Draußen unterrichten (Ausgabe für Österreich, E-Book)

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Draußen unterrichten (Ausgabe für Österreich, E-Book)
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Stiftung SILVIVA (Hrsg.)

Draußen unterrichten

(Ausgabe für Österreich)

Das Praxishandbuch für dislozierten Unterricht

1. bis 8. Schulstufe

ISBN Print: 978-3-0355-1757-6

ISBN E-Book: 978-3-0355-1853-5

Autorinnen: Sarah Wauquiez, Martina Henzi, Nathalie Barras

Adaption für Österreich: Robert Nehfort (Leitung), Claudia Kröpfl-Kögl, Carina Mausser, Angelika Mayer, Nora Horvath, Martin Scheuch, Martina Szondi

Fachlektorat: Rolf Jucker, Nicole Schwery, Eva von Fischer, Dina Walser, Kathrin Schlup, Ariane Derron, Aude Lachavanne

Fotos: Gabriela Fürer (www.mediafuerer.ch), Timo Ullmann (www.ullmann.photography), diverse Lehrpersonen und Naturpädagoginnen

Gestaltung und Layout: Eva-Maria Bolz (www.evamariabolz.de)

1. Auflage 2020

Alle Rechte vorbehalten

© 2020 hep Verlag AG, Bern

hep-verlag.de


Zusatzmaterialien und -angebote zu diesem Buch: http://mehr.hep-verlag.de/draussen-unterrichten-at

Dieses Handbuch wurde herausgegeben von der Stiftung SILVIVA (www.silviva.ch) in Zusammenarbeit mit WWF Schweiz (www.wwf.ch),


mit Unterstützung des Bundesamts für Umwelt (BAFU) und der pancivis Stiftung.

Geleitwort

Vorwort des Herausgebers

Vorwort für die österreichische Ausgabe

1 So klappt der Unterricht draußen

Warum in der Natur unterrichten?

Wer? Wo? Was? Wie?

Fächerübergreifendes Lernen

Die verschiedenen Draußenlernorte

Organisatorisches

Dokumentation und Evaluation

Anlaufstellen, Netzwerke, Aus- und Weiterbildung

2 Alle Fachbereiche draußen unterrichten

Aufbau des praktischen Teils

Sprachen

Abc mit der Natur

Ausrollgeschichten

Gegensätze

Laufgeschichten

Naturcomic

Die Sprache der Tiere

Wo steckt Herr Specht?

Sprichwörter

Brief aus der Natur

Formularkrieg

Lesen und präsentieren

Schreiben und präsentieren

Mathematik

Zählen und schätzen

Grundrechenarten »nature«

Reihen

Rechnen mit Stämmen und Strünken

Geometrische Formen

Zahlen und Symmetrien

Uhr der Natur

Größen und Maßeinheiten

Baumrekorde

Was ist dieser Baum wert?

Natur, Mensch, Gesellschaft

Mein Naturplatz

Wunschort für …

Orientierung

Meine Umgebung früher und heute

Feuer machen früher und heute

Kochen früher und heute

Gestalten

Sich einrichten am Naturort

Gestalt-Techniken

Gesichter gestalten

Modekollektion »nature«

Mit Schnee, Eis und Rotkohl

Wer macht Naturkunst?

Schrift und Schreibzeug

Körbe

Mit Lehm und Ton

Naturspielzeug herstellen

Tierwohnungen bauen

Weben und nähen

Musik

Naturinstrumente

Klangkarten

Klanggeschichten

Naturlieder

Bewegung und Sport

Aufwärmspiele

Steckenspiele

Ein Tag im Leben eines Eichhörnchens

Natur-Vitaparcours

Highland Games

Seilkonstruktionen

3 Grundlagen und weiterführende Materialien

Argumente für das Draußenunterrichten

Planungsbeispiele

Zahlen, die zählen

Literaturtipps

 

Bildnachweis

Geleitwort

Niemand kann ein Kind von außen formen. Es kann die Netzwerke in seinem Gehirn, die für die Steuerung von Fähigkeiten und Fertigkeiten und für die Verankerung von Wissensinhalten zuständig sind, nur selbst herausbilden.

Dazu können wir unsere Kinder einladen, ermutigen und inspirieren. Und am besten geht das immer dann, wenn wir ihnen Zugang zu einer Lebenswelt ermöglichen, in der es nicht so sehr auf ganz bestimmte Fähigkeiten und ganz bestimmtes Wissen ankommt. Das müsste eine Lebenswelt sein, die den Kindern möglichst viele und möglichst verschiedenartige Gelegenheiten bietet, all das zu entdecken und zu gestalten, was es dort zu entdecken und zu gestalten gibt. Eine Lebenswelt auch, welche die Kinder dazu anregt, sich um möglichst vieles zu kümmern, was ihrer Sorge, ihrer Aufmerksamkeit und ihrer Zuwendung bedarf.

So weit, so gut. Aber wo finden Heranwachsende noch einen Erfahrungsraum, der sie ermutigt und inspiriert, all dies zu erfahren, aber auch einlädt, achtsam zu sein und sich behutsam mit dem zu beschäftigen, was es zu entdecken und zu gestalten gibt?

In geschlossenen Klassenräumen ist das schwer, aber draußen in der Natur, im Wald, am Bach, auf Wiesen und Feldern, sind solche Erfahrungen unvermeidbar. Dort erleben Kinder und Jugendliche ihre eigene Eingebundenheit in die Natur, dort kommen sie wieder in Kontakt mit ihren natürlichen, lebendigen Wurzeln. Dort ist nichts programmiert, dort findet ihre Entdeckerfreude und Gestaltungslust eine Überfülle an Nahrung. Dort spüren sie wieder die Verbindung zu dem, was sie lebendig macht.

Die Möglichkeiten, die die Natur für Entdeckungsreisen bietet, sind unbegrenzt. Nichts funktioniert dort auf vorgefertigte Weise, alles kann man gar nicht selbst entdecken, nichts ist gleich. Kein Blatt, kein Ast gleicht dem anderen, und alles kann man für irgendetwas verwenden. Überall lässt sich etwas finden, was wächst, was lebt, was einzigartig ist – wie die Kinder selber.

Natur ist für Kinder so essenziell wie gute Ernährung. Sie ist ihr angestammter Entwicklungsraum. Hier stoßen die Kinder auf vier für ihre Entwicklung unverhandelbare Quellen: Freiheit, Unmittelbarkeit, Widerständigkeit, Bezogenheit. Aus diesen Erfahrungen bauen sie das Fundament, das ihr Leben trägt.

In der Natur können Kinder dieses besondere Gefühl von Dankbarkeit entwickeln, dass sie Teil dieser lebendigen Natur sind. Und dort können sie begreifen, dass es etwas gibt, was widerspenstig ist und seinen eigenen Regeln und Gesetzen folgt. Wie das funktionieren kann, worauf es dabei ankommt und was dort draußen alles möglich wird, beschreibt dieses Buch.

Es ist eine Anregung mit sehr konkreten Umsetzungshilfen für alle Lehrerinnen und Lehrer, Eltern und in der Kinderbetreuung tätigen Personen, denen die Zukunft unserer Kinder und Jugendlichen am Herzen liegt. Sie können es mit dem Herzen lesen, aber umsetzen sollten Sie es mit Verstand – weil Sie verstanden haben, worum es geht.

Göttingen im Frühling 2020

Gerald Hüther

Vorwort des Herausgebers

Lernen macht Spaß – draußen erst recht. Das Draußenlernen ist auf vielfältige Weise bereichernd, lernfördernd und stärkend. Die Kinder profitieren im kognitiven, emotionalen, sozialen, kreativen und gesundheitlichen Bereich, und das Erleben und Verstehen der Natur ermöglicht es ihnen, ihr menschliches Potenzial zu entfalten und zu nachhaltigkeitskompetenten und verantwortungsbewussten Menschen zu reifen. Zudem profitiert auch die Lehrkraft. Draußen zu unterrichten, schafft mehr Freiheiten und wirkt als Burn-out-Vorsorge und Resilienz-Verstärker. Dies alles zeigt nicht nur die breite Erfahrung von Lehrkräften und Kindern in vielen Ländern, sondern auch eine stattliche Anzahl Studien. Das ist eine gute Nachricht für Lehrkräfte, Kinder und Eltern, ja, für unsere Gesellschaft. Denn die vielfältigen Herausforderungen, denen die Schule heutzutage ausgesetzt ist, schreien geradezu nach Lösungen, die einfach und wirksam zum Nutzen aller umgesetzt werden können.

Das vorliegende Handbuch soll Sie als Lehrperson möglichst praktisch und unkompliziert beim dislozierten Unterricht unterstützen. Das Anliegen unserer österreichischen Partner und der Stiftung SILVIVA ist es, das Lernen und Lehren draußen systematisch und umfassend zu fördern. Daher ist dieses Buch – 2018 für die Deutschschweiz, 2019 für Deutschland und in einer französischen Ausgabe erschienen – nur ein Kernelement einer viel größeren Vision. Das langfristige Ziel unseres Projekts besteht darin, möglichst vielen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen die Möglichkeit zu bieten, regelmäßig draußen zu lernen. So beabsichtigt das Projekt auch, den Schulleitungen, der breiteren Öffentlichkeit und der Bildungspolitik verständlich zu machen, warum der Unterricht draußen ein selbstverständlicher Bestandteil einer sinnvollen Schullaufbahn jedes Kindes sein sollte – gerade in Zeiten von Fridays for Future.

Dass Sie nun diese tolle österreichische Ausgabe in Händen halten, verdanken wir dem Engagement von Robert Nehfort und seinem Team, der Pädagogischen Hochschule Burgenland, der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik in Wien, dem Verband der Naturparke Österreichs sowie der ARGE Naturparke Burgenland – Regionalmanagement Burgenland und Naturparke Steiermark, die als Trägerorganisationen der »Ausbildungsinitiative Lernraum Natur« Wegweisendes im Bereich »Draußen unterrichten« geleistet haben und leisten. Es freut uns, dass in Österreich für dieses Thema offenbar eine große Sensibilität gegeben ist und dass die Bildungspolitik und die Bildungsdirektionen (besonders hervorheben möchte ich das Burgenland) für die Umsetzung entsprechender Initiativen hervorragende Rahmenbedingungen schaffen. Für SILVIVA und die Schweiz bedeutet diese Kooperation einen spürbaren Mehrwert auf unterschiedlichen Ebenen. Die österreichische Bearbeitung des Handbuchs liefert uns wertvolle Impulse für eine Überarbeitung der Schweizer Ausgabe, und der Austausch auf strategischer Ebene sowie auf Ebene der Weiterbildung erlaubt es uns, das Projekt gesamtheitlich – qualitativ und inhaltlich – weiterzuentwickeln.

Das Projekt »Draußen unterrichten« ist das Werk vieler Hände. Diese Ausgabe für Österreich verdankt sich im Besonderen der großzügigen finanziellen Unterstützung der pancivis Stiftung. Gedruckte Realität wurde das Buch durch die hervorragende Arbeit der Projektleiterin Lea Menzi und der Autorinnen Sarah Wauquiez, Nathalie Barras und Martina Henzi sowie einer Gruppe von engagierten Lehrpersonen, die großzügig ihre Ideen und Aktivitäten teilten, durch die Rückmeldungen von 170 Lehrkräften und sieben Fachlektorinnen und Fachlektoren, durch die gestalterische Arbeit der Grafikerin Eva-Maria Bolz, durch die Unterstützung unseres Lektors Lukas Meier und der gesamten Crew des hep verlags sowie durch die wunderschönen Fotos von Timo Ullmann und Gabriela Fürer. All diesen Personen und all denjenigen, die wir hier nicht namentlich nennen können, gebührt deshalb unser herzlichster Dank.

Sowohl bei der Suche nach Lehrkräften, welche die Lernaktivitäten erprobten, als auch bei der Bestellung des Beirats sind wir immer auf offene Türen gestoßen. Die bisherigen Ausgaben werden uns beinahe aus den Händen gerissen und die Nachfrage nach Kursen und Weiterbildungen ist groß. Das zeugt davon, dass wir mit dem Projekt einen Nerv der Zeit, ein tief liegendes Bedürfnis getroffen haben.

Ihnen, liebe Lehrpersonen, wünschen wir nun mindestens so viel Spaß beim Draußenlernen wie Ihren Schülerinnen und Schülern. Sie werden spürbar erfahren und erleben, wie sich Ihr Lehr-Lern-Portfolio erweitert und sich das Draußen und das Drinnen gegenseitig befruchten.

Zürich im Mai 2020

Rolf Jucker, Geschäftsleiter SILVIVA

Vorwort für die österreichische Ausgabe

Diese Österreichausgabe von »Draußen unterrichten« trägt ganz bewusst den Untertitel »Praxisbuch für dislozierten Unterricht«. Zum einen wollen wir damit deutlich machen, dass nicht das Draußenlernen im Allgemeinen Thema dieses Buches ist, sondern der konkrete Unterricht. Das Handbuch zeigt, wie zielgerichtetes Lernen in einem institutionellen Kontext mit diesen Methoden umgesetzt werden kann. Zum anderen soll der Begriff »Praxisbuch« darauf hinweisen, dass wir diese Österreichausgabe als (hoffentlich) bereichernde Anregung für die eigene Entwicklung der Leserinnen und Leser in Richtung Draußenlernen verstehen.

Sie finden in den Kapiteln »Sprache«, »Mathematik« und »Natur, Mensch, Gesellschaft« zu jeder Übung Stichworte, die Hinweise auf die empfohlenen Schulstufen und auf die entsprechenden österreichischen Lehrpläne geben. Zudem haben wir zu je einer Übung in jedem Teilbereich dieser Kapitel eine Zuordnung zu den derzeit in Österreich maßgeblichen Kompetenzmodellen erarbeitet, welche die Grundlage der österreichischen Bildungsstandards bilden. Sie können diese Zuordnung auf der Website des Buches herunterladen: hep-verlag.de/draussen-unterrichten-at.

Wir wollen mit dieser Zuordnung den komplexen Charakter dieser Unterrichtsmethodik unterstreichen. Eine Übung im Kapitel »Sprache« beinhaltet und fördert selbstverständlich nicht nur sprachliche Lernprozesse, auch Mathematik, Sachunterricht und die überfachlichen Kompetenzen können angesprochen werden. Die Kraft des Draußenunterrichts liegt ja gerade in diesen Möglichkeiten des ganzheitlichen, fächerübergreifenden Kompetenzerwerbs.

Unsere Anmerkungen zu den Schulstufen und Lehrplänen beanspruchen keine normative Gültigkeit. Es sind kollegiale Anregungen zu einer ganz persönlichen und an die spezifischen Rahmenbedingungen Ihres Unterrichts angepassten Aneignung. Diese Anregungen basieren auf konkreten Erfahrungen, schließen aber andere Möglichkeiten nicht aus, im Gegenteil.

Solche Anregungen werden, wenn sie funktionieren, bald auch überflüssig. Die Lehrpersonen und die Lernenden folgen dann eigenen Spuren, die ihnen ihre Erfahrungen, ihre Neugierde, ihr konkreter Bedarf legen. Aus diesem Grund haben wir ab dem Kapitel »Gestalten« auf jede weitere Anmerkung verzichtet.

»Draußen unterrichten« ist und bleibt ein Buch unserer Schweizer Kolleginnen und Kollegen der SILVIVA-Stiftung. Deutsch ist eine plurizentrische Sprache, und Österreich ist, wie die Schweiz, ein Land der Mehrsprachigkeit. Wir haben daher in bewusster Anerkennung dieser gelebten Vielfalt und in der Überzeugung, dass diese Vielfalt eine Quelle der Bereicherung ist, nur eine sanfte sprachliche Anpassung des Textes vorgenommen. Es mag sein, dass die eine oder andere Formulierung irritiert. Das passt schon, Irritation ist eine Voraussetzung für Lernen.

Danken möchte ich dem Team aus engagierten Kolleginnen und Kollegen, die an dieser Ausgabe für Österreich gearbeitet haben. Der gemeinsame Arbeitsprozess war anregend, bereichernd und sehr produktiv. Ich danke auch der Pädagogischen Hochschule Burgenland und der Bildungsdirektion Burgenland für die Unterstützung bei dieser Publikation.

Mein besonderer Dank gilt der pancivis Stiftung. Sie hat diese Publikation mit einer großzügigen Zuwendung ermöglicht.

Das Kompetenzzentrum Bildung für nachhaltige Entwicklung der Pädagogischen Hochschule Burgenland wird »Draußen unterrichten« ab dem Wintersemester 2020 zu einem Schwerpunkt der Fortbildung machen. Ich würde mich freuen, Sie bei einem unserer Seminare begrüßen zu dürfen.

Eisenstadt im Mai 2020

Robert Nehfort, Leiter des Kompetenzzentrums Bildung für nachhaltige Entwicklung der Pädagogischen Hochschule Burgenland


1 So klappt der Unterricht draußen

Warum in der Natur unterrichten?

 

Wer? Wo? Was? Wie?

Fächerübergreifendes Lernen

Die verschiedenen Draußenlernorte

Organisatorisches

Dokumentation und Evaluation

Anlaufstellen, Netzwerke, Aus- und Weiterbildung

Warum in der Natur unterrichten?
Lust am Lernen

Als Lehrperson sind Sie Fachfrau bzw. Fachmann dafür, dass Kinder lernen zu lernen. Die Kinder sollen sich Lebenskompetenzen aneignen, die es ihnen ermöglichen, ein sinnvolles, erfülltes und verantwortungsvolles Leben zu führen. Zusammen mit den Eltern und anderen Bezugspersonen sind Sie eine zentrale Person im Leben jedes Kindes. Sie können Türen weit aufstoßen und die Kinder dabei unterstützen, Lust am Lernen zu entwickeln und auch zu bewahren.

Möglicherweise sind Sie nicht zuletzt aus solchen Gründen überhaupt erst Lehrperson geworden: wegen Ihrer Begeisterung für die Kinder und deren leuchtende Augen, wenn sie wachsen und wenn sie lernen, die Welt, sich selber, ihr soziales Umfeld und die Natur immer besser, tiefer, differenzierter, toleranter und mit Weitblick zu verstehen.

Mit diesem Handbuch möchten wir Ihnen das praktische Rüstzeug liefern, um diese Lernprozesse erfolgreich zu unterstützen – und zwar einfach und praktisch umsetzbar, in jedem Fachbereich der 1. bis 8. Schulstufe.

Das Spezielle daran: Wir möchten Sie und Ihre Kinder nach draußen entführen, in die Natur, in den Kulturraum. Und zwar nicht als nette Zugabe, sondern damit Sie Ihre Unterrichts- und Lehrplanziele erfüllen können. Sie fragen natürlich zu Recht: Warum draußen?

Wie Sie sicher schon gemerkt haben, benutzen wir in diesem Buch anstelle von »Schülerinnen und Schüler« den Ausdruck »Kinder«. Der Grund dafür ist, dass wir diese jungen Menschen nicht in einer Funktion, sondern als ganzheitliche Personen betrachten möchten.

Draußen unterrichten …

… ermöglicht lernen am realen Objekt > »Nur dadurch, dass ich Wasser anfasse, kann ich lernen, was es heißt, dass Wasser nass ist. Zugleich höre ich es glucksen oder tropfen, sehe ich Wellen und Reflexe, rieche vielleicht das Meer oder das Gras am Seeufer und erhalte so einen Gesamteindruck, der in mir – zusammen mit vielen anderen solcher Erfahrungen – zu einer komplexen und differenzierten Repräsentation von Wasser führen wird. Wenn ich diese innere Repräsentation (noch) nicht habe, kann ich auch die buntesten Bilder und die schrillsten Töne aus dem Computer gar nicht verstehen. Die bereits stattgefundene Wechselwirkung mit der wirklichen Realität ist also Voraussetzung dafür, dass ich mit der virtuellen Realität des Computers auch nur im Ansatz umgehen kann« (Spitzer, 2006, S. 225).

… fördert Sozialkompetenzen und Klassenklima > Für Lehrpersonen, die häufig draußen unterrichten, zählen die verbesserten Beziehungen zwischen Kindern und Lehrpersonen sowie zwischen den Kindern untereinander zu den wichtigsten Aspekten des Draußenunterrichtens. Dieser gestärkte soziale Boden spart längerfristig Zeit und hilft bei der Alltagsgestaltung des Unterrichts, drinnen wie draußen.

… ist gesund > Draußen bewegen sich die Kinder mehr, was zum Abbau von Aggressionen und zu besserer Konzentration, körperlicher Fitness und einem besseren Selbstbewusstsein führt. Naturaufenthalte verbessern das Wohlbefinden und dämpfen Stress. Draußen zu unterrichten, ermöglicht Ihnen, die Ziele des fächerübergreifenden Themas »Gesundheit« zu erreichen und die personalen Kompetenzen der Kinder zu fördern.

… entlastet Sie langfristig > Am Anfang bedeutet draußen unterrichten für Sie Aufwand und Wagnis. Aber Lehrpersonen, die regelmäßig draußen unterrichten, berichten über genau dieselben positiven Effekte wie die Kinder auch: Sie haben mehr Freiheit, fühlen sich gesünder und zufriedener, kommen abends entspannter nach Hause, ihre Unterrichtspraxis wird bereichert. Mit der Zeit und Regelmäßigkeit werden die Kinder draußen selbstständiger, kreativer, motivierter und aufmerksamer.

Es gibt eine ganze Reihe weiterer Gründe, warum draußen unterrichten sinnvoll sein kann – aus wissenschaftlicher Sicht und aus der Sicht erfahrener Lehrpersonen. Wir haben diese Gründe für Sie in Teil 3 (↗ hier – hier) zusammengestellt. Vielleicht nützen Ihnen diese Grundlagen in der Diskussion mit Eltern, Schulleitung und Kolleginnen und Kollegen.