Aly und die Frauen

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Aly und die Frauen

Buch 4: Nicht nur Dienst an der Waffe

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Aly und die Frauen

Impressum

Aly und die Frauen

Buch 4: Nicht nur Dienst an der Waffe

Buch 1: Wie alles begann (veröffentlicht am 16.1.2013)

Buch 2: Zaghafte Annäherungen (veröffentlicht am 27.1.2013)

Buch 3: Wunderbare erste Erfahrungen (veröffentlicht am 26.2.2013)

Ich hatte jetzt schon viele Kunden, denen ich am Sonntagvormittag, oder nach der Arbeit die Haare schnitt. Ich hatte mehr Geld, es machte mir Spaß Klamotten zu kaufen.

Eines Tages flatterte ein Brief vom Kreiswehrersatzamt ins Haus.

Meine Mutter sagte zu meinem Vater, dass es schon wieder los geht.

„Habt ihr nicht genug - die Schnauze voll vom letzten Krieg? Mein Gott! Mein ältester muss in den Krieg!“

Mein Vater beruhigte Mutter und sagte:

„Halt, halt, Dr. Adenauer sagte mal im Radio, dass Deutschland sich verteidigen muss, und gerüstet sein muss, wenn die Kommunisten uns überfallen sollten. Wir haben jetzt eine Demokratie, Mutti. Es muss aufgerüstet werden, um uns vor Feinden zu verteidigen. Unsere Nachbarländer werden das auch tun, wenn sie das nicht schon lange getan haben. Ihr braucht keine Angst zu haben, es wird keinen Krieg mehr geben. Die Demokratie ist gegen den Krieg!“

Meine Mutter ließ nicht locker:

„Papa, du wirst dafür sorgen, dass unser Sohn hinter die feindlichen Linien – als was, weiß ich nicht, arbeitet.“ Ich lachte leise. „ Er kann ja allen Soldaten die Haare schneiden!“

Wir lachten jetzt doch alle. Mein Vater sagte, dass er sich das gerade bildlich vorstellt.

„Du schreibst den Verantwortlichen einen Brief.“

Meine arme Mutter tat mir leid! Mein Vater hat sie aber dann doch endlich beruhigen können. Er versprach an den Kommandeur zu schreiben.

„Aber zuerst musst du zur Musterung!“

„Ja Papa, ich freue mich.“

Eines Tages fuhr ich nach Kirchhain. Die Musterung fand um 15 Uhr in einer Schule statt. Ich schätzte das 30 Jungen in meinem Alter in einem Raum warteten. Wir waren alle 20 Jahre alt. Mich führte man in einen Raum, in dem ich mich bis zur Unterhose ausziehen musste. Die Schuhe durfte ich anbehalten. Als mein Name aufgerufen wurde, betrat ich einen anderen Raum. Ich erschrak, als ich drei Offiziere sah. Der Vierte hatte einen weißen Kittel an. Ach du Scheiße, der ist vielleicht Friseur- nein, der ist kein Friseur, der wird „Herr Oberstabsarzt“ angesprochen.

Ich wurde gewogen.

„Ich schätze 45 Kg, Herr Oberstleutnant.

„Eine Figur wie ein Mannequin. Bekamen sie nichts zu essen, Herr“- dann schaute er auf seine Kladde- „Herr Klempert?“

„Doch, Herr Doktor!“

„Sie haben keinen Appetit, nicht?“

„Doch, aber ich fahre viel mit dem Fahrrad. Meine Mutter schimpft immer mit mir, dass ich so viel Rad fahre.“

Dann stellte sich der Arzt neben mich und grinste mich an. Ich schaute ihn auch an, ohne zu lächeln. Plötzlich nahm er meine linke Hand und drückte sie, und schaute mich wieder grinsend an. Ich riss meine Hand von ihm los und wollte aus dem Zimmer laufen.

„Stopp und steh`n. Sie kommen sofort auf ihren Platz zurück, ist das klar!“

Zögernd ging ich auf meinen Platz.

„Sagen sie mal „aaaa“.“ Er fasste meine Halsdrüsen an. Sein Gesicht war ganz ernst. Er grinste mich nicht mehr an. Dann sagte er:

„Drüsen o.B., notieren sie bitte, P 1.7.5 Fragezeichen!“

„So geht das nicht, Herr Oberstabsarzt.“

„Dieses Thema ist noch nicht erörtert worden!“

„Sie können jetzt gehen, Herr … sie sind tauglich. Sie werden noch in diesem Jahr als wehrpflichtiger eingezogen!“

Ich dachte mir mein Teil. Der Kerl wollte nur wissen, ob ich schwul bin!

Der ist doch unverschämt. Der muss doch gemerkt haben, dass ich seine Hand nicht mochte-und wie der mich angefasst hat, eklig.

Diese Situation habe ich bis heute keinem Menschen erzählt.

Bis zur Einberufung war ich in Marburg als Friseurgehilfe tätig. Jedes Wochenende ging ich tanzen. Entweder in Kirchhain oder, neuerdings, in Marburg, Altstadt. Dort war ich nur einmal. Im Grunde war das nur eine Kneipe. Man tanzte dort im Gang. Das hat uns nicht zugesagt. Enttäuscht sind wir dann ins Kino gegangen.

Als ich eines Abends von Marburg mit dem Zug nach Hause fuhr, stiegen in Anzefahr, eine Station vor Kirchhain, drei Teenager in den Zug. Zwei der jungen Damen hatten eine Hessische Tracht an. Die Dritte hatte Jeans an, mit Nieten an den Seiten und am Gürtel.

Ich schaute auf ihre Frisur. Ich traute meinen Augen kaum, wer mir gegenüber saß. Es war Rosi aus Neustadt, die ich 1952 kennengelernt hatte. Sie hatte ihre blonden, langen Haare wieder asymmetrisch, von links nach rechts, über den Kopf sehr hoch toupiert, und dann eine riesen Schleife auf den Oberkopf hinein gesteckt. Ich schaute sie an. Sie schaute mich an. Jetzt erkannte ich sie. Sie wurde rot. Ich aber auch.

Ich stand auf, wollte ihr meine Hand reichen, ich sagte:

„Rosi kennst du mich nicht wieder? Wir sind in Neustadt ins Kino gegangen. Erinnerst du dich nicht?“

Sie drehte ihren Kopf zum Fenster und schaute hinaus. Die eine Freundin sagte:

„Das Mensch kennt doch jeden. Ei, wo sei me da hier. Ei, die kennt jeden.“ Plötzlich standen sie auf und stellten sich an die Ausgangstür, obwohl wir noch lange nicht in Kirchhain waren. Endlich stand der Zug. Rosi stand draußen am Zug und ließ beide Freundinnen vorgehen.

Ich „wetzte“ drei Waggons nach hinten. Sie suchte mich. Ich stand am letzten Wagon am Fenster. Ich rief: „Rosi, soll ich aussteigen?“

Inzwischen setzte sich der Zug in Bewegung. Es war eh zu spät. Ganz langsam fuhr der Zug an Rosi vorbei. Ich rief ihr zu:

„Sehen wir uns wieder?“ Sie schüttelte mit dem Kopf und ihre schönen, langen Locken wurden vom Wind geschüttelt.

Ach wäre ich doch der Wind, dachte ich mir.

Noch heute sehe ich ihr lächeln und das zaghafte winken. Ich winkte solange, bis sie meinen Blicken entschwand.

Zuhause lief ich ins Schlafzimmer, legte mich in mein Bett und weinte bitterlich. Es dauerte nicht lange, da war Zielchen in meinem Zimmer.

„Allo, warum weinst du denn?“ Ich erzählte ihr alles. Ich sah dann, dass sie auch Tränen in den Augen hatte.

„Allo, es ist erst 17:00 Uhr. Du fährst nach Kirchhain und suchst sie überall!“

„Das werde ich nicht tun, Zielchen. Schau mal in diesem Zustand…. soll ich ihr begegnen?“

„Du hast Recht, Brüderchen. Nehmen wir ´mal an du würdest sie heute Abend wiedersehen-es wird nie wieder so schön, wie es war. Das habe ich in vielen Kitsch-Romanen und im Kino immer wieder gesehen, stimmt’s?“

„Ja, Zielchen, du hast ja so Recht.“

Ich trocknete meine Tränen mit meiner Hand. Ich hatte großen Hunger. Ich aß sehr viel. Ich war immer noch sehr traurig. Ich ging ins Wohnzimmer. Mein Vater las die Zeitung, hörte Radio und unterhielt sich gleichzeitig mit meiner Mutter.

„Ach, mein Sohn, du sollst den beiden Töchtern vom Schulleiter G. die Haare schneiden. Am Montagabend zwischen 19:00 und 20:00 Uhr, bist du damit einverstanden?“

„Ja, Papa.“

Meine Mutter sagte:

„Unser Nachbar, vier Häuser weiter haben einen Fernseher. Geh mal hin, du kennst ja die Familie auch.

„Ach die meinst du, Mutti. Ok, ich geh mal hin.“

Die Eheleute begrüßten mich und führten mich in ihr Wohnzimmer. Sie machten den kleinen „Kasten“, von ca. 40 cm an. Als beide draußen waren schaute ich mir die Nachrichten an. Danach wurden Tierfilme gezeigt. Es war so langweilig. Es war nicht dunkel. Ich vermisste die große Leinwand, die vielen Menschen, meine Rosi, ach es ist ja so traurig. Mich fröstelte. Ich hielt das nicht mehr aus. Ich konnte das nicht mehr länger ertragen. Es war furchtbar, diese Einsamkeit! Ich klopfte an die Küchentür.

„Na, mein Junge, das ist wohl zu langweilig, nicht? Aber es soll die große Zukunft der Unterhaltung werden, ich glaube nicht daran. Dann mach`s mal gut. Einen schönen Gruß an deine Eltern.“

„Danke, auf Wiedersehn.“

Meinen Eltern erzählte ich was ich dort alles vermisste.

Sie lachten. „Hör dir die neue Spielschau von und mit Peter Frankenfeld einmal an, mein Sohn“, sagte mein Vater.

„Heute nicht, Papa. Ich gehe jetzt nach oben schmökern.“

„Unser Sohn hat Liebeskummer,“ sagte meine Mutter.

Auf dem Weg in mein Zimmer hörte ich meinen Vater sagen:

 

„Nein, Mutti, unser Sohn denkt über seine Fehler nach, die er gemacht hat."

„Das ist doch der Liebeskummer, Papa“, sagte meine Mutter.

Ich schmiss mich auf mein Bett. Ich weinte wieder, versuchte dann zu lesen.

Als ich morgens wach wurde, hatte ich meine Klamotten noch an. Ich rechnete nach, dass ich 9 Stunden geschlafen habe.

Es war schon 9:00 Uhr. Es war Montagmorgen. Meine Eltern haben mich ausschlafen lassen.

Im Salon hatte ich kündigen müssen. Ich hatte meinen Stellungsbefehl erhalten. Ich muss mich am 5.10.1957 um16:00 Uhr in Fritzlar, Kreis Kassel in der Kaserne einfinden.

Mein Chef hatte Tränen in den Augen, als ich mich in der vorigen Woche von allen verabschiedet habe. Die Chefin weinte herzergreifend. Der Herrenfriseur sagte:

„Jetzt werden sie dir die „Hammelbeine“ lang ziehen, Aloys!“

Ich antwortete, dass ich in einem Jahr wieder da wäre, „dann wird ein anderer Wind wehen!“

Wir lachten alle.

„Komm wieder, du wirst hier gebraucht!“

Und beide Chefs heulten, wie „Schlosshunde!“

Ich erzählte alles meinen Eltern. Mein Vater meinte dann:

„Du bist dort bei allen sehr beliebt, das war ein großes Kompliment von deinem Chef.

Den beiden Töchtern vom Schulleiter habe ich an dem besagten Montagabend natürlich die Haare geschnitten. Der Schulleiter G. gab mir 1.-DM für beide Haarschnitte. Manchmal kamen die Eltern und schauten ein paar Minuten zu. Die Eltern verrieten mir, dass sie mich sehr bewundert haben. Sie sagten dass ich mit viel Liebe und Begeisterung den Beruf Friseur ausübe. Das haben sie noch nie so gesehen. „Wie denn auch“ dachte ich mir.

Nur mit einem Koffer ging ich zum Bahnhof. Ich lehnte es ab, dass meine Geschwister mich begleiteten.

Ich weiß noch heute, das Zielchen, Magda Eleonore und meine Eltern unter dem Lindenbaum standen und mit Taschentüchern winkten. Eleonore hielt ein Tablett in die Höhe, auf dem geschrieben war:

„Viel Glück“! Als ich mich vorher verabschiedete, weinten alle.

Ich aber freute mich, dass es nun endlich los ging!

Ich konnte es kaum erwarten, als ich im Zug nach Fritzlar saß.

Endlich war ich in Fritzlar. Viele Rekruten warteten vor dem „Unimogs“, Militär-Lastwagen.

Ich hörte viele Wortfetzen, wie: „Die meiste Zeit des Lebens wartet der Soldat vergebens“. „Uns werden sie die Hammelbeine lang ziehen.“ Plötzlich kam ein Hüne von Soldat, er sagte in einem sehr energischen Ton und laut:

„Alle Rekruten, auch die Freiwilligen, gehen im Gänsemarsch zu dem Unimog und werfen ihre Koffer in den „Hintern,“ hier hinein. Die Zuschauer lachten. „Was gibt es da zu lachen?“

Ein weiterer Satz lautete: „Bald wird euch der Arsch auf Grundeis gehen, ist das klar?“

„Junge, junge, was ist das nur für ein Sauhaufen hier.“ Wenn ihr damit fertig seid wird sofort in Dreier Reihe angetreten, aber zack, zack!“

Jetzt kam ich an die Reihe. Ich wollte gerade meinen Koffer anheben, da baute sich vor mir der „Hüne“ auf, und sagte:

„Na, Junge, heute fahren wir nicht in die Stadt, heute kannste nicht mitkommen. Wir fahren in die Kaserne!“

Ich sagte: „Ich habe doch auch so einen Zettel hier, ich ---- weiter kam ich nicht.

„Waaas?“

Er riss mir den Einberufungsbescheid aus der Hand. Er las.

„Jetzt schicken die schon Kinder in die Kaserne. Das ist ja kaum zu glauben, 1937 geboren. Du siehst aus wie 15 Jahre, Junge, Junge!“

Er packte mich ans „Schlafittchen“ (in den Nacken) Ich flog in hohem Bogen zu den Koffern. Dann warf er mit einer Hand den Koffer hinterher.

„Du kannst nicht mit marschieren. Du blamierst die ganze Bundeswehr!“

Die Zuschauer lachten hämisch. Ich bekam einen Schock. Ich saß schockiert auf den Koffern. Nun schaute er mich genauer an.

„Is was? Haste dir weh` getan?“

„Nein, sie haben mir wehgetan!“

„Na dann ist alles OK!“

„So, Kinder, eh, ich meine Rekruten! In Dreier Reihen aufstellen, ohne Tritt marsch!“

Krampfhaft hielt ich mich an den Koffern fest. Ruck zuck war ich in der Kaserne. In der „Wache“ wartete ich auf die Marschierenden. Wir wurden in Gruppen eingeteilt. Ich hatte sieben Kameraden, die alle sehr nett waren. Plötzlich ging die Türe auf. Wir sagten „Guten Tag“! Der Gruß „Hallo“ war damals nicht geläufig.

Dieser Soldat stellte sich vor: „Ich bin Unteroffizier, und möchte auch so angeredet werden. Ich werde jetzt noch einmal raus gehen, dann wieder herein kommen.

Einer von euch muss „Meldung“ machen. So muss gesprochen werden. Ich werde es nur einmal sagen. Merkt es euch alle sofort! Wenn ich jetzt wieder hinein komme, sagen sie: er zeigte auf mich:

„Aaaachtuuuung? Stube 401 mit 8 Mann belegt, mit Koffer auspacken beschäftigt, keine Vorkommnisse!“

Er ging raus, und kam sofort wieder herein.

„Aaaaachtuuung“, brüllte ich ganz laut und sagte meinen Spruch ganz laut auf.

„Sie haben heute Stubendienst! Um 22 Uhr ist „Zapfenstreich“. Sie melden dann die Stube ab, wenn der UVD kommt.

„Was ist das denn Herr Unteroffizier?“

„Die Abkürzung bedeutet „Unteroffizier vom Dienst“.

„Und sie reden mich alle mit „Unteroffizier an. Ist das klar?“

„Jaaaa, Herr Unteroffizier! Das heißt „Jawoll, ist das klar?“

„Jawoll, Herr Unteroffizier!“

Wir hatten gerade unsere Koffer ausgepackt, als schon wieder ein Vorgesetzter herein kam. Ich machte sofort wieder Meldung. Und der UVD lachte sich kaputt.

„Ihr seid noch alle Zivilisten. Erst wenn ihr Uniformen an habt, dann seid ihr Rekruten, oder Soldaten. Die müsst ihr erst noch werden.“

Er sagte uns wo die Kleiderkammer zu finden ist.

Ich bekam die kleinste Kleidergröße, Nr. 36. Mein Stahlhelm bedeckte meine Augen. Meine Kameraden lachten. Der Oberfeldwebel brachte alte Zeitungen, knüllte sie zusammen und schob das Papier zwischen die Maschen im Inneren des Stahlhelms. Ja, jetzt konnte ich richtig sehen. Dafür war aber jetzt das Band vom Stahlhelm zu kurz. Der Herr „Oberfeld“ zog am Verschluss. Er stank aus dem Mund, wie ein Zigeuner aus dem Hosenlatz. Ich drehte mich vor Ekel halb um.

„Sind sie wahnsinnig! Wie können sie es wagen sich umzudrehen, wenn ich an diesem Band hier ziehe.“

Mit einer Hand haute er mir den Stahlhelm vom Kopf, dass es nur so schepperte.

„Jetzt der Nächste, aber zack, zack!“

Ich hob den Stahlhelm auf. Ein Kamerad half mir das Schließband vom Stahlhelm fest zu zurren. Dabei nahm er seinen Kopf zur Seite. Er flüsterte mir ins Ohr:

„Der stinkt aus dem Mund, das kann man nicht ertragen, Junge, Junge.“

„Stinke ich aus dem Mund“? Fragte ich.

„Nein, Kamerad, du hast den Kopf ja zur Seite genommen.“

Wir lachten herzlich darüber.

„Ich heiße Karl, und du?“

„Ich heiße Aloys.“

„Ah, aus Bayern!“

„Nein, aus Ostpreußen. Da heißen nur die „Guten“ Aloys.“

„Aaah, du bist ein Lustiger!“

„Ich gebe mir immer viel Mühe, Karl.“

Ich schaute zu, wie die anderen Kameraden die Ausrüstung in eine große Zeltplane legten.

Für mich war das zu schwer, alles „Huckepack“ zu tragen. Karl sah das. Er nahm mir einen großen Teil ab. Er war sehr muskulös, stämmig und groß. Er trug zwei große Bündel Huckepack. Wir hatten nicht weit zu tragen, nur zwei Häuserblocks entlang. Wir sahen dann einige Kameraden, die zweimal den Weg, zu ihren Unterkünften, gingen. Plötzlich ging schon wieder die Türe auf. Ein anderer Kamerad schrie:

„Aaachtuung!“

„Weiter machen, Jungs. Ich bin der „Spieß“, also der Hauptfeldwebel,

(Mutter der Kompanie). Er sagte uns, dass wir die Gewehre aus der Waffenkammer holen können. Natürlich ist keine Munition dabei. Karl sagte:

„Das schaffen wir auch noch, Kommst du mit?“

„Nein, Karl, ich gehe in die Kantine. Die Kellnerin soll Musik in der Bluse haben.“

Einige Kameraden haben das gehört. Sie amüsierten sich über meinen Humor. Sie lachten, einige klopften mir auf die Schulter.

Als wir dann alle unsere Gewehre hatten, und es 18 Uhr war, kam der Unteroffizier mit einem großen Karton in dem „Kommissbrote“, Salami, Butter, Käse, kalte Bockwürste, und kleine Döschen mit Marmelade, drin waren. Außerdem waren Flaschen mit kaltem Kakao drin, die wir vor dem Trinken schütteln mussten. Bananen und Äpfel und jede Menge Jogurt. Wir haben fasst alles aufgegessen. Eine Flasche Kakao und eine Stulle mit Salami stellte ich in meinen Spint, ins Geheimfach. Vielleicht habe ich später Hunger.

Mein Vater sagte mir ein paar Tage vorher:

„Das ist „eiserne Reserve“. Du musst das vor dem Zapfenstreich essen, auch wenn du keinen Hunger hast.“

Am ersten Tag, mein erstes Essen auf unserer „Bude“, das war herrlich. Ich habe mir die „Kaldaunen“ so voll gehauen, dass ich glaubte ich würde gleich platzen. Plötzlich wurde die Türe aufgerissen. Ein dicker Kamerad aus unserer Stube sagte atemlos:

„Ihr müsst alle mal ans schwarze Brett kommen. Da steht für morgen die Befehlsausgabe.“

Einer sagte mit vollem Mund:

„Sag`was du gelesen hast, wir hören alle zu.“

„OK! Zuerst um 8:00 Uhr: exerzieren, dann marschieren, dann um 10:00 Uhr theoretischer Unterricht, von 12:00 bis 13:00 Mittagessen.“

Was von 13:00-17:00 dann folgte, hatte er vergessen. Wir schickten ihn noch einmal zum schwarzen Brett. Er kam erst um 21:30 Uhr zurück. Wir waren froh, dass er nicht betrunken war. Wir diskutierten wer die Stube abmeldet, wenn UVD um 22:00 Uhr kommt. Einstimmig fiel die Wahl auf mich. Ein Kamerad sagte:

„Du musst mit Stahlhelm und Gewehr, und in Ausgeh-Uniform die Stube abmelden.“ Ich glaubte ihm das, weil er es mit sehr ernster Miene sagte.

Ein Kamerad hatte seine „Zitter“ mitgebracht. Er spielte unter anderem aus dem Film „Der dritte Mann“ die Titelmelodie.

Zwei Kameraden waren so müde, sie waren eingeschlafen. Drei spielten Karten. Ich zog mich schnell um. Die Ausgehuniform passte mir wie angegossen. Dafür brauchte ich 45 Minuten, bis ich fertig war.

Mit meinem F. N. Gewehr. (französisch-nationales Gewehr) über der Schulter, stand ich 10 Minuten vor der Tür auf unserer Stube und wartete. Keiner lachte, keiner machte Witze. Alle waren ganz ernst. Sogar Karl verzog keine Miene.

Endlich ging die Tür auf. Der UVD betrat die Stube.

„Aaachtuuung! Stube 401, belegt mit 8 Mann: 7 Mann in den Betten, Stubendienst Soldat Klempert.“

„Hahaahhaaa, da lachen ja die Hühner!“

Alle Kameraden lachten. Der UVD schrie: „Stoooop, wer hat ihnen gesagt, dass sie so die Stube abmelden? Sie sind noch kein Soldat, sondern Grenadier. Die Stube ist nicht ausgekehrt worden. Dort liegt Zigaretten Papier, dort hinten liegen Brotkrümel. Sie melden die Stube in 10 Minuten ab. Im „Arbeitsanzug“, ohne Gewehr und ohne Stahlhelm. Und ein Satz fehlt bei ihrer Abmeldung. Der Satz heißt: „Stube 401 gereinigt“ - usw. Ich bin in 10 Minuten wieder da. Wenn dann nicht ausgekehrt worden ist, muss ich beim Spieß morgen Meldung machen, ist das klaaaar!?“

„Jawoll, Herr UVD!“

Als er weg war, sprang mein Kamerad Karl aus dem Bett und flüsterte mir ins Ohr:

„Fang ja nicht an zu flennen. Sei jetzt ganz stark. Weitere drei Kameraden kamen aus ihren Betten und halfen mir. Der eine kehrte schnell, der andere leerte schnell den Putzeimer aus. Der Abfalleimer stand hinter dem Haus!

 

Als dann der UVD wieder kam, wollte ich wieder „Meldung machen. Er winkte ab und sagte:

„Weiter machen“. Er schaute in den Putzeimer. Er nickte mit dem Kopf. Als er zur Tür ging sagte er nur: „Gute Nacht“! Wir sagten im Chor:

„Gute Nacht, Herr Unteroffizier vom Dienst“. Ich schlief sofort ein, es war 22:15 Uhr.

Nachts wachte ich auf, als ich seltsame Geräusche hörte, wie z.B. quietschten einige Bettgestelle, und leises stöhnen, das ich von hier und da hörte.

Seltsam, dachte ich mir. Vielleicht haben sie wilde Träume.

Um 6:30 Uhr war „wecken“.

„Koooompaniiie aufstehen“! wurde öfter gerufen! – Mit der Faust wurde an allen Türen geschlagen.

In ca. 300 m Entfernung befand sich der große Frühstückssaal. Das Frühstück war hervorragend.

Im Arbeitsanzug musste die Kompanie vor dem Exerzierplatz antreten. Der Hauptmann begrüßte uns. Er sagte, dass wir jetzt das „Strammstehen“ üben werden. Also das Exerzieren, also los ging es:

„Links um, Sprung auf Marsch, Marsch, hinlegen!“

Wer einen Fehler machte, musste zweimal um den Block laufen! Die Dicken sind alle schnell außer Atem gewesen. Mir machte es Spaß!

Bis ich dann eine große Pfütze sah! Unser Ausbilder schrie unsere Gruppe an: „Sprung auf Marsch, Marsch hinlegen. Meine Kameraden schmissen sich alle in die Pfütze. Ich sprang über die Pfütze, dann schmiss ich mich ins Gras.

„Gruppe zurück, Marsch, Marsch. Zurück ins Glied, und Stehn.

„Wie heißen sie?“ Brüllte er.

„Aloys Klempert“.

„Was sind sie von Beruf?“

„Friseur.“

„Das heißt: „Friseur, Herr Unteroffizier!“

„Jawohl, Herr Unteroffizier!“

Wenn ich sage „hinlegen“ dann müssen sie sich sofort hinlegen, egal was es ist, ist das klar?“

„Jawohl, Herr Unteroffizier.“

„Nach links weg, Marsch, Marsch, nach rechts, Marsch, Marsch, - hinlegen.“

Ich sprang wieder über die Pfütze und schmiss mich neben die Pfütze ins Gras.

Meine Kameraden lachten sich kaputt. Er brüllte:

„Zweimal im Laufschritt um den Block, Marsch, Marsch.“

Dann ging er in die Kaserne. Er schaute durch das Flurfenster. Er sah, dass ich langsam ging. Er brüllte:

„Marsch, Marsch, habe ich gesagt.“

Ich erschrak, als ich ihn am Fenster sah, und ihn brüllen hörte. Ich lief ganz schnell zu meinen Kameraden.

„So, als Strafe, weil sie außer Sichtweite gemütlich gegangen sind , dreimal um den Block! Aber zack, zack!“

Völlig außer Atem kam ich bei meinen Kameraden an. Karl flüsterte mir ins Ohr: „Jetzt schmeiß dich endlich in die Pfütze-wir sind auch alle dreckig. Dann sagte der Ausbilder wieder seinen Spruch auf:

„Nach links weg, Marsch, Marsch.“

Als ich an der Pfütze angekommen war, schrie er „hinlegen“!

Mit voller Wucht warf ich mich mitten in die Pfütze.

„So, jetzt im Dauerlauf zu ihren Kameraden.“

„Sollte ich in diesen drei Monaten, während der Grundausbildung „ein Vorkommnis dieser, oder ähnlicher Art erleben, erhält die ganze Gruppe Ausgangssperre!“

Karl flüsterte wieder: „Nicht flennen! Du bist aber jetzt stark. Merkst du denn nicht, dass alle Ausbilder dir deinen Stolz brechen wollen?“

„Nein, Karl, das wusste ich nicht!“

Ich war so erschöpft, dass ich das Abendessen, zum ersten Mal in dem großen Essensaal, gerade noch schaffte. Mit letzter Kraft legte ich mich in mein Bett und schlief sofort ein.

„Kompaniiie aufstehen!“ Schrie wieder der UVD. Es war 6:30 Uhr.

Karl sagte mir, dass ich versuchen soll auf keinen Fall mehr aufzufallen. Ich versprach es ihm.

Auf dem Dienstplan stand „Wehrübungen im Gelände, und Marschieren im Kampfanzug mit Tornister und Gewehr. Also in voller Ausrüstung. Karl sagte: „Mensch beeil dich! Wir sind schon alle fertig.“ Er half mir meinen Rucksack zu packen. Stahlhelm auf, Rucksack, und im Laufschritt vor den Block. In Dreierreihe antreten. Karl stand in der ersten Reihe vorne, weil er so groß war.

Der Spieß kam, er schrie:

„Kompaniiiie still gestanden!“

Das mussten wir, 120 Rekruten, viermal wiederholen. Beim fünften Mal klappte es.

„Augen rechts!“ 120 Köpfe zuckten nach rechts. Augen geradeaus!“

Dann erst kam der Hauptmann und stellte sich vor die Kompanie.

„Kompanie zum Morgenapell angetreten, Herr Hauptmann!“

„Lassen sie „rühren“, Herr Oberfeld!“

„Rührt euch!“

„Guten Morgen, Soldaten!“

Alle im Chor:

„Guten Morgen, Herr Hauptmann!“

„Wir werden heute hier in der Kaserne das Marschieren üben, damit wir in der nächsten Woche uns nicht blamieren, vor den Zivilisten in Fritzlar.

Des Weiteren werden wir heute Marschlieder einstudieren. Z.B. das Lied: „ Oh du schöner Westerwald“. Beginnen wir jetzt“! –

„Kompanie stillgestanden. Die Augen links, die Augen geradeaus, rührt euch.“

Dann kamen die Ausbilder zu ihren Gruppen. Jede Gruppe der Kompanie marschierte nun ins Gelände.

„Alles hört auf mein Kommando: links, links, links, im Gleichschritt marsch!“

Diese Übung machten wir länger als 30 Minuten.

Ich hatte Schmerzen im Rücken. Mein Rucksack hatte 15 kg. Mein Gewehr wurde immer schwerer. Meine Lederstiefel drückten mich.

Die ersten „Sanis“ (Sanitäter, Krankenpfleger) wurden gerufen, um die Blasen an den Füßen aufzuschneiden. Es mussten deshalb viele Zwangspausen gemacht werden. Endlich war der Sani bei mir.

„Wo schmerzt es, Kamerad?“

„Überhaupt nicht, wie kann ich „Sani“ werden?“

Er lachte herzlich, während er meine Füße mit Wundpuder behandelte, und auf meine Schultern auch Wundpuder streute, und mit großem Pflaster versorgte.

„Du musst nach der dreimonatigen Grundausbildung deinen Spieß fragen, ob du den Lehrgang zum Sanitäter belegen kannst. Sage ihm, dass du dich dazu berufen fühlst, Menschen zu helfen. Was bist du von Beruf?“

„Ich bin Friseur.“

„Ja! Das ist ja dufte, Kollege. Du schaffst das. Ich bin auch Friseur.“

Und schon flitzte er zum nächsten Patienten. Ich war begeistert von meiner Idee. Ich erzählte es keinem meiner Kameraden, was ich vor hatte.

Mittags kam die Feldküche. 45 Minuten Mittagspause. Es gab Kottelets, mit Salzkartoffeln und Karotten. Zum Nachtisch Jogurt und 1 Apfel. Unser dicke Kamerad humpelte zu mir. Er fragte mich:

„Kamerad, ich bekomme meine Stiefel nicht mehr an. Es schmerzt einfach zu stark, was soll ich machen?“

„Warte hier und lauf nicht weg.“

„Wo soll ich denn hin laufen, du Witzbold“.

„Ich dachte, du, willst desertieren.“

„Mensch, ich kann doch nicht desertieren“!

„Stimmt auch wieder“, sagte ich. Ich sprach mit meinem Ausbilder. Er schaute sich die Füße an. Er hatte an beiden Füßen viele Wasserblasen.

„Warum haben sie beim Sani keine Meldung gemacht. Er war doch hier!“

„Ich habe mich nicht getraut, Herr Unteroffizier.“

Ich sah dann dass der Unteroffizier Meldung beim Hauptmann machte. Der Hauptmann zeigte mit den Fingern auf den „Sanka“. Es waren schon drei Patienten im Sanka.

„Mehr gehen nicht rein, Herr Hauptmann.“

„Ein Sani fährt mit den Kranken ins Krankenrevier mit, ist das klar?“

„Jawohl, Herr Hauptmann.“

Die anderen Sanis schauten traurig hinterher. Ich dachte mir:

„Das musst du schaffen, Sani zu werden, das wäre prima für mich.

Als wir endlich um 17:30 auf der Bude waren, merkten wir wie erschöpft wir waren.

Wir gingen alle zusammen in die Gemeinschaftsdusche. Ich schämte mich aber sehr! Karl merkte das. Er flüsterte wieder:

„Du schämst dich, weil „Deiner“ so geschrumpft ist. Ich gebe dir einen Tipp: geh auf die Toilette und reibe ein bisschen an „ihm“!“

Ich wurde ganz rot. Er sah es.

„Na mach schon! Willst du wieder auffallen?“

„Nein, Karl!“

Ich nahm dann meinen ganzen Mut zusammen. Ich rieb ein bisschen an „ihm“ – Im Nu, wurde Er ein bisschen größer. Als ich dann in der Dusche stand, sah ich zum ersten Mal in meinem Leben schlaffe Schwänze, die in einem nicht erigierten Zustand so groß waren wie meiner, bevor ich ihn gerieben hatte. Also ganz normal. Keiner machte Bemerkungen oder lachte mich aus. Ich beobachtete alle aus meinen Augenwinkel, wie rein zufällig.

Dann sah ich „Den“ von Karl.

Oh mein Gott, war „der groß“! Wie groß muss der sein, wenn er „ausgefahren“ ist. Bestimmt 20 cm, dachte ich mir. Unsere Augen trafen sich! Er grinste. Er freute sich, dass ich mich getraut hatte, mit meinen Kameraden zu duschen.

Wir sprachen dann nie mehr über dieses Thema.

Wir gingen in den großen Saal zum Abendessen. Bis 19:00 Uhr war der Saal geöffnet. Wir sprachen über Mädchen.

„Hast du eine?“ Fragte Karl mich. Ich zeigte ihm das Foto von Rosi aus Kirchhain. Sie staunten alle. Ich war ganz stolz. Ganz zum Schluss unserer Gespräche, fragte mich Karl: