Ideas, Concerns and Expectations (ICE) in der Arzt-Patienten-Kommunikation

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Aus der Reihe: Kommunizieren im Beruf #3
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Ideas, Concerns and Expectations (ICE) in der Arzt-Patienten-Kommunikation
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Sascha Bechmann

Ideas, Concerns and Expectations (ICE) in der Arzt-Patienten-Kommunikation

Untersuchungen zu einem patientenorientierten Kommunikationsmodell

Narr Francke Attempto Verlag Tübingen

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© 2020 • Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG

Dischingerweg 5 • D-72070 Tübingen

www.narr.de • info@narr.de

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E-Book-Produktion: pagina GmbH, Tübingen

Print-ISBN 978-3-8233-8394-9

ePub-ISBN 978-3-8233-0223-0

Inhalt

  Vorwort – oder: Warum dieses Buch?

 1 Einleitung – das Jahrhundert des Patienten1.1 Rahmenbedingungen – Paradigmenwechsel in der Arzt-Patient-Kommunikation1.2 Das ICE-Modell – Definition, Evidenz und Rahmenbedingungen1.2.1 Ideas1.2.2 Concerns1.2.3 Expectations

 2 Arzt-Patient-Kommunikation – Grundbegriffe, Definitionen und Dimensionen2.1 Kommunikation – eine (kurze) Begriffsbestimmung2.1.1 Was ist ein Gespräch?2.1.2 Charakteristik und Typologie ärztlicher Gespräche2.2 Gesprächsinteraktive Besonderheiten in der Arzt-Patient-Kommunikation2.2.1 Institutionelle Rahmenbedingungen2.2.2 Asymmetrien und Informationsinteressen2.3 Ärztliche Gesprächsführung in der universitären Lehre2.4 Berufs- und gesundheitspolitische Bewertung von Arzt-Patient-Kommunikation2.4.1 Stellenwert der Arzt-Patient-Kommunikation aus berufspolitischer Sicht2.4.2 Gesundheitspolitische Rahmenbedingungen2.5 Gesundheitsökonomische Bewertung von Arzt-Patient-Kommunikation

 3 Das ICE-Modell in der Arzt-Patient-Kommunikation3.1 Das ICE-Modell in der Forschung – ein systematischer Überblick3.2 Funktionale Einbindung des ICE-Modells in Arzt-Patient-Gespräche3.3 Kognitionswissenschaftliche Einordnung des ICE-Modells3.3.1 Subjektive Theorien in der Krankheitsbewältigung3.3.2 ICE-Elemente und das Common-Sense Model of Illness-Representation3.3.3 ICE und Framing – ein kognitionslinguistischer Zugang zum Modell

  4 Anwendung des ICE-Modells – Modellierung eines patientenzentrierten Kommunikationsmodells

  5 Schlussbetrachtung

  Literaturverzeichnis

Vorwort – oder: Warum dieses Buch?

Das ärztliche Gespräch gerät nicht erst mit dem gesellschaftspolitischen Ruf nach Stärkung der Patientenautonomie und den sich verändernden Rollenvorstellungen im Zeitalter der Digitalisierung in den Fokus. Vielmehr erlebt dieses Thema gegenwärtig eine Art Renaissance. Antike Zeugnisse belegen, dass die Vorstellung von Heilung seit jeher eng verwoben ist mit einer Gesprächsführung, die den Patienten und dessen Bedürfnisse in den Mittelpunkt rückt. Erst der medizinisch-technische Fortschritt im 19. und 20. Jahrhundert bewirkte eine Abkehr von diesen traditionellen Vorstellungen und versetzte den Patienten in eine passive Rolle. Damit scheint es heute vorbei zu sein. Patientenverbände, Politiker und auch viele Mediziner fordern einen Paradigmenwechsel, infolge dessen das Gespräch zur zentralen Schaltstelle für jegliches ärztliches Handeln – und damit zugleich zur Gelingensbedingung – wird.

Doch wie genau soll dieser Paradigmenwechsel aussehen? Wohin entwickelt sich unsere Gesellschaft in Zeiten des Internets und der damit verbundenen informellen Selbstbestimmung, des Fitness- und Gesundheits-Booms, der gesundheitlichen Aufklärung im Kindergarten und dem Trend nach gesunder Ernährung? Welche Rollen spielen Ärzte in einer Zukunft, in der Patienten die Verantwortung für ihre Gesundheit zunehmend selbst in die Hand nehmen sollen und wollen? Eine Zukunft, in der Behandlungen ausgehandelt werden? Wie funktioniert ein System, in dem Patienten als gleichberechtigte Partner im Behandlungsprozess gehört werden wollen? Ein System, in dem Patienten als Experten für ihre eigene Gesundheit auftreten? Vor welchen Herausforderungen stehen Ärzte in einer Gesellschaft, in der Patienten neben ihrer Krankenkassenkarte immer häufiger auch Wissen, Vorstellungen und Erwartungshaltungen mitbringen?

Klar ist, mit den traditionellen Rollenmodellen des 19. Jahrhunderts ist eine solche Zukunft nicht zu bewältigen. Ärzte als Experten, Patienten als Laien – dieses Modell ist kaum tragfähig für eine Zukunft, in der Patienten eine zentrale Rolle einnehmen werden. Patienten wollen und sollen gehört werden. Der Rahmen, in dem dies geschehen kann, ist das Gespräch. Daher ist es nicht verwunderlich, dass dem Gespräch zwischen Patienten und Ärzten in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen in den letzten Jahrzehnten eine immer breiter werdende Aufmerksamkeit zu Teil wird. Mediziner, Soziologen, Psychologen, Linguisten (und neuerdings sogar Juristen und sehr vereinzelt Ökonomen) beschäftigen sich mit der Frage, wie das Gespräch zwischen Ärzten und Patienten im Idealfall ausgestaltet sein sollte.

So sehr das Interesse der Disziplinen am Gespräch verständlich (und aus Patientensicht erfreulich) ist, so sehr erstaunt jedoch die nahezu durchweg gleiche, einseitige Perspektivierung. Diese Feststellung betrifft (nicht nur, aber) vor allem die Linguistik. Studien, die hier seit den 1980er Jahren sehr zahlreich vorliegen, rücken nahezu immer den Arzt und dessen kommunikative Strategien ins Licht der Betrachtung. Als Forschungsfeld ist die Arzt-Patient-Kommunikation etabliert, nicht etwa die Patient-Arzt-Kommunikation. Auch dieses Buch, das sich über die Beschreibung des ICE-Konzepts dem Themenfeld ausdrücklich patientenorientiert zuwendet, schließt sich mit seiner Titelgebung dieser Tradition an. Der Grund dafür ist trivial: Der Terminus Arzt-Patienten-Kommunikation ist in dieser Konstruktion so geläufig, dass Suchmaschinen solche Publikationen, die diesen Titel tragen, treffsicherer finden als Bücher oder Aufsätze, die mit Patient-Arzt-Kommunikation betitelt sind.1

Jedoch lässt sich anhand dieser vermeintlich beiläufigen und beliebigen Betitelung der zahlreichen Monografien und Aufsätze weit mehr ablesen als ein bloßes Label – nämlich eine Haltung. Beide lexikalischen Konstruktionen, sowohl der Terminus Arzt-Patient-Kommunikation als auch die Wortverbindung Patient-Arzt-Kommunikation, evozieren die Vorstellung von Unidirektionalität in der Interaktion (Arzt-zu-Patient bzw. Patient-zu-Arzt), sie sind daher beide eher unglücklich. Wie viel passender wäre es, künftig von einer Arzt-und-Patient-Kommunikation zu sprechen? Gerade unter den sich verändernden Vorzeichen wäre sprachliche Genauigkeit wünschenswert. Vielleicht würde dies dazu führen, den Patienten auch in der Forschung stärker zu gewichten. Einen ersten, möglichst großen Schritt in diese Richtung möchte ich mit der vorliegenden Veröffentlichung gehen.

Wenn man sich die gegenwärtige kommunikative Praxis ansieht, ist die Vorstellung von einer unidirektionalen Kommunikation, die vom Arzt ausgeht, nicht ganz falsch. Noch immer sind Gespräche zwischen Ärzten und Patienten eher an somatischen Fakten als an subjektiven Theorien orientiert. Sie zeigen sich oftmals in ihrem Kern als stark disease-orientierte Gespräche. Auch mit Blick auf die Forschung zu diesem Thema stellt man fest, dass es sich kommunikativ um eine Einbahnstraße zu handeln scheint. Forscher blicken mit den ihnen jeweils eigenen Interessen und Methoden beispielsweise auf das Frageverhalten von Ärzten, typologisieren Fragehandlungen, analysieren Redeanteile und Sprecherwechsel, entwickeln Phasenmodelle oder skizzieren funktionale Ritualisierungen – fast immer ausgehend von den kommunikativen Bedürfnissen des Arztes.

Diese terminologische Einschränkung der Handlungsrichtung (Arzt → Patient) und die mit ihr verbundene Perspektivierung sind möglicherweise zwei der Gründe, warum die Patientenperspektive deutlich weniger gut erforscht ist als die Arztperspektive. Wenig ist bekannt darüber, wie Patienten Gespräche eröffnen oder beenden, wie ihr Frageverhalten strukturiert ist oder durch welche Strategien es ihnen gelingt, die ihnen wichtigen Gesprächsinhalte zu platzieren. Und eine Frage ist bislang – zumindest in der deutschsprachigen Literatur zu Patient-Arzt-Gesprächen – noch kaum beantwortet: Welche Inhalte sind das überhaupt, die zusammen genommen die Patientenperspektive ausformen?

Dieser Befund lässt sich auch auf die Schulung kommunikativer Kompetenzen im Medizinstudium übertragen: Im Kern geht es auch hier meist darum, was Ärzte wann, wie und in welcher Reihenfolge mit welchen Techniken tun sollen, wenn sie kommunizieren. Dass Ärzte im Gespräch (vor allem in der Phase der Informationsakquise) aktiv zuhören sollen, ist mittlerweile selbst denjenigen bekannt, die gar nicht so genau wissen, was sich hinter dem Aktiven Zuhören nach Carl Rogers überhaupt verbirgt. Zuhören scheint in der Kommunikation mit Patienten der Universalschlüssel zum Erfolg zu sein. Wenn ich Ärztinnen und Ärzte danach frage, worauf es im Gespräch am meisten ankommt, gehört Zuhören zu den häufigsten Antworten. Und tatsächlich: Zuhören ist wichtig. Aber: Auf was genau sollen Ärzte denn hören, wenn sie zuhören? Geht es nicht eigentlich um das richtige Hinhören?

 

Hier stellt sich zugleich die Frage nach der „richtigen“ Perspektive. Das Zauberwort lautet: Perspektivwechsel. Das Postulat der Ganzheitlichkeit in der medizinischen Diagnose und Behandlung erfordert, dass Ärzte neben ihrer eigenen auch die Patientenperspektive einnehmen. Doch das klingt einfacher als es ist. Die sogenannte biomedizinische Perspektive bereitet Ärzten in der Praxis keine Schwierigkeiten. Die richtigen Fragen zu stellen und genau Zuzuhören, wie Patienten welche Symptome schildern, lernen Ärzte schon früh im Studium. Aber welche Inhalte verbergen sich eigentlich hinter der (weitgehend unerforschten) Patientenperspektive? Worauf müssen Ärzte hören, wenn sie diese Perspektive berücksichtigen wollen? Und warum müssen sie diese Perspektive überhaupt berücksichtigen? Welchen Einfluss haben patientenseitige Vorstellungen, Ängste oder Erwartungen auf den Behandlungsprozess? Solche Fragen sind wenig bis gar nicht systematisch erforscht. Dabei sind Antworten darauf dringend notwendig. Denn: Wenn Ärzte nicht wissen, was sie hören sollen, dann ist es auch nicht sinnvoll ihnen zu vorzuschreiben, dass sie zuhören müssen.

Diesem Thema widmet sich dieses Buch auf der Folie unterschiedlicher Überlegungen und methodischer Zugriffe, die den Patienten und dessen subjektive Theorien in den Blick nehmen. Neben der Vorstellung und Besprechung des in Deutschland noch weitgehend unbekannten ICE-Modells auf der Grundlage allgemeiner und spezieller Überlegungen zum ärztlichen Gespräch haben auch weitere Gedanken und Analysen zur patientenseitigen Beteiligung im Kommunikationsprozess Eingang gefunden. Ich selbst verstehe die damit vorliegenden Untersuchungen als einen kaleidoskopischen Blick auf eine Dimension ärztlicher Gespräche ohne jeden Anspruch an Vollständigkeit oder an methodische Stringenz, wie sie für linguistische Studien ansonsten geboten ist. Durch die Fokussierung auf einen Gegenstandsbereich, der in vielfältiger Weise benachbarte und (auf den ersten Blick weiter entfernte) Disziplinen berührt, tritt die eigene Disziplin (im doppelten Wortsinn) hinter das allgemeine Erkenntnisinteresse zurück. Mein Ziel ist es, dass Leserinnen und Leser möglichst vieler Fachrichtungen dieses Buch mit Gewinn lesen können. Dazu war es nötig, an Stellen zu simplifizieren und zu kürzen, an denen unter methodischen und fachwissenschaftlichen Gesichtspunkten in einer linguistischen Arbeit nicht vereinfacht oder verkürzt werden darf. Dass ich es dennoch getan habe, öffnet den Gegenstand für einen größeren Interessentenkreis. Gerade Themen, die von praktischem Nutzen und hohem Wert weit außerhalb der eigenen wissenschaftlichen Disziplin sein können, dürfen m.E. nicht durch die fachwissenschaftliche Brille in einer Weise verzerrt werden, dass Erkenntnisse für Fachfremde an Kontur und damit an Zweckdienlichkeit verlieren.

Entstanden ist diese Überblicksarbeit im Kontext mehrerer Seminare zur Medizinischen Kommunikation an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf in den Jahren 2015 bis 2019. Auch Ergebnisse studentischer Arbeiten sind in dieses Manuskript eingeflossen. Teile der hier vorliegenden kondensierten Zusammenstellung gesundheits-, kommunikationswissenschaftlicher und linguistischer Betrachtungen hat der Verfasser im Jahr 2018 an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg als Postgraduierten-Masterthesis im Studiengang Gesundheitsmanagement eingereicht.

Dieses Buch richtet sich aufgrund seiner Vielschichtigkeit an Studierende und Lehrende aller Fachbereiche, die mit dem Themenfeld Kommunikation im medizinischen Kontext befasst sind sowie an Ärztinnen und Ärzte, die hierüber ein tieferes Verständnis für patientenseitige Vorstellungen, Ängste und Erwartungen gewinnen möchten. Die Leserinnen und Leser möchte ich darum bitten, durchaus kritisch mit den hier skizzierten Überlegungen ins Gericht zu gehen und den Diskurs auf diese Weise zu befeuern. Im Idealfall regt dieses Buch zu weiterer Forschung an, die sich von der bisherigen Fokussierung auf die Arztperspektive löst. Nur auf diese Weise kann es gelingen, das Themenfeld Arzt-und-Patient-Kommunikation auch künftig auf ein breites wissenschaftliches Fundament zu stellen.

Der Beitrag, den ich mit diesem Buch zur besseren Sichtbarkeit der Patientenperspektive leisten möchte, mag gültig sein. Die Beurteilung seiner Gültigkeit in der medizinischen Praxis steht mir als Fachfremdem nicht zu. Jedenfalls aber ist er nicht endgültig. Das Themengebiet Arzt-Patient-Kommunikation ist noch nicht hinreichend kartographiert. Ich hoffe aber, dass dieser Beitrag besonders dort Beachtung findet, wo er unmittelbar eine Wirkung entfalten kann: bei – im wörtlichen Sinne – gesprächsbereiten Medizinerinnen und Medizinern ebenso wie bei Kolleginnen und Kollegen aus der Zunft der Linguisten, die ihren Blick für Interdisziplinäres weiten mögen. In beide Richtungen wende ich mich vor allem an die Jungen: Den eigenen, ganz persönlichen Horizont genauso zu öffnen wie den fachwissenschaftlichen Rahmen, gehört zu den Pflichten all derer, die direkt oder indirekt an der Versorgung von Menschen teilhaben. Wenn es die Linguistik im Schulterschluss mit der Medizin schaffen kann, die menschlichen Bedürfnisse den medizinischen Möglichkeiten gewissermaßen auf Augenhöhe gegenüberzustellen, gewinnen die Fachwissenschaften weiter an Bedeutung – als unverzichtbare Steuerungsinstanzen innerhalb einer auf Autonomie und Diskurs basierenden Gesellschaft.

Selbstverständlich sind neben der Autorin oder dem Autor immer auch zahlreiche andere Menschen am Werden und Gelingen eines Buches beteiligt. Auch dieses Buch wäre Idee geblieben, wenn nicht andere seinen Wert und Nutzen erkannt und mich nach Kräften unterstützt hätte. Ihnen möchte ich an dieser Stelle meinen Dank aussprechen.

Als Linguist mit starker Hinwendung zu anwendungsbezogenen, interdisziplinären Fragestellungen und Forschungsinteressen bin ich dankbar dafür, dass ich an der Heinrich-Heine-Universität den nötigen Raum und den organisatorischen Rahmen finde, Projekte wie dieses Buch umsetzten zu können. Ich danke Herrn Univ.-Prof. i.R. Dr. Dietrich Busse und seinem Nachfolger Herrn Univ.-Prof. Dr. Alexander Ziem (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf) für die Freiheit, das Forschungsfeld Medizinische Kommunikation am Lehrstuhl für Germanistische Sprachwissenschaft in Düsseldorf selbstständig bestellen zu können. Dass die Düsseldorfer Germanistische Sprachwissenschaft mittlerweile das Thema Medizinische Kommunikation als Forschungsschwerpunkt etabliert und über die Stadtgrenzen hinaus bekannt gemacht hat, ist insbesondere ihrer Offenheit und ihrem Interesse für dieses spannende und zukunftsfähige Forschungsgebiet zu verdanken.

Herrn Univ.-Prof. Dr. Oliver Schöffski (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg) danke ich für die Anregung zu diesem Thema im Rahmen meines eigenen Postgraduierten-Masterstudiums. Frau Dr. Anke Peters (Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn) gilt mein Dank für das gewissenhafte Lektorat und meiner (leider ehemaligen) Mitarbeiterin Frau Julia Riedel danke ich für sorgfältige Recherchen, die ich selbst zeitlich nicht hätte leisten können. Den Herausgebern der Reihe Kommunizieren im Beruf. Fachwissenschaftliche und fachdidaktische Perspektiven, Frau Prof. Dr. Kirsten Schindler, Herrn Prof. Dr. Christian Efing und Herrn Prof. Dr. Thorsten Roelcke, danke ich für die Aufnahme dieses Buches in ihre Schriftenreihe. Zugleich gilt mein Dank Herrn Bub vom Narr-Verlag für die professionelle Unterstützung – nicht nur bei diesem Projekt, sondern auch in der Vergangenheit. Dem Narr-Verlag bin ich als Autor eng verbunden.

Fachliche, ideelle und organisatorische Unterstützung allein reicht noch nicht aus, um aus einer Idee ein fertiges Buch werden zu lassen. Ohne die äußerst großzügige finanzielle Unterstützung durch die Anton-Betz-Stiftung der Rheinischen Post hätte dieses Buch nicht entstehen können. Daher möchte ich mich insbesondere bei Frau Dr. Esther Betz, der Ehrensenatorin der Heinrich-Heine-Universität, bedanken, die als Fürsprecherin sprachwissenschaftlicher Projekte im Speziellen und geisteswissenschaftlicher Forschung im Allgemeinen bereits eines meiner früheren Buchprojekte zur Medizinischen Kommunikation interessiert begleitet und unterstützt hat.

Danken möchte ich nicht zuletzt auch den Studierenden in meinen Bachelor- und Masterforschungsseminaren, deren Fragen, Diskussionen und frische Gedanken den Prozess des Schreibens äußerst positiv beeinflusst haben. Besonders freue ich mich darauf, auf der Grundlage dieses Buches auch in Zukunft intensiv mit Euch und Ihnen diskutieren zu können.

Düsseldorf, im Frühjahr 2020 Sascha Bechmann

1 Einleitung – das Jahrhundert des Patienten

Jetzt brauchen wir eine dritte Revolution des Gesundheitswesens. […] Sie sollte das 21. Jahrhundert in ein Jahrhundert des Patienten verwandeln […]. Staatsbürger haben das Recht, die grundlegenden Tatsachen zu kennen, und […] Entscheidungen über ihre Gesundheit auf der Grundlage der besten verfügbaren Evidenz zu treffen. […] Das Jahrhundert des Patienten wird mehr Möglichkeiten umfassen, den Patienten aus einem Problem in eine Problemlösung zu verwandeln.1

Wenn Gigerenzer und Gray das 21. Jahrhundert wie selbstverständlich zum „Jahrhundert des Patienten“ erklären, stellen sich zwei Fragen. Erstens: Warum rückt der Patient neuerdings ins Zentrum der Betrachtung und verdrängt oder ergänzt zumindest die bislang geltende Vorstellung von der dominierenden Rolle des Arztes in nahezu allen, also auch in kommunikativen Aspekten? Und zweitens: Mit welchen Argumenten wird eine solche Verschiebung von historisch gewachsenen und sozial gelernten Rollen begründet? Mit anderen Worten: Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse liegen der Aufwertung der Patientenrolle im Konzept der Krankheitsbewältigung zu Grunde? Wodurch ist die Forderung nach einer Auflösung der bisherigen Rollenasymmetrie zwischen Patient und Arzt begründet? Und auf welche Weise kann dies überhaupt gelingen?

Neben diese speziellen Fragen drängt sich eine allgemeinere: Welchen Einfluss hat die von Gigerenzer und Gray skizzierte Entwicklung auf das Gesundheits- bzw. Krankheitsverhalten, auf die Arztrolle und auf das Selbstverständnis von Patienten sowie auf die Arzt-Patient-Interaktion generell?

All das sind Fragen und Aspekte mit denen sich gegenwärtige nicht nur sozioanthropologische, sondern auch linguistische und natürlich medizinische Untersuchungen auseinandersetzen, wie ein Blick in die Forschungsliteratur zeigt. Den Ansatzpunkt für diese Auseinandersetzungen bildet die (kommunikative) Praxis. In den Fokus rückt hier das wohl wichtigste Element der Arzt-Patient-Interaktion: das Gespräch. Dass insbesondere die Linguistik mit ihren eigenen Untersuchungsmethoden und ihren fachspezifischen Zugriffsmöglichkeiten auf den Gegenstand „Gespräch“ im Konzert der Disziplinen eine Schlüsselrolle einnimmt, ist aus der Forschungspraxis heraus evident. Diese Rolle wird auch in der Zukunft in dem Maße weiter verfestigt, in dem das Bewusstsein für die Notwendigkeiten der Veränderung im kommunikativen Handeln von Ärztinnen und Ärzten2 zunimmt. Wenn die kommunikative Praxis künftig den Dialog über den funktionalen Akt der Informationsakquise stellt, werden Studien, die das Gespräch als zentrales Element kommunikativen Handelns weiter systematisch in den Blick nehmen, notwendig werden.3 Nicht zuletzt wird damit für die Zukunft ein Umdenken in den medizinisch-soziologischen Disziplinen notwendig, die den Schulterschluss mit den sprach- und kommunikationswissenschaftlichen Fächern suchen müssen. Auch die Linguistik ist gefordert, sich ein Stück weit für Probleme mit konkreten Handlungs- und Anwendungsbezügen zu öffnen, was diesem Fach aufgrund seiner unklaren Position zwischen den Naturwissenschaften und den Geisteswissenschaften erfahrungsgemäß nicht leicht fällt. Einen Vorstoß in diese Richtung wagt die vorliegende Untersuchung, die sich bewusst nicht (oder nicht nur) als linguistische Studie versteht, sondern stattdessen versucht, interdisziplinäre Bezüge herzustellen, um das Phänomen möglichst ganzheitlich betrachten zu können.