Kopenhagen. Eine Biografie

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Kopenhagen. Eine Biografie
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

Matthias Bath

KOPENHAGEN -

Eine Biografie

Menschen und Schicksale

VON ABSALON ZUR KLEINEN MEERJUNGFRAU


Abbildungsnachweis

Titelbild: Guenter Rossenbach/​Corbis

Alle übrigen Abbildungen: Dieter Heyer, Berlin

192 Seiten mit 15 Abbildungen

Titelbild: Frederiksborg Castle, Denmark, Guenter Rossenbach/​Corbis

Frederiksborg, Dänemark

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

detaillierte bibliografische Daten sind im

Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2014 by Nünnerich-Asmus Verlag & Media, Mainz am Rhein

ISBN 9783943904833

Gestaltung: Bild1Druck GmbH, Berlin

Lektorat: Frauke Itzerott, Jana Burckhardt, Carmen Tanzer

Gestaltung des Titelbildes: Manuela Wirtz, Kommunikationsdesign

Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf fotomechanischem Wege (Fotokopie, Mikrokopie) zu vervielfältigen oder unter Verwendung elektronischer Systeme zu verarbeiten und zu verbreiten.

1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2014

Weitere Titel aus unserem Verlagsprogramm finden Sie unter:

www.na-verlag.de

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Widmung

Vorwort

Dänemark in Mittelalter und Reformation

Absalon (ca. 1128–1201) Streitbarer Gottesmann und Stadtgründer

Die Fischfrau vom Gammel Strand (bis 1958) Lone, Lene, Tine, Nele oder Mette

Erich von Pommern (ca. 1382–1459) Ein Deutscher macht Kopenhagen mit juristischen Winkelzügen zur Hauptstadt Dänemarks (1416)

Kong Hans (1455–1513) Ein Bürgerkönig des Spätmittelalters

Peder Skram (ca. 1491– 1581) Wendehals, Wagehals und Dänemarks erster Reichsadmiral

Ambrosius Bogbinder († 1536) Aufrührer, Bürgermeister und Stadttyrann

Hans Tausen (1494–1561) Die Dänen werden Lutheraner (1536)

Christian III. (1503 –1559) Dänemark wird Seemacht und Kopenhagen Flottenhafen

Herluf Trolle (1516–1565) Humanist, Reichsrat und Admiral

BAUTEN AUS DER ZEIT DES MITTELALTERS UND DER REFORMATION

Königliches Kopenhagen

Christian IV. (1577–1648) Kopenhagens Bauherr

Leonora Christina Ulfeldt (1621–1698) Von der Lieblingstochter des Königs bis zur Schöpferin des ersten bedeutenden Werkes der neuzeitlichen dänischen Literatur

Niels Juel (1629 – 1697) Ein dänischer Seeheld des 17. Jhs.

Christian V. (1646 –1699) Die Stadt sprengt ihren mittelalterlichen Rahmen

Ludvig Holberg (1684–1754) Dichter seiner Epoche

Nikolaj Eigtved (1701– 1754) Der Architekt des dänischen Rokoko

Frederik V. (1723–1766) Zügellos, schwacher Regent, aber beachtlich als Stadtplaner und Modernisierer

Johann Friedrich Struensee (1737–1772) Ein deutscher Aufklärer in Kopenhagen und sein Scheitern

Frederik VI. (1768 – 1839) Bauernbefreier, Staatsbankrotteur und König in Dänemarks Goldenem Zeitalter

Bertel Thorvaldsen (1770–1844) Bildhauer und Wahlrömer

Hans Christian Ørsted (1777– 1851) Entdecker des Elektromagnetismus, Universalgenie und Philosoph

Adam Oehlenschläger (1779–1850) Dichter der dänischen Romantik

Nikolaj Frederik Severin Grundtvig (1783–1872) Theologe, Kirchenreformer und Volksaufklärer

Hans Christian Andersen (1805–1875) Dänemarks größter Erzähler

Søren Kierkegaard (1813–1855) Philosoph und Existenzialist

BAUTEN DES KÖNIGLICHEN KOPENHAGENS

Großstadt und Bürgergesellschaft

Frederik VII. (1808–1863) Dänemark wird konstitutionell (1848)

Georg Carstensen (1812– 1857) Der Schöpfer des Tivoli (1843)

Jacob Christian Jacobsen (1811–1887) Begründer der Carlsberg-Dynastie und Wissenschaftsmäzen

Christian IX. (1818–1906) Europas Schwiegervater

Carl Frederik Tietgen (1829–1901) Finanzmann und Vollender der Marmorkirche

Carl Jacobsen (1842–1914) Kunstmäzen im großen Stil und Brauer

Oskar Davidsen (1859–1920) Ein Weinhändler erfindet das dänische Smørrebrød (1888)

Paul Fischer (1860–1934) Kopenhagens Maler

Christian X. (1870–1947) Der reitende König

Dagmar Hansen (1871–1959) Dänemarks erstes Pin-up Girl

Thorvald Stauning (1873–1942) Vom Zigarrensortierer zum Staatsminister

Arnold Peter Møller (1876–1965) Großreeder, patriotischer Patriarch und Geschäftsmann

Karen Blixen (1885–1962) Jenseits von Afrika und vor den Toren Kopenhagens

Niels Bohr (1885– 1962) Atomphysiker und Nobelpreisträger

Arne Jacobsen (1902–1971) Architekt des Dansk Design

Mærsk Mc-Kinney Møller (1913–2012) Großreeder, Dänemarks größter Arbeitgeber und Großmäzen

Dan Turèll (1946– 1993) Jazz-Musiker und Kneipenpoet der Kopenhagener Bro-Viertel

Die Kleine Meerjungfrau (seit 1913) Eine der überbewertetsten Sehenswürdigkeiten der Welt, gleichwohl Symbol Kopenhagens

BAUTEN SEIT 1850

Aus unserer Serie: Metropolen in Biografien


FÜR MARIA,

die mir den Rücken freihält


Unterwegs nach Kopenhagen – Sonnenuntergang südlich von Gedser

Vorwort

Alljährlich kommen Hunderttausende Besucher nach Kopenhagen, der Metropole Nordeuropas. Sie besichtigen die Kleine Meerjungfrau, die Wachablösung vor Schloss Amalienborg und den Vergnügungspark Tivoli. Vor allem aber genießen sie das Flair dieser einzigartigen Stadt, die schon vor über 100 Jahren Stadt der schönen Türme genannt wurde, und werden für die Dauer ihres Besuchs Teil eines lebendigen Stadtorganismus, der von den Einwohnern Kopenhagens gestaltet wird und wurde.

 

Kopenhagen, im 12. Jh. als Fischerdorf am Øresund entstanden, wurde vom Stadtgründer Bischof Absalon 1167 mit einer Burg geschützt und entwickelte sich zum Handelshafen. Bereits im 15. Jh. wurde es zur Residenz- und Hauptstadt Dänemarks. Vom mittelalterlichen Kopenhagen ist außer einigen Kirchen kaum noch etwas erhalten. Als zweiter Stadtgründer gilt der Renaissancekönig Christian IV., der ab 1598 zahlreiche markante, noch heute die Innenstadt Kopenhagens prägende Bauten errichten ließ. Im 18. Jh. war Kopenhagen eine der reichsten Handelsstädte Europas, wovon etwa die Rokokobauten der Frederiksstad zeugen. Andererseits zerstörten die Stadtbrände von 1728 und 1795 große Teile des bis dahin bestehenden alten Kopenhagens. Das heutige schöne alte Kopenhagen entstand im Altstadtbereich erst in der ersten Hälfte des 19. Jhs. und nach Aufgabe der Stadtbefestigungen in den angrenzenden Vierteln in dessen zweiter Hälfte.

Das Leben Kopenhagens pulsiert aber vor allem in den zentralen Bereichen, wo auch die 42 im Buch porträtierten Kopenhagener überwiegend beheimatet waren. Durch diese biografischen Skizzen erschließen sich aber nicht nur die Lebensläufe der Porträtierten und die Zeitumstände ihrer Lebensspanne, sondern auch die Vergangenheit der Stadt überhaupt. Diejenigen Besucher Kopenhagens, die mehr als einen flüchtigen Eindruck der von ihnen besuchten Stadt gewinnen wollen, erhalten so einen kurzweiligen Überblick über Stadt, Land und Leute und die Geschichte der dänischen Hauptstadt.

Dieter Heyer danke ich für die Zurverfügungstellung seiner Bilder. Meinem Berliner Freund Robert Otte und meinen Kopenhagener Freunden Henrik Lundbak und Niels Gyrsting danke ich jeweils für Anregungen wie auch für Mitteilungen, die in Texte eingeflossen sind oder doch für diese zumindest hilfreich waren.

Berlin, im November 2013

Matthias Bath

Dänemark in Mittelalter und Reformation


Absalon

Die Fischfrau vom Gammel Strand

Erich von Pommern

Kong Hans

Peder Skram

Ambrosius Bogbinder

Hans Tausen

Christian III.

Herluf Trolle

Das mittelalterliche Dänemark war ein aus Stammes- und Herrschaftsbildungen hervorgegangenes Wahlkönigreich, das unter König Harald Blauzahn (ca. 960 – 987) christianisiert wurde. Harald ließ 985 an einer alten germanischen Kultstätte, im innersten Winkel des Roskildefjordes, eine Kirche errichten und begründete damit Roskildes Rolle als Hauptstadt Dänemarks. 1020 wurde Roskilde Bischofssitz. Hier residierten die dänischen Könige bis ins 15. Jh. hinein. Doch mussten sich Könige und Bischöfe die Macht in Roskilde teilen, wobei der ortsansässige Bischof dem König überlegen war, denn Letzterer war zwangsläufig oft abwesend, weil er das Reich durch Reisen zusammenhalten musste.

Unter König Svend Estridsen (1047 – 1074) wurde die dänische Kirche um 1060 in die acht Stiftsbezirke Schleswig, Ribe, Århus, Viborg, Vendsyssel (Børglum), Odense, Roskilde und Lund eingeteilt. Als 1104 Lund zum Erzbistum für ganz Nordeuropa erhoben wurde, beendete dies den Einfluss, den bis dahin das Erzbistum Bremen-Hamburg auf die dänische Kirche gehabt hatte.

Die Institution des Wahlkönigtums führte im Mittelalter über Jahrhunderte hinweg zu blutigen Konflikten zwischen verschiedenen Thronanwärtern und solchen, die sich dafür hielten. Mitte des 12. Jhs. kam es so zu einem mehr als 25 Jahre währenden Krieg um die Thronfolge, der erst 1157 von König Valdemar dem Großen (1157 – 1182) zu seinen Gunsten entschieden wurde. Mit ihm beginnt die Valdemarzeit, in der Dänemark als Großmacht über weite Teile des südlichen Ostseeraums herrschte. Seinen Höhepunkt erreichte dieses Großreich mit der Eroberung Estlands in der Schlacht von Lyndanisse 1219, wo der Sage nach der Danebrog vom Himmel fiel und den christlichen Dänen als Feldzeichen zum Sieg verhalf. Das Valdemarsche Großreich brach aber nur wenige Jahre später mit der dänischen Niederlage in der Schlacht von Bornhöved (bei Segeberg) 1227 gegen den aufkommenden Bund der Hansestädte und die Holsteiner zusammen.

Die Auseinandersetzung mit den Hansestädten sollte zu einem zentralen Faktor der dänischen Politik in den folgenden Jahrhunderten werden. Nach dem Tode König Valdemars II. 1241 kam es zu einem rapiden Verfall der dänischen Königsmacht durch dynastische Auseinandersetzungen, die sich über beinahe 100 Jahre hinzogen und drei Königen das Leben kosteten. Gegen Ende des 13. Jhs. bildete sich aus adligen Magnaten und den Bischöfen der Reichsrat als Organ zur Königswahl und Gegengewicht zur Königsmacht.

In der ersten Hälfte des 14. Jhs. begann das dänische Königreich sich aufzulösen und es gab vorübergehend überhaupt keinen König. Erst unter König Valdemar Atterdag (1340 – 1375) begannen sich die Verhältnisse in Dänemark wieder zu konsolidieren. Als Valdemar aber 1361 die Insel Gotland überfiel und die reiche Hansestadt Visby eroberte, führte dies zum Krieg mit der Hanse, der sich auch mit Valdemar unzufriedene dänische Magnaten anschlossen. Der Krieg endete 1370 mit dem Frieden von Stralsund, einer dänischen Niederlage, die zugleich den Höhepunkt der Macht der Hanse darstellte.

Als Valdemar 1375 ohne männlichen Erben verstarb, gelang es seiner jüngeren Tochter Margrete als Regentin für ihren Großneffen Erik VII. 1397 die Vereinigung Dänemarks, Norwegens und Schwedens zu erreichen und Erik auf einem Treffen in Kalmar zum Unionskönig der drei nordischen Reiche krönen zu lassen. Die tatsächliche Regentschaft wurde allerdings weiter von Margrete bis zu ihrem Tode 1412 ausgeübt.

Nach Margretes Tod führte Erik VII. zunächst die Politik seiner Großtante fort, entwickelte dann ab 1422 aber ein ausgeprägtes Großmachtstreben, das ihn sowohl in Konflikte mit der Hanse als auch dem Adel seiner drei Reiche verwickelte. Auch stieß die immer stärker werdende dänische Hegemonie zumindest in Schweden ab 1430 zunehmend auf Widerstand. Diesen Konflikten war Erik auf Dauer nicht gewachsen und wurde daraufhin 1439 von den Reichsräten der drei Reiche jeweils für abgesetzt erklärt.

Sein Nachfolger Christoffer III. (von Bayern) blieb, auch wenn er noch einmal als Unionskönig aller drei Reiche bestätigt wurde, ein Mann des Überganges. Nach seinem Tode wurde 1448 mit Christian I. der erste Oldenburger zum König in Dänemark und Norwegen gewählt. 1457 erlangte er auch den schwedischen Thron und war nun abermals Unionskönig. 1460 wurde er schließlich in Ribe sowohl zum Herzog von Schleswig als auch zum Grafen von Holstein, das 1474 vom deutschen Kaiser zum Herzogtum erhoben wurde, gewählt.

Innenpolitisch war die Lage in Dänemark unter Christian I. von Konflikten zwischen Krone und Adelsmacht gekennzeichnet. In diesem Zusammenhang ist auch die Besetzung freiwerdender Staatsämter mit Bürgerlichen zu sehen, die in erster Linie dem König und nicht dem adligen Reichsrat gegenüber loyal waren. Dies führte nicht zuletzt dazu, dass sich das aufkommende Bürgertum ebenfalls als eigener Stand empfand. Dieser Bürgerstand wurde vor allem von Christians erstem Sohn Johann I. (1481 – 1513) und dessen Sohn Christian II. (1513 – 1523) gefördert, die zugleich bemüht waren, den Einfluss des Adels weiter zurückzudrängen. Zugleich ging unter diesen Königen aber die Unionsherrschaft in Schweden, einmündend in das Stockholmer Blutbad vom November 1520 und die hierdurch ausgelösten Aufstände unter Gustav Vasa, endgültig verloren.

Christian II. flüchtete angesichts eines Adelsaufstandes 1523 nach Holland und wurde vom dänischen Reichsrat als König für abgesetzt erklärt.

In jenen Jahren kamen aber auch die Ideen des Protestantismus nach Dänemark und fanden hier in dem neuen König Frederik I. (1523 – 1533) und vor allem dessen Sohn Herzog Christian Förderer. Nach Frederiks Tod wollte der mehrheitlich katholische Reichsrat Christian deswegen 1533 nicht zum König wählen, was aber zum Aufstand der Anhänger des von Frederik seit 1531 gefangengehaltenen Christian II. und zum Bürgerkrieg führte. Nachdem sich Frederiks Sohn als König Christian III. durchgesetzt hatte, verkündete er 1536 die Einführung der Reformation in Dänemark. Zugleich führte die Einziehung des Kirchenguts auch zu einer Sanierung der dänischen Staatsfinanzen. Christian III. (1534 – 1559) gilt zudem als Begründer des modernen dänischen Beamtenstaates und zweiter Gründer der dänischen Kriegsflotte.

Absalon (ca. 1128 – 1201)
Streitbarer Gottesmann und Stadtgründer

Absalon wurde um 1128 im westseeländischen Fjenneslev auf dem Stammsitz seiner Familie, des Geschlechts derer von Hvide geboren. Die Hvides gehörten zu den größten Grundbesitzern Dänemarks und waren ein weit verzweigtes Adelsgeschlecht. Absalons Vater Asser Rig gehörte zu den mächtigsten Männern des Königreichs. Die Hvides hatten schon König Erik Ejegod während dessen Herrschaft (1095 – 1103) unterstützt. Als dessen Sohn Knud Lavard zu Weihnachten 1131 ermordet wurde, nahm Asser Rig Lavards erst im Todesjahr seines Vaters geborenen Sohn Valdemar als Pflegekind zu sich.

Absalon, dessen älterer Bruder Esbern Snare und der geringfügig jüngere Valdemar, der später als König den Beinamen „der Große” erhalten sollte, wuchsen in Fjenneslev wie Brüder auf. Als jüngerer Sohn der Familie wurde Absalon für die geistliche Laufbahn bestimmt. In Paris studierte er Theologie, Philosophie und Rechtswissenschaft. Als er 1156 nach Dänemark zurückkehrte, war dort der Krieg um die Königsmacht in vollem Gange und Absalon gehörte zu den wichtigsten Anhängern Valdemars. Dieser entschied den Kampf schließlich durch seinen Sieg in der Schlacht bei Grade im Oktober 1157 für sich und einte Dänemark erneut unter seiner Herrschaft. Als Gefährte des siegreichen Königs wurde Absalon 1158 Bischof von Roskilde. Von nun an war er Valdemars erster wichtigster Berater in den Auseinandesetzungen der damaligen Zeit, sei es mit den klerikalen Machtansprüchen des römischen Papsttums, sei es mit dem deutschen Kaiser oder den räuberischen und heidnischen Wenden. In all diesen Fragen widmete sich Absalon rastlos der Festigung und Erweiterung der dänischen Königsmacht und des Ansehens seines königlichen Herrn und Freundes. Heutige Historiker spekulieren darüber, ob nicht Valdemars Größe vor allem darin bestand, Absalon gewähren zu lassen.

Im Übrigen war Absalon keineswegs nur ein Schriftgelehrter. Als Mann des Hochadels war ihm auch die Welt der Waffen wohlvertraut. Dabei stimmt das Gerücht natürlich nicht, er habe mit der Streitaxt in der Hand missioniert und seine Landsleute gewaltsam zum Christentum bekehrt. Die Dänen waren zu Absalons Zeit bereits seit rund 200 Jahren christianisiert. Anders sah dies bei den slawischen Wenden aus, die seit Jahrzehnten von den Küsten Mecklenburgs und Pommerns aus immer wieder zu Raubzügen gegen die dänischen Inseln aufbrachen. Absalon war davon überzeugt, dass die innere Sicherheit des dänischen Christentums, die Herrschaft seiner Kirche, die Unterwerfung und Christianisierung der heidnischen Wenden jenseits der Ostsee erforderte. So führte er als Feldherr dänische Heere gegen die Wenden, vertrieb sie von der seeländischen Südküste und kleineren dänischen Inseln in der südlichen Ostsee, wo sie sich festgesetzt hatten, und unternahm schließlich sogar dänische Strafexpeditionen gegen die wendisch besiedelte südliche Ostseeküste.


Absalon auf dem Højbroplatz

Als Dank für all diese Dienste belieh Valdemar das Bistum Roskilde mit der am Sund zwischen Seeland und Amager gelegenen Siedlung Havn und deren Umgebung. Der Sund zwischen den beiden Inseln bildet hier einen der wenigen Naturhäfen an der seeländischen Ostküste, sodass sich hier schon vor mehr als 100 Jahren Fischer angesiedelt hatten. Absalon erkannte den Nutzen dieses Naturhafens auch für Handelszwecke und ließ hier 1167 auf einer kleinen vorgelagerten Insel, dem heutigen Slotsholmen, eine Burg zur Verteidigung von Hafen und Ansiedlung errichten. Saxo Grammaticus erwähnt in seiner Geschichtsdarstellung in diesem Zusammenhang den Namen der Siedlung erstmals als „Kaufmannshafen”, im damaligen Dänisch des Mittelalters „Køpmannæhafn”, womit wir uns dem heutigen Stadtnamen schon bedeutend genähert haben. Absalon begnügte sich aber nicht damit, das Gebiet gegen einen Angriff von der See her zu schützen, sondern umgab die vorhandenen Siedlungen auch mit einer 2,5 km langen Wallanlage, die das Stadtgebiet für nahezu 500 Jahre bis in die Zeit Christians V. begrenzen sollte.

 

Auch wenn Absalon seine Stadtschöpfung besonders am Herzen gelegen haben mag, so ließ ihm das politische Tagesgeschäft zunächst nur wenig Zeit sich in Kopenhagen aufzuhalten. So eroberte er 1169 Rügen und zerstörte die wendische Kultstätte am Kap Arkona. Die Inselbewohner wurden zwangsgetauft und die Insel dem Bistum Roskilde unterstellt. Von strategischer Bedeutung war, dass Dänemark mit Rügen erstmals ein Sprungbrett zum Festland südlich der Ostsee besaß. 1170 folgte die Heiligsprechung Knud Lavards und die Salbung von Valdemars Sohn Knud zum künftigen Herrscher Dänemarks durch den Erzbischof von Lund Eskil. Nach Eskils Tod im Jahre 1178 wurde Absalon dessen Nachfolger als Erzbischof des damals dänischen Erzbistums Lund. Zugleich behielt er aufgrund einer päpstlichen Ausnahmegenehmigung aber auch das Bistum Roskilde, sodass er die beiden bedeutendsten Ämter der dänischen Kirche in Personalunion vereinte.

Als Erzbischof von Lund setzte Absalon auch kirchliche Reformen durch, was in Schonen zum offenen Aufruhr gegen ihn führte. König Valdemar musste eingreifen, um den Streit zugunsten seines Pflegebruders und engsten Gefährten beizulegen. Als Valdemar I. wenige Jahre später 1182 verstarb, war der neue König Knud erst 19 Jahre alt. Praktisch führte Absalon nun für etwa ein Jahrzehnt die Geschäfte des Landes.

Absalon wahrte sein ganzes Leben hindurch die Interessen seines Geschlechts der Hvide wie auch seine eigenen. Als er sich 1192 von seinen Ämtern zurückzog, gingen beide Bistümer an junge – geistlich hochqualifizierte – Angehörige seiner Familie über. Sich selbst behielt er Kopenhagens Burg als Lehen auf Lebenszeit vor. Seine letzten Lebensjahre verbrachte Absalon auf der Burg von Kopenhagen oder im Kloster Sorø unweit seines Geburtsortes Fjenneslev. Ostern 1201 verstarb er in Sorø, wo er auch begraben ist.

Absalons Burg in Kopenhagen hatte keinen Bestand für die Ewigkeit. Bereits im 13. Jh. wurde sie wiederholt erobert und zerstört. Das endgültige Aus kam dann 1368: Nachdem die Hansestädte die Burg erneut erobert hatten, ließen sie sie ein Jahr später bis auf die Grundmauern abbrechen. Diese 1907 bei Ausgrabungen im Zusammenhang mit dem Bau des heutigen Schlosses Christiansborg wieder entdeckten Grundmauern kann man heute zusammen mit den Fundamenten des späteren Schlosses von Kopenhagen in Kellerräumen unter Schloss Christiansborg besichtigen.

Heutige Kopenhagenbesucher können Absalon aber auch als Denkmal am Højbroplatz zu Gesicht bekommen, wo er in Rüstung und mit Streitaxt in der Hand von einem sich aufbäumenden Pferd nach Slotsholmen hinübersieht. Den Sockel des Denkmals umgibt zudem ein halbmeterhohes Relief, das einen Schwarm glänzender Heringe darstellt.