich freute mich, dass ich Paul endlich mal ohne Jacob sprechen konnte und nutzte die Gunst der Stunde, um ihn einmal darüber auszufragen, wieso er Jacobs Seitensprung so schnell verziehen hatte.

>> Hättest du noch eine Minute für mich?<<

>> Natürlich, was gibt es denn?<<

Einen Moment lang überlegte ich einen Rückzieher zu machen, doch es interessierte mich einfach zu sehr. Ich setzte mich aufs Bett und sah ihn unsicher an.

>> Kann ich dich etwas fragen?<<

>> Aber sicher.<<

>> Wieso hast du Jacob verziehen und vor allem so schnell?<<

Er seufzte und setzte sich zu mir, bevor er tief durchatmete und sanft antwortete.

>> Weil ich ihn liebe und nicht ohne ihn leben kann.<<

>> Aber er hat dir doch wehgetan.<<

>> Ich weiß.<< seufzte er und seine Miene wurde dunkler, schmerzverzerrter und nachdenklicher. Ich wusste, dass er an die Tage der Trennung dachte und wie sehr Jacob ihn verletzt hatte.

>> Aber er hat sich so ins Zeug gelegt, um mich wiederzubekommen. Er hat nicht aufgegeben, als ich bei meiner Schwester war. Hat draußen auf der Veranda geschlafen und mir immer wieder erzählt, wie Leid es ihm tat. Grade Jay, der so eitel und penibel ist, wenn es um Sauberkeit geht, duscht tagelang nicht und schläft im dreckigen Garten...<<

Er lächelte bei dem Gedanken und den Bildern, die sich ihm während dieser Zeit geboten haben.

>> Ich habe gesehen, wie er gelitten hat und seine Gründe, dass er mit Leon abschließen musste, hörten sich plausibel an...<<

>> Aber so schnell?<<

>> Ich liebe ihn und er liebt mich, warum sollen wir es künstlich in die Länge ziehen, wenn wir wissen, dass wir wieder zusammenkommen? Warum länger leiden, wenn es auch Freude geben kann. Das heißt aber nicht, dass ich ihn nicht trotzdem noch ein wenig auf Abstand halte. Er weiß, dass er mein Vertrauen erst zurückgewinnen muss und dass bei dem kleinsten Ausrutscher Schluss ist.<<

>> Ich hoffe nur, dass er verstanden hat, was für ein Glück er hatte, dass du ihm verziehen hast.<<

>> Das hat er.<<

Ich nahm ihn in den Arm, schloss die Augen und drückte ihn fest, als sich jemand hinter uns räusperte.

>> Ethan, schön, dass du da bist. Ähm, das ist Paul, Paul, das ist Ethan.<<

Ich kam mir unendlich dumm vor, dass er mich in einer innigen Umarmung mit einem anderen Mann in meinem Schlafzimmer, auf meinem Bett erwischt hatte, ganz egal, ob Paul schwul war, denn das wusste Ethan noch nicht und seinem Gesichtsausdruck zu urteilen, fand er es alles andere als passend.

>> Paul ist der Freund von Jacob.<<

>> Wir kennen uns bereits Sarah. Dürfte ich kurz mit ihr alleine reden?<<

>> Aber natürlich.<<

Paul verließ das Schlafzimmer und zog die Tür hinter sich zu, wobei er mir einen aufmunternden und mitleidigen Blick zuwarf, der um Welten angenehmer war, als der den Ethan mir nun zuwarf.

>> Ich mag es nicht, wenn dir andere Männer so nahe sind.<<

>> Er ist doch schwul und wir sind gute Freunde.<<

>> Das ist mir scheißegal.<< herrschte er mich an, was mich kurz zusammenzucken ließ.

>> Aber....<<

>> Kein aber Sarah! Ich glaube wir haben schon geklärt, dass du auch nicht möchtest, dass ich einer anderen Frau so nahe wäre, beispielsweise Jody.<<

>> Das ist was anderes.<<

>> Wieso?<<

>> Sie ist nicht lesbisch. Sie will was von dir!<<

>> Kann ich sicher sein, dass nicht einer von Ihnen bisexuell ist?<< fragte er und drehte sich dabei ein wenig zur Tür um, auf die er mit einem Finger zeigte.

>> Ethan.... Du verstehst das nicht. Die beiden... Sie sind wie Brüder für mich. Sie kümmern sich um mich, sorgen dafür, dass es mir gut geht.<<

>> Das tue ich jetzt.<<

>> Aber du bist nicht immer da und manchmal brauche ich jemand anderen, dem ich alles erzählen kann. Vor allem wenn wir uns irgendwann wieder streiten sollten, dann sind die beiden für mich da.<<

>> So wie sie für dich da waren, als du dachtest wir hätten uns getrennt?

Ich nickte und dachte an den Abend zurück, wie schlecht es mir gegangen war und welche schlimmen Vorwürfe ich mir selbst gemacht hatte. Wie sehr ich mich gehasst hatte.

 

>> Sie sind sofort hierher gefahren und haben mich getröstet, mich wieder aufgebaut und mir Mut gegeben.<<

Ethan stand stumm vor mir und ließ die Worte ein paar Mal durch seinen Kopf gehen, bevor er sich resigniert mit den Händen durch sein volles Haar fuhr.

>> Trotzdem möchte ich, dass du in Zukunft erst zu mir kommst und es macht mich eifersüchtig, wie innig du mit ihnen umgehst, wirklich Sarah, es stört mich gewaltig. Nicht nur du bist sehr eifersüchtig!<<

Ich antwortete nicht, sondern trat ein paar Schritte auf ihn zu, um ihm endlich meine Arme um den Hals zu schlingen und ihn zu küssen. Etwas, wonach ich mich schon den ganzen Tag gesehnt hatte. Sein männlicher frischer Duft, gepaart mit seinem minzigen Geschmack, brachten mich um den Verstand.

>> Ich liebe nur dich Ethan und du reichst mir vollkommen.<<

>> Na, dass hoffe ich doch.<<

Er küsste mich leidenschaftlicher, strich mit den Fingerkuppen über meinen Rücken, was mir Gänsehaut verschaffte und mich wohlig stöhnen ließ. Dieser Mann brachte mich wie immer um meinen sonst so verlässlichen Verstand.

Plötzlich klingelte es an der Tür, weshalb wir zurück ins Wohnzimmer gingen, doch Jacob betätigte schon den Summer. Jacob musste mit Ethan zusammen angekommen sein, weswegen Ethan auch nicht klingeln brauchte und plötzlich in die Umarmung von Paul und mir hereingeplatzt war.

>> Julian kommt. Machst du ihm auf Süße, dann kann ich mich noch schnell umziehen.<<

Ich nickte und drehte mich zu Ethan um, der gerade meinen Hintern knetete, während Paul und Jacob in ihrem Zimmer verschwanden.

>> Hör auf damit! Was sollen die anderen denken.<< zischte ich ihn an, worauf er nur mit einem schiefen Lächeln reagierte.

>> Dass ich die Finger nicht von dir lassen kann, weil du so scharf aussiehst?<<

>> Ethan!<<

>> Sei froh, dass ich mit deinem entzückenden Arsch vorlieb nehme. Immerhin ist das nicht so auffällig, als wenn ich deine Titten kneten würde, die durch das Kleid so herrlich zusammengequetscht werden.<<

>> Gefällt es dir also?<< fragte ich amüsiert und bekam meinen Blick nicht mehr von seinen Augen los, die jedoch inzwischen lieber auf meine Oberweite fixiert waren. Plötzlich löste er eine Hand von meinem Hintern, packte meine und legte sie an seine beachtliche Beule in der Hose, was mich noch mehr grinsen ließ. Ich genoss es, wenn er mir zeigte, wie sehr ihn allein mein Anblick anmachte.

>> Es gefällt mir viel zu gut. Was mir nicht gefällt, ist die Tatsache, dass ich dich nicht aus diesem Kleid befreien und dich verführen darf.<<

>> Ethan...<< warnte ich ihn wenig überzeugend, als er mit der Hand über mein Dekolleté strich und mit der anderen in meine Mitte fuhr.

Ich schlug auf seine Hand und ging zur Tür, an der es grade geklopft hatte, um Julian zu öffnen. Nach einem tiefen Atemzug, um die Gänsehaut abzuschütteln, die Ethan mir grade verpasst hatte, öffnete ich die Tür schließlich.

>> Hi Julian, komm rein.<<

>> Danke.<<

>> Wie geht’s Christie und der Kleinen?<<

>> Gut. Sehr gut eigentlich, aber ich bin ehrlich gesagt froh dem Babygeschrei einen Abend zu entfliehen.<<

>> So schlimm?<<

>> Ich bin es einfach nicht mehr gewohnt.<<

>> Ist ja auch schon ein paar Jahre her.<<

>> Stimmt.<<

>> Könntet ihr euch vielleicht auf Englisch unterhalten?<< fiel uns Ethan ins Wort, der ein wenig grimmig dreinblickte. Ich hatte vollkommen vergessen, dass er kein Deutsch sprach und schwang sofort wieder ins Englische um.

>> Sorry, ich habe nicht dran gedacht. Ethan, das ist Julian mein Ex-Mann, Julian, das ist Ethan, mein Freund.<<

Die beiden begrüßten sich, wobei ich bei Julian eine gewisse Angst spürte. Er hatte schon zugegeben, dass er Respekt vor ihm hatte, da er so angsteinflößend wirkte und alles über unsere Trennung wusste, doch seine Sorgen waren unbegründet. Ethan war erwachsen genug, dass ganze ohne Konfrontation oder irgendwelche unpassenden Kommentare zu regeln.

>> Ich habe gehört, ihre Firma hat den Zuschlag für mein neues Projekt bekommen?<<

>> Richtig. Ein sehr schönes und extravagantes Gebäude, das Sie da planen.<<

>> Danke.<<

>> Nächste Woche geht es schon los.<<

>> Stimmt.<<

>> So wir können.<< mischte sich Jacob ein, der nun wie aus dem Ei gepellt aussah. Ich blickte mich im Raum um, als es mir fast die Sprache verschlug.

>> Fahre ich jetzt wirklich mit vier Männern zu dieser Aufführung? Wie schlimm sieht das denn aus?<<

>> Du bist halt begehrt und rattenscharf Süße.<<

Es war Jacob, der als erster geantwortet hatte und den ich nun mit bösen Blicken strafte, da er mir einen Klaps auf den Hintern gegeben hatte. Schließlich nahm ich Ethans Hand und ging mit ihm hinunter zur Limousine. Als wir eingestiegen waren, setzten wir uns nebeneinander und ich kuschelte mich mit meinem Kopf an seine Schulter.

Die Fahrt dauerte eine Stunde, bei der uns jedoch nicht der Gesprächsstoff ausging. Wir unterhielten uns über den bevorstehenden Urlaub von Jacob und Paul, die sich zwei Wochen in der Karibik gönnten, über das neue Familienglück von Julian und über die Beziehung zwischen Ethan und mir. Ab und an fragten sie auch Ethan persönlich aus, worauf er jedes Mal höflich antwortete, egal wie privat sie auch sein mochte.

Als wir endlich da waren, stiegen die anderen zuerst aus, bevor Ethan mir aus dem Auto half und mich an seine Seite zog. Es waren einige Fotografen vor Ort, die ihn sofort erkannten und Bilder schießen wollten. Als ich gerade einen Schritt zur Seite machen wollte, damit sie ein Foto von ihm machen konnten, drückte er mich noch fester an sich.

>> Wehe!<< säuselte er mir zuckersüß ins Ohr, damit die anderen nicht dachten, dass wir gerade einen kleinen Disput hatten.

>> Mr Thatcher, Ms Huber. Was führt Sie heute Abend hier her?<<

Inzwischen kannte die Presse meinen Namen, eine Tatsache die ich gern vermieden hätte, doch neben Ethan konnte ich mich auf Dauer nicht verstecken.

>> Ms della Rossa heißt sie jetzt.<< ging Ethan bestimmt dazwischen, bevor ich antwortete.

>> Meine Tochter spielt in dem Stück mit.<<

>> Sind Sie ein Ballettliebhaber Mr Thatcher?<<

>> Das werde ich heute Abend sicherlich herausfinden. Entschuldigen Sie uns!<<

Wir grinsten noch kurz für die Kameras, bevor wir uns hinein retteten und ich mir einen großen Schluck Champagner gönnte. Julian, Jacob und Paul waren wahrscheinlich schon zu ihren Sitzplätzen gegangen, da ich sie nirgends mehr entdecken konnte, sodass ich mit Ethan endlich mal alleine war.

>> Was ist Sarah?<<

>> Ich hasse die Fotografen. Ich bin so etwas einfach nicht gewohnt.<<

>> Es tut mir Leid, aber das wird nun ein Teil deines Lebens sein. Solange sie uns nicht verfolgen, können wir nichts dagegen tun.<<

>> Ich weiß.<<

Er nickte und nahm mich schließlich zärtlich in den Arm, wo er mir beruhigend über den Rücken strich.

>> Wenn es dir zu viel wird, sag es mir. Ich vergesse die Presse schnell, da ich sie seit klein auf gewohnt bin.<<

>> Mhm.<<

Wir gingen zu unseren Plätzen, wo auch schon Ben saß, den ich Ethan sofort vorstellte. Die beiden begrüßten sich freundlich und setzten sich wieder. Sie saßen zu weit auseinander, um weiter miteinander reden zu können, doch dafür hatten sie noch das ganze Wochenende Zeit.

Ich hatte ein wenig Angst davor, da Ben nicht einfach war. Er war mein elfjähriger Sohn, der einen IQ von 152 hatte und deshalb ein wenig schwierig war. Er interessierte sich nur für Technik, wobei er sich wirklich bemühte auch mit Menschen zurecht zu kommen, die damit nichts anfangen und nicht mit ihm mithalten konnten. Ethan hatte ihn heute das erste Mal getroffen und auch Emma würde ich ihm heute noch vorstellen, allerdings erst nach der Aufführung.

Es waren nur noch zehn Minuten bis es anfing, als ich plötzlich jemanden auf uns zukommen sah, der mich breit angrinste.

>> Alex, was machst du denn hier?<<

Es konnte nicht noch schlimmer kommen. Ethan musste heute wirklich viel ertragen. Erst lernte er Paul, dann meinen Ex-Mann, dann Ben und nun auch noch Alex und später noch Emma kennen. Dass schlimmste daran waren Julian und Alex an einem Abend, beides Männer mit denen ich etwas gehabt hatte.

>> Emma hat mir eine Karte besorgt, da ich ihren Auftritt nicht verpassen wollte.<<

>> Na dann, viel Spaß.<<

Ich hoffte, dass er sich einfach wieder hinsetzte und es nicht noch schlimmer machte, doch er zog mir einen Strich durch meine Rechnung.

>> Können wir kurz reden?<<

>> Ich wüsste nicht worüber, außerdem sitze ich sehr gut hier.<<

Ich sah, dass ihm meine Antwort nicht passte, da er sein Gesicht grimmig verzog, doch er ließ nicht locker und redete einfach weiter.

>> Du hast mich nicht angerufen.<<

>> Das hatte ich dir auch nicht versprochen. Ich sagte nur, dass ich nachdenken müsse.<<

>> Trotzdem habe ich gewartet und gehofft.<<

>> Du hast mein Vertrauen missbraucht Alex, was für ein Wunder erwartest du?<<

>> Dass du mir noch eine Chance gibst, wir weiterhin Freunde sind und eventuell wieder ein Paar werden.<<

Zum Glück saß Ben weit genug entfernt, damit er das nicht mitbekam, doch Ethan saß direkt neben mir und kochte innerlich vor Wut. Ich spürte, wie er seinen Ärger in Zaum hielt und hoffte, dass er das auch weiterhin schaffen würde.

>> Es tut mir Leid Alex, aber das mit uns wird nie wieder etwas werden und das solltest du langsam begreifen. Du hast Lydia und ich bin jetzt mit Ethan zusammen.<<

Demonstrativ legte ich meine Hand auf seinen Oberschenkel und lächelte ihn entschuldigend an.

>> Du bist wieder vergeben?<<

>> Ja.<<

>> Seit wann?<<

>> Seit ein paar Wochen.<<

>> Mit so einem?<<

Er sah abschätzend zu Ethan runter, der sich nur noch mit Mühe zurückhielt. Meine Hand lag immer noch auf seinem Oberschenkel, die ich kurz drückte, um ihm zu zeigen, dass ich alles im Griff hätte und er ruhig bleiben solle.

>> Alex! Halt dich zurück.<<

>> Wusste nicht, dass du nun wieder auf solche Spießer stehst.<<

>> Es reicht Alex!<<

>> Liebst du ihn?<<

Ich wusste worauf er hinauswollte. Ich konnte ihm in all den Monaten nicht die drei Worte sagen, die ich bei Ethan schon nach so kurzer Zeit gespürt hatte.

>> Ja, dass tue ich.<<

Wieder blickte ich Ethan an, der nun beschützend seinen Arm um mich legte und mich beruhigend anlächelte.

>> Bei ihm kannst du es sagen? Ich habe vergeblich sechs Monate auf diese Worte gewartet, aber ich habe dich nicht gedrängt, immerhin musste Julian fünf Jahre darauf warten.<<

Das Licht erlosch im Saal, sodass sich alle schnell auf ihre Plätze setzten, da die Vorstellung nun begann.

>> Alex geh und setz dich auf deinen Platz und reiß dich verdammt noch mal zusammen, es geht heute Abend nicht um uns, sondern um Emma!<< herrschte ich ihn an, da ich inzwischen vor Wut bebte. Warum konnte er nicht verstehen, dass das zwischen uns nichts mehr werden würde. Ich wollte ihn nicht zurück und ich wollte auch nicht mehr mit ihm befreundet sein, wenn er so weitermachte.

>> Alles ok bei dir?<< fragte Ethan vorsichtig, als Alex sich entfernte und sich auf seinem Platz weiter links hinsetzte.

>> Danke, dass du so ruhig geblieben bist.<<

>> Es fiel mir schwer, aber ich wollte hier keine Szene machen.<<

 

Ich nickte, als auch schon die ersten Klänge des Stücks vom Schwanensee erklangen. Meine Wut verrauchte mit jedem Klang der Musik ein wenig mehr und war vollkommen verklungen, als die Tänzerinnen und Tänzer auf die Bühne kamen.

>> Welche ist Emma?<<

>> Zeige ich dir nachher, wenn weniger Tänzerinnen auf der Bühne sind.<<

Ethan saß die nächsten drei Akte ruhig in seinem Sitz und verfolgte mit Konzentration die Handlung. Erst im vierten Akt, wo Emma zusammen mit drei weiteren Schwänen den Tanz der vier kleinen Schwäne tanzte, zeigte ich sie ihm.

>> Die zweite von links.<<

Er nickte nur und verfolgte sie mit seinem Blick, während Emma zusammen mit den anderen Tänzerinnen die Zuschauer in den Bann zog.

>> Sie ist wunderschön und so anmutig und grazil.<<

>> Das Ballett ist ihr Leben seit sie vier ist. Endlich kann sie jeden Tag tanzen und irgendwann tanzt sie die Odette.<<

>> Das wird sie.<<

Wir lauschten wieder der Musik und beobachteten weiter wie Emma über die Bühne schwebte, bis Odette und Prinz Siegfried dahinschieden und der Vorhang sich zuzog. Das Publikum stand auf und applaudierte mit Standing Ovations. Immer wieder verbeugten sich die Tänzerinnen und Tänzer, bis das Licht im Saal wieder anging und wir darauf warteten, dass Emma zu uns kam.

Ich redete kurz mit Julian darüber, wie stolz wir auf Emma waren und dass es die richtige Entscheidung gewesen war, ihrem Wunsch, auf ein Internat wie dieses zu gehen, zuzustimmen.

Paul und Jacob verabschiedeten sich schon bevor Emma bei uns war, da sie zu Jacobs Mutter fahren mussten, der es immer noch nicht viel besser ging.

Ben langweilte der ganze Abend ungemein, was man ihm mehr als deutlich ansehen konnte, allerdings riss er sich zusammen.

>> Emma, du warst großartig.<< rief ich als ich sie sah und sie in meine Arme riss. Kurz darauf folgte Julian, der genauso stolz auf sie war und es ihr zeigte.

>> Gut gemacht Schwester.<< zwängte sich Ben gelangweilt über die Lippen, woraufhin sie ihn in die Mangel nahm.

>> Ey, dass ist gemein.<<

>> Ja, aber du hast es verdient Bruderherz.<<

>> Emma, ich möchte dir gern Ethan vorstellen, wir hatten ja schon über ihn gesprochen.<<

>> Hi, ich hoffe, es war nicht zu einschläfernd für Sie.<<

>> Ganz und gar nicht. Ich bin beeindruckt, wie leicht das alles aussah.<<

>> Dann haben wir es richtig gemacht. Es soll leicht aussehen, auch wenn es extrem schwierig und mitunter auch schmerzhaft ist.<<

>> Es war wirklich klasse.<<

>> Danke.<<

>> Ich soll dir von Jacob und Paul auch noch ausrichten, dass du sie beeindruckt hast und es ihnen Leid tut, dass sie schon fahren mussten, aber Pauls Mutter geht es nicht gut.<<

>> Kein Problem. Gott, ich schwebe gerade auf Wolke Sieben. So viel Adrenalin.<<

>> Solange es nur das Adrenalin ist.<< amüsierte sich Julian.

>> Keine Angst Dad. Wen soll ich schon auf einem Sportinternat für Mädchen kennenlernen.<<

>> Das haben wir doch super ausgesucht, oder Sarah?<<

>> Auf jeden Fall.<<

Sie grinste und wollte gerade etwas sagen, als Alex an ihre Seite trat und sie anlächelte.

>> Emma.<< rief er und riss sie in seine Arme, bevor er sie kurz hochhob und strahlend wieder absetzte.

>> Du hast es also geschafft.<< sagte sie und lächelte ihn an. Die beiden hatten sich schon immer gut verstanden und standen sich ziemlich nah, weswegen es klar war, dass Alex heute hier sein würde.

>> Natürlich. Ich verpasse doch keinen Auftritt von dir.<<

>> Und wie fandst du es?<<

>> Du warst fabelhaft, so schön und hast so perfekt getanzt, jetzt musst du einfach „ja“ sagen.<<

>> Wozu „ja“ sagen?<< fragte ich in einem scharfen Ton nach, woraufhin Emma mich ängstlich ansah.

>> Naja, also Alex fragte mich, ob ich...<<

>> Ob du was?<< hakte Julian nach, der genauso argwöhnisch war, wie ich.

>> Ob ich in seinem neuen Video tanzen würde. Es geht dabei um eine Ballettchoreographie, aber ich brauche euer Einverständnis.<<

>> Nein!<< brach es aus Julian heraus, der sichtlich empört war.

>> Aber Dad.<<

>> Nein Emma, ich möchte nicht, dass du in einem solchen Video zu sehen bist, als Balletttänzerin auf einer Bühne, wie dieser, ja, aber nicht in solch einem schäbigen Video.<<

>> Das ist kein schäbiges Video.<< verteidigte sich Alex und sah Julian grimmig an.

>> Mum!<<

>> Da seine nächste Single „naked“ heißt, bin ich auf der Seite deines Vaters. Tut mir Leid.<<

Emma war wütend auf uns und verabschiedete sich schnell wieder, da sie angeblich etwas hinter den Kulissen aufräumen musste. Auch wenn ich wusste, dass es eine Lüge war, ließ ich sie gehen, da es jetzt eh nichts bringen würde, mit ihr zu reden.

>> Julian könntest du mit Ben schon mal nach draußen gehen, wir kommen gleich.<<

Ohne ein weiteres Wort schnappte Julian sich Ben und ging in Richtung des Ausgangs. Als ich wusste, dass sie außer Hörweite waren, wandte ich mich an Alex.

>> Es wäre einfacher gewesen, erst einmal mit mir darüber zu sprechen, bevor du in ihr Hoffnungen weckst.<<

>> Hätte ich bestimmt, wenn du dich gemeldet hättest.<<

>> Soll ich riechen, was du vorhast?<<

>> Nein, aber unsere Freundschaft aufrecht erhalten, dann hättest du davon erfahren.<<

>> Wann begreifst du endlich, dass ich Zeit brauche? Dass wichtigste in einer Freundschaft ist für mich Vertrauen und das hast du missbraucht, indem du Lydia die Sachen aus meiner Kindheit, meiner Ehe und zwischen uns erzählt hast. Einer Person, der du nicht vertrauen kannst, jedenfalls nicht nach so kurzer Zeit.<<

>> Ich musste mit jemandem reden. Ich war vollkommen fertig, als du mich abserviert hast. Ich dachte wir würden für immer zusammen sein, dass wir heiraten würden. Ich musste mit jemandem über all diesen Mist reden.<<

>> Dann erzähl es deiner Familie, beispielsweise Dan, Joe, oder deinen engsten Freunden, aber nicht irgendeiner neuen Schnalle. Und außerdem, wer hatte denn nach einer Woche schon die nächste in der Badewanne?<<

>> Das ist unfair und das weißt du.<<

>> Wieso?<<

>> Weil es mir nahe gegangen ist. Nur weil da eine im Hotelzimmer war, heißt das nicht, dass ich nicht gelitten habe.<<

Ich lachte verächtlich, als ich ungläubig den Kopf schüttelte und ihn wieder ansah.

>> So sehr gelitten, dass du erst mal Sex brauchtest?<<

>> Sagt die, die mit meinem besten Freund in die Kiste gestiegen ist.<<

>> Alex!<<

>> Ist doch so. Immerhin habe ich mir eine Unbekannte genommen. Hätte gerne mal gesehen, wie es dir gefallen hätte, wenn ich mit einer deiner Freundinnen Sex gehabt hätte. Aber warte mal. Das geht ja gar nicht. Denn die einzigen Freunde, die du hast, sind Männer. Wahrscheinlich vögelst du die ständig und wir sind einfach zu dumm, um es zu erkennen, weil du immer das liebe brave und verletzliche Püppchen spielst und uns an der Nase herumführst.<<

Ohne weiter darüber nachzudenken verpasste ich ihm eine Ohrfeige, bevor Ethan mich zurückzog und versuchte zu beruhigen.

>> Ich denke, Sie sollten jetzt lieber gehen.<< schlug Ethan ruhig vor, doch Alex achtete überhaupt nicht auf ihn.

>> Das ist also die wahre Sarah. Ich erkenne dich überhaupt nicht mehr wieder. Wo ist die Sarah hin, die ich kennen und lieben gelernt habe?<<

>> Sie ist immer noch da, aber nicht mehr für dich und daran bist du selbst Schuld. Also tu mir den Gefallen und vergiss mich einfach.<<

>> Wie du willst.<<

Er drehte sich ohne weitere Worte um und ging zum Ausgang, als ich mich in den Sitz fallen ließ und die Hände über dem Gesicht zusammenschlug.

>> Wow...<< entfuhr es Ethan, als er kräftig durchgeatmet hatte und sich neben mich setzte.

>> Tut mir Leid, dass du das alles anhören musstest.<<

>> Mhm. Schon ok.<<

>> Was du jetzt von mir denken musst...<< entfuhr es mir, als ich an die Sache mit Chase dachte.

>> Ich denke gar nichts cherié. Es waren meiner Meinung nach einfach nur zwei Personen, die sich getrennt haben und wo noch ganz viel verborgene Wut herrscht.<<

>> Ich habe auch weibliche Freunde.<< stellte ich klar, da ich trotzdem das Gefühl hatte mich erklären zu müssen.

>> Ich weiß.<<

>> Und ich habe ihn nie betrogen.<<

>> Das weiß ich doch.<< flüsterte er beruhigend und streichelte mir über die Schulter.

>> Willst du gar nicht wissen, ob ich wirklich Sex mit seinem besten Freund hatte?<<

>> Nein. Wenn, dann war es nach eurer Beziehung, also warst du Single und konntest tun und lassen, was du wolltest.<<

Ich traute mich immer noch nicht Ethan anzusehen, während sich meine Gedanken überschlugen. Die Worte, die Alex zu mir gesagt hatte, knüpften an die Hasstiraden meiner Mutter von damals an, was Ethan anscheinend nicht verborgen geblieben war.

>> Sarah!<< sagte er streng und kniete sich vor mich, als er mein Kinn hob und mich dazu zwang ihn anzusehen.

>> Hör auf damit!<<

>> Womit?<<

>> Zu akzeptieren, was er zu dir gesagt hat. Du bist kein hinterhältiges Miststück. Weder er noch deine Mutter hatten Recht. Sie kannten dich überhaupt nicht, denn du bist eine wunderbare, tolle, rücksichtsvolle, besorgte und aufmerksame Frau. Ich schätze Alex ist einfach nur verletzt. Hat sich noch Hoffnungen gemacht und nun saß ich an deiner Seite. Er wollte dich einfach nur verletzen und ich lasse nicht zu, dass er das schafft.<<

>> Ich liebe dich Ethan.<< flüstere ich erstickt und zwang mich zu einem Grinsen.

>> Ich dich auch und nun zeig mir mal deine Hand. Tut es weh?<<

>> Nein, dass geht schon.<<

>> Gut.<<

Er zog mich in seine Arme und küsste mich immer wieder liebevoll auf den Kopf, während ich mich durch seine Nähe, seinen Duft und seine starken Arme immer mehr beruhigte.

>> Ich bin ziemlich fertig, können wir einfach nach Hause fahren?<<

>> Natürlich, komm.<<

Er stand auf, legte seinen Arm um mich und ging zusammen mit mir zum Ausgang, wo wir auf Julian und Ben trafen.

Wenige Minuten später fuhren auch wir wieder nach Hause und setzten Julian bei sich ab, bevor wir selbst in meine Wohnung fuhren. Es war schon spät und Ben war auf der Fahrt eingeschlafen, weshalb Ethan mich noch mal zu sich zog und ich mich an ihn kuschelte.

>> Alles gut bei dir?<< fragte er leise und musterte mich streng.

>> Dank dir, ja.<<

>> Kommst du heute Nacht allein zurecht?<<

Wir hatten vereinbart, dass Ethan bei sich schlafen würde, damit Ben sich nicht überrumpelt fühlte, was ihn nun, in Anbetracht der Ereignisse des heutigen Abends, jedoch Sorgen bereitete.

>> Es geht mir wirklich gut Ethan.<<

>> Wenn etwas ist, rufst du mich aber an.<<

Ich nickte und weckte Ben, da wir an meiner Wohnung waren. Ich verabschiedete mich noch von Ethan mit einem zärtlichen Kuss, als Ben schon ausgestiegen war und folgte ihm schließlich.

Da Ben heut allein bei mir übernachtete, brauchte ich das Sofa nicht ausziehen, weshalb er kurze Zeit später schon in einen tiefen Schlaf gefallen war. Ich zog mich in mein Zimmer zurück und holte mein Telefon heraus, um Ethan eine Nachricht zu schreiben.