5 vor Jahresabschluss aufbereiten und auswerten

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5 vor Jahresabschluss aufbereiten und auswerten
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Dieses Buch und alle in ihm enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahmen der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlages unzulässig.
ISBN: 978-3-482-75683-2

Die Prüfung zum Fortbildungsabschluss „Geprüfter Bilanzbuchhalter und Geprüfte Bilanzbuchhalterin“ wird seit 1927 durchgeführt und gehört zu den kaufmännischen Fortbildungsprüfungen mit der längsten Tradition. Gemessen an der Zahl der jährlichen Prüfungsteilnehmer zählt diese Prüfung zudem seit Jahren zu den wichtigsten, jedoch auch zu den anspruchsvollsten kaufmännischen Weiterbildungsabschlüssen mit regelmäßigen Durchfallquoten von bis zu 50 %.

Der vorliegende Titel der „5 vor“-Reihe beschäftigt sich mit dem Handlungsbereich „Jahresabschlüsse aufbereiten und auswerten“ und orientiert sich dabei vollständig an den Bestandteilen und der Gliederung des offiziellen Rahmenplans der aktuellen Prüfungsverordnung vom 26. 10. 2015. Der Prüfungsteilnehmer oder die Prüfungsteilnehmerin soll dementsprechend nachweisen, dass er oder sie in der Lage ist, die Zusammenhänge in der Rechnungslegung zu erkennen sowie Jahresabschlüsse für unternehmerische Zwecke zu analysieren und zu interpretieren.1)

„5 vor Jahresabschluss aufbereiten und auswerten“ ist kein typisches Lehrbuch. Da ich selbst gegenwärtig als Dozent in diversen Vorbereitungskursen zur Bilanzbuchhalterprüfung tätig bin, gehe ich davon aus, dass in den von Ihnen besuchten Kursen das benötigte Wissen bereits eingehend vermittelt wurde. Dieses Buch ist vielmehr als eine Art letzte Wissenskontrolle zu sehen. Die Prüfungsteilnehmer sollen ihren Wissensstand kurz vor der Prüfung noch einmal kontrollieren und ggf. erkannte Wissenslücken innerhalb kürzester Zeit erfolgreich schließen bzw. bereits Erlerntes schnell noch einmal auffrischen. Die prüfungsrelevanten Themen werden deshalb in kompakter und prägnanter Form dargestellt; zahlreiche Abbildungen, Beispiele und Kontrollfragen sowie ein Kapitel mit Übungsaufgaben unterstützen zusätzlich das Verständnis.

So können Sie ganz entspannt und sicher in die Prüfung gehen!

Für angehende Steuerfachwirte und -berater sowie für Studierende an Universitäten und Fachhochschulen ist dieser Titel ebenfalls äußerst empfehlenswert.

Gedankt sei zum Schluss meiner Kollegin Frau Daniela Naumann, deren engagierter Einsatz auch diese Neuerscheinung möglich gemacht hat. Außerdem möchte ich mich an dieser Stelle beim NWB Verlag, insbesondere bei Frau Vera Schallau, für die gute Zusammenarbeit bedanken.

Nun wünsche ich allen angehenden Bilanzbuchhaltern viel Erfolg für die bevorstehenden Prüfungen!

München, im Juni 2019 Martin Weber

1

Bestandteile des Jahresabschlusses

Der Jahresabschluss aller Kaufleute umfasst Bilanz und GuV-Rechnung (§ 242 Abs. 3 HGB). Kapitalgesellschaften und Gesellschaften, die den Kapitalgesellschaften nach § 264a HGB gleichgestellt werden (z. B. GmbH & Co. KG), haben den Jahresabschluss um einen Anhang zu erweitern sowie einen Lagebericht aufzustellen (§ 264 Abs. 1 Satz 1 HGB). Der Jahresabschluss von Einzelunternehmen und Personengesellschaften muss den Anhang und den Lagebericht nicht enthalten. Ab einer gewissen Unternehmensgröße ist aber meist neben Bilanz und GuV auch ein Anhang vorzufinden.

Bei einer kapitalmarktorientierten Kapitalgesellschaft i. S. des § 264d HGB, die keinen Konzernabschluss aufstellen muss, ist nach § 264 Abs. 1 Satz 2 HGB der Jahresabschluss um eine Kapitalflussrechnung und einen Eigenkapitalspiegel zu erweitern. Optional kann eine Segmentberichterstattung erstellt werden.

2

Adressaten des Jahresabschlusses

An der Analyse des Jahresabschlusses sind vor allem folgende Personen interessiert:


Geschäftsführung: Gerade kleine und mittelständische Unternehmen verfügen oftmals über kein eigenes Controlling. Die Jahresabschlussanalyse ist hier meist die einzige Möglichkeit, objektiv nachvollziehbare Überlegungen zur Rentabilität des investierten Kapitals oder zur Finanzierung darzustellen. Außerdem ist anhand der errechneten Kennzahlen ein Vergleich mit der Konkurrenz möglich. Der Geschäftsleitung stehen zur Abschlussanalyse naturgemäß mehr Informationsquellen offen als externen Analysten.


Anteilseigner, Gesellschafter und potenzielle Anleger: Diese Personengruppe erwartet eine Rechenschaftslegung, was mit dem von ihnen zur Verfügung gestellten Kapital geschehen ist bzw. geschieht. Die Anteilseigner wollen aus den vorgelegten Zahlen auch erkennen, mit welchen Gewinnausschüttungen sie gegenwärtig und zukünftig rechnen können.


Mitarbeiter und Gewerkschaften: Es werden Informationen bezüglich der Arbeitsplatzsicherheit und künftiger Einkommensentwicklungen (vor allem bei Erfolgsbeteiligungssystemen) erwartet. Die Arbeitnehmervertretungen werden Tariflöhne, insbesondere bei sog. Haustarifen, von der Leistungsfähigkeit des Unternehmens abhängig machen.


Gläubiger, Lieferanten und Kunden: Die Kreditgeber benötigen Informationen über die Sicherheit der dem Unternehmen gewährten Kredite. Die Lieferanten erwarten sich neben Informationen zur Kreditwürdigkeit auch Prognosen über Art und Umfang der künftigen Lieferungen. Der Kundenkreis informiert sich im Hinblick auf dauerhafte Geschäftsbeziehungen über Stabilität und Zukunftssicherheit des Unternehmens.


Interessierte Öffentlichkeit: Hierunter fallen Medien, Konkurrenten, Verbände, Kammern, Rating-Agenturen aber auch staatliche Institutionen. So ist die Unternehmensentwicklung für Kommunen im Hinblick auf Finanzen, umweltpolitische Aspekte und Arbeitsplätze oftmals von enormer Bedeutung.

3

Veröffentlichung

Die publizierungspflichtigen Unterlagen sind nach § 325 Abs. 1 HGB beim Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers einzureichen und im elektronischen Bundesanzeiger bekanntzumachen (§ 325 Abs. 2 HGB). Gemäß § 12 Abs. 2 HGB wird die elektronische Einreichung als elektronische Aufzeichnung vorgenommen. Dies kann ohne Zwischenschaltung eines Notars durch das Unternehmen oder beispielsweise den Steuerberater erfolgen. Die Veröffentlichungsfrist beträgt zwölf Monate bzw. bei kapitalmarktorientierten Unternehmen vier Monate nach dem Abschlussstichtag.

Die Einhaltung der Offenlegungspflichten wird von Amts wegen kontrolliert. Der Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers prüft, ob die einzureichenden Unterlagen vollständig innerhalb der gesetzlichen Frist bei ihm eingegangen sind. Ein Abgleich der Daten zu diesem Zweck mit dem Unternehmensregister ist möglich (§ 329 Abs. 1 HGB).

Ordnungsgeld bei Versäumnissen

Stellt der Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers ein Versäumnis fest, muss er das Bundesamt für Justiz einschalten (§ 329 Abs. 4 HGB). Das Meldeverfahren läuft völlig automatisch, Anträge von einem Dritten sind nicht erforderlich. Das Bundesamt für Justiz wird nun gegen die betreffende Gesellschaft selbst oder gegen die Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs ein Ordnungsgeldverfahren einleiten (§ 335 HGB). Das Bundesamt der Justiz setzt zunächst eine Frist von sechs Wochen fest, innerhalb dieser sind die ausstehenden Unterlagen einzureichen. Zeitgleich wird ein Ordnungsgeld i. H. von 2.500 € bis 25.000 € angedroht (§ 335 Abs. 1 HGB). Verstreicht die sechswöchige Frist ohne Ergebnis, erfolgt die Festsetzung des Ordnungsgelds sowie einer Verfahrensgebühr von 100 €. Gegen die Ordnungsgeldbescheide des Bundesamts für Justiz kann Einspruch bzw. bei dessen Verwerfung Beschwerde beim Landgericht Bonn eingelegt werden. Die Rechtsmittel haben jedoch keine aufschiebende Wirkung (§ 335 Abs. 3 HGB). Weder die Offenlegungspflicht noch die Pflicht zur Zahlung der Kosten sind während des Rechtsmittelverfahrens ausgesetzt.

Das Ordnungsgeldverfahren ist ein Justizverwaltungsverfahren. Zur Vertretung der Beteiligten sind auch Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerberater und Steuerbevollmächtigte berechtigt (§ 335 Abs. 2 Satz 3 HGB).

4

formale Analyse

Es wird zwischen formaler und materieller Jahresabschlussanalyse unterschieden.

Bei der formalen Betrachtung werden die Einhaltung der handels- und aktienrechtlichen Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften sowie die Grundsätze der ordnungsmäßigen Buchführung geprüft. Bei mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften oder diesen nach § 264a HGB gleichgestellten Gesellschaften wird dies durch das Testat eines Wirtschaftsprüfers bescheinigt (§§ 316 ff. HGB), sodass sich eine formale Analyse grundsätzlich erübrigt.

5

Größenklassen

 

Für die Abgrenzung der Größenklassen gelten folgende Merkmale, von denen jeweils zwei in zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren erfüllt sein müssen (§ 267 HGB):


Kapitalmarktorientierte Gesellschaften i. S. des § 264d HGB gelten stets als große Kapitalgesellschaft (§ 267 Abs. 3 Satz 2 HGB).

Darüber hinaus gibt es Kleinstkapitalgesellschaften. Dies sind gemäß § 267a HGB Kapitalgesellschaften, die mindestens zwei der drei nachstehenden Merkmale nicht überschreiten:


Bilanzsumme ≤ 350.000 €,


Umsatzerlöse ≤ 700.000 €,


Anzahl der Arbeitnehmer ≤ 10.

veröffentlichungspflichtige Unterlagen

Abhängig von der Größe einer Kapitalgesellschaft bzw. einer Personengesellschaft i. S. des § 264a HGB müssen deren gesetzlichen Vertreter folgende Unterlagen veröffentlichen:


6

PublG

Die Offenlegung von anderen Gesellschaften ist im Publizitätsgesetz (PublG) geregelt. Die Größenmerkmale des § 1 PublG liegen deutlich über denen des HGB. So betragen die maßgebliche Bilanzsumme 65 Mio. €, die Umsatzerlöse 130 Mio. € und die Anzahl der Arbeitnehmer 5.000. Darüber hinaus gibt es in § 9 PublG rechtsformspezifische Erleichterungen, die den Nutzen des veröffentlichten Zahlenmaterials für Zwecke der Jahresabschlussanalyse einschränkt.7

materielle Analyse

Gegenstand der materiellen Analyse ist die Untersuchung des Zustands, der Entwicklung und der Zukunftsaussichten des Unternehmens. Dies wird durch die Errechnung von Kennzahlen ermöglicht. Die ermittelten Kennzahlen werden beispielsweise an Entwicklungserwartungen und Branchenvergleichszahlen gemessen.8

Information

Der Jahresabschluss hat hauptsächlich eine Informationsfunktion: Interne und externe Adressaten sollen über die Entwicklung und die Lage des Unternehmens unterrichtet werden. Mittels der Jahresabschlussanalyse soll sowohl die vergangene Entwicklung dargestellt als auch eine Prognose über die Zukunft abgegeben werden. Die aus der Bilanz gewonnenen Zahlen dienen vor allem der Ermittlung der Vermögens- und Finanzlage, während die aus der GuV gewonnenen Zahlen in erster Linie zur Beurteilung der Ertragslage herangezogen werden.

9Je nach Adressat umfasst eine Jahresabschlussanalyse unterschiedliche Bereiche. So werden sich Gläubiger und Lieferanten vor allem für die Liquiditätslage interessieren, während Mitarbeiter und Gewerkschaften hauptsächlich die (künftige) Ertragslage betrachten werden. Potenzielle Anleger und Anteilseigner werden versuchen, anhand der Rentabilitätsbetrachtungen ihre Investmententscheidungen zu treffen. Darüber hinaus kann der Jahresabschluss nach § 258 Abs. 1 HGB im Laufe eines Rechtsstreits herangezogen werden.

Die Geschäftsleitung, als interner Adressat der Analyse, wird nicht nur über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens informiert, sondern versucht, mögliche Reaktionen auf die Veröffentlichung des Jahresabschlusses vorherzusehen.

10

Kontrolle

Der Jahresabschluss hat neben der Informationsfunktion auch eine Kontrollfunktion. Dies bedeutet, dass eine retrospektive Betrachtung anhand von Vergleichsmaßstäben erfolgt. Hierbei kann man sich sowohl des internen Vergleichs (Vergleich unterschiedlicher Perioden oder der Plan- mit den Istzahlen) als auch des externen Vergleichs (Vergleich mit anderen Unternehmen der gleichen Branche) bedienen. Dadurch kann die Entwicklung und die Marktstellung des Unternehmens beurteilt werden. Anschließend erfolgt eine Suche nach den Ursachen und Gründen bei Abweichungen.11

Steuerung

Der Kontrolle und der Analyse der Abweichungen von den Vergleichszahlen schließt sich in der Praxis die Steuerung an: Es werden die Konsequenzen aus den Abweichungen gezogen, um etwaige Schwachstellen im Unternehmen zu beheben. Außerdem wird versucht, besonders günstige Entwicklungen auch zukünftig zu sichern oder gar auszubauen.12

KSt

Der Ersteller der Steuererklärungen sowie die Finanzbehörden gewinnen aus dem Jahresabschluss wichtige Informationen. Für die Ermittlung der Körperschaftsteuer sind beispielsweise folgende Werte von Belang (vgl. §§ 8 ff. KStG):


Jahresüberschuss,


empfangene Gewinnausschüttungen,


Abführungen im Rahmen von Organschaftsverhältnissen,


Steueraufwendungen,


Aufsichtsratsvergütungen,


Spenden,


Zusammensetzung der Rückstellungen,


Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern und verbundenen Gesellschaften.

13

GewSt

Im Rahmen der Gewerbesteuerberechnung interessieren neben den gerade genannten Werten z. B. folgende Werte (vgl. §§ 7 ff. GewStG):


Entgelte für Schulden,


geleistete Rentenzahlungen,


Gewinnanteile eines stillen Gesellschafters,


geleistete Miet- und Pachtzinsen,


Arbeitslöhne der einzelnen Betriebsstätten (bei Zerlegung nach §§ 28 ff. GewStG).

14

Statistik

Für statistische Zwecke von Bundes- und Landesbehörden – insbesondere des Statistischen Bundesamts bzw. des jeweiligen Statistischen Landesamts – müssen neben Kennzahlen aus dem Jahresabschluss zusätzlich Werte aus der Finanzbuchhaltung, dem Personalwesen und aus anderen Unternehmensbereichen erhoben werden. Folgende Meldungen sind beispielsweise von Interesse:


Intrastat (Innergemeinschaftliche Handelsstatistik),


Kostenstrukturstatistik (Kostenstrukturerhebungen),


Personalstandsstatistik,


Verdienststrukturerhebung,


Monatsstatistiken (z. B. im Gastgewerbe, im Tourismus, im Einzelhandel, im verarbeitenden Gewerbe),


Erhebung der Investitionen in Maßnahmen für den Umweltschutz (§ 11 UStatG),


Meldungen nach der Außenwirtschaftsverordnung (AWV).

15

IFRS-Abschluss

In der Praxis entstehen bei einer vergleichenden Jahresabschlussanalyse oftmals dadurch Probleme, dass die Abschlüsse nach unterschiedlichen internationalen und nationalen Rechnungslegungsvorschriften erstellt wurden. So bestehen zwischen IFRS- und HGB-Abschlüssen beispielsweise in folgenden Kernbereichen Unterschiede:


Vermögenswert/Vermögensgegenstand: Durch die weitere Definition des Vermögenswertes (IFRS) im Vergleich zum Vermögensgegenstand (HGB) werden Erträge im IFRS-Abschluss tendenziell früher ausgewiesen als im HGB-Abschluss. Dies liegt konkret daran, dass das wahrscheinliche, realisierbare Nutzungspotenzial ausreicht, um einen Vermögenswert anzusetzen. Hierdurch liegt das Jahresergebnis nach IFRS grundsätzlich über dem nach HGB.


Schulden: In einer IFRS-Bilanz werden nur Außenverpflichtungen ausgewiesen, die wahrscheinlich zu erfüllen sind. In einer HGB-Bilanz werden dagegen teilweise auch Innenverpflichtungen ausgewiesen. Darüber hinaus führt das Vorsichtsprinzip des HGB tendenziell zu einem höheren Ausweis von Schulden. Die Konsequenz hieraus ist ein höheres Jahresergebnis nach IFRS.


Eigenkapital: Da das Eigenkapital sowohl nach IFRS als auch nach HGB nur eine Restgröße ist, wird der Eigenkapitalausweis aufgrund der Unterschiede in der Bilanzierung und Bewertung in einer IFRS-Bilanz regelmäßig höher sein. Dies kann beispielsweise für die Beurteilung der Vermögenslage des Unternehmens durch Kreditgeber bzw. durch Anleger von entscheidender Bedeutung sein. Darüber hinaus finden sich in IFRS-Abschlüssen Kapitalerhaltungsanpassungen aus Neubewertungen.

16

Aufbereitung des Jahresabschlusses

Das publizierte Zahlenmaterial aus der Bilanz und der GuV muss, um eine Analyse durchführen zu können, aufbereitet werden. Im Einzelnen sind Bereinigungen, Richtigstellungen, Saldierungen, Aufspaltungen und Umgliederungen nötig. Die Aktiva wird unter dem Gesichtspunkt der Liquidierbarkeit, die Passiva unter dem Gesichtspunkt der Zugehörigkeit zum Eigenkapital oder zum Fremdkapital und nach der Fristigkeit geordnet. Des Weiteren werden Anhanginformationen genutzt und in die Berechnungen miteinbezogen.17

 

Bilanzgliederung

Die Daten des Jahresabschlusses werden mittels einer sog. Strukturbilanz für die Kennzahlenberechnung und die anschließende Analyse neu geordnet. Ausgangspunkt hierfür ist die Gliederung der Bilanz nach § 266 HGB:




18Zur Erstellung der Strukturbilanz müssen auf der Aktivseite folgende Maßnahmen durchgeführt werden:

19

ausstehende Einlagen – Nettoausweis

Jede Kapitalgesellschaft hat ein festes, im Handelsregister eingetragenes, gezeichnetes Kapital. Bei Aktiengesellschaften muss dieser als Grundkapital bezeichnete Wert mindestens 50.000 € betragen (§ 7 AktG). Bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung ist das Mindestkapital, das als Stammkapital bezeichnet wird, 25.000 € (§ 5 Abs. 1 GmbHG). Ist dieser Betrag, bzw. bei entsprechender Vereinbarung ein höherer Betrag, von den Gesellschaftern nicht voll eingezahlt worden, sind die nicht eingeforderten ausstehenden Einlagen vom „Gezeichneten Kapital“ offen abzusetzen. Der hieraus verbleibende Unterschiedsbetrag ist als Posten „Eingefordertes Kapital“ in der Hauptspalte der Passivseite auszuweisen, außerdem ist der eingeforderte aber noch nicht eingezahlte Betrag unter den Forderungen gesondert zu aktivieren (§ 272 Abs. 1 HGB). Diese Darstellungsform wird als Nettoausweis bezeichnet.

Beispiel

Eine GmbH hat ein gezeichnetes Kapital i. H. von 50.000 €. Die Höhe der ausstehenden Einlagen auf das gezeichnete Kapital beträgt 15.000 €, von denen bereits 5.000 € eingefordert wurden.


Bruttoausweis

Bis zum Inkrafttreten des BilMoG konnten ausstehende Einlagen in voller Höhe aktiviert werden (§ 272 Abs. 1 HGB a. F.) Dies hatte einen ungekürzten Ausweis des gezeichneten Kapitals zur Konsequenz (sog. Bruttoausweis). Liegt eine derartige Bilanz zur Analyse vor, muss das gezeichnete Kapital um die noch nicht eingeforderten Beträge gekürzt werden.

Der eingeforderte Betrag i. H. von 5.000 € (siehe Beispiel) darf für Zwecke der Bilanzanalyse nicht mit dem Eigenkapital saldiert werden, da die eingeforderten Beträge echte Vermögenswerte darstellen.

20

Ingangsetzung

Gemäß § 269 HGB a. F. konnten vor Inkrafttreten des BilMoG Aufwendungen für die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs als Bilanzierungshilfe vor der Aktiva ausgewiesen werden. Durch diese Regelung sollte die Kapitalgesellschaft die Möglichkeit haben, einen Teil des Anlaufverlustes über einen Zeitraum von fünf Jahren zu verteilen und somit eine Überschuldung zu vermeiden. Wurde von dieser Regelung Gebrauch gemacht, kann ein entsprechender Betrag vor dem Anlagevermögen ausgewiesen werden. Diese Posten können bis zu ihrer vollständigen Abschreibung auch in einer BilMoG-Bilanz fortgeführt werden (Art. 67 Abs. 5 EGHGB).

Im Rahmen der Umgliederung der Bilanz für Zwecke der Analyse wird diese Position mit dem Eigenkapital saldiert. Das bedeutet, dass hier eine Bilanzverkürzung stattfindet.

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Geschäfts- oder Firmenwert

Der Geschäfts- oder Firmenwert (GoF) ist der Mehrwert, den ein Unternehmen über den Gesamtwert aller materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter hinaus hat. Er kann z. B. durch den Standort, Kundenstamm, Markennamen, die Belegschaft und die Organisationsstruktur begründet sein. Wird dieser im Rahmen eines Unternehmenserwerbs käuflich erworben, ist dieser zwingend zu aktivieren und auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzuschreiben. Kann die Nutzungsdauer nicht verlässlich geschätzt werden, erfolgt die handelsrechtliche Abschreibung auf zehn Jahre (§ 253 Abs. 3 Satz 3 und 4 HGB). Im Steuerrecht erfolgt die Abschreibung zwingend auf 15 Jahre (§ 7 Abs. 1 Satz 3 EStG).

Da der GoF nicht einzelverkehrsfähig ist, also nicht getrennt vom Unternehmen verwertet werden kann, ist dieser im Rahmen der Erstellung der Strukturbilanz mit dem Eigenkapital zu saldieren.

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Anzahlungen

Erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen können nach § 268 Abs. 5 Satz 2 HGB entweder unter den kurzfristigen Verbindlichkeiten ausgewiesen oder offen von den Vorräten abgesetzt werden. Da diese Art von Schulden nicht durch Zahlung, sondern durch Lieferung beglichen wird, ist bei der Erstellung der Strukturbilanz der offenen Saldierung mit den Vorräten der Vorzug zu geben. Übersteigen die erhaltenen Anzahlungen jedoch die Vorräte, ist eine Saldierung nicht mehr möglich. In diesem Fall verbleibt nur die Erfassung im Rahmen der Verbindlichkeiten.23

eigene Anteile

Eigene Anteile, deren Erwerb in § 71 AktG bzw. § 33 GmbHG geregelt ist, waren vor Inkrafttreten des BilMoG im Umlaufvermögen zu aktivieren. Korrespondierend hierzu war ein entsprechender Betrag in den Gewinnrücklagen auszuweisen. Beide Positionen waren für bilanzanalytische Zwecke gegeneinander aufzurechnen, wodurch sich eine Bilanzverkürzung ergab.

Das BilMoG normiert den Kauf und Verkauf eigener Anteile in § 272 Abs. 1a und 1b HGB. Gemäß § 272 Abs. 1a HGB sind nun zurückerworbene eigene Anteile auf der Passivseite der Bilanz in der Vorspalte des Postens „Gezeichnetes Kapital“ offen abzusetzen. Der Unterschiedsbetrag zwischen dem Nennbetrag und den Anschaffungskosten ist mit den frei verfügbaren Rücklagen zu verrechnen. Hierdurch tritt die Bilanzverkürzung automatisch ein, sodass keine Korrektur mehr erforderlich ist.

24

ARA

Da in einer Strukturbilanz die Aktiva nur aus den Bereichen Anlage- und Umlaufvermögen besteht und die Passiva nur Eigen- und Fremdkapital aufweisen soll, sind die Rechnungsabgrenzungsposten umzugliedern. Aktive Rechnungsabgrenzungsposten sind grundsätzlich im Umlaufvermögen zu berücksichtigen.

Damnum

Eine Ausnahme besteht für ein aktiviertes Damnum. Da dieses vorweggenommenen Aufwand darstellt, dem kein konkreter Gegenwert gegenübersteht, ist der Betrag der aktiven Rechnungsabgrenzungen um ein eventuell enthaltenes Damnum zu verringern. Das Eigenkapital wird entsprechend gekürzt. Ein weiterer Hintergrund der Saldierung ist, dass hinsichtlich des Damnums ein handelsrechtliches Aktivierungswahlrecht besteht (§ 250 Abs. 3 Satz 1 HGB) und somit durch die Saldierung eine bessere Vergleichbarkeit geschaffen wird.25

Steuerlatenzen

Sind in der Handelsbilanz aktive latente Steuern i. S. des § 274 Abs. 1 Satz 2 HGB ausgewiesen, werden diese mit dem Eigenkapital saldiert, da diese keinen „echten“, sondern nur einen fiktiven Zahlungsanspruch gegen den Fiskus darstellen.

26Die Passivseite der Handelsbilanz ist wie folgt aufzubereiten:

27

Eigenkapital

Im Eigenkapital sind die Positionen Jahresüberschuss und Gewinnvortrag zu finden. Diese werden oftmals auch zum Bilanzgewinn zusammengefasst (§ 268 Abs. 1 HGB). Sind in einer dieser Größen die Ausschüttungen für das zu analysierende Jahr enthalten, sind diese beim Eigenkapital abzuziehen und dem kurzfristigen Fremdkapital zuzurechnen.

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