Kanada – Ontario

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Kanada – Ontario
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Kanada – Ontario

40 Highlights abseits der ausgetretenen Pfade

Stephan Brünjes

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über portal.dnb.de abrufbar.

© 2019 360° medien I Marie-Curie-Straße 31 I 40822 Mettmann www.360grad-medien.de

Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung sowie Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Der Inhalt des Werkes wurde sorgfältig recherchiert, ist jedoch teilweise der Subjektivität unterworfen und bleibt ohne Gewähr für Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität.

Redaktion und Lektorat: Christine Walter

Satz und Layout: Serpil Sevim-Haase, Lucas Walter

Gedruckt und gebunden:

Himmer GmbH Druckerei & Verlag I Steinerne Furt 95 I 86167 Augsburg www.himmer.de

Bildnachweis: siehe Seite 208

ISBN: 978-3-948097-27-1

Hergestellt in Deutschland

www.360grad-medien.de

Stephan Brünjes

KANADA

ONTARIO

40 Highlights abseits der ausgetretenen Pfade


Vorwort

Ontario? Das ist doch Ahorn für Anfänger oder? Da reisen Kanada-Ersttäter hin – wegen der angenehm kurzen Flugverbindungen und Sightseeing-Ikonen wie den Niagara Falls. Ja, stimmt, viele Kanada-Newbies machen hier in Ontario ihren ersten Touchdown, verlieben sich dabei auf den ersten Blick ins riesige Ahornland und seine zweitgrößte Provinz, in der mit 13,4 Millionen Menschen die meisten Kanadier wohnen. 16 Millionen Touristen reisen pro Jahr nach Ontario – darunter 150.000 Deutsche und vor allem: reichlich Wiederholungstäter. Sie wollen – immer noch schwer verliebt – zum zweiten oder dritten Mal nach Ottawa und Toronto, Ontarios auf ganz unterschiedliche Weise faszinierende Metropolen. Der Name Ontario ist indianisch und bedeutet „ schönes Wasser“ – und meint die unzähligen stahlblauen Seen inmitten von Nationalparks und dichten Wäldern – besonders im Herbst zählen sie zu den schönsten Indian Summer-Destinationen Nordamerikas.

Für Ontario-Rückfällige sind dies die bevorzugten Wochen, um die Provinz auf ihren gut ausgebauten Highways im Mietwagen oder Wohnmobil zu bereisen. Es ist immer wieder ein ganz besonderer Trip: Tempomat an, steuern per Krähengriff, lässig mit drei Fingern am Lenkrad – die Straße ist ja leer. Schnell landet man auf dem Strich. Dem Autostrich. Der ist gelb und kurvt durchs Grüne immer geradewegs ins Blaue. Am gelben Fahrbahn-Mittelstreifen scheint das Auto arretiert wie ein Carrera- Rennwagen mit der Plastiknase in der Stromschiene. Rechts und links des Strichs: Tapeten von scheinbar endlosen, grünen Wäldern. Vor der Windschutzscheibe: Meist blauer Himmel, irgendwo da vorn über dem Asphalt- Horizont, wo der gelbe Strich scheinbar abbricht. Hier und da reißt die grüne Baumtapete auf, macht Platz für messing-braune Granitfelsen, mal schroff und haushoch aufragend, mal als flache Landschafts-Glatze mit Stoppelgras als Haarkranz. Die vereinzelten Dörfer am Highway stehen so unzusammenhängend da, als hätte ein Riese rotweiße Bullerbü-Häuser auf Wanderschaft wahllos fallengelassen.

Ja, auch ich bin längst Ontario-Intensivtäter und möchte Sie zu Komplizen machen mit diesem Reiseführer! Mit 40 Trips und Tipps, die oft abseits ausgetretener Pfade liegen wie etwa der sonntägliche Bootsgottesdienst in der Bostwick Bay, zu dem hunderte Kanuten und Außenborder-Kapitäne n der Thousand Island Region schippern. Oder die Begegnung mit Peter Schleifenbaum, einem ausgewanderten Deutschen, der einen Wald erbte – halb so groß wie Berlin – und der mit Wölfen sprechen kann. Andere Tipps wiederum liegen mitten auf einem ausgetretenen Pfad – etwa dem zu den Niagara Falls, aber nur auf den ersten Blick. Denn wussten Sie, dass man dort auf den Spuren von Marilyn Monroe wandeln kann?


Zusammengestellt habe ich einen bunten Mix aus Natur- und Städte-Attraktionen, spannenden Menschen, die es zu treffen lohnt sowie Themenrouten, Shopping-Tipps und kuriosen Zielen, die einen Stopp wert sind. Alle werden übersichtlich präsentiert mit jeweils einer kurzen, zusammenfassenden Beschreibung sowie ergänzenden Angaben zu Lage, Anfahrt, Öffnungszeiten und Eintrittskosten. Fotos geben Ihnen einen ersten Eindruck, was sie bei einem Besuch erwartet. Alle 40 Highlights liegen bewusst im südlichen Teil Ontarios, da der Norden der Provinz in einem eigenen Reiseführer vorgestellt wird.

So, jetzt wünsche ich Ihnen viel Spaß beim Schmökern und Entdecken. Möge dieses Buch Sie beim Lesen schon mitnehmen auf eine virtuelle Vorab-Reise durch Ontario, auf dass der handliche Reiseführer dann vor Ort in die Gesäßtasche wandert und viele inspirierende, unvergessliche Ontario-Momente auslöst, weil er Sie an die sehenswertesten, spannendsten Spots der Provinz lotst.

Gute Reise wünscht Ihnen

Stephan Brünjes

Inhaltsverzeichnis

Toronto

1.Edge Walk: Torontos Grenzgänger in luftiger Höhe

2.PATH: Auf Torontos unterirdischen Shopping-Pfaden

3.Oscar für Toronto: Als bestes Städtedouble

4.Distillery: Eine Schnapsfabrik, die jetzt cooles Bummel-Karree ist

5.Toronto Islands: Fotostopp, grüne Oase und autofrei

6.Bata Shoe Museum: Napoleons Socken, Marilyns Stilettos und Elton Johns Plateaustiefel

7.Straßenbahn-Oldie: Rote Rakete mit singendem Sandmann

8.Kensington Market: Ein Auto als Blumenbeet, XXL-Graffiti und quietschbunte Fassaden

9.Fairmont Royal York: Torontos Grand Dame unter den Hotels

10.Torontos Queen Street West: Die hippe Meile

11.Axtwerfen: Das Eckige muss ins Runde

Niagara Region

12.Ein Fall für Marilyn: Am Niagara River auf den Spuren der Monroe

13.Niagaras Weinregion: Neustart an der Weinstraße

14.Niagara Falls: Einmal über den größten Whirlpool Kanadas

15.Niagara-on-the-Lake: Ex-Hauptstadt mit Filmkulissen-Look

West-Ontario

16.Mennoniten: Gläubige Kutschfahrer mit Strohtankstelle

17.Ontarios deutsche Ecke: Moin-Moin in Heidelberg

18.Küsschen im Tunnel: Die Covered Bridge von West Montrose

19.Stratford 1: Shakespeares Zweitwohnsitz

20.Stratford 2: To Bieber or not to Bieber

Südwest-Ontario

21.Point Pelee National Park: Wo der Monarch auf der Sonnenblume thront

22.Underground Railroad: Wo die Sklaven sich in die Freiheit retteten

Bruce Peninsula und Manitoulin Island

23.Bruce Trail: Ontarios ältester und vielseitigster Wanderweg

24.Bruce Peninsula: Wracks beim Blumentopf

25.Flowerpot Island: Die Insel mit dem Seeungeheuer

26.Meaford: Das kleine Nest mit dem großen Vogelscheuchen-Festival

 

27.Manitoulin Islands: Trommeltänze auf Gottes Urlaubsinsel

Muskoka Region und Algonquin National Park

28.Deutscher Walderbe: Der mit dem Wolf heult

29.Group of Seven: Bei den Malern des Indian Summer

30.Eisfischen: Forelle on the Rocks

31.Kanu-Museum Peterborough: Boote aus Birkenrinde und ein Paddelbau-Workshop

Ottawa

32.Der Rideau Canal: Winterspaß mit Eis am Stiel-Paddel

33.Ottawas ByWard Market: Biberschwanz und Männer-Kita

34.Ottawas „Northern Lights“-Show: Kanadas Geschichte und Nationalstolz als Open-Air-Spektakel

35.„Herr Schokolade“: Der Top-Konditor und sein lachender TV-Nikolaus

Südost-Ontario

36.Gananoque – oder: Wie spricht man das denn aus?

37.Thousand Islands: Da haben wir den Salat!

38.Prince Edward County: Einst Konservendosen-Ecke, heute Genussregion

39.Designer vom Schrottplatz: Einmal aufgeschlitzten BMW, bitte!

Special

40.Red Chairs: Kanadas Möbel-Ikone zum Relaxen in freier Natur



Toronto


Die Skyline von Toronto

1.Edge Walk: Torontos Grenzgänger in luftiger Höhe

2.Edge Walk: Torontos Grenzgänger in luftiger Höhe

3.Oscar für Toronto: Als bestes Städtedouble

4.Distillery: Eine Schnapsfabrik, die jetzt cooles Bummel-Karree ist

5.Toronto Islands: Fotostopp, grüne Oase und autofrei

6.Bata Shoe Museum: Napoleons Socken, Marilyns Stilettos und Elton Johns Plateaustiefel

7.Straßenbahn-Oldie: Rote Rakete mit singendem Sandmann

8.Kensington Market: Ein Auto als Blumenbeet, XXL-Graffiti und quietschbunte Fassaden

9.Fairmont Royal York: Torontos Grand Dame unter den Hotels

10.Torontos Queen Street West: Die hippe Meile

11.Axtwerfen: Das Eckige muss ins Runde


1.Edge Walk: Torontos Grenzgänger in luftiger Höhe

Den besten Blick über die Stadt, das aufregendste Kribbeln im Bauch und ein einmaliges Erinnerungsfoto bietet Torontos Fernsehturm. Weil jeder Besucher da oben mal so richtig über den Dingen stehen und zugleich über dem Abgrund baumeln kann.

356 Meter über dem Erdboden, mitten in der vom Lake Ontario herüber wehenden, steifen Brise stehen sie, mit Pudding in den Knien auf der gerade mal gut einen Meter breiten, geländerlosen Außenplattform des CN Tower. Jason, Matt, Mike und die anderen drei sollen vorwärts herantreten – ganz an die Kante dieses Gitterrostes und in die Tiefe schauen. 356 Meter in die Tiefe! Eine Sechser-Gruppe komplett Lebensmüder, die gleich in den Tod stürzt? Nein, die nächsten Teilnehmer von „Toes over Toronto“ – Zehen über Toronto, der atemberaubendsten Mutprobe, die die größte Stadt Kanadas zu bieten hat. Ein randständiger Nervenkitzel, den ich mir immer wieder gerne anschaue, wenn ich in der 2,6-Millionen-Metropole bin, aber niemals selbst mitmache – ich habe viel zu viel Höhenangst.

Inzwischen mit dem Rücken zum See und damit auch zum Abgrund gedreht stehen die Turm-Artisten. Sie blicken verstohlen zwischen ihren Füßen hindurch und schauen schnell wieder hoch – der Blick in die Tiefe zieht jeden von ihnen sofort Richtung Abgrund. Runter stürzen sie dabei nur deshalb nicht, weil sie mit ihren roten Ganzkörper-Anzügen am Sicherheitsseil hängen, das eingeklinkt ist in eine Art XXL-Gardinenschiene am Dach des CN Tower. Diese marionettenartige Konstruktion ermöglicht ihnen gleich Teil zwei des High-End-Abenteuers – den Edge Walk, einen Spaziergang um die Plattform herum. Vorher wird das obligatorische Smile-Foto mit ausgebreiteten Armen geschossen.


Edge Walk auf dem CN Tower


CN Tower

Für Tower-Besucher wie mich hingegen sind die Momente vorher viel spannender. Da schaut man nämlich Menschen ins Gesicht, die kurz davor sind, ihr Leben an einen – wenn auch dicken – Faden zu hängen, der halten muss in schwindelerregender Höhe. Viele haben den Edge Walk geschenkt bekommen und werden ziemlich blass, sobald sie hoch oben im CN Tower aus dem Fahrstuhl steigen. Vom professionellen Personal dann so gut es geht vorbereitet, ist es immer wieder interessant zu beobachten, wie die Teilnehmer ihre Gefühle bändigen, kurz bevor sie hinaus treten auf die Plattform. Schweigend, sich auf die Lippe beißend die einen, gequält lächelnd die anderen, damit die Erinnerungsfotos einigermaßen passabel aussehen. Und dann ist da noch die Galgenhumor-Fraktion, die meistens alle anderen mit schlechten Witzen nervt.


Aussicht vom Turm

Möglich wurde das Abenteuer durch Prestigeverlust: Bis 2007 war der 553 Meter hohe CN Tower das höchste, freistehende Gebäude der Welt. 2009 ging ihm dann auch der Titel „höchster Fernsehturm“ flöten. Spätestens dann gab es dringenden Superlativ-Bedarf für den 1976 eröffneten Turm, um auch weiterhin etwa zwei Millionen Besucher jährlich begrüßen zu können. Der Edge Walk macht´s nun wieder möglich.

Sobald die „Edge Walker“ ihren angeseilten Rundgang auf der Außenplattform begonnen haben, kann ich sie von drinnen nur noch über Monitore verfolgen und genieße im Wechsel damit den einmaligen Blick durch die Panoramafenster hinunter auf den blau glitzernden Lake Ontario, auf ameisenartig hin und her wuselnde Autos sowie die wie silbrig-gläserne Bauklötze aufragenden Wolkenkratzer. Rund um den CN Tower ist in den vergangenen Jahren die Sonnenseite der Stadt entstanden: Grünflächen, neue Apartment-Anlagen und eine Promenade für Skater, Radler und Bummler an Torontos Lake Ontario-Ufer. Am Queens Quay East ist der Wandel am augenfälligsten: Die alte verrostete Zuckerfabrik und gleich daneben der „Sugar Beach“: Hier aalen sich Menschen am künstlichen Strand unter rosa Sonnenschirmen. Und wenn sie von unten ganz genau nach oben zum CN Tower schauen, dann sehen sie mit etwas Glück kleine, angeseilte Menschen knapp unter der Turmspitze.

Info

Lage: 301 Front Street West, Toronto, ON M5V 2T6

Anfahrt: Mit der U-Bahn bis zur Union Station fahren. Von dort ist es ein kurzer Fußweg westwärts die Front Street entlang.

Öffnungszeiten: täglich 9 bis 22:30 Uhr

Eintritt: Kinder (4-12 J.) 28 CAD, Erwachsene (13-64 J.) 38 CAD, jeweils für die Besichtigung des Turmes. Der Edge Walk kostet 225 CAD und ist für Teilnehmer ab 13 Jahre buchbar.

Webseite: www.cntower.ca

2.PATH: Auf Torontos unterirdischen Shopping-Pfaden

Warum nicht mal Toronto statt New York? Kanadas größte Metropole hat die längste wettergeschützte Ladenpassagen-Meile der Welt und einen geschäftigen Santa Claus, der in der Vorweihnachtszeit überall in der Stadt auftaucht.


Wegweiser im Shoppingparadies

„Toronto ist New York – aber von Schweizern geführt“, hat Schauspieler Peter Ustinov mal gesagt. Stimmt: Schachbrett-Stadtplan wie in Manhattan, glitzernde Skyline und die Lage am Wasser. Nur, dass Toronto die deutlich angenehmere Small Apple-Version ist: Nicht so hoch wie New York, nicht so eng, leiser, sauberer und – gut beobachtet, Mr. Ustinov, oft schweizerisch-pfiffig organisiert: Weihnachtsshopping ohne schneidende Blizzard-Kälte und Abgaswolken? Kein Problem downtown – im Wortsinne, denn unterirdisch hat Toronto sagenhafte 30 Kilometer gut beheizte Fußgängerzone namens PATH mit 1200 Geschäften und Restaurants – das ist Weltrekord, eingetragen im Guinness-Buch. Und damit dieser der 2,6-Millionen-Metropole am Lake Ontario möglichst lange bleibt, wird das PATH-Labyrinth fleißig erweitert, über die sieben Straßenzüge in Nord-Süd-Richtung und die vier in Ost-West-Richtung hinaus. Das vorläufige Ziel: 60 Kilometer Gesamtlänge und weitere 45 Einstiegspunkte in die Unterwelt.

PATH ist ideal für Weihnachtsshopper: Wer in einem der großen City-Hotels wie Sheraton, Hilton oder Marriott wohnt, fährt einfach per Rolltreppe in die glitzernde Unterwelt und schlendert durch diese vielfach verästelten, sehr sauberen Maulwurfsgänge mit Schaufenstern, kleinen Läden, Boutiquen und Eingängen zu großen Kaufhäusern sowie Shopping Malls wie dem Eaton Centre mit allein 300 weiteren Geschäften. Ob Schmuck (SZ-Jewellery oder Landmark), edle Schuhe und Handtaschen (z. B. bei Brooks) oder coole Damenmode (Miori oder Brava) – ein paar Meter unter dem Bürgersteig gibt es alles, was kurz vor Weihnachten gerne in Geschenkpapier gehüllt wird. Und wo auch immer man beim Einkaufsbummel mal wieder aus der Erde guckt – einfach kurz checken, ob es draußen noch stürmt oder schneit, um dann entweder im Maulwurfs-Modus weiter zu shoppen oder bei erträglicher Witterung ein wenig Frischluft zu tanken.


PATH-Passage

Bis ins Jahr 1900 reichen die ältesten Tunnel des PATH-Systems zurück – an der Yonge Street. Nach und nach wurden 1917 weitere Geschäfte und 1927 ein Luxushotel angeschlossen. Ab 1970 ging es dann richtig los mit dem Ausbau der unterirdischen Shopping-Röhren. Damit sich keiner verirrt, wurde ein Orientierungssystem eingeführt, in dem man sich – nun ja – erst mal orientieren muss: Jeder der vier Buchstaben von PATH steht nämlich für eine Himmelsrichtung. Das P (rot) für Süden, das A (orange) für Westen, das T (blau) für Norden und das H (gelb) für Osten. Nicht unbedingt sofort selbst erklärend, aber dann doch ziemlich schnell begriffen. Trotzdem wurden im Jahre 2016 die PATH-Orientierungskarten überarbeitet.

 

Wer sich damit nicht herumschlagen will, bucht einfach den PATH-Stadtrundgang beim Veranstalter buzz tours (buzztours.com/path.html) und lässt sich alle Must-sees der underground shopping mall vom Guide zeigen. Nicht nur schnöde Läden hat er auf dem Zettel, sondern etwa auch oberirdisch die lichtdurchflutete, kathedralenartige Halle namens Allen Lambert Galleria, erbaut vom Star-Architekten Santiago Calatrava.

Einmal oberirdisch angekommen, jetzt besonders in der Weihnachtszeit nicht gleich wieder abtauchen ins PATH-Labyrinth! Denn schon der alljährliche Start der Xmas Season ist sehenswert, wenn der Weihnachtsmann die Santa Claus Parade anführt, meist Mitte November. Begleitet von Engeln, Elfen und reichlich Kunstschnee zieht er dann durch die Stadt, verteilt Bonbons und Geschenke. Am Harbourfront Centre und am Nathan Phillips Square vor dem neuen Rathaus wird jedes Jahr im November/Dezember eine Schlittschuhbahn aufgebaut. Hier findet auch das Cavalcade of Lights-Event statt, bei dem Santa Claus persönlich die Weihnachtssaison mit dem „Tree Lighting“ einläutet, dem Erleuchten der bis zu 4000 Lichter am meist etwa 20 Meter hohen Weihnachtsbaum – in der Regel Ende November.

Info

Lage: PATH liegt unter weiten Teilen von Torontos Innenstadt, Zugänge gibt es über viele Treppen, Fahrstühle, in U-Bahnstationen, Hotels und Kaufhäusern.

Anfahrt: Mit diversen U-Bahnlinien, z. B. in die Bahnhöfe Union Station, King Subway Station, Queen Subway Station oder St. Andrew Subway Station fahren.

Öffnungszeiten: Die meisten PATH-Verbindungsgänge sind 24/7 geöffnet, die Geschäfte haben zu den in Kanada üblichen Zeiten geöffnet, viele auch sonntags.

Eintritt: kostenlos. Die PATH-Walkingtour kostet 25 CAD, dauert 1,5 bis 2 Std, max. 8 Teilnehmer können mitgehen.

Webseite: torontopath.com/path-map/

3.Oscar für Toronto: Als bestes Städtedouble

Mal spielt Toronto die Stadt Chicago, mal New York, mal zeigt Kanadas größte Stadt den Look der Zwanziger oder den des Jahres 2364 – im Kino. „Hollywood North“ wird Toronto genannt, weil Filmregisseure sie gern als preiswerte Allzweck-Kulisse nutzen – für Richard Gere, Matt Damon oder Helen Mirren. Der Streifzug zu ihren Drehorten ist eine spannende City-Schnitzeljagd.


Coole Fimlocation: Campus der Universität

Irgendwann wird auch der beste Doppelgänger enttarnt. Toronto passierte dies zuletzt im Jahre 2008: Im Science-Fiction-Streifen „Der unglaubliche Hulk“ kämpft der Titelheld, ein grüner Koloss mit übermenschlichen Kräften, im actionreichen Film-Finale gegen eine ganze Armada – angeblich in New Yorks Stadtteil Harlem, vor dem legendären Apollo Theatre. Doch hinter dessen Leuchtreklame erstrahlt im Film die des Zanzibar, eines berühmt-berüchtigten Stripclubs in Toronto, und zwei Häuser weiter lugt die Fassade von Sam, the Record Man hervor, einst Kanadas führender Plattenladen mit zwei riesigen, blinkenden Neon-LPs über dem Eingang. Wird schon keiner merken, mögen sich die Filmausstatter beim Anbringen des falschen Apollo-Schriftzuges in Torontos Yonge Street gedacht haben, froh darüber, dass das kanadische Toronto hier eine seiner Hauptverkehrsachsen so unkompliziert und preiswert als New York-Double zur Verfügung stellt, sie gleich drei Tage lang für die Filmcrew sperrte.


Legislative Building

Derart aufwendige Drehs kann man als Toronto-Besucher beinahe täglich erleben. Mit Flatterband abgesperrte Hauseingänge, Filmscheinwerfer und Kameras auf Bürgersteigen, „Action“-Rufe von Regisseuren – Filmleute nennen die 2,6-Millionen-Metropole am Lake Ontario schon lange Hollywood North. Und zwar nicht nur, weil die Straßenschluchten in Torontos zentralem, schachbrettartig angelegten Finanzdistrikt mit ihren stählern glitzernden Wolkenkratzern als Kopie einer aktuellen US-City-Kulisse so täuschend echt wirken. Chicago-Ambiente der Zwanziger Jahre gesucht? Auf dem Höhepunkt von Jazz und Prohibition? Kein Problem in Toronto! Für den 2003 mit sechs Oscars ausgezeichneten Musical-Film „Chicago“ wurde das klotzige Grandhotel Fairmont Royal in der City kurzerhand zum Chicago Hotel umdekoriert, damit Richard Gere, Renée Zellweger und Catherine Zeta-Jones hier ihr verruchtes Spiel rund um Mord und Show-Karriere filmen konnten. Wer sich also ins Chicago der Roaring Twenties hineinträumen möchte – einfach mal für eine halbe Stunde in die kathedralartig-plüschige Marmor-Lobbyhalle des Fairmont „einchecken“ – mit Glück – zum „Promi-Kiebitzen“ bei einem neuen Dreh: Bruce Willis, Morgan Freeman und Helen Mirren waren 2010 da für die Agentenkomödie „R.E.D“, Katie Holmes 2011 als Präsidentengattin Jackie in der TV-Serie „Die Kennedys“. Etwa 20 mal pro Jahr wird ein Kino-Set aufgebaut im Luxushotel von 1929.

Von hier aus ins 24. Jahrhundert muss man sich nicht beamen lassen, ein kurzer Fußmarsch sechs Querstraßen Richtung Norden reicht, und schon steht man vor zwei ineinander gestellten Hochhaus-Beton-Halbkreisen, außen fensterlos mit einem scheinbar plattgedrückten, weißen Riesen-Ei in der Mitte – im Science-Fiction-Klassiker „Star Trek – Next Generation“ ein bedrohliches Alien-Portal, in Wirklichkeit aber Torontos futuristisch gestaltete City Hall von 1965. Am Queens Park mutierte das respekteinflößende, rotbraune Legislative Building von 1893 beim „Chicago“-Dreh kurzerhand vom Parlamentszum Gerichtssitz. Gleich nebenan in der grünen Park-oase: Torontos Uni, gegründet 1827. Viele ihrer efeuberankten, grau-anthrazitfarbenen Gebäude aus dem 19. Jahrhundert sehen mit Zinnen, Türmen und Schornstein-Viererreihen aus wie kleine Schlösser oder Landhäuser. Ideal, um Harvard zu doubeln, Bostons Elite-Uni. So geschehen 1997 im Drama „Good Will Hunting“ mit Matt Damon und Ben Affleck, die für ihr Drehbuch ebenso einen Oscar bekamen wie Robin Williams als bester Nebendarsteller.


Casa Loma

Etwa 70 große Kinofilme werden in Toronto pro Jahr gedreht, die Stadt kann so umgerechnet mehr als hundert Millionen Euro Ausgaben der Produktionsfirmen jährlich verzeichnen. Die kommen auch nach Jahrzehnten immer noch gern – vor allem, weil in Toronto steuerliche Vorteile winken und die Drehkosten etwa 30 Prozent unter denen in New York City liegen. Hinter dem Big Apple und Los Angeles ist Toronto die Nummer 3 der Filmstädte Nordamerikas, beschäftigt inzwischen 25.000 Menschen im Kino- bzw. TV-Business. Und hätte längst einen eigenen Oscar verdient – den für das beste Städte-Double.

Info

Lage: Die für Filmdrehs benutzten Gebäude und Straßenzüge sind leider noch nicht zusammenhängend in einer Karte eingezeichnet.

•Das oft als Drehort genutzte Fairmont Hotel liegt genau gegenüber dem (ebenfalls für Filmaufnahmen beliebten) Hauptbahnhof Union Station (100 Front St W).

•Die City Hall ist zu finden an 100 Queen Street West, unübersehbar auf dem Nathan Phillips Square, einem großen Platz.

•Das Legislative Building liegt an der 111 Wellesley Street West, das Uni-Gelände gleich nebenan.

•Ebenfalls beliebter Filmdrehort ist das vom Industriellen Henry Pellat erbaute Zuckerbäcker-Schloss Casa Loma, 1 Austin Terrace, etwas außerhalb und am besten mit der U-Bahnlinie Nr. 1 erreichbar, von der Haltestelle Spadina sind es etwa 10 Min. Fußweg.

Anfahrt: siehe oben

Öffnungszeiten:

•Das Fairmont Royal Hotel hat 24/7 geöffnet, fairmont.de/royal-york-toronto

•Die City Hall ist montags bis freitags 7:30 bis 21:30 Uhr, an Wochenenden 8 bis 18 Uhr geöffnet, toronto.ca/services-payments/venues-facilities-bookings/booking-city-facilities/civic-centres/city-hall

•Das Legislative Building kann montags bis freitags von 8 bis 18 Uhr besichtigt werden, an Wochenenden und Feiertagen von 9 bis 16:30 Uhr. Halbstündige Führungen starten jede Stunde, ola.org/en/node/3771

•Die Uni-Gebäude sind werktags zu den üblichen Arbeitszeiten offen, utoronto.ca

•Das Casa Loma-Schloss ist täglich geöffnet von 9:30 bis 17 Uhr außer am 24. und 25. Dezember, casaloma.ca

Eintritt: Casa Loma: für Kinder (4-13 J.) 20 CAD, Jugendliche (14-17 J.) 25 CAD, Erwachsene (ab 18) 30 CAD