Differenzierung im Unterricht I

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Differenzierung im Unterricht I
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Vorwort

Dies ist ein Buch aus der Praxis für die Praxis. Ich wende mich an LehrerInnen, die starten möchten, ihren Unterricht zu differenzieren, aber (noch) nicht genau wissen, wie sie das angehen sollen.

In mehr als 20 Jahren Erfahrung als Lehrerin an unterschiedlichen Schulen konnte ich ausprobieren, welche Unterrichtsarrangements bei den SchülerInnen zum Erfolg führen. Die Theorie dazu habe ich mir relativ spät angeeignet, bevor ich meine jetzige Tätigkeit als Unterrichtstrainerin an einer Deutschen Auslandsschule begann. Dabei ist mir aufgefallen, dass es zwar viel Fachliteratur gibt, aber keine einfache Anleitung, wie die wissenschaftlichen Erkenntnisse mit Erfolg und ohne viel Aufwand in die Praxis umgesetzt werden können. Diese Lücke soll dieses Buch füllen. Daher sind Theorie und Beschreibungen in diesem Buch absichtlich kurz gehalten. Dieses E-Book ist kein wissenschaftliches Werk, sondern eine Hilfestellung, sich mit der Philosophie der Differenzierung anzufreunden. Zum weiteren Studium empfehle ich die im Abschnitt Literatur angeführten Bücher.

Ziel dieses Buches soll es sein, Differenzierung als etwas Normales zu erleben. Ich möchte LehrerInnen dabei unterstützen, die Unterschiedlichkeit ihrer SchülerInnen anzunehmen und zu respektieren. Die SchülerInnen sollen aktiv sein und im eigenen Rhythmus arbeiten dürfen. Ziel des Unterrichts ist es, dass sich alle die Basiskompetenzen aneignen und möglichst viele darüber hinauskommen. Es lohnt sich, ein Methodenrepertoire aufzubauen, weil dadurch der Unterrichtsablauf stressfreier wird.

In diesem Buch finden Sie die Beschreibung für die Methoden Venn Diagramm, Placemat und Lerntempoduett, die Differenzierung unterstützen können. Drei verschiedene spielerische Aktivitäten, Tandemkarte, Trimino und Klammerkarte, helfen, den Unterricht ein wenig aufzulockern und verschaffen Ihnen Freiraum. Das Buch enthält Grundstrukturen für Stundenplanungen für das Fach Mathematik. Sie können je 12 spielerische Aktivitäten zu verschiedenen Stoffgebieten der Mathematik der Schulstufen 1-12 von der Homepage herunterladen.

Die Dateien im Downloadbereich sind ein Kernelement dieses Buches. Ich empfehle, sie gleich bei der Lektüre zur Hand zu haben. Damit wird der Einstieg sicherlich noch einfacher.

Es würde mich freuen, wenn Sie zu dem AHA-Erlebnis kommen, dass differenzierender Unterricht auch für Sie persönlich von Vorteil ist.

Medellín, Oktober 2016

Inhalt

Vorwort

Motivation

Abkürzungen und Symbole

Etwas Theorie

Lernförderliches Klima

Grundformen des Unterrichts

Unterrichtsphasen

Lernpyramide

Sozialformen

Möglichkeiten der Differenzierung

Planen mit Differenzierung

Methoden

Venn Diagramm

Placemat

Lerntempoduett

Spielerische Aktivitäten

Tandem

Trimino

Klammerkarte

Feedback

Kurze Feedbackmethoden, < 3 min:

Feedbackmethoden, ca. 5 min:

Fragebögen

Beispiele für Planungen mit Differenzierung

Einstieg mit Motivation

Einstiege inklusive Wiederholung

Erarbeitung, im Sinne von Entdecken

Erarbeitung, im Sinne von Vertiefung

Erarbeitung im Sinne von Festigung

Ergebnissicherung

Stundenplanung 1

Stundenplanung 2

Stundenplanung 3

Tipps

Aufgaben

Umsetzung

Download

Literatur

Motivation

Warum sollen wir im Mathematikunterricht differenzieren?

Versetzen wir uns in folgende Situation:

Unsere Kinder sind Zwillinge, Anna und Berta. Natürlich wollen wir, dass beide optimal gefördert werden, auch wenn sie unterschiedliche Voraussetzungen mitbringen.

Was wünschen wir uns vom Mathematikunterricht, damit beide sich bestmöglich entwickeln können?

Hier ein paar exemplarische Eigenschaften der zwei Kinder:


Anna Berta
sozial mittelmäßig talentiert bemüht, aber ein bisschen langsam etwas egoistisch sehr intelligent wissensdurstig und schnell

Nehmen Sie sich drei Minuten und überlegen Sie sich, wie der Unterricht aussehen soll, damit er Anna gerecht wird. Machen Sie sich ein paar Notizen!

Wiederholen Sie das Procedere für Berta.

Ich habe diese Fragestellung in vielen Workshops über das Thema Differenzierung benutzt. Die Antworten waren meist sehr ähnlich:

> abwechslungsreicher Unterricht

> Partnerarbeit

> Gruppenarbeit

> kooperatives Lernen

> angenehmes Lernambiente

> Zeit, um einzelne zu fördern

> möglichst viele Zugänge zu mathematischen Aufgaben

> SchülerInnen sollen SchülerInnen helfen

...

Das waren Wünsche, die die TeilnehmerInnen für beide Kinder gleichermaßen aussprachen.

Für Anna wünscht man sich in der Regel außerdem noch ausreichend Zeit für einzelne Arbeitsschritte, für Berta zusätzliche, attraktive Aufgaben.

Differenzierung wird gewünscht!

Hilbert Meyer formuliert in seinem neuesten Buch1:

„Unterricht ist gut, wenn gemeinsames und individualisiertes Lernen ausbalanciert werden und wenn jede Schülerin und jeder Schüler die Chance erhält, das in ihr / in ihm steckende Lernpotenzial zu entfalten.“

Das Lernpotenzial während der ganzen Unterrichtsstunde zu nutzen, ist aber nicht immer einfach. Wer kennt nicht diese beispielhaften Situationen?:

A) X sagt: „Ich bin fertig.“

B) Y ruft: „Nicht so schnell, ich versteh das noch nicht!“

C) Ich sage: „Wir warten noch auf Z.“

D) Es entsteht Unruhe, weil viele warten müssen.

Im Prinzip entstehen viele dieser Situationen durch die unterschiedliche Bearbeitungszeit, die die einzelnen SchülerInnen benötigen. Hier wird die Notwendigkeit von differenzierendem Unterricht deutlich. Wir müssen unbedingt den Rhythmus der einzelnen SchülerInnen berücksichtigen. Gehen wir schneller vor, kommen die SchülerInnen vom Typ Y und Z nicht mit, gehen wir langsamer vor, müssen SchülerInnen vom Typ X warten. Wartezeiten sind gefährlich, sie führen zu Unruhe. Die sich dabei entladende Energie sollten wir besser für mathematische Belange nutzen.