Erziehungskunst I

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Erziehungskunst I
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LUNATA

Erziehungskunst I

Erziehungskunst I

Allgemeine Menschenkunde als Grundlage der Pädagogik

© 1919 by Rudolf Steiner

© Lunata Berlin 2020

Inhalt

Ansprache am Vorabend des Kurses

Erster Vortrag

Zweiter Vortrag

Dritter Vortrag

Vierter Vortrag

Fünfter Vortrag

Sechster Vortrag

Siebenter Vortrag

Achter Vortrag

Neunter Vortrag

Zehnter Vortrag

Elfter Vortrag

Zwölfter Vortrag

Dreizehnter Vortrag

Vierzehnter Vortrag

Über den Autor

14 Vorträge und eine einführende Ansprache

20. August – 5. September 1919 in Stuttgart

Schulungskurs für die Lehrer der ersten Waldorfschule

Ansprache am Vorabend des Kurses
STUTTGART, 20. AUGUST 1919

Heute Abend soll nur etwas Präliminarisches gesagt werden. Die Waldorfschule muss eine wirkliche Kulturtat sein, um eine Erneuerung unseres Geisteslebens der Gegenwart zu erreichen. Wir müssen mit Umwandlung in allen Dingen rechnen; die ganze soziale Bewegung geht ja zuletzt auf Geistiges zurück (die soziale Bewegung ist zuletzt aufs Geistige zurückgeworfen), und die Schulfrage ist ein Unterglied der großen geistigen brennenden Fragen der Gegenwart. Die Möglichkeit der Waldorfschule muss dabei ausgenützt werden, um reformierend, revolutionierend im Schulwesen zu wirken. Das Gelingen dieser Kulturtat ist in Ihre Hand gegeben. Viel ist damit in Ihre Hand gegeben, um, ein Muster aufstellend, mitzuwirken. Viel hängt davon ab, dass diese Tat gelingt. Die Waldorfschule wird ein praktischer Beweis sein für die Durchschlagskraft der anthroposophischen Weltorientierung. Sie wird eine Einheitsschule sein in dem Sinne, dass sie lediglich darauf Rücksicht nimmt, so zu erziehen und zu unterrichten, wie es der Mensch, wie es die menschliche Gesamtwesenheit erfordert. Alles müssen wir in den Dienst dieses Zieles stellen. Aber wir haben es nötig, Kompromisse zu schließen. Kompromisse sind notwendig, denn wir sind noch nicht so weit, um eine wirklich freie Tat zu vollbringen. Schlechte Lehrziele, schlechte Abschlussziele werden uns vom Staat vorgeschrieben. Diese Ziele sind die denkbar schlechtesten, und man wird sich das denkbar Höchste auf sie einbilden. Die Politik, die politische Tätigkeit von jetzt wird sich dadurch äußern, dass sie den Menschen schablonenhaft behandeln wird, dass sie viel weitergehend als jemals versuchen wird, den Menschen in Schablonen einzuspannen. Man wird den Menschen behandeln wie einen Gegenstand, der an Drähten gezogen werden muss und wird sich einbilden, dass das einen denkbar größten Fortschritt bedeutet. Man wird unsachgemäß und möglichst hochmütig solche Dinge einrichten, wie es Erziehungsanstalten sind. Ein Beispiel und Vorgeschmack davon ist die Konstruktion der russischen bolschewistischen Schulen, die eine wahre Begräbnisstätte sind für alles wirkliche Unterrichtswesen. Wir werden einem harten Kampf entgegengehen, und müssen doch diese Kulturtat tun. zwei widersprechende Kräfte sind dabei in Einklang zu bringen. Auf der einen Seite müssen wir wissen, was unsere Ideale sind, und müssen doch noch die Schmiegsamkeit haben, uns anzupassen an das, was weit abstehen wird von unseren Idealen. Wie diese zwei Kräfte in Einklang zu bringen sind, das wird schwierig sein für jeden einzelnen von Ihnen. Das wird nur zu erreichen sein, wenn jeder seine volle Persönlichkeit einsetzt. Jeder muss seine volle Persönlichkeit einsetzen von Anfang an. Deshalb werden wir die Schule nicht regierungsgemäß, sondern verwaltungsgemäß einrichten und sie republikanisch verwalten. In einer wirklichen Lehrer-Republik werden wir nicht hinter uns haben Ruhekissen, Verordnungen, die vom Rektorat kommen, sondern wir müssen hineintragen (in uns tragen) dasjenige, was uns die Möglichkeit gibt, was jedem von uns die volle Verantwortung gibt für das, was wir zu tun haben. Jeder muss selbst voll verantwortlich sein. Ersatz für eine Rektoratsleitung wird geschaffen werden können dadurch, dass wir diesen Vorbereitungskurs einrichten und hier dasjenige arbeitend aufnehmen, was die Schule zu einer Einheit macht. Wir werden uns das Einheitliche erarbeiten durch den Kurs, wenn wir recht ernstlich arbeiten. Für den Kurs ist anzukündigen, dass er enthalten wird: erstens eine fortlaufende Auseinandersetzung über allgemeinpädagogische Fragen; zweitens eine Auseinandersetzung über speziellmethodische Fragen der wichtigsten Unterrichtsgegenstände; drittens eine Art seminaristisches Arbeiten innerhalb dessen, was unsere Lehraufgaben sein werden. Solche Lehraufgaben werden wir ausarbeiten und in Disputationsübungen zur Geltung bringen. An jedem Tag werden wir vormittags das mehr Theoretische haben und nachmittags dann das Seminaristische. Wir werden also morgen um 9 Uhr beginnen mit der allgemeinen Pädagogik, haben dann um 1/2 11 die speziell-methodische Unterweisung und am Nachmittag von 3 bis 6 Uhr die seminaristischen Übungen. Wir müssen uns voll bewusst sein, dass eine große Kulturtat nach jeder Richtung hin getan werden soll. Wir wollen hier in der Waldorfschule keine Weltanschauungsschule einrichten. Die Waldorfschule soll keine Weltanschauungsschule sein, in der wir die Kinder möglichst mit anthroposophischen Dogmen vollstopfen. Wir wollen keine anthroposophische Dogmatik lehren, Anthroposophie ist kein Lehrinhalt, aber wir streben hin auf praktische Handhabung der Anthroposophie. Wir wollen umsetzen dasjenige, was auf anthroposophischem Gebiet gewonnen werden kann, in wirkliche Unterrichtspraxis. Auf den Lehrinhalt der Anthroposophie wird es viel weniger ankommen als auf die praktische Handhabung dessen, was in pädagogischer Richtung im allgemeinen und im speziellMethodischen im besonderen aus Anthroposophie werden kann, wie Anthroposophie in Handhabung des Unterrichts übergehen kann. Die religiöse Unterweisung wird in den Religionsgemeinschaften erteilt werden. Die Anthroposophie werden wir nur betätigen in der Methodik des Unterrichts. Wir werden also die Kinder an die Religionslehrer nach den Konfessionen verteilen. Das ist der andere Teil des Kompromisses. Durch berechtigte Kompromisse beschleunigen wir unsere Kulturtat. Wir müssen uns bewusst sein der großen Aufgaben. Wir dürfen nicht bloß Pädagogen seine sondern wir werden Kulturmenschen im höchsten Grade, im höchsten Sinne des Wortes sein müssen. Wir müssen lebendiges Interesse haben für alles, was heute in der Zeit vor sich geht, sonst sind wir für diese Schule schlechte Lehrer. Wir dürfen uns nicht nur einsetzen für unsere besonderen Aufgaben. Wir werden nur dann gute Lehrer sein, wenn wir lebendiges Interesse haben für alles, was in der Welt vorgeht. Durch das Interesse für die Welt müssen wir erst den Enthusiasmus gewinnen, den wir gebrauchen für die Schule und für unsere Arbeitsaufgaben. Dazu sind nötig Elastizität des Geistigen und Hingabe an unsere Aufgabe. Nur aus dem können wir schöpfen, was heute gewonnen werden kann, wenn Interesse zugewendet wird erstens der großen Not der Zeit, zweitens den großen Aufgaben der Zeit, die man sich beide nicht groß genug vorstellen kann.

Erster Vortrag
21. AUGUST 1919, STUTTGART

Meine lieben Freunde, wir kommen mit unserer Aufgabe nur zurecht, wenn wir sie nicht bloß betrachten als eine intellektuell-gemütliche, sondern als eine im höchsten Sinne moralisch-geistige; und daher werden sie es begreiflich finden, dass wir, indem wir heute diese Arbeit beginnen, uns zunächst besinnen auf den Zusammenhang, den wir gerade durch diese unsere Tätigkeit gleich im Anfang herstellen wollen mit den geistigen Welten. Wir müssen uns bewusst sein bei einer solchen Aufgabe, dass wir nicht arbeiten bloß als hier auf dem physischen Plan lebende Menschen; diese Art, sich Aufgaben zu stellen, hat ja gerade in den letzten Jahrhunderten besonders an Ausdehnung gewonnen, hat fast einzig und allein die Menschen erfüllt. Unter dieser Auffassung der Aufgaben ist dasjenige aus Unterricht und Erziehung geworden, was eben gerade verbessert werden soll durch die Aufgabe, die wir uns stellen. Daher wollen wir uns im Beginne dieser unserer vorbereitenden Tätigkeit zunächst darauf besinnen, wie wir im einzelnen die Verbindung mit den geistigen Mächten, in deren Auftrag und deren Mandat jeder einzelne von uns gewissermaßen wird arbeiten müssen, herstellen. Ich bitte Sie daher, diese einleitenden Worte aufzufassen als eine Art Gebet zu denjenigen Mächten, die imaginierend, inspirierend, intuitierend hinter uns stehen sollen, indem wir diese Aufgabe übernehmen. (Gebet wurde nicht mitstenographiert) Meine lieben Freunde! Es obliegt uns, die Wichtigkeit unserer Aufgabe zu empfinden. Wir werden dies, wenn wir diese Schule als mit einer besonderen Aufgabe ausgerüstet wissen. Und da wollen wir unsere Gedanken wirklich konkretisieren, wir wollen unsere Gedanken wirklich so gestalten, dass wir das Bewusstsein haben können, dass etwas Besonderes mit dieser Schule ausgeführt wird. Wir werden das nur, wenn wir gewissermaßen nicht in das Alltägliche versetzen dasjenige, was mit dieser Schulbegründung getan worden ist, sondern wenn wir es als einen Festesakt der Weltenordnung betrachten. In diesem Sinne möchte ich als erstes geschehen lassen, dass ich hier im Namen des guten Geistes, der führen soll die Menschheit aus der Not und dem Elend heraus, im Namen dieses guten Geistes, der die Menschheit führen soll zu der höheren Stufe der Entwicklung in Unterricht und Erziehung, den allerherzlichsten Dank ausspreche denjenigen guten Geistern gegenüber, die unserem lieben Herrn Molt den guten Gedanken eingegeben haben, in dieser Richtung und an diesem Platze für die Weiterentwicklung der Menschheit dasjenige zu tun, was er mit der Waldorfschule getan hat. Ich weiß, er ist sich bewusst, dass man dasjenige, was man für diese Aufgabe tun kann, heute doch nur mit schwachen Kräften tun kann. Er sieht die Sache so an; aber er wird gerade dadurch, dass wir mit ihm vereint die Größe der Aufgabe und den Moment, in dem sie begonnen wird, als einen feierlichen in die Weltenordnung hineingestellt empfinden, er wird gerade dadurch mit der rechten Kraft innerhalb unserer Mitte wirken können. Von diesem Gesichtspunkte aus, meine lieben Freunde, wollen wir unsere Tätigkeit beginnen. Wir wollen uns selbst alle betrachten als Menschenwesenheiten, welche das Karma an den Platz gestellt hat, von dem aus nicht etwas Gewöhnliches, sondern etwas geschehen soll, was bei den Mittuenden die Empfindung eines feierlichen Weltenaugenblickes in sich schließt. (Kurze Ansprache von Emil Molt.) Meine lieben Freunde, das erste, womit wir beginnen wollen, müssen Auseinandersetzungen sein über unsere pädagogische Aufgabe, Auseinandersetzungen, zu denen ich heute eine Art von Einleitung zu Ihnen sprechen möchte. Unsere pädagogische Aufgabe wird sich ja unterscheiden müssen von den pädagogischen Aufgaben, die sich die Menschheit bisher gestellt hat. Nicht aus dem Grunde wird sie sich unterscheiden sollen, weil wir in eitlem Hochmut glauben, dass wir gerade von uns aus gewissermaßen eine neue pädagogische Weltenordnung beginnen sollen, sondern weil wir aus anthroposophisch orientierter Geisteswissenschaft heraus uns klar darüber sind, dass die aufeinanderfolgenden Entwicklungsepochen der Menschheit dieser Menschheit immer andere Aufgaben stellen werden. Eine andere Aufgabe hatte die Menschheit in der ersten, eine andere in der zweiten bis herein in unsere fünfte nachatlantische Entwicklungsepoche. Und es ist nun einmal so, dass dasjenige, was in einer Entwicklungsepoche der Menschheit getan werden soll, dieser Menschheit erst zum Bewusstsein kommt, einige Zeit nachdem diese Entwicklungsepoche begonnen hat. Die Entwicklungsepoche, in der wir heute stehen, hat in der Mitte des 15. Jahrhunderts begonnen. Heute kommt gewissermaßen aus den geistigen Untergründen heraus erst die Erkenntnis, was gerade in Bezug auf die Erziehungsaufgabe innerhalb dieser unserer Epoche getan werden soll. Die Menschen haben bisher, selbst wenn sie mit dem allerbesten Willen pädagogisch gearbeitet haben, noch im Sinne der alten Erziehung gearbeitet, noch im Sinne derjenigen der vierten nachatlantischen Entwicklungsepoche. Vieles wird davon abhängen, dass wir von vornherein uns einzustellen wissen für unsere Aufgabe, dass wir verstehen lernen, dass wir uns für unsere zeit eine ganz bestimmte Richtung zu geben haben; eine Richtung, die nicht deshalb wichtig ist, weil sie absolut für die ganze Menschheit in ihrer Entwicklung gelten soll, sondern weil sie gelten soll gerade für unsere zeit. Der Materialismus hat außer dem anderen noch das hervorgebracht, dass die Menschen kein Bewusstsein haben von den besonderen Aufgaben einer besonderen zeit. Als allererstes aber, bitte, nehmen Sie das in sich auf, dass besondere Zeiten ihre besonderen Aufgaben haben. Sie werden zur Erziehung und zum Unterricht Kinder zu übernehmen haben, allerdings Kinder schon eines bestimmten Alters, und Sie werden ja dabei bedenken müssen, dass Sie diese Kinder übernehmen, nachdem sie schon in der allerersten Epoche ihres Lebens die Erziehung, vielleicht oftmals die Misserziehung der Eltern durchgemacht haben. Vollständig erfüllt wird dasjenige, was wir wollen, doch erst werden, wenn wir einmal so weit sind als Menschheit, dass auch die Eltern verstehen werden, dass schon in der ersten Epoche der Erziehung besondere Aufgaben der heutigen Menschheit gestellt sind. Wir werden manches, was verfehlt worden ist in der ersten Lebensepoche doch noch ausbessern können, wenn wir die Kinder zur Schule bekommen. Wir müssen uns aber ganz stark durchdringen von dem Bewusstsein, aus dem heraus wir, jeder einzelne, unseren Unterricht und unsere Erziehung auffassen. Vergessen Sie nicht, indem Sie sich Ihrer Aufgabe widmen, dass die ganze heutige Kultur, bis in die Sphäre des Geistigen hinein, gestellt ist auf den Egoismus der Menschheit. Betrachten Sie unbefangen das geistigste Gebiet, dem sich der Mensch heute hingibt, betrachten Sie das religiöse Gebiet und fragen Sie sich, ob nicht unsere heutige Kultur gerade auf dem religiösen Gebiet hingeordnet ist auf den Egoismus der Menschen. Typisch ist es gerade für das Predigtwesen in unserer zeit, dass der Prediger den Menschen angreifen will im Egoismus. Nehmen Sie gleich dasjenige, was den Menschen am tiefsten erfassen soll: die Unsterblichkeitsfrage, und bedenken Sie, dass heute fast alles, selbst im Predigtwesen, darauf hingeordnet ist, den Menschen so zu erfassen, dass sein Egoismus für das Übersinnliche ins Auge gefasst wird. Durch den Egoismus hat der Mensch den Trieb, nicht wesenlos durch die Pforte des Todes hindurchzugehen, sondern sein Ich zu erhalten. Dies ist ein, wenn auch noch so verfeinerter, Egoismus. An diesen Egoismus appelliert heute in weitestem Umfange auch jedes religiöse Bekenntnis, wenn es sich um die Unsterblichkeitsfrage handelt. Daher spricht vor allen Dingen das religiöse Bekenntnis so zu den Menschen, dass es meistens das eine Ende unseres irdischen Daseins vergisst und nur Rücksicht nimmt auf das andere Ende dieses Daseins, dass der Tod vor allen Dingen ins Auge gefasst wird, dass die Geburt vergessen wird. Wenn auch die Dinge nicht so deutlich ausgesprochen werden, so liegen sie doch zugrunde. Wir leben in der Zeit, in der dieser Appell an den menschlichen Egoismus in allen Sphären bekämpft werden muss, wenn die Menschen nicht auf dem absteigenden Wege der Kultur, auf dem sie heute gehen, immer mehr und mehr abwärts gehen sollen. Wir werden uns immer mehr und mehr bewusst werden müssen des anderen Endes der menschlichen Entwicklung innerhalb des Erdendaseins: der Geburt. Wir werden in unser Bewusstsein die Tatsache aufnehmen müssen, dass der Mensch sich entwickelt eine lange zeit zwischen dem Tod und einer neuen Geburt, dass er innerhalb dieser Entwicklung an einen Punkt gelangt ist, wo er für die geistige Welt gewissermaßen stirbt, wo er unter solchen Bedingungen in der geistigen Welt lebt, dass er dort nicht mehr weiterleben kann, ohne in eine andere Daseinsform überzugehen. Diese andere Daseinsform bekommt er dadurch, dass er sich umkleiden lässt mit dem physischen und Ätherleib. Dasjenige, was er bekommen soll durch die Umkleidung des physischen und Ätherleibes, könnte er nicht bekommen, wenn er sich in gerader Linie in der geistigen Welt nur weiterentwickeln würde. Indem wir daher das Kind von seiner Geburt an nur mit physischen Augen anblicken dürfen, wollen wir uns dabei bewusst sein: auch das ist eine Fortsetzung. Und wir wollen nicht nur sehen auf das, was das Menschendasein erfährt nach dem Tode, also auf die geistige Fortsetzung des Physischen; wir wollen uns bewusst werden, dass das physische Dasein hier eine Fortsetzung des Geistigen ist, dass wir durch Erziehung fortzusetzen haben dasjenige, was ohne unser zutun besorgt worden ist von höheren Wesen. Das wird unserem Erziehungs- und Unterrichtswesen allein die richtige Stimmung geben, wenn wir uns bewusst werden: Hier in diesem Menschenwesen hast du mit deinem Tun eine Fortsetzung zu leisten für dasjenige, was höhere Wesen vor der Geburt getan haben. Man wird heute, wo die Menschen in ihren Gedanken und Empfindungen den Zusammenhang verloren haben mit den geistigen Welten, oftmals in abstrakter Art um etwas gefragt, was eigentlich als Frage einer geistigen Weltauffassung gegenüber keinen rechten Sinn hat. Man wird gefragt, wie man die sogenannte vorgeburtliche Erziehung leiten soll. Es gibt viele Menschen, die nehmen heute die Dinge abstrakt; wenn man die Dinge konkret nimmt, kann man das Fragen in gewissen Gebieten nicht in beliebiger Weise weitertreiben. Ich habe einmal das Beispiel erwähnt: Man sieht auf einer Straße Furchen. Da kann man fragen: Woher sind sie? – Weil ein Wagen gefahren ist. – Warum ist der Wagen gefahren? – Weil die, die darin sitzen, einen bestimmten Ort erreichen wollten. – Warum wollten sie einen bestimmten Ort erreichen? – Einmal hört in der Wirklichkeit die Fragestellung auf. Bleibt man im Abstrakten, so kann man immer weiter fragen: warum? Man kann das Rad des Fragens immerfort weiter drehen. Das konkrete Denken findet immer ein Ende, das abstrakte Denken läuft mit dem Gedanken immer endlos wie ein Rad herum. So ist es auch mit den Fragen, die über nicht so naheliegende Gebiete gestellt werden. Die Menschen denken über Erziehung nach und fragen über die vorgeburtliche Erziehung. Aber, meine lieben Freunde, vor der Geburt ist das Menschenwesen noch in der Hut über dem Physischen stehender Wesenheiten. Denen müssen wir die unmittelbare einzelne Beziehung überlassen zwischen der Welt und dem einzelnen Wesen. Daher hat die vorgeburtliche Erziehung noch keine Aufgabe für das Kind selbst. Die vorgeburtliche Erziehung kann nur eine unbewusste Folge desjenigen sein, was die Eltern, insbesondere die Mutter, leisten. Verhält sich die Mutter bis zu der Geburt so, dass sie in sich selbst zum Ausdruck bringt dasjenige, was im rechten Sinn moralisch und intellektuell das Richtige ist, so wird ganz von selbst das, was sie in fortgesetzter Selbsterziehung vollbringt übergehen auf das Kind. Je weniger man daran denkt, das Kind, schon bevor es das Licht der Welt erblickt, zu erziehen, und je mehr man daran denkt, selbst ein entsprechend rechtes Leben zu führen, desto besser wird es für das Kind sein. Die Erziehung kann erst angehen, wenn das Kind wirklich eingegliedert-ist in die Weltenordnung des physischen Planes, und das ist dann, wenn das Kind beginnt die äußere Luft zu atmen. Wenn nun das Kind auf den physischen Plan herausgetreten ist, dann müssen wir uns bewusst sein, was eigentlich für das Kind geschehen ist im Übergang von einem geistigen zu einem physischen Plan. Sehen Sie, da müssen wir vor allen Dingen uns bewusst werden, dass sich das Menschenwesen wirklich aus zwei Gliedern zusammensetzt. Bevor das Menschenwesen die physische Erde betritt, wird eine Verbindung eingegangen zwischen dem Geist und der Seele; dem Geist, insofern wir darunter verstehen dasjenige, was in der physischen Welt heute noch ganz verborgen ist und was wir anthroposophisch-geisteswissenschaftlich nennen: der Geistesmensch, der Lebensgeist, das Geistselbst. Mit diesen drei Wesensgliedern des Menschen ist es ja so, dass sie gewissermaßen in der übersinnlichen Sphäre vorhanden sind, zu der wir uns nun hindurcharbeiten müssen, und wir stehen zwischen dem Tod und einer neuen Geburt schon in einer gewissen Beziehung zu Geistesmensch, Lebensgeist und Geistselbst. Die Kraft, die von dieser Dreiheit ausgeht, die durchdringt das Seelische des Menschen: Bewusstseinsseele, Verstandes- oder Gemütsseele und Empfindungsseele. Und wenn Sie betrachten würden das Menschenwesen, das sich anschickt, nachdem es durchgegangen ist durch das Dasein zwischen Tod und neuer Geburt, in die physische Welt hinunterzusteigen, dann würden Sie das eben charakterisierte Geistige zusammengebunden finden mit dem Seelischen. Der Mensch steigt gewissermaßen als Geistseele oder Seelengeist aus einer höheren Sphäre in das irdische Dasein. Mit dem irdischen Dasein umkleidet er sich. Wir können ebenso dieses andere Wesensglied, das sich mit dem eben gekennzeichneten verbindet, charakterisieren, wir können sagen: Da unten auf der Erde wird der Geistseele entgegengebracht dasjenige, was entsteht durch die Vorgänge der physischen Vererbung. Nun wird an den Seelengeist oder die Geistseele der Körperleib oder der Leibeskörper so herangebracht, dass wiederum zwei Dreiheiten verbunden sind. Bei der Geistseele sind verbunden Geistesmensch, Lebensgeist und Geistselbst mit dem Seelischen, das besteht aus Bewusstseinsseele, Verstandes- oder Gemütsseele und Empfindungsseele. Die sind miteinander verbunden und sollen sich verbinden beim Herabsteigen in die physische Welt mit Empfindungsleib oder Astralleib, Ätherleib, physischen Leib. Aber diese sind ihrerseits wiederum verbunden zuerst im Leibe der Mutter, dann in der physischen Welt mit den drei Reichen der physischen Welt, dem mineralischen, dem Pflanzen- und dem Tierreich, so dass auch hier zwei Dreiheiten miteinander verbunden sind. Betrachten Sie das Kind, das hereingewachsen ist in die Welt, mit der genügenden Unbefangenheit, so werden Sie richtig wahrnehmen: Hier in dem Kind ist noch unverbunden Seelengeist oder Geistseele mit Leibeskörper oder Körperleib. Die Aufgabe der Erziehung, im geistigen Sinn erfasst, bedeutet das InEinklang-Versetzen des Seelengeistes mit dem Körperleib oder dem Leibeskörper. Die müssen miteinander in Harmonie kommen, müssen aufeinander gestimmt werden, denn die passen gewissermaßen, indem das Kind hereingeboren wird in die physische Welt, noch nicht zusammen. Die Aufgabe des Erziehers und auch des Unterrichters ist das Zusammenstimmen dieser zwei Glieder. Nun, fassen wir diese Aufgabe etwas mehr im Konkreten. Unter all diesen Beziehungen, welche der Mensch zur Außenwelt hat, ist die allerwichtigste das Atmen. Aber das Atmen beginnen wir ja gerade, indem wir die physische Welt betreten. Das Atmen im Mutterleib ist noch sozusagen ein vorbereitendes Atmen, es bringt den Menschen noch nicht in vollkommenen Zusammenhang mit der Außenwelt. Dasjenige, was im rechten Sinn Atmen genannt werden soll, beginnt der Mensch erst, wenn er den Mutterleib verlassen hat. Dieses Atmen bedeutet sehr, sehr viel für die menschliche Wesenheit, denn in diesem Atmen liegt ja schon das ganze dreigliedrige System des physischen Menschen. Wir rechnen zu den Gliedern des dreigliedrigen physischen Menschensystems zunächst den Stoffwechsel. Aber der Stoffwechsel hängt an dem einen Ende mit dem Atmen innig zusammen; der Atmungsprozess hängt stoffwechselmäßig mit der Blutzirkulation zusammen. Die Blutzirkulation nimmt die auf anderem Wege eingeführten Stoffe der äußeren Welt auf in den menschlichen Körper, so dass gewissermaßen auf der einen Seite das Atmen mit dem ganzen Stoffwechselsystem zusammenhängt. Das Atmen hat also seine eigenen Funktionen, aber es hängt doch auf der einen Seite mit dem Stoffwechselsystem zusammen. Auf der anderen Seite hängt dieses Atmen auch zusammen mit dem Nerven-Sinnesleben des Menschen. Indem wir einatmen, pressen wir fortwährend das Gehirnwasser in das Gehirn hinein; indem wir ausatmen, prellen wir es zurück in den Körper. Dadurch verpflanzen wir den Atmungsrhythmus auf das Gehirn. Und wie das Atmen zusammenhängt auf der einen Seite mit dem Stoffwechsel, so hängt es auf der anderen Seite zusammen mit dem Nerven-Sinnesleben. Wir können sagen: Das Atmen ist der wichtigste Vermittler des die physische Welt betretenden Menschen mit der physischen Außenwelt. Aber wir müssen uns auch bewusst sein, dass dieses Atmen durchaus noch nicht so verläuft, wie es zum Unterhalt des physischen Lebens beim Menschen voll verlaufen muss, namentlich nach der einen Seite nicht: es ist beim Menschen, der das physische Dasein betritt, noch nicht die richtige Harmonie, der rechte Zusammenhang hergestellt zwischen dem Atmungsprozess und dem Nerven-Sinnesprozess. Betrachten wir das Kind, so müssen wir in Bezug auf sein Wesen sagen: Das Kind hat noch nicht so atmen gelernt, dass das Atmen in der richtigen Weise den Nerven-Sinnesprozess unterhält. Da liegt wiederum die feinere Charakteristik desjenigen, was mit dem Kind zu tun ist. Wir müssen zunächst die Menschenwesenheit anthropologisch-anthroposophisch verstehen. Die wichtigsten Maßnahmen in der Erziehung werden daher liegen in der Beobachtung alles desjenigen, was in der rechten Weise den Atmungsprozess hineinorganisiert in den NervenSinnesprozess. Im höheren Sinne muss das Kind lernen, in seinen Geist aufzunehmen dasjenige, was ihm geschenkt werden kann dadurch, dass es geboren wird zum Atmen. Sie sehen, dieser Teil der Erziehung wird hinneigen zu dem GeistigSeelischen: dadurch, dass wir harmonisieren das Atmen mit dem Nerven-Sinnesprozess, ziehen wir das Geistig-Seelische in das physische Leben des Kindes herein. Grob ausgedrückt, können wir sagen: Das Kind kann noch nicht innerlich richtig atmen, und die Erziehung wird darin bestehen müssen, richtig atmen zu lehren. Aber das Kind kann noch etwas anderes nicht richtig, und dieses andere muss in Angriff genommen werden, damit ein Einklang geschaffen werde zwischen den zwei Wesensgliedern, zwischen dem Körperleib und zwischen der Geistseele. Was das Kind nicht richtig kann im Anfang seines Daseins – es wird Ihnen auffallen, dass gewöhnlich das, was wir geistig betonen müssen, der äußeren Weltenordnung zu widersprechen scheint –, was das Kind nicht richtig kann, das ist, den Wechsel zwischen Schlafen und Wachen in einer dem Menschenwesen entsprechenden Weise zu vollziehen. Man kann freilich sagen, äußerlich betrachtet: Das Kind kann ja ganz gut schlafen; es schläft ja viel mehr als der Mensch im späteren Lebensalter, es schläft sogar in das Leben herein. – Aber das, was innerlich dem Schlafen und Wachen zugrunde liegt, das kann es noch nicht. Das Kind erlebt allerlei auf dem physischen Plan. Es gebraucht seine Glieder, es isst, trinkt und atmet. Aber indem es so allerlei macht auf dem physischen Plan, indem es abwechselt zwischen Schlafen und Wachen, kann es nicht alles dasjenige, was es auf dem physischen Plan erfährt – was es mit den Augen sieht, den Ohren hört, den Händchen vollbringt, wie es mit den Beinchen strampelt –, es kann nicht das, was es auf dem physischen Plan erlebt, hineintragen in die geistige Welt und dort verarbeiten und das Ergebnis der Arbeit wieder zurücktragen auf den physischen Plan. Sein Schlaf ist gerade dadurch charakterisiert, dass er ein anderer Schlaf ist als der Schlaf der Erwachsenen. Im Schlafe des Erwachsenen wird vorzugsweise das verarbeitet, was der Mensch erfährt zwischen dem Aufwachen und dem Einschlafen. Das Kind kann das noch nicht in den Schlaf hineintragen, was es erfährt zwischen Aufwachen und Einschlafen, und es lebt sich daher noch so in die allgemeine Weltenordnung mit dem Schlafen hinein, dass es nicht mitbringt in diese Weltenordnung während des Schlafes dasjenige, was es äußerlich in der physischen Welt erfahren hat. Dahin muss es gebracht werden durch die richtiggehende Erziehung, dass das, was der Mensch auf dem physischen Plan erfährt, hineingetragen wird in dasjenige, was der Seelengeist oder die Geistseele tut vom Einschlafen bis zum Aufwachen. Wir können als Unterrichter und Erzieher dem Kinde gar nichts von der höheren Welt beibringen. Denn dasjenige, was in den Menschen von der höheren Welt hineinkommt, das kommt hinein in der Zeit vom Einschlafen bis zum Aufwachen. Wir können nur die Zeit, die der Mensch auf dem physischen Plan verbringt, so ausnützen, dass er gerade das, was wir mit ihm tun, allmählich hineintragen kann in die geistige Welt und dass durch dieses Hineintragen wiederum in die physische Welt zurückfließen kann die Kraft, die er mitnehmen kann aus der geistigen Welt, um dann im physischen Dasein ein rechter Mensch zu sein. So wird zunächst alle Unterrichts- und Erziehungstätigkeit gelenkt auf ein recht hohes Gebiet, auf das Lehren des richtigen Atmens und auf das Lehren des richtigen Rhythmus im Abwechseln zwischen Schlafen und Wachen. Wir werden selbstverständlich solche Verhaltungsmaßregeln beim Erziehen und Unterrichten kennenlernen, die nicht etwa auf eine Dressur des Atmens hinauslaufen oder auf eine Dressur von Schlafen und Wachen. Das wird alles nur im Hintergrund stehen. Das, was wir kennenlernen werden, werden konkrete Maßregeln sein. Aber wir müssen uns bis in die Fundamente hinein bewusst sein dessen, was wir tun. So werden wir uns bewusst werden müssen, wenn wir einem Kinde diesen oder jenen Lehrgegenstand beibringen, dass wir dann in der einen Richtung wirken auf das mehr in den physischen Leib Hineinbringen der Geistseele und in der anderen Richtung mehr auf das Hereinbringen der Körperleiblichkeit in die Geistseele. Unterschätzen wir nicht, dass das wichtig ist, was jetzt gesagt ist, denn Sie werden nicht gute Erzieher und Unterrichter werden, wenn Sie bloß auf dasjenige sehen werden, was Sie tun, wenn Sie nicht auf dasjenige sehen werden, was Sie sind. Wir haben ja die anthroposophisch orientierte Geisteswissenschaft eigentlich aus dem Grunde, um die Bedeutsamkeit dieser Tatsache einzusehen, dass der Mensch in der Welt wirkt nicht nur durch dasjenige, was er tut, sondern vor allem durch dasjenige, was er ist. Es ist einmal ein großer Unterschied, meine lieben Freunde, ob der eine Lehrer in die Schule durch die Klassentür zu einer kleineren oder größeren Anzahl von Schülern hineingeht oder der andere Lehrer. Es ist ein großer Unterschied, und der liegt nicht bloß darin, dass der eine Lehrer geschickter ist, die äußerlichen pädagogischen Handgriffe so oder so zu machen, als der andere; sondern der hauptsächlichste Unterschied, der wirksam ist beim Unterricht, rührt her von dem, was der Lehrer in der ganzen Zeit seines Daseins an Gedankenrichtung hat, die er durch die Klassentür hereinträgt. Ein Lehrer, der sich beschäftigt mit Gedanken vom werdenden Menschen, wirkt ganz anders auf die Schüler als ein Lehrer, der von alledem nichts weiß, der niemals seine Gedanken dahin lenkt. Denn was geschieht in dem Augenblick, wo Sie über solche Gedanken nachdenken, das heißt, wo Sie anfangen zu wissen, welche kosmische Bedeutung der Atmungsprozess und seine Umwandlung in der Erziehung hat, welche kosmische Bedeutung der Rhythmusprozess zwischen Schlafen und Wachen hat? In dem Augenblick, wo Sie solche Gedanken haben, bekämpft etwas in Ihnen alles das, was bloßer Persönlichkeitsgeist ist. In diesem Augenblick werden abgedämpft alle Instanzen, welche dem Persönlichkeitsgeist zugrunde liegen; es wird etwas von dem ausgelöscht, was gerade am meisten vorhanden ist im Menschen dadurch, dass er ein physischer Mensch ist. Und indem Sie in diesem Ausgelöschtsein leben und hineingehen in das Klassenzimmer, kommt es durch innere Kräfte, dass sich ein Verhältnis herstellt zwischen den Schülern und Ihnen. Da kann es sein, dass die äußeren Tatsachen dem anfangs widersprechen. Sie gehen in die Schule hinein, und vielleicht haben Sie Rangen und Ranginnen vor sich, die Sie auslachen. Sie müssen so gestärkt sein durch solche Gedanken, wie wir sie hier pflegen wollen, dass Sie gar nicht achten dieses Auslachens, dass Sie es hinnehmen wie eine äußere Tatsache, ich will sagen wie die Tatsache, dass es, während Sie ohne Regenschirm ausgegangen sind, plötzlich beginnt zu regnen. Gewiss, das ist eine unangenehme Überraschung. Aber gewöhnlich macht der Mensch selbst einen Unterschied zwischen dem Ausgelachtwerden und dem Überraschtwerden durch den Regen, wenn man keinen Schirm hat. Es darf kein Unterschied gemacht werden. Wir müssen so starke Gedanken entwickeln, dass dieser Unterschied nicht gemacht wird, dass wir dieses Ausgelachtwerden wie einen Regenguss hinnehmen. Wenn wir durchdrungen sind von diesen Gedanken, und namentlich den rechten Glauben an sie haben, dann wird das über uns kommen, was vielleicht erst nach acht Tagen, vielleicht erst nach vierzehn Tagen, vielleicht nach noch längerer Zeit eintritt – wenn wir noch so sehr ausgelacht werden von den Kindern: dass wir ein Verhältnis zu den Kindern herstellen, das wir für das Wünschenswerte halten. Wir müssen dieses Verhältnis auch gegen Widerstand herstellen durch das, was wir aus uns selbst machen. Und wir müssen uns vor allen Dingen der ersten pädagogischen Aufgabe bewusst werden, dass wir erst selbst aus uns etwas machen müssen, dass eine gedankliche, dass eine innere spirituelle Beziehung herrscht zwischen dem Lehrer und den Kindern, und dass wir in das Klassenzimmer eintreten in dem Bewusstsein: Diese spirituelle Beziehung ist da, nicht bloß die Worte, die Ermahnungen, die ich die Kinder erfahren lasse, die Geschicklichkeit im Unterrichten wird da sein. Das alles sind Äußerlichkeiten, die wir gewiss pflegen müssen; aber wir werden sie nicht richtig pflegen, wenn wir nicht als Grundtatsache herstellen das ganze Verhältnis zwischen den Gedanken, die uns selbst erfüllen, und den Tatsachen, die während des Unterrichts an Leib und Seele der Kinder vor sich gehen sollen. Unsere ganze Haltung im Unterrichten würde nicht vollständig sein, wenn wir nicht das Bewusstsein in uns tragen würden: der Mensch wurde geboren; dadurch wurde ihm die Möglichkeit gegeben, dasjenige zu tun, was er nicht konnte in der geistigen Welt. Wir müssen erziehen und unterrichten, der Atmung erst die richtige Harmonie geben zur geistigen Welt. Der Mensch konnte nicht in derselben Weise den rhythmischen Wechsel vollziehen zwischen Wachen und Schlafen in der geistigen Welt wie in der physischen Welt. Wir müssen diesen Rhythmus so regeln durch Erziehung und Unterricht, dass in der rechten Weise im Menschen eingegliedert werde Körperleib oder Leibeskörper in Seelengeist oder Geistseele. Das ist etwas, was wir selbstverständlich nicht so wie eine Abstraktion vor uns haben und als solche unmittelbar im Unterricht verwenden sollen, aber als Gedanke von der menschlichen Wesenheit muss es uns beherrschen. Das wollte ich Ihnen in dieser Einleitung sagen, und wir wollen morgen mit der eigentlichen Pädagogik beginnen.