Die Bildungsmesse als Kooperationsplattform für Lehre und Praxis

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neowissen Wissenschaftsedition

E-Book-Ausgabe

DIE BILDUNGSMESSE ALS KOOPERATIONSPLATTFORM FÜR LEHRE UND PRAXIS

Eine konzeptuelle Entwicklung und Implikationen zum Standortmarketing (Monografie)

Susanne Schule

Prof. Ing. Peter Markovič


Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://portal.dnb.de abrufbar.

Bibliographic Information published by Die Deutsche Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek lists this publication in the Deutsche Nationalbibliografie; detailed bibliographic data are available on the internet at https://portal.dnb.de Ekonomická univerzita v Bratislave (EU), Diss., 2021


MCDP International UG (haftungsbeschränkt) Niedenau 4, 60325 Frankfurt am Main Deutschland


Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Alle Angaben in diesem Werk erfolgen trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr, eine Haftung der Autoren oder des Verlages ist ausgeschlossen.

Erstveröffentlichung 2021

Copyright MCDP International UG, Frankfurt am Main, © 2021

verlag@mcdp.de, edition@neowiss.de, www.neowiss.de

Fotografie Titel: vs148/Shutterstock.com (Abstrakte künstliche Intelligenz)

Umschlaggestaltung und Innenlayout: Herbé

Schriften: Frutiger LT Std 45 Light / LT Pro 55 Roman, Times New Roman

Satz: Division Tastensturm, MCDP International UG, Frankfurt am Main

Hergestellt in Deutschland / Europa.

Bestellnummer: NW48424 (E-Book EPUB)

NW48423 (E-Book PDF), NW48422 (Print)

neowiss – Europäischer Wissenschaftsverlag | Frankfurt am Main

ISBN (E-Book EPUB) 978-3-945484-24-1

ISBN (E-Book PDF) 978-3-945484-23-4, ISBN (Print) 978-3-945484-22-7

Vorwort

Die vorliegende Fassung der Forschungsarbeit ist auf Grundlage der Dissertationsarbeit „Standortmarketing – die Wirkung von Bildungsmessen auf den Veranstaltungsort“ entstanden. Bildungsmessen sind ein wichtiger Bestandteil im Bereich Berufs- und Studienorientierung und eine Akquisemöglichkeit für Aussteller, Geschäftsmodell für Veranstalter sowie Informationsplattform für Besucher.

Den eingeflossenen Informationen und Ergebnisse (neben den qualitativ und quantitativ erhobenen Ergebnissen) liegen jahrelange Erfahrungen der Autorin Susanne Schulze im Messebereich zu Grunde.

Besonders die Corona-Pandemie um COVID-19 hat die Messebranche und den Bildungsbereich unter besondere und große Herausforderungen gestellt. Diese Entwicklungen der Jahre 2020 und 2021 sind in diese Buchausgabe eingeflossen.

Besonderer Dank ergeht an dieser Stelle an die Wirtschaftsuniversität Bratislava, vor allem Herrn Prof. Ing. Peter Markovič, PhD, für die stetige angenehme und zuverlässige Unterstützung, den fachlichen und persönlichen Austausch. Des Weiteren ein großer Dank an alle Gutachterinnen und Gutachter sowie begleitende Professorinnen und Professoren. Ein großer Dank gilt darüber hinaus Herrn Dr. Michael Beithe und seiner Frau Ing. Pavla Beithe, Ph.D. Sei es für die geschaffenen Rahmenbedingungen, „das offene Ohr“ oder die Organisation von Doktoranden-Kolloquia etc.

Ein spezieller Dank geht an dieser Stelle an die Familie sowie Freunde der Autorin Susanne Schulze für die Entbehrungen und die Unterstützung sowie die vielen kleinen Nettigkeiten zwischendurch. Dies war eine wichtige Voraussetzung, dieses Buch verfassen zu können.

Zum Abschluss bleibt der Wunsch, dass dieses Buch die Wichtigkeit von Bildungsmessen verdeutlicht und deren Notwendigkeit unterstreicht sowie die zukünftig stärkere Vernetzung der Akteure und Nutzung der Potentiale fördert.

Inhaltsverzeichnis


Cover
Titel
Impressum
Vorwort
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Einleitung
1Standesanalyse des Wissens und Ausgangspunkt
1.1Standortmarketing als spezielle Form des Marketings
1.1.1Definition von Standortmarketing
1.1.2Einordnung des Standortmarketings ins Marketing
1.1.3Einordnung des Standortmarketings in die Unternehmensführung
1.1.4SWOT-Analyse Standortmarketing aus der Sicht von Unternehmen
1.1.5Standortmarketing in der Praxis
1.2Großereignisse als Instrument des Standortmarketings
1.2.1Definition von Großereignissen
1.2.2Einordnung von Großereignissen ins Standortmarketing
1.3Spezielle Großereignisse - Bildungsmessen in Deutschland und der Slowakei
1.3.1Messen in Deutschland, speziell Bildungsmessen
1.3.2Ziele und Merkmale von Bildungsmessen in Deutschland
1.3.3Beispiele von Studien- und Karrieremessen in Deutschland und der Slowakei
1.3.4Nutzen von Bildungsmessen für Unternehmen als Aussteller
1.3.5Wirtschaftlichkeitsanalyse von Bildungsmessen
2Ziel der Forschung
Forschungsfrage
Haupt und Nebenziele
Wichtige Thesen
3Methodik der Forschung und Methoden
3.1Ausgangspunkt der Forschung
3.2Forschungsdesign
3.2.1Forschungsstrategie
3.2.2Forschungsmethoden
3.3Forschungsphase I - Experteninterviews
3.3.1Datenerhebung und Aufbau der Experteninterviews
3.3.2Datenauswertung der Experteninterviews und Ergebnisse
3.3.3Rückschlüsse zwischen Experteninterviews und Thesen
3.4Forschungsphase II – Online-Befragung
3.4.1Aufbau und Ablauf der Befragung von Messeausstellern und -veranstaltern
3.4.2Auswertung der Befragung von Messeausstellern und Messeveranstaltern
3.5Rückschlüsse zwischen Befragung und Thesen
4Ergebnisse der Forschung
4.1Wissensstand der Literatur, Experteninterviews und Umfrage im Vergleich zu den aufgestellten Thesen
4.2Entscheidung für den Besuch einer Bildungsmesse aus Sicht von Ausstellern und Besuchern
4.3Bildungsmessen unter dem Einfluss der COVID-19-Pandemie
4.4Beispielhafter Vergleich Bildungsmessen in Präsenz und virtuell
4.5Vergleich Bildungsmessen in Präsenz versus virtuell mit Vergleich zu den Thesen
4.6Zusammenfassung der Ergebnisse
5Diskussion
5.1Kritische Würdigung und Grenzen Forschungsphasen
5.2Handlungsempfehlungen Veranstaltungsort und Kommunen / Wirtschaftsförderungen
5.3Handlungsempfehlungen für Akteure
5.3.1Für Messeveranstalter
5.3.2Für Aussteller
5.4Empfehlungen für die Wissenschaft
5.4.1Studiengang virtuelle Messe / virtuelle Messeangebote
5.4.2Handlungsempfehlungen für die Lehre
5.4.3Wissenschaftlicher Beitrag für die Nachhaltigkeit von Bildungsmessen
5.5Zukunftsaussichten Bildungsmessen
5.6Weitere Entwicklungsoptionen der Kooperation
Schlusswort
Literaturverzeichnis
Anhang
Anmerkungen
Verlagsvorschau

Abbildungsverzeichnis


Abb. 1Standortmarketing aus der Sicht von Unternehmen
Abb. 2Forschungsphasen
Abb. 3Übersicht Einnahmen Bildungsmessen
Abb. 4Beitrag Kommunen zu Bildungsmessen
Abb. 5Zusammenhang Bildungsmessen und Standort
Abb. 6Warum nutzen Besucher Bildungsmessen?
Abb. 7Was spricht Messebesucher an?
Abb. 8Europäische Orientierung Messen
Abb. 9Zusammenhang Bildungsmesse und Veranstaltungsort
Abb. 10PESTEL-Analyse Entscheidungskriterien Messeteilnahme Aussteller
Abb. 116-Punkte-Plan Entscheidungsfindung Messeteilnahme Bildungsmesse Aussteller
Abb. 12SWOT-Analyse Vergleich Bildungsmessen Präsenz und digital

Tabellenverzeichnis


Tab. 1Merkmale von Großereignissen nach unterschiedlichen Dimensionen
Tab. 2Merkmale verschiedener Eventtypen.
Tab. 3Merkmale verschiedener Eventtypen in Bezug auf Standortmarketing
Tab. 4Merkmale von Messen und Bildungsmessen
Tab. 5Vergleich von Messebeispielen.
Tab. 6Abgleich Forschungsfrage mit Inhalten Experteninterview
Tab. 7Abgleich Forschungsfrage mit Inhalten Online-Umfrage
Tab. 8Einschätzung Unternehmen und Messeveranstalter Fachkräftegewinnung Kommune
Tab. 9Warum nutzen Aussteller Bildungsmessen?
Tab. 10Einfluss Bildungsmessen auf Fachkräftegewinnung und Unternehmensansiedlungen
Tab. 11Bildungsmessen im Zusammenhang mit dem Veranstaltungsort
Tab. 12Erwartungen Aussteller und Besucher an Bildungsmessen
Tab. 13Vergleich Präsenzmessen und virtuelle Messen nach verschiedenen Kriterien
Tab. 14Präsenzmessen versus digitale Bildungsmessen
Tab. 15Gewichtung Kategorien Präsenzmessen versus digitale Bildungsmessen

Einleitung

Das Jahr 2020 war ein besonderes Jahr. Im Leben der Menschheit haben wir viele disruptive Entwicklungen erlebt, aber nur wenige davon haben so eine tiefe Schleife gelassen. Der COVID-19-Kampf, der immer noch große Sorge bereitet, hat verursacht, dass wir unseren täglichen Alltag anpassen mussten. Der Anfangsschock für die Unternehmenslandschaft aktivierte fast alle Abwehrmechanismen und viele Unternehmen mussten sich kurzfristig einer schnellen Digitalisierung unterziehen. Die qualitative und quantitative Änderung traf auch die Kooperation zwischen Universitäten und der Praxis relativ stark. Auf der einen Seite mussten die Universitäten die bestmöglichen Online-Formen des Unterrichtens aktivieren, auf der anderen Seite kam es zu einer Entfremdung der klassischen Beziehung „Student-Lehrer“. Die daraus resultierenden Folgen werden wir in den nächsten Jahren zu spüren bekommen.

 
 

Was im Unterricht kompliziert war, dass hatte auch Folgen für die Zusammenarbeit mit den Unternehmen. Viele traditionelle Veranstaltungen konnten nicht stattfinden, somit haben die Unternehmen einen direkten Kontakt zu potenziellen Angestellten verloren. Dies traf auch den Messebereich sehr hart. Innerhalb kürzester Zeit wurden wegen der Corona-Pandemie Bildungsmessen abgesagt oder in digitale Formate überführt.

Dank dieser Monografie möchten wir einige Auswirkungen auf die Bildungsmessen identifizieren, analysieren und in Form einer Gegenüberstellung Präsenz- und Onlineformate skizzieren, wie sich die Weiterentwicklung der Kooperation „Lehre - Praxis“ auf das Standortmarketing niederschlagen kann.

Die Monografie ist ein Ergebnis unserer wissenschaftlichen Kooperation im Projekt VEGA 1/0240/20 „Financial Aspects of Sustainable Business - Enterprise Succession Solution for Small and Medium-sized Enterprises“.

Wir möchten uns bei unseren Gutachtern – Ass. Prof. Ing. Mgr. Zuzana Juhászová, PhD. und Ing. Kristián Kadlečík, PhD. – für alle Bemerkungen und Verbesserungen bedanken, die zu diesem wissenschaftlichen Ergebnis geführt haben.

Susanne Schulze – Peter Markovič

1 Standesanalyse des Wissens und Ausgangspunkt

„Wir bringen's zusammen“ – mit diesem Slogan wirbt der Rhein-Lahn-Kreis für den Standort bzw. die Region sowie für Kooperation und gemeinschaftliche Anstrengungen für diese. Dort steht neben der Präsentation des Standorts nach außen auch die interne Kommunikation und die Einbeziehung aller Akteure vor Ort im Fokus der Aktivitäten.1 Der Standort und seine Akteure bilden die Grundlage der folgenden Betrachtungen.

Als Standort wird in der Unterscheidung zur Region ein abgegrenzter Raum mit der konkreten Ausrichtung auf Wirtschaftsaktivitäten bzw. wirtschaftliche Interessen bezeichnet. Balderjahn definiert einen Standort als „Ort, in dem Wirtschaftsaktivitäten und Wertschöpfungsprozesse stattfinden.“2 Dies bedeutet, dass als Standort auch ein Landkreis oder mehrere Städte, Landkreise im Verbund oder auch nur einzelne Stadtteile fungieren können. Wesentlich ist die Konzentration der Aktivitäten der regionalen Wirtschaftsförderungen, kommunalen Vertretern oder Unternehmen auf die Unternehmensansiedlung bzw. Standortsicherung für Unternehmen sowie die Schaffung der Ressourcen, z. B. einer ausreichenden Anzahl an Fachkräften.3 Auch Pongratz und Vogelgesang sprechen hinsichtlich des Standorts von Wirtschaftsstandort und damit einer ökonomischen Fokussierung.4 Ein verstärkter Wettbewerb bzgl. der Wahl des Standorts / Unternehmensansiedlungen ergibt sich nach Manschwetus vor allem aus der Entstehung immer größerer Unternehmen, welche weniger einem Standort verbunden sind oder der Entwicklung, dass ein Standort flexibel wählbar ist. Der Ort muss sich nicht in Rohstoffnähe befinden. Wesentlich ist außerdem die Entwicklung der Kommunikation, die problemlos weite Strecken zurücklegen kann, und die mehrere Standorte bieten.5

Oftmals orientiert sich die Wahl des Standorts an einem bereits bestehenden rechtlichen Status, so dass der Standort häufig gleich einer Kommune oder Stadt ist.6

Die Region im Gegensatz zum Standort ist ein räumlich oder geografisch begrenzter Bereich. Sie schließt alle Akteure im Wirkungsfeld ein, muss aber keine speziellen Interessen verfolgen.7 Lt. Campelo spielt es keine Rolle, ob man Länder, Städte oder Regionen betrachtet. Sie alle haben das gleiche politische und rechtliche Umfeld und ähnliche Möglichkeiten und Grenzen. Eine Stadt ist auch nur Teil einer Region und diese eines Landes.8

1.1 Standortmarketing als spezielle Form des Marketings

Standortmarketing setzt sich aus den Begriffen Standort, als Ort für Wertschöpfung und wirtschaftlich ausgerichtete Aktivitäten (siehe Punkt 1), und Marketing, mit stringenter Ausrichtung am Kunden bzw. der Zielgruppe, zusammen. Beide Begrifflichkeiten in Verbindung gebracht fokussieren die wirtschaftliche Ausrichtung einer Region oder eines Standortes auf bestimmte Zielgruppen und Ziele.

1.1.1 Definition von Standortmarketing

Standortmarketing als spezielle Form des Marketings. Es berücksichtigt Standortfaktoren, Demografie oder Stadtentwicklung und definiert sich als Bestandteil des Stadtmarketings. Standortmarketing ist besonders auf die wirtschaftlichen Interessen der Stadt / Kommune ausgerichtet. Kennzeichnend für den Standort ist ein hohes Maß an Komplexität und Variationsvielfalt. Der Standort stellt weniger ein klassisches Produkt / Wirtschaftsgut dar. Die Zielgruppen, von denen das Standortmarketing beeinflusst wird oder abhängig ist, sind sehr differenziert, z. B. öffentliche Träger, Kammern, Verbände, Unternehmen oder die Gesellschaft. Ziel des Standortmarketings ist es, Unternehmen in der jeweiligen Region anzusiedeln und Netzwerke zu Unternehmen zu pflegen, um diese an den Standort zu binden oder als Multiplikatoren zu gewinnen. Bei der Wahl des Standorts kann zwischen produktions- und marktorientierten Standortentscheidungen unterschieden werden. Ist für das Unternehmen der Markt besonders attraktiv? Sind die entsprechenden Käufer / Zielgruppen vorhanden? Ist der Standort logistisch gut gelegen? Gibt es billige Grundstücke oder gute Fördermöglichkeiten? Sind genügend qualifizierter Mitarbeiter verfügbar?9 Die Gewinnung von Unternehmen und deren Netzwerkpflege sowie die Bindung von Fachkräften sind zentrale Ziele des Standortmarketings. Für Fachkräfte stellt der Standort ein Entscheidungskriterium bezüglich eines attraktiven Arbeitsplatzes dar, besonders die Prüfung des Umfeldes, Infrastruktur oder der kulturellen Möglichkeiten.10 Wesentlich ist, den Standort nach außen attraktiv zu machen und besonders die Zielgruppen anzusprechen mit Standortbedingungen, wie gesteigerte Lebensqualität oder gesicherter Wohlstand, unterstreicht Balderjahn.11 Hauptaufgabe des Standortmarketings liegt demnach im Bestehen des Wettbewerbs.12

Haberstroh und Pinkwart fokussieren die regionale Attraktivität. Sie ordnen diese als Zusammenspiel zwischen verschiedenen Akteuren und der regionalen Verwaltung Kommune und auch der Berücksichtigung nationaler Vorgaben und Besonderheiten ein. Als sehr wichtig wird auch die Unterstützung von Innovationen und der Möglichkeit der Weiterentwicklung eines Standorts z. B. durch Austausch von Wissen betrachtet.13

Die Unterscheidung bzgl. des Standortmarketings zur Förderung von Wettbewerb und einem Unternehmen ist, dass eine Kommune oder ein Standort zu den Non-Profit-Unternehmen zählt. Im Gegensatz zum Marketing erfolgt keine alleinige Ausrichtung am Kunden, sondern die Anregung einer Vielzahl von Austauschprozessen. Marketingaktivitäten haben ebenfalls das Ziel wirtschaftliche und kommunale Interessen umzusetzen, aber auch mit einer größeren Breite. Im Standortmarketing wird der Standort detailliert und fokussiert gefördert. Kommunale Interessen zu vertreten sind besonders wichtig. Zwischen verschieden Standorten oder Regionen herrscht ein vergleichbarer Wettbewerb wie zwischen Profit-Unternehmen (Ausrichtung am Gewinn).14 Den bestehenden Standortwettbewerb unterstreichen auch Pongratz und Vogelgesang in ihren Ausführungen. Es herrscht ein ständiger Kampf um die Ansiedlung von Unternehmen oder die Sicherung des Fach- und Führungskräftenachwuchses. Die Autoren machen aber auch klar, dass die Attraktivität des Standorts auch von der Attraktivität der Unternehmen abhängt und eine Teilnahme an der Netzwerkarbeit vor Ort wesentlich ist.15

Für eine langfristige Weiterentwicklung und Wirtschaftsförderung eines Standortes ist eine konkrete Standortstrategie erforderlich, die auch langfristige Entwicklungen hinsichtlich Demografie, Erwartungen der Akteure und Ziele des Standorts im globalen Spannungsfeld abbildet.16 Auch Kritik an der Umsetzung bzw. Fokussierung von Standortmarketing ist einzubeziehen bzw. zu bedenken. Es ist die Frage zu beantworten, ob Standortmarketing und das Verfolgen wirtschaftlicher Interessen auch kulturelle Freiräume einschränken, kreative Entwicklungen bremsen oder auch negative Folgen, wie Wohnraumverteuerung hervorrufen und eine politische Abhängigkeit ausbauen oder provozieren.17

Standortmarketing regt also eine Vielzahl von Austauschprozessen an, die wirtschaftliche Interessen verfolgen. Sein zentrales Ziel ist es, einen Standort, eine Region oder ein Verbund einzelner Standorte zu etablieren bzw. zu entwickeln. Häufig wird die Ansiedlung von Unternehmen bzw. die Sicherung des Unternehmensstandorts und eine ausreichende und qualifizierte Anzahl an Fach- und Führungskräften angestrebt, aber auch die Imagewirkung nach außen oder die Sicherung von Wettbewerbsvorteilen. Wesentliche Herausforderungen stellen die Vielzahl an Akteuren mit unterschiedlichen Interessen sowie das Agieren im vorgegebenen rechtlichen Rahmen dar.

1.1.2 Einordnung des Standortmarketings ins Marketing

Standortmarketing umfasst nicht nur das gesamte Spektrum des Marketings von Marktforschung und Marketingmix (Produkt / Preis / Kommunikation (Promotion) / Vertrieb) über Implementierung, Controlling bis hin zu logistischen Gegebenheiten, Stadtentwicklung und Imagewirkungen. Es kann als Absatz-Marketing bezeichnet werden, d. h. der Nutzer oder Abnehmer sowie der Wettbewerber stehen im Vordergrund.18 Besonderheiten sind die Komplexität und Immaterialität des Angebots (virtuell) sowie ein möglicher Interessenskonflikt der Akteure. Letztere können z. B. Nachfrager angebotener Leistungen sein, aber auch Funktionen am Standort innehaben und ggf. Einfluss nehmen.19

Seidel stellt bei der Einordnung des Standortmarketings ins Marketing vier Verwandtschaftsbereiche heraus:

 Dienstleistungsmarketing (große Nähe zum Dienstleistungsmarketing auf Grund der Immaterialität des zu vermarktenden Produkts),

 Konsumgütermarketing (im Falle der speziellen Vermarktung von Teilmärkten oder der Fokussierung auf Zielgruppen),

 Investitionsgütermarketing (z. B. die Vermarktung von Immobilien) sowie

 Customer-Relationship bzw. Fokussierung auf den Kunden / Abnehmer(im Falle des Standortmarketings bestehen B2B und B2C.20

Seidel empfiehlt Regionalmarketing und -management eng zu verzahnen, um der Komplexität des Standortmarketings und den unterschiedlichen Interessengruppen gerecht zu werden. Zur Erhöhung der Schlagkraft empfiehlt Seidel gezielte Zusammenschlüsse und eine gemeinsame Vermarktung, z. B. mehrerer Kommunen bzw. eine Wirtschaftsregion zu schaffen. Wesentlich sei, die Interessen der Akteure und angesiedelten Unternehmen zu kennen und ihnen ein Komplett-Servicepaket anzubieten, zeitnah und unter Beachtung, dass Emotionen im Marketing maßgeblich sind.21 Manschwetus betrachtet Standortmarketing sogar als eigene Disziplin des Marketings.22 Auch Balderjahn sieht enge Verknüpfungspunkte zwischen Marketing und Standortmarketing, vom Event- und Kulturmarketing ausgerichtet auf Touristen, bis zum Standortmarketing mit Konzentration auf Unternehmensansiedlung und -sicherung (im Sinne von Standortbeibehaltung). Standortmarketing sei Teil des Standortmanagements. Es fokussiert den Nachfrager, aber auch den Standortwettbewerb. Balderjahn unterstreicht, dass die Inhalte des Marketings auf das Standortmarketing übertragbar sind, von der Anwendung des Marketing-Mix bis zur Marktforschung. Allerdings sieht er auch Besonderheiten des Standortmarketings:

 Der Standort muss als Produkt betrachtet werden mit einem Nutzen und sich vor allem selbst vermarkten, unter

 Beachtung der unterschiedlichen Akteure.23

Stronk empfiehlt für das Standortmarketing, genauso systematisch vorzugehen, wie beim Marketing: von Marktforschung und Analyse der Konkurrenzmärkte, der Formulierung von Zielen und Strategien bis zu Maßnahmen gezielter Öffentlichkeitsarbeit und Werbung. Wichtig sei es, flexibel zu bleiben und auf Marktveränderungen reagieren zu können.24

Standortmarketing ist dem Marketing sehr nah und weist eine Reihe von Parallelen auf. Die größten Herausforderungen bestehen in der ausdrucksstarken und einheitlichen Sprache nach außen, der Komplexität zu beachtender Einflüsse, der Vielfalt und Unterschiedlichkeit der Akteure sowie der Komplexität des Produkts „Standort“. Die größte Gemeinsamkeit besteht in der Fokussierung auf den Nachfrager und seine Erwartungen.