Die Blockade Mekkas

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Die Blockade Mekkas
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

Muhammed Tariq Veder

Die Blockade Mekkas



Die Blockade Mekkas

Verbauung der spirituellen

& mystischen Erfahrung des Glaubens


01.11.2013

Muhammed Tariq Veder









Impressum

Erstausgabe 2016

Spirit Rainbow Verlag

UG haftungsbeschränkt

© Muhammad Tariq Veder

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form

(durch Fotografie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne

schriftliche Genehmigung der Verfasserin reproduziert oder unter

Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet werden.

Printed in Germany

Bildnachweis (Umschlag): freepik.com, https://pixabay.com/static/uploads/photo/2014/04/15/03/35/vintage-324580_960_720.jpg

Gestaltung, Druck und Vertrieb:

Druck- & Verlagshaus Mainz

Süsterfeldstraße 83

52072 Aachen


www.srv-shop.de

Print:

ISBN-10: 3-940700-71-1

ISBN-13: 978-3-940700-71-1

e-Book:

ISBN-10: 3-948108-27-7

ISBN-13: 978-3-948108-27-4


Die Blockade Mekkas

Muhammad Tariq Veder


MTV



»Wenn du deine Hand nach mir ausstreckst,

um mich zu töten, so werde ich meine Hand nicht

nach dir ausstrecken, um dich zu töten.

Ich fürchte Allah, den Herrn der Weltenbewohner.«

Sure Maidah 5; Ayah 28


لَئِنْ بَسَطْتَ إِلَيَّ يَدَكَ لِتَقْتُلَنِي مَا أَنَا بِبَاسِطٍ يَدِيَ إِلَيْكَ لِأَقْتُلَكَ ۖ إِنِّي أَخَافُا للَّهَ رَبَّ الْعَالَمِينَ


Einleitung

Auf die unzähligen Verfehlungen des »modernen Muslims«, ja sogar des Muslims im Allgemeinen werde ich in diesen Zeilen nicht eingehen und werde mich von jeglicher Kritik und Schuldzuweisungen fernhalten, sofern mir das gelingt, in shaa Allah. Ich gehe davon aus, dass wir als Ummah-Gesellschaft versagt haben und liefern täglich Beweise dafür, die den entsprechenden Zeilen des Korans Hohn sprechen, auch wenn einige lobesame Ausnahmen dem widersprechen.

Koran Sure Ali Imran 3; Ayah 110 »Ihr seid die beste Gemeinschaft, die für die Menschen hervorgebracht worden ist. Ihr gebietet das Rechte und verbietet das Verwerfliche und glaubt an Allah. Und wenn die Leute der Schrift glauben würden, wäre es wahrlich besser für sie. Unter ihnen gibt es Gläubige, aber die meisten von ihnen sind Frevler.« Und schon muss ich einhaken und widersprechen, wir glauben nicht! Vielleicht glauben wir zu glauben, aber wir glauben nicht.

Hadeeth: »Die Person des Glaubens ist die, vor dem die Menschen sicher sind mit ihrem Eigentum und Person.« Tirmidhi, Nisai, Ibn Maja (+1)

Dies ist, nach meinem Dafürhalten, der Hauptgrund unseres Niedergangs; wir sprechen von heute, Hier und Jetzt, nicht irgendeiner glorreichen Vergangenheit, oder einer nebulösen Figur. Wir können auch nicht sagen: Ausschlaggebend war der Syrien-Konflikt, der feige Überfall auf das Einkaufzentrum in Nairobi/Kenia, Westgate 21.08.2013 … wie führe ich eigentlich einen Jihad-Heiligen Krieg im Einkaufzentrum? Wir dürfen nicht dem Fehler verfallen, tagespolitische Ereignisse als Platzhalter für unseren Frust herauszupicken.

Seit meiner Konversion zum Islam am 01.09.1991 hatte ich ein unbestimmtes Gefühl, dass hier etwas nicht stimmt; anfangs dachte ich es seien Kommunikationsschwierigkeiten, später kam mir die Idee auf verfehltes Marketing … heute, 22 Jahre später, bin ich fest davon überzeugt, Muslime und damit der Islam sind grandios, königlich gescheitert. Der eigentliche Grund, die Motivation den Islam näher zu betrachten und zu praktizieren, das Amal (praktisches Tun) aus überwiegend spirituellen Gründen, wurde mir gründlich versaut; der Ummah einer religiösen Vervollkommnung das Wasser abgegraben, die Straße nach Mekka vermint und der Elfenbeinturm der Ulema-Gelehrten steht einsamer denn je in einer Wüstenei, bar jeglichen Fortschritts, Erneuerung und Islah-Reformation. Es ist mir nicht ersichtlich, ob wir den absoluten Tiefpunkt erreicht haben, jedoch der »point of no return« - Punkt ohne Rückkehrmöglichkeit, ist meiner bescheidenen Ansicht nach weit überschritten, will heißen, nur ein Wunder kann uns noch retten, oder wider Erwarten kommt Land in Sicht; andernfalls fallen wir, sollte es Wasser sein, al Hamdulillah, ein Glücksfall. Es stehen noch andere Möglichkeiten zur Disposition: Fall auf den nackten Asphalt, Fall in den selbstentflammten Vulkan… an dieser Stelle erspare ich uns Visionen alá Hieronymus Bosch, aber es läuft alles auf ein übles Erwachen hinaus. Sicher ist auch, so kann es nicht weitergehen. Wir sollten ruhigen Gewissens unseren Kindern in die Augen sehen können und unter Umständen die eigene Fratze im Spiegel erblicken, nicht hemmungslos in einem Meer von Tränen versinken. Wir suchen Trost in den Worten von Rumi, dem der Ausspruch zugesagt wird:

»Wenn Licht in deinem Herzen ist,

wirst du den Weg nach Hause finden.«

Ist es der Anfang von dem Dilemma, oder das Ende? Wir sehnen uns »nach Hause«, aber wissen nicht wohin. Schön, von einem philosophischen Standpunkt aus gesehen ruht dieses »zu Hause« in uns selbst, so wird gemunkelt; genau an diesem Punkt beißt sich die Katze in den Schwanz, wie es bildlich beschrieben wird. Wir haben uns so weit von unserem »selbst« entfernt, frönen, wenn es hoch kommt, unserem tierischen Selbst, dem Nafs (eigene Person), dem animalischen Selbst, jedoch hier sind wir trotzdem nicht …

Ausgehend von der Hypothese, der Allmächtige habe die Schöpfung aus Liebe erschaffen (+2), wie in einer bekannten Tradition beschrieben:

»Ich war ein verborgener Schatz, ich liebte erkannt zu werden, ich erschuf die Welt, um gekannt zu sein.«

Da frage ich mich, was haben wir aus dieser Liebe gemacht und wo ist sie, im theologischen Sinne, im Alltag sichtbar, was ist von dieser Liebe übrig geblieben?

Wie können wir Allah, Gott, wie wir ihn auch nennen, finden? Zunehmend schwierig, wäre meine Antwort, und die viel beschriebene Straße nach Mekka ist nur noch schwerlich auszumachen, sie ist mutiert zu einem steinernen, beschwerlichen Weg, der viele auf der Strecke niederstreckt und nur die Harten und »Besessenen« nach intensivem »buddeln« in die Nähe einer göttlichen Gegenwart einlässt …


1 Göttliche Präsenz

Picasso zugeschrieben ist die Aussage:

»Ich suche nicht, ich finde.«

Wohl dem, der über Genie verfügt, doch dem gewöhnlichen Menschen geht eine solche Genialität ab, auch wenn der Koran uns versichert in Sure Qaf 50; Ayah 16: »Wir haben ja den Menschen erschaffen und wissen, was ihm seine Seele einflüstert und wir sind ihm doch näher als seine Hauptschlagader.« Darüber hinaus: »… und wir sind ihm näher als ihr (selbst), aber ihr könnt es nicht sehen.« Koran Sure Al Waqiah; Ayah 85. Allah s.w.t. (Subhana wa Taala – Gelobt und Erhaben ist Allah) (4+) ist immer und überall uns sehr nahe, wir sind es, die sich von ihm entfernt haben und offensichtlich waren wir noch nie weiter von Gott entfernt als im 21sten Jahrhundert, dem Zeitalter, in dem wir uns befinden.

Es ist nicht abwegig zu denken, dass technischer Fortschritt sein Übriges dazu bei trägt und was nichts an der Tatsache einer eklatanten Inhaltsleere ändert, die unser Leben erfasst hat. Nach Frondienst, Sklaverei und Konsumherrschaft hat nun eine gewisse Technikhörigkeit das Denken als Geisel genommen, ohne die Konsequenzen zu berücksichtigen. Der Mensch macht sich überflüssig, er wird in einer modernen Produktions-Industrie kaum noch gebraucht; doch wir gehen zu den Anfängen zurück, zu seiner Geburt … hier erfahren wir mittels einer berühmten Tradition (+3) Hadeeth: »Jedes Kind wird, bezogen auf seine uranfängliche Natur (Fitra), geboren, daraufhin machen seine Eltern es zum Juden, Christen oder einen Zoroaster.« Mit dieser uranfänglichen Natur wurde erstmals ein Abkommen geschlossen bevor die Nachfahren Adam‘s a. s. (alaihi salam – auf ihm ruhe Frieden) in diese Welt kamen und es war im übertragenen Sinne aus Glauben gewebt. Dieser uranfängliche Glaube wurde im Laufe der Geschichte so dermaßen mit Müll und Unrat zugeschüttet, dass es nunmehr erhebliche Anstrengungen erfordert, ihn an das Tageslicht zu befördern und die uns umgebende Realität lehrt uns einige im krassen Gegensatz zu ihm stehende Dinge. Was wurde in diesem eben erwähnten Abkommen vereinbart? Sure Al A‘raf 7; Ayah 172: »Und als dein Herr aus den Kindern Adam‘s, aus ihren Rücken, ihre Nachkommenschaft nahm, und sie gegen sich selbst zeugen ließ: ›Bin ich nicht euer Herr?‹ Sie sagten: ›Doch, wir bezeugen (es) (Dies)!‹ damit ihr nicht am Tag der Auferstehung sagt: ›Wir waren dessen unachtsam.‹« Zum besseren Verständnis erwähne ich die Tatsache, dass alle unserer zukünftigen Seelen der Menschen an diesem Tage erschaffen wurden, so überraschend das auch sein mag. Es ist uns quasi als default-Standard eingegeben worden, irgendwo tief in uns drin. Von daher kann eigentlich niemand sagen dessen nicht bewusst gewesen zu sein, auch wenn dieser Tag des Alast einige Tage her war. (Kleiner Witz).

Der Dreh und Angelpunkt ist der Glaube, der aus heutiger Sicht leicht in den Hintergrund getreten ist, was als angeborene Vergesslichkeit nur unzureichend erklärt und entschuldigt werden kann. Insan(Mensch) stammt im Arabischen von nasia (vergessen), als Referenz sei Koran Sure Ta-Ha 10, Ayah 115 erwähnt: »Und wir hatten bereits zuvor Adam eine Verpflichtung auferlegt. Aber er vergaß (sie), und wir fanden in ihm keine Entschlossenheit (Willensstärke).« Ein weiterer Aspekt in Sachen Glaube ist die Ankündigung einer Prüfung, mehr oder weniger als ein Test, Koran Sure Al- Ankabut 29; Ayah 2: »Meinen die Menschen, dass sie in Ruhe gelassen werden, (nur) weil sie sagen: ›Wir glauben‹, ohne dass sie geprüft werden.« … und auch die Tatsache e…i…n…e…s T…a…g…e…s zur Rechenschaft gezogen zu werden, erklärt den rapiden Zerfall des Glaubens an einen wie auch immer gearteten Gott nicht, es liegen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vielschichtigere Gründe oder Auslöser vor.

 

Warum lässt sich die Präsenz Gottes heute nicht mehr fühlen (oder in den seltensten Fällen)? Manch einer kommt auf den Gedanken nach Irak, Afghanistan und Syrien hat Allah s.w.t. zu viel um die Ohren, so dass er für die alltägliche Präsenz keine Zeit mehr hat (Witz!), wo wir schon wieder bei einem anderen Thema wären, die Zeit und wie sie entstanden ist? Da wir hier und jetzt über spirituelle, philosophische Zusammenhänge diskutieren, spielt das keine Rolle, sie existiert nicht; Vergangenheit und Zukunft sind eins auf dieser seelischen, spirituellen, »mystischen« Ebene und darüber reden wir ja: Glaube, Seelenfrieden und Liebe. Es ging mir um die scheinbare Abwesenheit von Glauben und die damit verbundene Sicherheit und körperliche Unversehrtheit. Das können wir mit Bestimmtheit sagen: Man ist heute nirgendwo mehr sicher im Zeitalter des grenzüberschreitenden Terrorismus, »hausgemachten« Terrorismus und »lustige« weitere Formen und Mutationen. Gut, jetzt kann ich dagegen halten, das Leben an und für sich birgt Gefahren, allerdings mit einer gewissen Logik. Es ist gerade das irrationale, unerwartete in der heutigen Zeit, das sinnlose, das mir zu denken gibt.

Reden wir von Beweisen, nicht das irrationale, sinnlose, dem will ich doch etwas Sinnvolles entgegen stellen von den Beweisen der Präsenz Gottes und den Glauben an ihn. Den »Beweis« der Existenz Gottes gibt es nicht, ebenso wenig wie den Beweis seiner Nichtexistenz. Es gibt verschiedene Hinweise, Indizien, Vermutungen seiner Existenz und ehrlich gesagt, man ist auf der »sicheren« Seite für den Fall der Fälle, anzunehmen es gäbe Ihn s.w.t.. Man stelle sich nur einmal vor, es gäbe Ihn doch, genauso wie die Auferstehung und einen Tag, an dem wir für alle unsere Taten und Untaten zur Rechenschaft gezogen werden, unter Umständen noch in dieser Welt, ganz zu schweigen von dem Jenseits-Akhirat-Eden. Auf der gleichen Schiene könnte ich auch behaupten, es gäbe Ihn nicht und auch kein jüngstes Gericht. Macht das einen Sinn? Und wenn ja, welchen?

Aber angenommen, nur angenommen, gibt es ein Leben vor dem Tod? Und wenn ja, welchen Sinn hat es in seiner heutigen Sinnlosigkeit? Und was hat das mit dem Glauben-Iman zu tun?

Iman. Glaube. I man - ich Mensch. Bin ich ein Mensch und welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um die Bezeichnung Mensch zu verdienen? Was unterscheidet den Mensch vom Tier und was ist ein Unmensch? Abgesehen natürlich davon, dass der Mensch (auch) ein Säugetier ist, nur eben sprachbegabt, haiwan natiq, wie man ihn bezeichnet, was nicht heißt, Tiere sind nicht sprachbegabt, sie haben nur keine Bücher geschrieben. Das hat Jesus a.s. und Sokrates auch nicht, keiner stellt die These auf, sie seien nicht sprachbegabt gewesen, oder nur Tiere, aber im Ernst, manchmal denke ich der Mensch ist das schlimmste Tier auf Erden, wenn der Glaube-Iman nicht wäre. Ich glaube, also bin ich.

In meinen Fall ist es la ilaha illallah Muhammdadur Rasul Allah-لا اله الآ الله محمد رسول الله (ganz einfach, das Arabische liest man von rechts nach links) es gibt keinen Gott außer Allah, Muhammad ist der Prophet (Gottes) Allah‘s.

Auch Moses und Jesus und andere waren Propheten dieses einen Gottes, der immer eins war. Im gleichen Zug gibt es andere Religionen, welche die Freiheit anderer respektieren sollten und wenn alle das praktizieren, was in ihren jeweiligen Heiligen Büchern geschrieben steht, würden wir in paradiesischen Verhältnissen leben! Tun wir aber nicht! Weil unser Glaube defizient ist, oder wir ihn nur vorgegeben, aber De Facto haben wir keinen, das ist meine Behauptung. Fehlerhafter, lückenhafter Glaube? Ja, genau das ist es, wage ich zu behaupten, unser Glaube ist fehlerhaft im Mindesten, gar nicht vorhanden im extremsten Fall. Wir geben vor etwas zu glauben, aber wenn es zum Ernstfall kommt, dann kneifen wir und/oder suchen alle möglichen Ausflüchte.

Ein Professor in Pakistan, Islamabad, König Faisal Universität, brachte es in den 90er Jahren auf den Punkt, indem er sagte, wir hätten mehr Glaube in Wasser als in Allah! Begründung: Wenn wir Durst verspüren trinken wir Wasser, weil wir glauben, im festen Glauben, das würde unseren Durst stillen. Haben wir aber (andere) Sorgen, obwohl wir vorgeben an Allah s.w.t. zu glauben, sind wir nicht vollends überzeugt davon, dass unsere Gebete lindern und/oder sie unsere Sorgen beseitigen. Stattdessen versuchen wir alles Mögliche, inklusive »Abkürzungen«, um die Situation in den Griff zu bekommen!

Bei der Gelegenheit fällt mir ein, er formulierte diesen bemerkenswerten: »Die Pakistanis sind bereit für Allah zu sterben (da ihnen das Paradies zugesagt wird), aber sie sind nicht bereit für Allah s.w.t. zu leben.« Ich überlasse es den Gläubigen-Lesern daraus Schlüsse zu ziehen, alle anderen mögen denken, was sie wollen, In shaa Allah, oder auch nicht.

2 Iman-Glaube und rationale Interpretation

Jetzt kommt ein kleines Wortspiel mit Iman-Glaube, wonach ein Mann (Mensch) nur der ist, welcher einen Glauben hat, also das ich ›I‹ nur dann zugesprochen bekommt im Sinne von sein - to be - being, wenn er an etwas glaubt, da er sonst im Vakuum lebt und im luftleeren Raum keinen Halt findet, ergo nicht existiert. I man, wie I-Mensch, I-robot, eben nur I-man, Iman. Einfach gesagt, ich kann nur sein, wahrhaftig sein, wenn ich bin und das auch nur, wenn ich glaube. Wieder: ich glaube, also bin ich.

Das ist selbstverständlich alles andere als rational, deshalb kam es gleich zu Anfang. Die »rationale Interpretation« kommt gleich, wenn es in diesem Kontext überhaupt »rational« zugehen kann; wir reden ja schließlich vom Glauben.

Hätte der Allmächtige Schöpfer es gewollt, dann wäre einem jeden Menschen das Wissen bezüglich der Ursachen seines eigenen, persönlichen Glücks in die Hand gelegt gegeben und der schlüssige Weg es zu erreichen gleich mit: das rundum glücklich Packet; jedoch Er s.w.t, in Seiner unergründlichen Weisheit, schickte jeder Ummah-Gesellschaft einen Botschafter, Propheten seines Stammes, seiner eigenen Rasse, nicht von einer anderen! Er sandte also für dieses Ziel, der Glückseligkeit, um diese zu betreiben (so sagt man) 124.000 Propheten. Nachgezählt habe ich die nicht, aber ich glaube Ihm s.w.t. das. Einige (fünfundzwanzig) davon sind im Koran benannt und wurden deren Vorsteher, Anführer, Chefs und verordneten jenen zu folgen, um Ihn s.w.t. anzubeten und zu gehorchen, auch in der vorbestimmten Annahme ihrer Auseinandersetzungen und als Erprobung, Testfall. Die Hintergründe sind am besten IHM s.w.t. bekannt und ich werde den Teufel tun, mich da in Mutmaßungen zu stürzen … und so irren wir weiter herum auf der Suche nach dem Glück, oder dem Erwachen, der Erleuchtung … und wenn ich wüsste, was das ist, ich würde es ihnen nicht sagen. (Witz) Bezüglich des Glaubens fiel mir eben ein Ereignis aus meiner Vergangenheit ein, welches ich Ihnen in diesem Zusammenhang erzähle.

Es war irgendwann in den 90ern in Ost-Afrika, Kenia, Marsabit; ich beabsichtigte früh am Morgen nach Loiyangalani zu fahren. Am Rande einer recht großen Wüste eröffnete mir ein Askari-Polizist am Schlagbaum, ich könne hier nur in Begleitung eines oder mehrerer Polizisten zu meinem Schutz weiterfahren. Da ich schon zu der Zeit nicht von den (nicht-korrupten) Fähigkeiten der Polizei überzeugt war, erwiderte ich nicht in Bedarf von Personenschutz zu sein, da ich meinen eigenen Askari habe. Der verwirrte Polizist konnte niemanden in dem Land Rover ausmachen und bat zu wissen, wer das denn sei; also erklärte ich ihm, obwohl an meiner Kleidung ersichtlich, dass ich ein Muslim sei und Allah s.w.t. mein Askari sei. Er schüttelte nur mit dem Kopf und ließ mich passieren, nicht ohne zu fragen, ob ich ein ca. 10 jähriges Mädchen auf halben Weg in der Schule abgeben könnte. Wir waren mit einem Freund seinerzeit in einem Projekt involviert und die lokalen Gepflogenheiten waren mir bekannt. Ebenfalls wusste ich um die Shifta-Wegelagerer, um die ich mir weniger Gedanken machte als über die Menschen fressenden Löwen.

Ich fuhr also mit meiner kleinen Begleiterin aus Marsabit in Richtung Loiyangalani, als unvermittelt der vordere linke Reifen mit einem lauten Knall platzte, was eine Weiterfahrt auf der steinigen Holperstraße unmöglich machte. Die einsetzende sengende Hitze habe ich in Folge dessen nicht gemerkt und ohne Hilfe wechselte ich den (recht großen) Reifen. Das Buschmesser auf dem Fahrersitz, in Erwartung Menschen fressender Löwen, die ich niemals zu Gesicht bekam, lediglich die Möglichkeit (mumkinat) und mein Wissen um sie ließen mich diesen verdammten Reifen in affenartiger Geschwindigkeit austauschen. Verstehen Sie jetzt, was ich meine mit Glauben und rationaler Interpretation? Ich für meinen Teil sehe die Zeichen und Hinweise der Existenz, in diesem Fall der Menschen fressenden Löwen, sowie die Möglichkeit (mumkinat) ihrer Anwesenheit, das ist für mich ausreichend, um »Vorsichtsmaßnahmen« zu treffen und eine Begegnung einzukalkulieren – obwohl ich nie eine derartige Bestie gesehen habe, oder ihr begegnet bin! Ich kann mir denken, verehrter Leser, Ihnen geht es ebenso.

Jedermann weiß, alle Kreaturen und Tiere liegen weit unter dem Menschen, der »Krone der Schöpfung«. Nehmen wir einfach einmal an, ein gemeines, animalisches Geschöpf spricht – sogar eine Schmeißfliege – es kommt einfach daher und sagt: »Ich bin ein Botschafter von Gott gesandt zu euch. Ich warne euch vor diesem und jenen; tut dies und das … !« Sicherlich würden viele Durchschnittsbürger vorgeben, ihm (dem sprechenden Tier, Insekt…) zu folgen, Segnungen erbitten und es verehren. Edle Leute und Könige würden sich ihm unterwerfen und mit größter Wahrscheinlichkeit wäre für niemanden irgendein Glaubwürdigkeitszeichen von Nöten. Die bloße Tatsache seiner Rede wäre ausreichend als Beweis seiner Glaubwürdigkeit, selbst wenn es nicht so wäre. Genügend, zumal da eine Art und Spezies diese Stufe erreicht hat, wäre niemand neidisch oder missgünstig. Demzufolge wäre der erste Test, mit dem Gott seine Schöpfung auf die Probe stellte, Botschafter/Propheten aus ihren eigenen Reihen zu entsenden, nichts anderes als sie selbst.

Nach den Aufzeichnungen des Koran ist Sure An-Nur 24; Ayah 35: »Allah das Licht des Himmels und der Erde.« Die Manifestation dieses Lichts wird nicht nur durch die Existenz ihres Selbst, sondern durch die Wissenschaft und in unserer eigenen Schöpfung belegt. Leuchtkraft oder Gottes »Selbstaufdeckung« wird zum Beispiel von Ibn Arabi im weitesten Sinne in der Lehre vom Wissen (Epistemologie, Futuhatil Makkiyah II 485, 20) definiert als »das Licht der ungesehenen Dinge, die von den Herzen offenbart werden«. Unter den mannigfaltigen Arten von Licht, oder göttlicher Selbst- Enthüllung erscheinend im Kosmos ist das Licht des Wissens, »welches die Dunkelheit der Ignoranz (vertreibt) beseitigt aus der Seele«. In gleicher Weise kann auch (der Verstand), die Wahrnehmung des Verstandes als Licht bezeichnet werden.

Glaube ist jedoch leuchtender als Wissen oder Verstand, da der Glaube nicht nur das Wissen der Unvergleichbarkeit wahrnehmen und verarbeiten kann, sondern auch das Wissen der Ähnlichkeit/Vergleichbarkeit erfasst von der Vorstellung/Fantasie. Mit anderen Worten, der Verstand ist ein »Licht« mittels dem bestimmte Sachverhalte verstanden werden, wohingegen Glaube ein »Licht« beinhaltet, mit dem alles erfasst wird, vorausgesetzt es besteht keine Blockierung, oder eben eine künstlich errichtete Blockade, worauf wir im Verlauf dieses Themas kommen werden, in shaa Allah – so Gott will. Durch das Licht des Verstandes gelangen wir an den Punkt der Notwendigkeiten und Unmöglichkeiten der Gottheit und was zugelassen und nicht unmöglich (ist). Das Licht des Glaubens eröffnet dem Verstand die Essenz und die Qualitäten mit denen Gott sich selbst beschreibt, sich selbst zuordnet. Obwohl der Status hervorragender Leistung der Kreation (Schöpfung) nicht unbekannt ist, verleiht kein Vergleichbares derartige Glückseligkeit durch die Nähe Gottes als der Glaube.

 

Ferner ist das Licht des Glaubens höher in der Wertstellung in Verbindung mit Wissen (fundiert) als ohne dieses Wissen. Das Zusammenwirken Glaube – Wissen erstrahlt ungleich intensiver und lässt alle anderen Konstellationen verblassen. Dunkelheit, Lüge, Falschheit muss im Angesicht der Wahrheit unbedingt weichen – Koran Sure Al Isra 17; Ayah 81: »Und sag: Die Wahrheit ist angekommen, und das Falsche geht dahin; das Falsche ist dazu bestimmt dahinzugehen.« Licht durchdringt, mit anderen Worten, das Licht des Glaubens; somit wird klar, die Person mit Wissen von Gott im Zusammenspiel mit Glaube ist hochgestellt, auch durch die Ausübung Glückseligkeit zu erlangen, Koran Sure Al Mujadilah; Ayah 11, und dies insbesondere durch das Zeugnis von Tawheed-Einheit Gottes: »…so erhöht auch Allah diejenigen von euch, denen das Wissen gegeben worden ist um Rangstufen. Und Allah ist dessen, was ihr tut, kundig.«

Ausdeutung – Interpretation

Glaube erfordert un-angezweifelte Annahme der göttlichen Offenbarung, welche in Form der Heiligen Schrift übermittelt wird, wohingegen der Verstand alles als nicht angemessen deutet, was nicht der göttlichen Realität entspricht, oder seiner Annahme interpretiert. Es sei an dieser Stelle auf die recht unterschiedliche Bewertung der Koran Auslegung und Kommentare hingewiesen, die häufig einer mystischen – spirituellen Auslegung wenig Raum lassen und diese regelrecht unterdrücken, ja sogar verbieten.

In einer der führenden Buchhandlungen in einer der noblen Städte In Saudi Arabien fragte ich einmal nach dem Buch »Risalatul Qushairy fii ilmut Tassawwuf«, die Epistel von Qushairy in der Wissenschaft des (islamischen) Mystizismus (Tassawwuf) und wurde auf den frühen Abend verwiesen. Zuvor hatte ich versucht eben diese Ausgabe, ohne Erfolg, zu erhaschen, umso größer war meine Freude dieses Buch von dem Buchhändler zu bekommen und er legte es für mich mit dem Titel nach unten auf den Ladentisch. Etwas überrascht nahm ich es zur Hand und nach Vergewisserung das seltene Exemplar zu halten, küsste ich das Buch aus lautem Überschwang, um im nächsten Moment aus dem Laden komplementiert zu werden, mit gestammelten Worten: »Mamnu‘, mamnu‘!« – »Verboten, verboten!« Dieses Buch sei hier (in Saudi Arabien, nicht nur in seiner Buchhandlung) verboten. Zur Erklärung, Qushairy ist, allgemein akzeptiert, die höchste Instanz im islamischen Mystizismus, oder sagen wir Sufismus (basierend auf dem Koran und der Sunna-Praxis des Propheten Muhammad s.a.w.). Wenn Ibn Arabi der König ist, dann ist Qushairy der Kaiser und es bringt die Haltung gegenüber dem »vergeistlichten, mystischen« Islam, also dem Batin-Inneren zum Ausdruck.

Das benutzte Wort Ta‘wil bei Ibn Arabi heißt wörtlich Rückkehr, zurücknehmen, zum Beginn zurückkehren. Im weiteren Sinne (heißt es) entdecken, erklären, interpretieren. Viele muslimische Autoritäten halten Tafseer und Ta‘wil für gleichbedeutende Kommentare auf den Koran bezogen, jedoch die Mehrheit der Autoritäten unterscheiden zwischen Ta‘wil, im Allgemeinen ein eher mystisch und esoterischer Ausdruck und Tafsir Exegese, Kommentar.

Aber keine Angst, ich werde nur gelegentlich auf einige Eckpunkte eingehen und das war so einer. Des Weiteren bin ich noch der Meinung, dass eine große Kluft zwischen den Autoritäten, Ulema, Gelehrten, wie auch immer genannt und der Ummah-Gesellschaft, dem Durchschnittsbürger und der fehlenden Bindeglieder besteht.

Die kleine, eben erzählte Episode steht als typischer Platzhalter und danke der Mutter (dem Merkelchen) der Nation, uns die Freiheit der Meinungsäußerung zu gestatten und dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit, welches diese Entfaltung möglich macht. In diesem Sinne fahre ich fort mich gegen Einschränkungen zu verwehren, solange sie die Freiheiten anderer nicht einschränkt und diese respektieren. Das ist einer der Grundsätze und Basiselemente auf die ich gesteigerten Wert lege, jenseits aller Religion, Gesetze und Konventionen:

Die Freiheit eines jeden Einzelnen hört da auf,

wo die Freiheit eines anderen anfängt

Man sollte meinen, das ist doch nicht so schwierig, ist es allem Anschein nach aber doch.

Bevor irgendwelche Missverständnisse auftauchen bezüglich der Koraninterpretation, sei hier als Beispiel die Sure Al Imran 3; Ayah 7, wo der »Streit«, die Auseinandersetzung-Ikhtilaf (Meinungsverschiedenheit) auf den Punkt getrieben wird: »Er ist es, der dir das Buch herabgesandt hat. Doch diejenigen, in deren Herzen (Neigung zur) Abkehr ist, folgen dem, was verschieden zu deuten ist, um Zwietracht herbeizuführen und Deutelei zu suchen, (indem sie) nach ihrer abwegigen Deutung trachten. Aber niemand kennt ihre Deutung außer Allah. Diejenigen aber, die ein tief begründetes Wissen haben, sagen: ›Wir glauben daran, alles ist von unserem Herrn.‹ Doch niemand bedenkt dies außer den Einsichtigen.« Die eben zitierte Lesart folgt dem Sinn des Ta‘will als eine korrekt gültige Lesart, im Gegensatz zu der Mehrheit der Schiiten, (das heißt) ohne den Punkt (.) zwischen »… außer Allah und diejenigen die …« und so bringt ein kleiner Punkt oder seine Abwesenheit frischen Fitnah-Streit in unsere Ummah-Gesellschaft, die ja angeblich die Beste sein soll, die je für die Menschen hervorgebracht worden ist. Als Zwischenresultat können wir schon einmal festhalten, unsere eigenen Interpretationen nicht über den offenbarten Text zu stellen und beten: »…mein Herr lasse mich an Wissen zunehmen.« Koran Sure Ta Ha 20; Ayah 114 . Der Prophet Muhammad s.a.w. (5+) und der offenbarte Text (Koran) eröffneten etwas, was dem Verstand nicht einleuchtend erschien; auf diese Weise waren die verstandesmäßigen Fähigkeiten genötigt einiges so zu interpretieren, um es akzeptabel erscheinen zu lassen und in anderen Fällen ihr Unvermögen einzugestehen, wo eine Interpretation absolut unmöglich ist. Der Gipfel zwang diese Person zu sagen: »Diese Affäre hat einen Aspekt (nur Gott bekannt) und (ist) liegt weit über den Fähigkeiten unseres Verstandes.«

All das nur um der Person Genugtuung zu verschaffen, nicht Wissen; nur um nicht Dinge (Aussagen) des Propheten s.a.w. abzulehnen, oder der Offenbarung (Koran). Das wäre der Status einer intelligenten, einsichtigen Person; wohingegen der Mensch gänzlich ohne Glauben nichts davon akzeptiert, gutheißen kann. Viele Stellen im Koran wurden offenbart, die der (rationale) Verstand für unmöglich erklärt, einige bezogen sich auf die höchste Stelle, andere stellen das Dasein des Wesens in seiner Gesamtheit in Frage. Die höchsten Stellen beziehen sich auf alles glaubensmäßige, wo Gott sich im Koran selbst beschreibt und die Aussagen des Propheten s.a.w., sowie der äußere Stellenwert (Zahir) vom Verstand nicht genehmigt (auf der Basis von Beweisen) und nur auf der Basis von Deutung und weit hergeholten Interpretationen, ergo Glaube basierend auf der eigenen Auslegung, nicht auf (der Basis) den Fundamenten des Koran. Eine jede Gruppierung unter den Verstandesdeutern bescheinigen den anderen Ignoranz, Unwissen in Bezug auf Gott, selbst sollten sie muslimische Denker der berücksichtigten Fakultät sein (Interpreten), jede Gruppe deklariert die anderen zu Ungläubigen (Kuffar)!

Nicht die geringste Misshelligkeit, Meinungsverschiedenheit oder nicht-Übereinstimmung bezüglich der Attribute, Eigenschaften, Merkmale Gottes (Allah s.w.t.) wurde vermittelt von Adam a. s. bis hin zu Muhammad s.a.w. Im Gegenteil, alle von ihnen sprechen mit einer Zunge, die nicht geteilt ist. Alle offenbarten Schriften berichten einhellig, mit einer Zunge, keine sind zwei geteilter Meinung, ungeachtet der großen Zeitspanne zwischen ihnen und ungeachtet der Tatsache sich niemals getroffen zu haben.

In gleicher Weise erlauben sich keine der Muslime mit Einsicht, Erkenntnis, Muslime der Selbst -Ergebung (Taslim), die sich auch nicht auf Interpretationen einlassen, sie befinden sich nicht unter einer der Gruppen (Personen): entweder finden wir hier die Person des Glaubens, die ergebender Weise alles Wissen Gott zuschreibt, bis er stirbt und auf diese Weise Autorität befolgt (Muqallid), oder alternativ die praktizierende Person der Äste (Furu‘ al Ahkam-Wege, Richtung), der Lineatur-Entscheidung, welche erkennt und einen soliden Glauben in den Propheten und seine Offenbarung aufweist.