Verzückte Distanzen

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Verzückte Distanzen
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LYRIK EDITION · NEUE AUSGABE

Herausgegeben von Heinz Kattner

Monika Rinck

Verzückte

Distanzen

Gedichte


Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen ­Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet

über ‹http://dnb.ddb.de› abrufbar.

ISBN 9783866742840

© 2013 zu Klampen Verlag · Springe

Einband, Layout, Typographie

thielen verlagsbuero · Hannover

Gesamtherstellung

Bookfactory - Der Verlagspartner GmbH

und Co. KG · Bad Münder

1. digitale Auflage

Zeilenwert GmbH 2013

inhalt

cover

titel

impressum

pfingstrosen

das phüh

la defense

park

schleicht sich

es war vorbei

so einfach

verlängerungen

der letzte tag im süden

green faces: sind wir denn so etwas im raum

auch teich

nicht haben: entspannung

nicht haben: sex

nicht haben: ziel, oder: das immens irritierende läuten des leittiers

nicht haben: substanzen (this is for paddy)

nicht haben: natur

disembodiment

der jünger

mein winter mit einzelnen personen

die richtung des taus

südlicher

randstreifen, zoniert

gefühle an fenstern

diskrete rhapsodie

eine brücke wären

verschwendung

schwere

velodrom

trainingsziele

cowboyhandwerk

raumfahrt

teich

schwedenschanze gentlemen I

schwedenschanze gentlemen II

lakeside demons

walnuss disarray

isolierbare stoffe

das herz des ersten

eidechs loverman

monika rinck

pfingstrosen

in allen phasen der faltung nisten die büschel,

geballte pakete, dicht, eng und stumm

hockt in knospen das drängen nach fetten

vermoddelten zentren in purpur und / oder weiß

wohnen rücken an rücken hinübergebogene blüten

auf krautigen stengeln und blühen sich rund.

als es zu regnen angefangen hat, ich am halm

in meiner großen hand den schweren kopf

gehalten habe, zog kindheit in die feuchte luft,

spitze schreie, habenwollen, pfingstgelockt

zum hang geworden. sehnsuchtsarten stiegen auf

und tauchten wieder ab. wie ich das flüstern

ihrer vielen tausend blüten hörte, wollte ich

die regennasse rose strubbeln, knüllen, fleddern

wollte ihr die blüten rupfen, um mich werfen,

und zertreten, freunde rufen, kommt und schaut

das fette große blütending, was ich da hab,

katzenkopfrund weiß und ohne augen, ich, ich,

ich will den katzenkopf, der keine katze ist

durch’s irre rudel meiner wünsche treiben

kaputtgemacht und angefaßt, nein unversehrt

lass ich die hehren rosen reglos starr inmitten

jener bahnen stehn durch welche kindheit schnellt.

das phüh

da ist der innigste wind, der zu einer brücke sich krümmt

über die das phüh in begleitung von sylphen hinweggeht.

so sanft ist noch nie ein molekül in bewegung geraten,

so weich hat sich noch keine einzige welle gebreitet, gelüpft

und wieder gesenkt in ihr mikroskopisches tal, zusammen

getan hat sich die luft zu einem bogen mit anfang und ende

den man sehen könnte, wenn man ohne schwere wäre wie du.

so hat noch keiner die codierten welten der vögel verstanden,

nicht ihre schreie, ihr tirili und das tschilpen nicht, auch nicht

das trockene rascheln der federn bei landung, wut oder rast

sondern das, was die antwort der luft auf die frage ihres fluges ist.

eine konsonantenschwebe, ein luftzug um ein ü gehegt, ein wirbel,

eine spur, ein verstecktes phüh das zwischen ihren flügeln lebt.

für arsenij

la defense

es sind nur wenige grad, vielleicht fünf

oder sieben, um die erhöht die glühende stadt

in semantischer drift, haitisch, ein tunis vielleicht,

in richtung äquator davontreibt, die wärme,

die verzweiflung, mein liebling, ich sehe es,

wie der riemen, das glück, diese tasche, dir

in die schulter, die weiße, hineinschneidet,

hell, und niemals ganz trocken, ein streifen

am glücklichen himmel, so hoch oder höher,

verteidigen achsen das hohe gegen das weite,

schneiden wege in das gequerte, senken

den hysterischen steg weit in die vorstadt,

man fühlt die verzweiflung, man fühlt

was die glücklichen fühlen, es füllt sich

das forum, das große, noch größer,

mit menschen, der aufzug, die achsen

des kreislaufs, gerichtet, zum himmel,

zur wölbung, zur quere, indes fahren die

freunde im gemieteten auto den zubringer

in einer nicht glücklichen richtung hinauf,

denn die freunde sind wie die gefühle

gesteigert, sind wie die erwartung, sind

dialektische temperaturen, unterscheiden

zwischen glück und verzweiflung nicht mehr.