Hineni – Hier bin ich!

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Hineni – Hier bin ich!
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Ruthmarie Moldenhauer

Hineni – Hier bin ich!

Dem EINEN vertrauen, der ruft

GloryWorld-Medien

1. Auflage 2020

© 2020 Ruthmarie Moldenhauer

© 2020 GloryWorld-Medien, Xanten, Germany, www.gloryworld.de

Alle Rechte vorbehalten

Bibelzitate sind, falls nicht anders gekennzeichnet, der Elberfelder Bibel, Revidierte Fassung von 2017 entnommen. Weitere Bibelübersetzungen:

SLT: Schlachter 2000

ZÜR: Die Zürcher Bibel (Ausgabe 2007)

Das Buch folgt den Regeln der Deutschen Rechtschreibreform. Die Bibelzitate wurden diesen Rechtschreibregeln angepasst.

Lektorat: Klaudia Wagner

Satz: Manfred Mayer

Umschlaggestaltung: Kerstin & Karl Gerd Striepecke, www.vision-c.de

Foto: Adobe Stock

ISBN (epub): 978-3-95578-460-7

ISBN (Druck): 978-3-95578-360-0

Inhalt

Prolog

1 Weg

2 Abraham

3 Mose

4 Josua

5 Elia

6 Nehemia

7 Maria

8 Petrus

9 Apostelgeschichte

Epilog

Danke

Widmung

Über die Autorin

Für Dirk

So

train your heart to listen when I speak

and open your spirit wide to expand your discernment –

then pass it on to your sons and daughters.

Yes, cry out for comprehension and intercede for insight.

For if you keep seeking it like a man would seek

for sterling silver,

searching in hidden places for cherished treasure,

then you will discover the fear of the Lord

and find the true knowledge of God1

1 Sprüche 2,2-5 in der englischen Bibelübersetzung The Passion Translation. („Trainiere also dein Herz, zuzuhören, wenn ich spreche, und öffne deinen Geist weit, um dein Urteilsvermögen zu erweitern. Dann gib es an deine Söhne und Töchter weiter. Ja, rufe zu mir um Erkenntnis und bitte um Einsicht, denn wenn du weiter danach suchst, wie ein Mann, der nach Silber und an verborgenen Orten nach Schätzen sucht, wirst du die Furcht des Herrn entdecken und die wahre Erkenntnis Gottes finden.“)

Prolog
Jetzt ist die Zeit.
Gott bereitet den Weg.
Glaube ist im Jetzt.

Diese Worte kamen mir eines Morgens in den Sinn. Seit Wochen hatte ich eine große Unruhe in mir. Es war eine Unruhe über mein Schreiben. Nach dem „Weiten Land“ war mir immer wieder gesagt worden, ich solle weiterschreiben. Meine Reaktion darauf war sehr verhalten gewesen, da ich mich wie ausgeleert fühlte. Eine weise Stimme meinte, schreib weiter, aber erst, wenn es der Heilige Geist dir sagt.

Seitdem hatte ich auf meinem Blog weitergeschrieben, auf Instagram gepostet und vereinzelt Gedanken aufgeschrieben, die kamen, während ich die Bibel las. Mein Geist war so angefüllt, aber auch so unruhig, dass ich in diese Fülle keine rechte Ordnung hineinbringen konnte.

Dann hörte ich eine Lehre, in der Worship-Leiter über das Schreiben von Liedern sprachen. Es gehe darum, aus dem eigenen Herzen zu schreiben und nicht auf das zu schauen, was Menschen lieben, sondern auf das, was Gott ins eigene Herz gelegt hat. Die eigene Geschichte mit Gott. Und oftmals werden diese Lieder zu prophetischen Liedern, da sie immer auch von Dingen reden, die Gott tun möchte.

Dadurch ermutigt entstand eines Morgens ein Bild für dieses Buch in mir; es wurde ein Gebet daraus; und in dem Moment bekam ich eine Ermutigung durch einen Buchausschnitt. Darin hieß es:

It’s time to write and release

what God has given to you.

It’ s time to put the pen on the page.1

Daraufhin klappte ich mein Tablet auf, nahm meine Bibel und mein Schreibheft und begann.

Ich erinnere mich, dass mich schon als Kind die Geschichten der Bibel fesselten. Als Jugendliche las ich dann die Erzählungen über Männer und Frauen, die für und mit Gott unterwegs waren. Heute denke ich mehr denn je über diese große Geschichte Gottes mit den Menschen, mit dieser Welt nach, und bin immer wieder davon fasziniert, wie er in jedem Detail zu finden ist.

Für dieses Buch leiteten mich die Fragen: Wie führt Gott Menschen? Wie zeigt er sich darin? Was wird er den Menschen auf diesem Weg? Und was verändert sich dadurch in ihnen?

Als Gott Moses Sehnsucht beantwortete, sein Angesicht zu sehen, ließ er ihn seine Güte sehen. Offenbarung über die Güte Gottes verändert unser Leben. Offenbarung über Gottes Wesen bringt uns auf den Weg und hilft uns zu vertrauen, wenn Gott sagt: Folge mir!

1 Jetzt ist die Zeit, um zu schreiben und freizusetzen, was Gott dir gegeben hat.

Jetzt ist die Zeit, die Feder zu schwingen.

1 Weg
Der Weg

Folge mir nach! (Mt 9,9). So sprach Jesus, als er seine Jünger rief.

Ein amerikanischer Pastor erzählte von einer Vision, die Gott ihm vor zehn Jahren gezeigt hatte. Sie kam ihm wieder in den Sinn, als Gott ihn einige Male morgens mit dem Wort Vorsehung erwachen ließ. Da es kein Wort seines alltäglichen Sprachgebrauchs war, wurde er hellhörig und erinnerte sich an diese Vision:

Gott ist zielstrebig auf einem Weg unterwegs. Es gibt Leute, die sich ihm wie Verteidiger in einem Football-Spiel entgegenstellen. Doch er packt sie einfach und wirft sie zur Seite wie Stoffpuppen. Und dann steht er vor diesem Pastor, der ihm ebenfalls Widerstand leisten will, aber Gott schaut ihm direkt in die Augen und sagt: „Geh mir aus dem Weg! Geh mir aus dem Weg!“ Der Pastor überlegt noch, aber als Gott nach seinem Arm greift, springt er schnell zur Seite. Beim Vorbeigehen sagt Gott dann nur: „Folge!“

Für diesen Pastor begann damals eine Zeit, in der er einfach Gott ohne Widerrede, ohne Frage folgte. Er tat, was Gott zeigte, und ging, wohin Gott ihm sagte.1

Er hatte gelernt, dass Gott, der uns einen freien Willen gegeben hat, diesen auch respektiert und liebt, sogar bis in den Tod hinein. Doch neben diesem freien Willen gibt es Zeiten, in denen Gott vorausgeht und schlicht und einfach sagt: Folge mir! Wenn du das dann tust, kannst du seine Macht und Herrschaft erleben.

Wir wissen nicht genau, an welchem Punkt in der Weltgeschichte – in Gottes Geschichte mit dieser Welt – wir gerade stehen. In dieser Zeit fasziniert es mich, von geistlichen Leitern in Online-Meetings mithineingenommen zu werden, wo sie die Dinge teilen, die Gott in ihre Herzen spricht oder die er schon vor Monaten gesprochen hat. Das verschafft einen geistlichen Blick über das eigene Leben hinaus und öffnet eine größere Dimension. Es gibt Einblicke in die Menschengeschichte aus Gottes Perspektive heraus.

In der oben geschilderten Vision nimmt Gott den Weg, die Geschichte des Menschen, in die Hand. In Zeiten der Unsicherheit und des Fragens gibt es nichts Besseres als zu wissen: Da ist jemand viel Größeres – und er hat die Welt in seiner Hand.

Als Kind war ich mit meinem Vater viel unterwegs. Egal ob es darum ging, durch die Landschaft zu fahren oder in den Bergen unterwegs zu sein, mein Vater hatte Unmengen von Landkarten und legte sie vorher auf den Tisch, um sich die Route anzuschauen. Das hat in mir nicht nur eine Liebe für Landkarten geweckt, sondern mir darüber hinaus noch viel mehr die Gewissheit gegeben: Mein Vater weiß den Weg. Darauf kann ich mich verlassen. Selbst wenn wir plötzlich auf einem fremden Weg stehen – er weiß, die Karte zu lesen. Ihm vertraue ich!

Wieviel mehr weiß Gott die Karte dieser Weltgeschichte zu lesen – er, der Schöpfer aller Dinge. Er, der diese Geschichte mitgestaltet. Er kann immer, auch dort wo wir Umwege gegangen sind, auf den Weg zurückführen, den er leiten möchte. Und er hat einen Plan für diese Welt, der auch durch einen Virus nicht zu erschüttern ist.

Gerade in Krisenzeiten, in denen Fragen und Zweifel unser Leben durcheinanderbringen, besteht die Gefahr, dass sich auch Lügen über Gott mit einschleichen. Unsere Befindlichkeit löst dieses Denken aus, das Fragen und Zweifel mit sich bringt. Sie können eine Realität erschaffen, und so geraten wir tatsächlich mitunter auch in das, was wir gesprochen, was wir geglaubt haben. Es verfestigt sich und hält uns bei dem fest, was wir erleben oder sehen. Gleichzeitig raubt es uns den Blick auf die geistliche Welt und damit auf die Wahrheit Gottes und sein Wort.

 

Ich möchte hören, aufhorchen, wenn Männer und Frauen Gottes sprechen, wenn sie das aussprechen, was Gott ihnen gegeben hat. Ich möchte von der Weisheit geistlicher Väter und Mütter lernen. Dabei schaue ich zuallererst auf die Väter und Mütter, die uns vorausgegangen sind: die Glaubensmenschen der Bibel. Sie waren genauso fehlbar wie ich, aber sie gingen ihren Weg beharrlich, ließen sich von Gottes Augen leiten, stolperten, standen auf und wuchsen gleichzeitig in ihrer Geschichte zu Gott hin. Ich liebe diese Geschichten und möchte dich mit hineinnehmen in das, was sie uns lehren, und wie Gott darin groß wird.

Die Stimme

Und sie hörten die Stimme Gottes, des Herrn, der im Garten wandelte bei der Kühle des Tages (1 Mo 3,8).

Jüdische Rabbiner beschreiben das Studieren der Bibel mit einem Garten, denn eines der hebräischen Wörter für Garten ist das Wort pardes. Es beinhaltet vier unterschiedliche Arten, wie man die Bibel lesen kann. Zum einen das normale Verstehen, während man das Wort liest. Dann gibt es weiter ein Verstehen, das über die wörtliche Bedeutung hinausgeht. Es liest und versteht auch die Symbolik dahinter. In der dritten Bedeutung geht es um ein tieferes Verstehen. Es ist das, was wir im Zusammenhang mit anderen Geschichten sehen können. Und zuletzt das Verstehen, das Gott gibt und welches immer über das natürliche Verstehen hinausgeht. Die vier Anfangsbuchstaben der hebräischen Worte dafür ergeben das Wort PRDS bzw. pardes, da im Hebräischen die Selbstlaute nicht geschrieben werden. Damit sprechen sie dem Studieren der Schrift die Bedeutung eines Gartens zu.2

Wenn du das Wort Gottes liest, ist es, als gingest du mit Gott durch einen Garten. So wie er damals in Eden war, so spazierst du mit ihm durch den Garten, während er in seinem Wort nach dir ruft.

Als ich das las, hat es mich sehr berührt, da es meinem Erleben entspricht, wenn ich die Bibel lese. Tatsächlich fühlt es sich oft an wie ein Spaziergang mit Gott, mit Jesus, mit dem Heiligen Geist. Und es ist meine Lieblingsstimme (wie eine Freundin es dieser Tage beschrieb), die ich auf diesen Spaziergängen hören kann.

Während ich mein Buch Weites Land schrieb, kam es mir vor, als wäre ich auf einem Spaziergang durch meine Geschichte. Dabei ging es gar nicht so sehr um das Erzählen meiner Vergangenheit als vielmehr darum, die Leser mit hineinzunehmen in die Geschichte Gottes mit den Menschen – in diesem Fall mit mir. Das Buch sollte von der Güte des Vaters erzählen. Es sollte einen Raum schaffen für eine Begegnung mit Gott. Meine eigene Vertrautheit, Innigkeit, Freundschaft mit Gott war die Basis dafür. Gottes Geschichte mit mir sollte ein Zeugnis seiner Liebe sein. Meine Sehnsucht, Menschen an dieser Vertrautheit und Innigkeit teilhaben zu lassen, ist nach wie vor groß.

Ich selbst liebe Herzensbücher. Damit meine ich nicht Romane, sondern Bücher, die am Herzen Gottes entstanden sind und dadurch Offenbarungen und Erkenntnisse hervorbringen, die der Heilige Geist, der gesandt ist, uns in allem zu lehren, in unsere Herzen hineingelegt hat. Herzensbücher, weil sie vom Herzen Gottes erzählen. Und so werden sie Herzen berühren, die die Sehnsucht nach seinem Herzen kennen. Sie stoßen dort auf Resonanz, wo Sehnsucht in Menschen ist, denn es sind Bücher für die Hungrigen, und sie sollen in Menschen den Hunger nach Gott entfachen.

Bei meiner ersten Lesung kam die Frage auf, wie man in die Innigkeit, die Intimität mit Gott hineinkommt. Was es gewesen sei, das mich dorthin gebracht habe. Meine Antwort damals war: Sehnsucht. Die Sehnsucht hatte mich dorthin gebracht. Meine Sehnsucht nach mehr von Gott. Nach Unmittelbarkeit mit Gott. Meine Sehnsucht danach, seine Stimme zu hören und als die Lieblingsstimme zu entdecken. In meinem Herzen gab es eine Ahnung von dem Mehr, das es gibt.

In einem meiner Lieblingsverse der Bibel heißt es: Denn die Augen des Herrn durchstreifen die ganze Erde, um sich mächtig zu erweisen an denen, deren Herz ungeteilt auf ihn gerichtet ist (2 Chr 16,9 SLT).

Dort, wo Gottes Sehnsucht und die meine aufeinandertreffen, ist der Ort der Innigkeit, der Intimität. Dort ist der Ort, wo mein Herz zur Ruhe kommen kann, weil es Ruhe findet in ihm. Das ist der Ort, um den David bittet:

Eines erbitte ich von dem Herrn, nach diesem will ich trachten: dass ich bleiben darf im Hause des Herrn mein ganzes Leben lang, um die Lieblichkeit des Herrn zu schauen und ihn zu suchen in seinem Tempel (Ps 27,4 SLT).

Debora Sommer schreibt: „Unsere tiefsten Sehnsüchte können zum Ort einer heiligen und intimen Verbindung mit dem lebendigen Gott werden!“3

Unsere Sehnsucht ist eines der stärksten Gefühle. Sie hat so viel Kraft – doch es ist immer die Frage, wohin lenken wir sie, und wohin lassen wir uns ziehen. Kann sie dort auf Gottes Sehnsucht treffen?

Im Weiten Land schrieb ich davon, dass Gottes Sehnsucht nach Freundschaft und Intimität wie ein Wind über diese Erde weht und uns hungrig macht, ihn zu finden. So sprechen wir auch davon, dass wir Hunger oder Durst nach Gott haben. Und die Antwort Gottes darauf ist Jesus, der sagt: Ich bin das Brot des Lebens. Ich bin das lebendige Wasser. Und wenn du dorthin kommst, gesättigt wirst, dein Durst gestillt wird, dann wirst du selbst zu einer Quelle für andere.

Die Gottesfurcht

Nach dem Erscheinen von Weites Land erlebte ich drei ganz starke Gefühle in mir. Da gab es einmal eine sehr große Dankbarkeit darüber, dass es nun geworden war. Mein Beten und Bitten, meine Wüstenwartezeit waren zu Ende gegangen. Damit verbunden war das zweite Gefühl – ein Gefühl der Leere. Das fühlte sich sehr komisch an, und während ich Gott fragte, was das bedeute, hatte ich den Eindruck, dass ich den Grund verloren hatte, Gott zu suchen. Monatelang war ich immer wieder mit der Bitte in die Verborgenheit gegangen, dass Gottes Wort, sein Auftrag sich erfülle. Danach hatte ich angefangen, Lobopfer zu bringen, d. h. ich begann dafür zu danken, dass er sein Wort werden lassen würde. Da er es gesprochen hatte, musste es werden – aber ich wusste nicht wann und hatte nur meinen Glauben als Gewissheit. Dieser Grund war nun nicht mehr gegeben, diese Bedürftigkeit gab es nicht mehr. Und ich musste neu lernen, Gott wieder um seiner selbst willen zu suchen.

Das dritte und sehr starke war ein Gefühl von Ehrfurcht. Ehrfurcht vor diesem großen Gott, der, wenn er spricht, es geschehen lässt. Dieser Gott, der zu mir gesprochen hatte, so klar und mit so einer Kraft, dass es hatte werden müssen. Gottes Wort hat Schöpfungskraft.

Ich fühlte mich damals sprachlos darüber und fand Worte dafür in einem Buch von Johannes Hartl, dem Gebetshausleiter aus Augsburg.

Dem Betenden wird Gott immer größer. Und er hat mehr zu staunen, mehr zu lieben und – mehr zu fürchten. Denn was man nicht fürchten kann, darüber staunt man nicht recht. Nicht Angst ist gemeint, doch das Spüren, dass da etwas viel Größeres ist als man selbst.4

Voll Ehrfurcht stand ich vor diesem Geschehen und erkannte einmal mehr, wie unergründlich, wie wunderbar und mächtig Gott ist. Wenn er etwas hervorbringen möchte, dann wird es geschehen. Es war für mich heiliger Boden, auf dem ich stehen durfte. Es war eine Gottesbegegnung – anders als die Berührungen des Vaters, die Fürsorge des Heiligen Geistes, die heilende Hand Jesu – es war Allmacht, Vollkommenheit, Stärke, denen ich hier begegnete. Ja, es war tatsächlich mit Zittern und Erschauern verbunden. Und das ist gut so. Das Erkennen und Erleben der Größe Gottes bringt mich an die richtige Position und zeigt mir, wer ich bin und wer Gott ist. Gleichzeitig lässt es meine Liebe neben der Furcht wachsen und stärker werden. Das ist die Liebe, die hervorbringen kann, was Gott in diese Welt hineinschenken möchte. Immer, aber manchmal auch zu festgesetzten Zeiten – denn für manche Dinge gibt es von Gott festgesetzte Zeiten.

Wenn sie sich verzögert, so warte auf sie, denn sie wird gewiss eintreffen und nicht ausbleiben (Hab 2,3 SLT).

Es hatte gedauert. Ich hatte warten, aushalten, vertrauen müssen. Mein Weg des Vertrauens ging und geht bis heute weiter. Gerade in diesen Zeiten sind wir berufen, treue Haushalter zu sein. Treu in dem, was uns gegeben ist. Nicht nur Gaben, sondern auch Worte. Seine Worte schreiben sich so sehr in mein Herz. So ist vieles in meinem Leben in den vergangenen Jahren geworden, weil ich sein Wort bewahrt habe. Ich habe es gehütet, gepflegt, begossen, genährt – auch gegen alle Schwierigkeiten. Sein Wort ist für mich immer der Same, der alle Verheißung des Werdens in sich trägt.

So ist es Ausdruck meiner Liebe, meines Vertrauens, mich an das zu erinnern, was er gesagt hat, und damit dem Gesprochenen, Verheißenen mehr zu vertrauen als allem anderen, als allen Umständen. Wo ich sein Wort über alle anderen Worte, alles andere Denken stelle, kann es in meinem Leben auch Zeichen und Wunder hervorbringen.

Martin Schleske hat ein sehr schönes Wort über die Gottesfurcht: „Doch gerade die Gottesfurcht steht ja nicht außerhalb meiner Liebe, sondern ist der sehr ernste Teil ihres Wesens.“5

Gottesfurcht als den sehr ernsten Teil meiner Liebe zu sehen, das fordert mich heraus, genau hinzuschauen.

Am Anfang der Offenbarung wird Jesus beschrieben als der Mann mit Augen wie Feuerflammen, mit einer Stimme wie das Rauschen vieler Wasser, das Rauschen von Wassermassen.6 Das bringt unweigerlich Ehrfurcht hervor, doch wenn ich diesen Mann auch mit den liebenden Augen kenne, mit denen er den Menschen auf der Erde begegnet ist, mit denen er mir begegnet in meinen Nöten – dann habe ich auch keine Angst vor den Augen wie Feuerflammen. Ich habe Ehrfurcht, manchmal erschauere ich dabei, zittere – das ja –, aber es ist keine Furcht, denn ich weiß, in diesem Feuer ist auch das Feuer der Liebe. Und so beginnt das Feuer für mich genauso zur Heimat zu werden, wie die Liebe. In Jesus ist beides, in Gott finde ich das Feuer und die Liebe.

Fürchtet euch nicht! Denn nur um euch auf die Probe zu stellen, ist Gott gekommen, und damit die Furcht vor ihm euch vor Augen sei, damit ihr nicht sündigt … (2 Mose 20,20).

Hier spricht Mose zweimal von der Furcht, jedoch sind es im Hebräischen zwei Worte mit jeweils unterschiedlichen Bedeutungen.

Die erste Angst, von der Mose spricht, ist diese Angst, die jeder von uns kennt, die uns Not bereitet und knechten kann. Die Furcht vor dem Herrn dagegen ist das Erzittern vor Gott angesichts seiner Macht und Heiligkeit; doch gleichzeitig hat Gott kein Interesse daran, dass diese Furcht Angst vor ihm ist. Dafür hat er einen zu hohen Preis bezahlt, um uns daraus zu befreien. So bedeutet es nicht, Angst vor Bestrafung zu haben, sondern genau zu wissen, wer er ist, welche Eigenschaften er hat. Die Furcht vor dem Herrn meint neben Ehrfurcht auch Hingabe und Anbetung. Gott zu fürchten ist das, was wir tun, wenn wir verstanden haben, wie groß und heilig er ist und wie sehr er uns liebt.

So spricht Mose davon, dass das Gegenmittel gegen den Geist der Furcht die Furcht des Herrn ist. Es ist an der Zeit, gerade auch heute, die alten Festungen der Angst einzureißen und gegen die Furcht des Herrn auszutauschen.

„Fürchte dich nicht“, ist in der Bibel der am häufigsten benutzte Befehl. Das bedeutet, dass er wohl auch am meisten benötigt wird und gleichzeitig eine ganz besondere Bedeutung hat. So ist es Weisheit, wenn wir unsere Angst gegen die Furcht des Herrn eintauschen.

Die Quelle

Eines Tages fühlte ich mich kurz vor einer Predigt völlig schwach und kränklich. Ich wollte unter anderem auch darüber reden, wie Gott zu uns spricht – dass er spricht. Und eine Woche vor dem Predigtsonntag war mein Gebet gewesen, dass Gott mir als Illustration dafür ein neues Erleben schenken möge. Inzwischen hatte ich mein Gebet vergessen, und nun kam diese Müdigkeit, diese Erschöpfung. An diesem Morgen öffnete ich eine Nachricht und erlebte die Diskrepanz zwischen einem Wort und einem Gefühl. Eine Freundin sandte mir den Vers:

Dann wirst du sein wie ein bewässerter Garten und wie ein Wasserquell, dessen Wasser nicht versiegt (Jes 58,11).

In so einem Moment stellt sich die Frage: Wem glaube ich nun? Glaube ich meinen Gefühlen oder dem Wort, das Gott gerade zu mir spricht. Da erinnerte ich mich an das Gebet um ein frisches Wort Gottes. Und dieser Vers war eine Antwort auf mein Gebet. Ich nahm es als Zusage dafür, dass durch meine Schwachheit hindurch und aus meiner Wüste heraus Wasser fließen sollte, weil es da diese Quelle Jesu in mir gab. Es war wunderbar, dies an diesem Morgen so bezeugen zu dürfen und dann auch zu erleben.

 

Als zu Beginn des neuen Jahres jeder in der Gemeinde eine persönliche Jahreslosung zog, bekam ich dieses Wort noch einmal. Es ist kostbar, wenn Gott sein Wort bestätigt, um uns noch sensibler dafür zu machen. Auch in diesen Tagen fühlte ich mich alles andere als überfließend. Doch in die Verzagtheit meines Herzens hinein legte Gott noch einmal dieses Wort wie eine Zusage für dieses neue Jahr und als Erinnerung: Es wird nicht so sein, weil ich mich so fühle, sondern weil ER es verheißen hat.

Und wie sieht das nun in diesem Jahr 2020 aus, das so ganz anders ist, als irgendjemand hätte erwarten können?

Es heißt in der Bibel, dass der Glaube Berge versetzen kann. Ich glaube, manchmal ist der größte Berg, der bewegt werden muss, der Berg in meinem eigenen Herzen. Es ist mein Vertrauen, das ihn bewegen kann, um Jesus Platz zu machen.

Wir sind berufen, wie eine Quelle zu sein; und wir können das sein, wenn wir selbst mit der Quelle des Lebens verbunden sind. Wenn der Heilige Geist mir sagt, ich würde sein wie ein bewässerter Garten, dann höre ich darin die Verheißung für das, was Jesus in meinem Leben schon sieht; und genauso höre ich den Ruf, dorthin zu kommen an den Ort, wo ich frisches Wasser bekomme, um selbst zu einer Quelle werden zu können. Ich muss mich mit diesem Wort bewegen. Mein Gehorsam kann eine neue Realität erschaffen. Ich kann nur wie ein bewässerter Garten sein, wenn es da eine Wasserstelle in meinem Leben gibt, die mich versorgt, die den Garten meines Lebens bewässert. Doch dort, an der Quelle, erlebe ich diesen Ort, wo das Wasser nie ausgeht – Wasser, das durch die Wüste fließt und durch das Wüstenpflanzen leben.

Wüstenpflanzen sind ganz unterschiedlich ausgestattet, um in der Wüste überleben zu können. Es gibt die, die sehr tiefreichende Wurzeln haben, sodass sie sich vom Grundwasser ernähren können. Dann gibt es die Dickblättrigen, die das Wasser, das in der Wüste zu seltenen Zeiten fällt, speichern, um dann davon zu zehren. Und es gibt Pflanzen, die ein ganz feines Wurzelsystem knapp unter der Erdoberfläche haben, mit dem sie den Wüstentau aufsaugen und dadurch am Leben bleiben. Ich glaube, wir Menschen brauchen von allem etwas. Wir brauchen das tiefe Verwurzelt-Sein, die Wurzeln, die in festem Grund verankert sind, genauso wie die Speicher, die in besonderer Dürre zusätzlich nähren, und auch das frische, tägliche Wasser. Das alles ist uns verheißen, wenn wir den rechten Ort dafür aufsuchen – zur Quelle kommen und unseren Lebensgarten bewässern lassen.

So scheint es mir, es gehe in unserem Leben immer wieder darum, was Gott in uns vorfindet. Wie er uns vorfindet. Jesus fragt an einer Stelle:

Doch wird wohl der Sohn des Menschen, wenn er kommt, den Glauben finden auf der Erde? (Lk 18,8).

Wie findet er mein Herz vor? Findet sein Wort in meinem Herzen Resonanz? Findet es Resonanz in den Herzen derer, die er sich erwählt?