Sea and Fall

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Sea and Fall
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Svea Dunnabey

Sea and Fall

Leid

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Kapitel I

Kapitel II

Kapitel III

Kapitel IV

Kapitel V

Kapitel VI

Kapitel VII

Kapitel VIII

Kapitel IX

Kapitel X

Kapitel XI

Kapitel XII

Kapitel XIII

Kapitel XIV

Kapitel XV

Kapitel XVI

Kapitel XVII

Kapitel XVIII

Kapitel XIX

Kapitel XX (Ethan)

Kapitel XXI

Kapitel XXII

Epilog

Impressum neobooks

Kapitel I

Die Landschaft sah von hier oben einfach atemberaubend aus. Die ganzen Pflanzen, Bäume, Wasserfälle und erst die ganzen Geräusche der Tiere. Ich war wirklich in der Natur. Weit, weit weg von der Stadt und am liebsten wollte ich überhaupt nicht mehr zurückkehren. Hier ließen mich alle in Ruhe. Es war einfach angenehm und entspannend. Es wäre perfekt hier, wenn mir nicht meine Kinder und auch Ethan so verdammt fehlen würden.

Ich ging weiter durch den Wald und bahnte mir einen Weg durch ein paar umgestürzte Bäume, da ich querfeldein ging. Es war die richtige Entscheidung gewesen aus Brisbane zu fliehen, bevor die Lawine losgetreten wurde.

Natürlich wurde über Nick berichtet und darüber wie Ethan ihn zusammengeschlagen hatte, aber das hatte Ethan ja schon angedeutet, bevor ich geflüchtet war. Als Nick wieder genügend Kraft gesammelt hatte, hatte er ein Interview über den besagten Abend gegeben, in dem er seine Sicht der Dinge geäußert hatte. Dass ich Sex mit ihm gewollt hätte, so wie damals bei Alex auch, dass ich bloß einen guten Instinkt hätte und ich, sobald ich merkte, dass jemand kam und mich sah, so tat, als würde ich vergewaltigt werden.

Es war einfach nur lächerlich, dennoch wurde ich als untreue Schlampe hingestellt. Alex und auch Ethan mischten sich zwar ein, trotzdem hatten alle Nicks Meinung gelesen, oder gehört.

Etwa zum gleichen Zeitpunkt wurde bekannt, dass meine Mutter gestorben war. Ihr neuer Mann, Mike, wurde daraufhin von ein paar Reportern belagert, bis er sich tränenüberströmt über mich äußerte. Dass ich an allem Schuld sei, dass sie nur zum Alkohol gegriffen hätte, da ich mich einen Dreck um sie gekümmert hätte, als sie es gebraucht hätte. Dass sogar mein Mann sie zusammengeschlagen hätte, weil ich ihn angestiftet hätte und und und. Es war einfach nur widerlich.

Natürlich konnten das meine Brüder nicht auf sich sitzen lassen, vor allem da in den Medien eine richtige Hetzkampagne gegen mich lief. Sie veröffentlichten daraufhin das Bild von mir als zehnjährige und erklärten, wie unsere Mutter wirklich gewesen war und was sie mir angetan hatte. Dass ihr Tod in Wirklichkeit eine Befreiung für uns alle gewesen sei.

Angesprochen auf das Bild versuchte Mike es dann mit den erfundenen Geschichten meiner Mutter zu erklären. Dass ich die Treppe heruntergefallen wäre, mich selbst verletzte um Aufmerksamkeit zu bekommen und mich immer mit den falschen angelegt hätte. Dass ich nie ein richtiges Mädchen gewesen wäre, sondern eher ein vierter Junge, der sich nicht oft genug prügeln konnte. Dass ich eine Mitschuld am Tod meines Vaters tragen würde und ein selbstsüchtiges, verzogenes und hinterhältiges Biest sei. Dass ich es lieben würde, anderen das Leben zur Hölle zu machen und es zu zerstören.

Da meldete sich natürlich auch Jody zu Wort und stimmte ihm vollkommen zu, beschrieb mich ebenfalls als selbstsüchtig, hinterhältig und überheblich. Des Weiteren erzählte sie allen, dass ich ihr Ethan ausgespannt hätte und ich ihre Zukunft, ihre geplante Familie mit ihm zerstört hätte.

Bei diesen Äußerungen hatte dann auch Lydia eingestimmt, die ich bis dahin schon wieder vollkommen vergessen hatte und Jody bekräftigt und so ging es immer weiter und weiter.

Es hörte einfach nicht auf, sodass ich mich nun schon seit knapp vier Wochen hier versteckte und noch kein Ende sah. Würde ich jetzt nach Hause zurückkehren, würde sich die Presse sofort auf mich stürzen, so wie sie es bei Ethan taten.

Sie ließen ihn einfach nicht in Ruhe und lichteten ihn ständig ab. Er hatte einige Kilogramm abgenommen und wirkte ausgemergelt, weswegen ich jeden Tag betete, dass sie ihn endlich in Ruhe lassen würden. Es tat mir weh ihn so leiden zu sehen und nichts dagegen machen zu können.

Ich hatte ihm vor drei Wochen kurz eine Nachricht geschickt, dass es mir gut ginge und er sich wirklich keine Sorgen machen solle, woraufhin er mir nur das Lied „The great escape“ von Pink geschickt hatte. Da mein Akku fast leer gewesen war, konnte ich es nur zwei Mal anhören, bevor es ausging.

Doch seitdem rief ich mir immer wieder den Text ins Gedächtnis. Er hatte Angst, dass ich mir das Leben nehmen könnte, da mir alles zu viel werden würde, dass er das jedoch niemals zulassen würde.

Ich erinnerte mich an den Abend bei Dr. Arnolds, als ich beschrieben hatte, wie ich als siebenjährige versucht hatte mir das Leben zu nehmen, da der Schmerz nach dem Tod meines Vaters, zu groß gewesen war. Zwar hatte ich ihm versprochen, dass das hinter mir liegen würde und ich solche Gedanken nie wieder gehabt hatte, doch ich verstand seine Angst, weswegen ich ihm noch eine Nachricht mit einer Entwarnung schrieb, bevor der Akku den Geist aufgab. Doch nun herrschte seit drei Wochen Funkstille, die es bei uns noch nie gegeben hatte.

Ich seufzte und ging zu meinem Wagen, da ich in ein paar Minuten meine Kinder treffen würde. Julian wollte sie in eine Nachbarstadt bringen, wo ich sie hoffentlich ungestört sehen könnte. Ich betete nur, dass Julian es geschafft hatte, ohne die Paparazzi hier her zu kommen, da auch sie von ihnen belagert wurden, was mir einfach nur Leid für meine Kinder und Julian tat. Diese Hölle hatte ich mir niemals für meine Familie gewünscht, doch nun konnte ich nichts mehr daran ändern.

Und das alles nur, weil ich mit Ethan zusammen war. Hätte ich keine Beziehung mit ihm, einem Mann, der verdammt reich und gutaussehend war, wäre ich der Presse vollkommen egal gewesen, was mich einfach nur wütend machte und mich immer wieder darüber nachdenken ließ, ob ich die Beziehung nicht beenden sollte. Doch darüber wollte ich jetzt nicht nachdenken, da ich gleich meine Kinder sehen würde und mich schon freute.

Eilig stieg ich in den Wagen ein und fuhr zu unserem Treffpunkt nach Tenterfield. Nach guten zwanzig Minuten sah ich das Schild der Stadt, die mit ihren knapp 3000 Einwohnern recht überschaubar war. Ich suchte noch kurz nach dem Diner, als ich auch schon Julians Auto erkannte und neben ihm parkte. Ein letztes Mal sah ich mich nach Paparazzi um, bevor ich meine Baseballkappe tiefer ins Gesicht zog und das Diner betrat. Julian saß weiter hinten, sodass wir ungestört sein würden, was mich ungemein erleichterte.

Mit jedem Schritt, den ich ihnen näher kam, wurde mein Herz schwerer, da ich endlich wieder meine Kinder sah und ich solch ein schlechtes Gewissen ihnen gegenüber hatte. Nicht nur, dass ich sie seit vier Wochen nicht gesehen hatte, sie mussten wegen mir momentan so viel durchmachen, was mir unendlich Leid tat.

>> Mum!<< rief Ben freudestrahlend und sprang sofort auf, um in meine Arme zu laufen. Auch Emma stand sofort auf und drückte sich an mich. Ich konnte die beiden gar nicht fest genug drücken, während ich immer wieder schluchzte und sie liebevoll auf den Kopf küsste.

>> Ich habe euch so vermisst.<<

>> Wir dich auch.<< flüsterte Emma ergriffen, während sie schwer atmete und mich nicht losließ. Wir blieben einige Minuten einfach nur stehen und ließen die Tränen fließen, bevor wir uns wieder sammelten und hinsetzten. Julian zog mich kurz in seinen Arm, als ich neben ihm Platz genommen hatte und wischte mir die Tränen weg, die einfach nicht aufhören wollten.

 

>> Du siehst vollkommen fertig aus.<< stellte Julian fest und sah mich besorgt an.

>> Die letzten Wochen waren nicht grade angenehm und ich habe keine Kleidung mitnehmen können, deswegen habe ich nur die Sachen aus dem Supermarkt.<<

Er blickte weiterhin nachdenklich an mir herunter, betrachtete wie ich in einem zu großen T-Shirt und weiter Jogginghose aussah, bevor er tief durchatmete und den Kopf schüttelte.

>> Die Kleidung ist es nicht, auch wenn sie vollkommen untypisch für dich ist. Du siehst einfach total müde und ausgelaugt aus. Deine Augen strahlen nicht mehr und...<<

>> Schon ok, ich hab’s verstanden...<< unterbrach ich ihn sanft und versuchte zu lächeln, doch das fiel mir verdammt schwer.

>> Das sollte kein Vorwurf sein Sarah, wir machen uns nur alle Sorgen um dich. Seit vier Wochen versteckst du dich und nach allem, was in der Presse so steht...<<

>> Ich komme schon klar, also mach dir keine Sorgen.<<

>> Es bin nicht nur ich. Jacob ist vollkommen fertig, weil er seit vier Wochen nichts mehr von dir gehört hat, obwohl ihr die besten Freunde und nicht zu trennen seid.<<

Ich konnte mir vorstellen, wie sehr Jacob unter der Situation litt, wo wir doch sonst immer über alles sprachen und uns mindestens jeden zweiten Tag sahen. Aber auch er wurde von der Presse belagert, weswegen ich ihm nicht sagen konnte, wo ich war, da er sonst sofort zu mir fahren würde und die gesamte Meute mitbringen würde. Es tat mir weh, ihn auf Abstand zu halten, doch es musste sein. Jedenfalls noch. Nichtsdestotrotz vermisste ich ihn unheimlich und bekam Magenschmerzen bei dem Gedanken daran, wie er sich fühlte.

>> Hast du mit ihm gesprochen?<<

>> Er hat drei oder vier Mal angerufen, um zu erfahren, ob ich weiß, wie es dir geht.<<

>> Hast du ihn beruhigt?<<

>> Ich hab’s immerhin versucht.<<

>> Danke.<< sagte ich liebevoll und drückte Julians Hand, die in meiner lag und mich beruhigend streichelte.

>> Möchten Sie etwas bestellen?<< fragte auf einmal eine Bedienung, weshalb ich kurz unsicher wurde. Ich hatte Angst, dass sie mich eventuell erkannte und dann gleich einige Fotografen hier wären, weshalb ich schnell nach unten sah.

>> Sie nimmt ein Wasser, danke.<< antwortete Julian für mich und streichelte beruhigend meinen Rücken, während die Bedienung wieder ging.

>> Tut mir Leid, ich glaube ich werde vollkommen paranoid.<<

>> Ist doch nicht schlimm. Wir merken doch selber wie hartnäckig die Journalisten sein können und wie schnell die auf einmal irgendwo auftauchen.<<

>> Ist es wirklich so schlimm bei euch?<<

>> Es wird langsam weniger. Aber am Anfang war es heftig.<<

>> Waren sie auch bei euch so aufdringlich?<< fragte ich vorsichtig an Emma und Ben gerichtet, die daraufhin nur stumm nickten.

>> Tut mir Leid.<< flüsterte ich und atmete tief durch, damit ich nicht wieder sofort anfing zu weinen.

>> Wie Dad schon sagte, es wird weniger und unsere Internate haben die ganz gut abgewehrt. Die durften nicht auf das Gelände. Ben hat also nicht viel mitbekommen und ich nur, wenn ich zum Training das Gelände verlassen habe.<<

>> Was haben die dann gemacht?<< hakte ich nach und spürte, wie ich vor Zorn anfing zu zittern. Ich konnte es einfach nicht verstehen, weshalb die Presse meine Kinder belagerte. Sie waren minderjährig und hatten nichts, wirklich rein gar nichts mit Ethan und mir, oder meiner Kindheit zu tun. Was waren das für widerliche Kreaturen?

>> Sie haben mir immer wieder Fragen zu dir und auch Ethan gestellt, aber ich habe nicht richtig hingehört und nichts gesagt.<<

>> Wie oft haben sie dich belästigt?<<

>> Fast jeden Tag, aber mein Trainer hat mich nach dem ersten Aufeinandertreffen dann immer begleitet, damit er die Reporter abwehren konnte.<<

>> Dann sollte ich ihm wohl danken.<< seufzte ich und beobachtete wie die Frau von eben mein Wasser auf ihr Tablett stellte, bevor sie in unsere Richtung kam und es mir hinstellte.

>> Dann solltest du dich auch bei Ethan bedanken.<< sagte Ben auf einmal. Allein bei seinem Namen schlug mein Herz wieder schneller, was mich wahnsinnig machte. Meine Gefühle für diesen Mann konnte ich einfach nicht leugnen.

>> Wieso bei Ethan?<<

>> Er hat Emma und mir zwei Personenschützer zur Seite gestellt, die die Presse abhalten sollten.<<

>> Wirklich?<<

>> Mhm. Die haben die Typen zurückgehalten und mein Trainer hat mich dann schnell zum Auto gebracht. Sonst hätten wir es wahrscheinlich nicht so leicht geschafft. Die sind wirklich sehr aufdringlich.<<

>> Gut. Dann werde ich Ethan auch noch mal danken.<< versprach ich und drückte Ben an meine Seite, da er wie ein Häufchen Elend aussah. Es tat mir weh zu sehen, wie sehr ihm die Situation zusetzte. Zum einen die Tatsache, dass wir uns seit vier Wochen nicht gesehen hatten und dann die Reporter, die ihn belagerten und die Berichte über seine Mutter, die alles andere als erfreulich waren und ihm sicherlich einige dumme Bemerkungen von Mitschülern einhandelten.

>> Sind denn eure Freunde und Mitschüler wenigstens fair zu euch, oder müsst ihr euch miese Bemerkungen anhören?<<

>> Bei mir waren die eher neugierig, aber vor allem auch verständnisvoll, vor allem nachdem mein Klassenlehrer eine offene Runde gemacht hatte.<<

>> Offene Runde?<< hakte ich nach und sah Emma interessiert an.

>> Er hatte mich vor dem Unterricht zur Seite genommen und mit mir besprochen, wie ich das gerne handhaben würde. Ob ich offen darüber sprechen möchte, oder ob er jegliche Fragen und Bemerkungen darüber unterbinden soll. Da ich mich, meiner Meinung nach, nicht verstecken und schämen muss, habe ich die offene Runde gewählt, wo mir jeder aus der Klasse Fragen darüber stellen konnte. Dann konnte ich entscheiden, ob ich die beantworten möchte, oder nicht und mein Lehrer hat aufgepasst, dass sich jeder an die Regeln hält und respektvoll bleibt.<<

>> Das klingt gut.<<

>> War es auch. Es waren wirklich alle sehr verständnisvoll und hilfsbereit.<<

>> Das freut mich und bei dir Ben?<<

>> Mein Lehrer hat nichts gemacht. Es wurde halt totgeschwiegen.<< murmelte er in sich hinein, weswegen ich ihn irritiert ansah.

>> Hat dich denn jemand dumm angemacht?<<

>> Nur manchmal ne dumme Bemerkung, aber nichts Schlimmes.<<

>> Was...<< wollte ich grade fragen, da ich merkte, dass Ben darunter gelitten hatte, als Julian mich ein wenig von Ben zurückzog und mich beruhigend ansah.

>> Ist schon in Ordnung Sarah, ich habe das schon mit dem Dekan geregelt. Also mach dir um uns keine Sorgen.<< versuchte Julian mich zu besänftigen, da ich innerlich schon auf 180 war und mich um Ben sorgte. Doch bevor ich noch weiter darauf eingehen konnte, brachte Julian mich mit seinem Blick zum Schweigen. Aufgewühlt trank ich einen Schluck und versuchte somit meine Wut hinunterzuspülen.

>> Ich wollte nie, dass ihr das alles erfahrt...<<

>> Aber nun wissen wir es und ich glaube die beiden haben viele Fragen, wenn du die Kraft dazu hast.<<

Ich nickte und hörte mir all ihre Fragen an, beantwortete sie so gut es ging und beruhigte sie ein wenig. Wir redeten wirklich über alles, was in der Presse berichtet wurde, was ziemlich viel war und lange dauerte. Die Situation belastete sie sehr, dennoch hielten sie zu mir und waren stark, was mich ungemein aufbaute. Wieder einmal zeigte sich mir, was für tolle Kinder ich hatte, auf die ich ungemein stolz war.

Nach dem Essen gingen Emma und Ben kurz nach draußen, da Julian noch einmal allein mit mir reden wollte, weshalb ich mich fragte, was er auf dem Herzen hatte. Doch zuerst wollte ich noch einmal wegen Ben nachhaken, da es mich immer noch beschäftigte.

>> Geht es Ben wirklich gut?<<

>> Es war hart für ihn, aber er kommt jetzt ganz gut klar.<<

>> Was war denn genau?<<

>> Nichts Schlimmes, aber für ihn halt schlimm. Es wollte keiner mehr mit ihm zusammenarbeiten, sie mieden ihn, außer sein Zimmergenosse. Er zog sich dann vollkommen zurück und ging nicht mehr zum Unterricht, weswegen mich der Dekan anrief und mit Ben und mir sprach. Da hat er dann alles erzählt und dann wurde auch eingegriffen. Das war jetzt vor zwei Wochen und seitdem ist alles wieder in Ordnung.<<

>> Scheiße...<< fluchte ich und sah nach draußen zu meinem Sohn, der grade ausgelassen lachte, was mich ungemein erleichterte.

>> Mach dir bitte wirklich keine Vorwürfe. Es ist alles in Ordnung. Vertrau mir.<<

>> Das tue ich, trotzdem ist es scheiße...<<

>> Ich weiß.<<

Wir schwiegen eine Weile, während wir nach draußen sahen und jeder in seine Gedanken vertieft war. Auch wenn meine Kinder stark waren und wieder lachen konnten, jedenfalls im Moment, überlegte ich, ob ich ihnen das weiterhin antun konnte. So eine Situation wie grade könnte immer wieder passieren, wenn ich mit Ethan zusammen blieb. Würde ich meinen Kindern diesen Schmerz antun? Sollte ich dann nicht so erwachsen sein und den Schmerz einer Trennung aushalten, damit es meinen Kindern gut ging und sie eine unbeschwerte Kindheit erleben konnten? Wäre ich eine gute Mutter, wenn ich egoistisch war und mich nicht von ihm trennen würde?

>> Sarah?<< fragte Julian und riss mich damit aus meinen Gedanken, während er mich nachdenklich ansah.

>> Mhm?<<

>> Kann ich dir noch eine Frage stellen?<<

>> Natürlich.<<

>> Was ist mit Ethan?<< fragte er unverblümt nach und sah mich erwartungsvoll an.

>> Wie meinst du das?<<

>> Seid ihr jetzt noch ein Paar?<<

>> Ich weiß es nicht genau.<< wich ich aus und trank noch einen Schluck, da ich über dieses Thema nicht nachdenken wollte.

>> Sarah, du bist jetzt seit vier Wochen hier, da musst du doch langsam wissen, ob die Beziehung für dich beendet ist, oder nicht.<<

>> So einfach ist das nicht.<<

>> Liebst du ihn, oder nicht?<< fragte er angestrengt, während er langsam die Luft ausatmete.

>> Natürlich liebe ich ihn. Wir sind verheiratet, aber...<<

>> Aber?<< hakte Julian nach und wartete lange auf eine Antwort von mir.

>> Ich weiß es wirklich nicht.<< seufzte ich und klammerte mich an mein Glas, sowohl mit den Händen, als auch mit meinem Blick, um Julian nicht ansehen zu müssen, bevor ich fortfuhr.

>> Es wäre alles so viel einfacher ohne ihn. Die Presse würde mich in Ruhe lassen, Jody würde mich in Ruhe lassen und seine Familie könnte endlich wieder aufatmen. Ich hätte wieder ein geregeltes Leben ohne Komplikationen und Emma und Ben müssten nicht so viel ertragen. Das war bestimmt nicht das letzte Mal, dass sie so im Rampenlicht stehen würden und so ein Fegefeuer aushalten müssten.<<

>> Aber er wäre dann nicht mehr in deinem Leben und würde dich nicht mehr glücklich machen.<< stellte Julian klar und seufzte.

>> Stimmt. Ich muss einfach die Argumente abwägen.<<

Ich konnte in seinem Gesicht ablesen, dass da noch irgendetwas war, was er mir verschwieg, weswegen ich dran blieb.

>> Wieso fragst du überhaupt danach?<<

>> Ich wollte nur wissen, ob du jetzt eine Entscheidung getroffen hast.<<

>> Es ist die gleiche Antwort, die ich dir auch schon letzte Woche am Telefon gegeben habe.<< sagte ich skeptisch und forschte weiter nach.

>> Warum willst du das unbedingt wissen?<<

Julian schwieg und blickte nach draußen zu Emma und Ben, während er immer wieder über seine Kaffeetasse strich.

>> Julian?<<

>> Ethan war vor drei Tagen bei mir.<<

 

Sofort schlug mein Herz schneller, doch dann überkam mich Panik. Ich hatte Julian schon vor einer Woche gesagt, dass ich mir der Beziehung zwischen Ethan und mir nicht mehr sicher wäre, weswegen ich unbedingt wissen musste, was er ihm gesagt hatte.

>> Was wollte er?<<

>> Er wollte wissen, ob du dich bei mir gemeldet hättest, da er dich nicht erreichen kann und du seine Anrufe ignorieren würdest.<<

>> Mein Telefon ist leer und ich habe kein Ladekabel mitgenommen, deshalb habe ich dich von einem Münztelefon angerufen.<<

>> Ich dachte, du machst es aus Angst, weil man dich sonst orten könnte.<<

>> Nein, ich habe nur keinen Akku mehr.<<

>> Dann gebe ich dir gleich mein Kabel aus dem Auto.<<

Ich nickte, doch die Sache mit Ethan ließ mir einfach keine Ruhe.

>> Was hast du ihm gesagt?<<

>> Dass ich mit dir telefoniert hätte und es dir relativ gut ginge.<<

>> War er sauer?<<

>> Sagen wir mal, dass er nicht grade glücklich darüber war, dass du mich, aber nicht ihn angerufen hattest.<<

>> Hast du es ihm erklärt?<<

>> Natürlich. Ich sagte ihm, dass du Emma und Ben sehen wolltest, bevor wir nach Düsseldorf fliegen würden, da du sie unheimlich vermisst.<<

>> Gut.<< seufzte ich, wobei ich nicht wirklich erleichtert war, da ich wusste, wie wütend Ethan darüber sein würde.

>> Er war unglaublich besorgt Sarah. Er leidet genau wie du unter der Situation.<<

>> Es musste sein.<<

>> Wirklich?<<

>> Julian! Was soll das?<<

>> Ich verstehe, dass du abgehauen bist und dich hier verkriechst. Dass du eine Auszeit brauchtest, aber warum nimmst du ihn nicht mit? Ich dachte immer, dass er dir so viel Stärke und Kraft geben würde. Dass er dich beruhigen könnte und du mit ihm über alles reden könntest.<<

>> Das stimmt auch alles, also worauf willst du hinaus?<<

>> Dass...<<

>> Sag es!<< forderte ich pampig, da ich es hasste, wenn mich jemand so kritisierte und unter Druck setzte.

>> Dass du dich innerlich schon von ihm trennst, denn sonst hättest du schon längst Kontakt zu ihm aufgenommen. Du wirst ihn abservieren, da es dir zu schwierig und kompliziert wird. Du rennst weg und sorgst dafür, dass er dich nicht davon abhalten kann, weil er nicht einmal weiß, wo du bist.<<

>> Ich habe noch keine Entscheidung getroffen.<<

>> Doch, das hast du.<<

>> Das stimmt nicht. Da liegst du völlig falsch.<<

>> Ach, wirklich?<<

>> Ja!<<

>> Das ist nicht nur meine Meinung.<<

Bei dieser Bemerkung sah ich erschrocken auf und blickte auf Ethans Ehering, den er vor mir auf den Tisch legte.

>> Was...<<

>> Ich soll dir von ihm ausrichten, dass er dich gehen lässt, wenn es dein Wunsch ist. Er hat das Gefühl, dass es nicht einfach nur eine Auszeit von dem Stress ist, sondern von ihm und dass du nicht vorhast, zu ihm zurückzukehren. Er hatte es schon an der Tür gewusst, als er dich das letzte Mal geküsst hat.<<

>> Was hat er da gewusst?<<

>> Dass es ein Abschiedskuss war und du nicht vorhattest, um eure Beziehung zu kämpfen. Auch wenn es ihm schwerfällt und es ihn zerreißen würde, würde er für dich in eine Scheidung einwilligen, damit du endlich wieder frei und glücklich sein kannst. Er möchte dir nicht im Weg stehen und nicht der Grund dafür sein, dass du Brisbane und deine Kinder meidest.<<

Ich war viel zu erstarrt und schockiert, um etwas einzuwenden, oder zu sagen. Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen, konnte nichts antworten und sah stattdessen immer wieder nur Ethans Ehering an.

>> Es tut mir Leid Sarah, aber das sollte ich dir ausrichten. Es liegt jetzt an dir.<<

Ich nickte nur, vollkommen unfähig etwas zu tun. Einzelne Tränen liefen mir die Wange herunter, während Julian mich mitleidig ansah.

>> Wenn Ethan falsch liegt, dann musst du das klarstellen Sarah und das sofort, denn sonst war es das mit deiner Ehe.<< beharrte Julian, damit ich verstand, um was es hier ging, was auf dem Spiel stand und nicht einfach nur tatenlos dabei zusah, wie mein Leben den Bach runterging.

>> Ich weiß.<< hauchte ich und nahm vorsichtig den Ehering in meine rechte Hand. Es war wirklich der von Ethan, was ich an der Gravur im Inneren mit dem Datum und meinem Namen nur allzu deutlich erkennen konnte.

>> Was wirst du tun?<<

>> Keine Ahnung.<<

Ich wusste es wirklich nicht. Auch wenn mir die Geste und Ethans Worte einen Stich in mein Herz versetzten, wusste ich einfach nicht, was ich tun sollte. Natürlich liebte ich ihn, doch reichte das aus? Konnte ich diesem ganzen Druck von außen standhalten? Nur der Beziehung willen?

>> Sarah...<< sagte Julian mitleidig und stupste mich kurz an, doch ich war viel zu fertig, um darauf zu reagieren.

>> Danke, dass du mir den Ring gegeben hast.<< sagte ich mechanisch und hielt ihn so fest ich konnte. Ich atmete tief durch, funktionierte und verabschiedete mich wenig später noch von Emma und Ben, wünschte ihnen einen schönen Urlaub in Deutschland und hoffentlich viel Schnee, bevor ich beobachtete, wie sie in Julians Wagen stiegen und wegfuhren.

Immer noch vollkommen unter Schock setzte ich mich in mein Auto und ließ die Tränen fließen. Hatte Ethan Recht? Hatte ich von Anfang an nur eine Trennung im Sinn gehabt? Wollte ich die Beziehung mit ihm beenden, wieder ein einfacheres Leben führen? Eines, wo ich nicht um das Leben meiner Kinder und um mein eigenes fürchten musste? Ein Leben, wo den Leuten egal war, wen ich als Lebenspartner hatte? Wo ich nicht darauf achten musste, wie ich mich in der Öffentlichkeit gab? Wo ich einfach meine Ruhe hatte? So wie damals mit Julian?

Aber dann würde ich nie wieder seine starken Arme um mich spüren, seinen Duft einatmen, seine Berührungen und Liebe spüren. Dieses Glücksgefühl würde ich vermissen, ebenso wie die innere Ruhe, wenn wir zusammen waren. Von außen hätte ich ohne ihn Ruhe, aber in mir drinnen würde dann der Vulkan wüten. Was war mir wichtiger?

>> Miss fahren Sie jetzt, oder nicht?<< brüllte mich ein Mann an, der gegen meine Scheibe geschlagen hatte, da er anscheinend wütend war und den Parkplatz haben wollte. Schnell wischte ich mir meine Tränen weg, legte den Gang ein und fuhr los.

Immer wieder wog ich das Für und Wider unserer Beziehung miteinander ab, doch ich fand einfach keine Lösung. Beide Seiten stellten mich allein nicht zur vollen Zufriedenheit, nur wusste ich einfach nicht, welches das kleinere Übel war.

Als ich grade abbiegen wollte, überholte mich plötzlich ein großer Geländewagen, setzte ebenfalls seinen Blinker und zwang mich auf einmal zur Vollbremsung, da er voll in die Eisen ging und sich quer stellte. Was sollte das? War der Typ vollkommen durchgeknallt? Ich ärgerte mich maßlos und fluchte laut, als sich vor mir plötzlich die Fahrertür öffnete und ein großer Mann ausstieg, um zu mir zu kommen.

Eilig legte ich den Rückwärtsgang ein, da ich Panik bekam, doch der wollte einfach nicht funktionieren. Immer wieder trat ich die verdammte Kupplung und versuchte den Gang einzulegen, doch irgendwas stellte sich quer. Als ich wieder panisch hochsah, schrie ich kurz auf, da der Typ bereits an meinem Auto stand und meine Tür aufriss.