Auf dem Weg der Liebe

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Auf dem Weg der Liebe
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Martin Fischer

Auf dem Weg der Liebe

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Was für eine Liebe?

Der Liebe auf der Spur

Eine grenzenlose, politische Liebe

Liebe muss verzeihen

Die Liebe lehnt sich auf

Der Zwiespalt der Liebe.

Seine Talente nutzen

Kann man die Liebe ersetzen?

Auch der Weg der Liebe ist nicht leicht

Liebe, Kunst und Leidenschaft

Wo die Liebe zur Gefahr wird

Liebe führt zu Gemeinschaft und Gerechtigkeit

Eine Liebe, die das eigene Leben gibt

Wem ist die Liebe verpflichtet?

Am Ende zählt nur die Liebe

Der Lohn der Liebe wird herrlich sein

Impressum neobooks

Was für eine Liebe?

Auf dem Weg der Liebe

In einem fernen kleinen Königreich, es ist schon lange her, lebte ein König mit seinen beiden heiratsfähigen Söhnen. Ihre Freizeit widmeten sie dem Studium der Kriegskunst, dem Benehmen am Hof, dem Reiten und vielem mehr, das ihrem gesellschaftlichen Stand entsprach, einfach allem, was man in ihren Kreisen mit Männlichkeit und Adel verband.

Beide hatten ein großes Wissen, doch zu leicht verfielen sie in Wut. Die Dienstboten, Mägde und Knechte waren in ihrem Reden und Tun meist sehr vorsichtig. Schnell waren die Prinzen mit etwas unzufrieden und warfen mit Gegen-ständen um sich. Nicht einmal im Nachhinein reute es die Prinzen, selbst wenn sie zu Unrecht andere schlecht behandelt hatten.

Sie, die Prinzen, waren fest davon überzeugt tausendfach besser zu sein als das einfache Volk und schauten lediglich auf sich und das prunkvolle Leben im Hause ihres Vaters.

Eines Tages erhielten sie eine Botschaft von einem überaus mächtigen König, der mit seinem mächtigen Reich seit langem von sich reden machte. In der Botschaft war zu lesen:

„Ein gigantisches Königreich ist mein eigen. Mein Palast ist an Pracht nicht zu übertreffen. Ich will ihn mit Freude erfüllen. Meine geliebte Tochter ist nun bereit, sich zu vermählen; und wen sie erwählt, der wird König meines Reiches sein und mich beerben. Doch wer dies anstrebt, ihr Mann und der König meines Reiches zu werden, der muss seine Fähigkeit beweisen, sie zu lieben, mehr als das eigene Wohl und Leben! Ein Jahr bleibt den Prinzen Zeit, dann kommt und lasst euch prüfen, ob euer Herz das rechte ist für meine Tochter und mein Königreich.“

Der König und seine Söhne waren sehr überrascht und verwundert. Was man hier von ihnen verlangte war neu. Warb jemand um die Hand einer Frau, zählte seit je her nur Besitz, Macht, Stärke und Männlichkeit. Es galt der Frau zu imponieren und alles vorzuweisen, was ihrem Rang, ihrer Ehre und Würde entsprach. Und nun dies: eine Prinzessin, die nur das ganze Herz, die ganze Liebe eines Mannes wolle!?

„Nichts leichter als das!“ rief spontan der Ältere der Prinzen freudig lächelnd. Die Hand erhob er dabei mit Grazie, als ob er diese Liebe schon in sich hätte. Der jüngere Bruder sah die Angelegenheit ein wenig nüchterner. Der Ausdruck seines Gesichtes war nachdenklich. Einfach und bedächtig richtete er an seinen Vater und Bruder die Frage:

„Habt ihr schon einmal jemanden mehr geliebt als euch selbst?“

Der ältere Bruder verlor schnell seine Unbekümmertheit. Ärger und eine leichte Erregung waren ihm anzusehen. Er bemerkte, dass die Sache nicht so einfach war, wie er dachte. Die Hand geballt, die Lippen zusammengepresst, stand er da und wusste nicht, wie er nun dieses besondere Gefühl in seinem Herzen finden sollte.

Der Vater der beiden saß auf seinem Thron. Die eine Hand, welche das Pergament mit der Botschaft hielt, lag in seinem Schoß. Drei Finger der anderen Hand stützten seinen Kopf so, als wollten sie ihm Führung geben. Er, von der Härte des Lebens gezeichnet und erfahren, fragte sich, ob eine solche Liebe nicht gefährlich sei:

„Jemanden ganz und gar zu lieben, heißt das nicht, ihm ganz und gar verfallen zu sein? Untertänig und willenlos folgend wie ein kleiner Schoßhund? Verlangt diese Liebe, sein eigenes „Ich“ auszuschalten, die Freiheit abzulegen, die Eigenständigkeit einzutauschen für einen goldenen Käfig, wo einen nur noch das Interesse zu gefallen beherrscht und man vor Eifersucht leidet, wenn man von der Geliebten nicht wie ein süßer Hase gekuschelt und verwöhnt wird? Doch auch ich weiß nicht, “ fügte er hinzu „ob diese Liebe so gefährlich sei.“

Diese Gedanken des Vaters erschraken die Prinzen sehr und verwirrten sie zutiefst. Nur der eigene Zweifel am Ende seiner Worte hob ihre Hoffnung wieder an.

Sie waren schon kurz davor aufzugeben, aber der Gedanke, eine liebende Frau und ein mächtiges Königreich zu „erobern“, spornte sie an, mehr über eine derartige Liebe zu erfahren.

Schnell machten sie sich auf, die Berater seiner Majestät einzuberufen. Sie wurden vertraut gemacht mit diesem nun königlichen Problem.

Was auch für sie eine schwierige Aufgabe darstellte. Erst nach einigen Tagen waren sie gerüstet, dem König und seinen Söhnen Rede und Antwort zu stehen.

Unter den Beratern befand sich ein Mann, der häufig eine andere Meinung vertrat. Er sprach aus was das Volk dachte und setzte sich unermüdlich, ohne Eigennutz für die Belange der kleinen Leute ein. Seinen Kollegen war er ein Dorn im Auge. Nicht selten stellte er sie bloß und entlarvte sie als machthungrige gierige Schwätzer und Dummköpfe.

Der König schätzte ihn sehr, wenngleich dieser nicht immer seine Meinung voll teilte. Die anderen Berater aber hätten sich seiner schon längst entledigt, wenn sie den König nicht so sehr gefürchtet hätten. Sie konnten es nicht ertragen, dass einer ihren Geist in den Schatten stellte und ihren Einfluss am Hofe schmälerte.

Der König wusste, dass dieser geachtete Mentor immer länger brauchte, seine Erkenntnisse zu formulieren, so dass er den anderen Beratern zuerst das Wort erteilte. Der erste, der das Wort ergriff, sprach:

„Mein König, verehrte Herrschaften, niemand kann von jemandem verlangen, einen anderen mehr zu lieben als sich selbst. Der Mensch ist von Natur aus selbstsüchtig, der immer zuerst auf sich schaut, auf sein eigenes Wohl, im körperlichen wie geistigen Sinne. Wenn ein Edelmann oder ein Soldat sein Leben opfert, tut er dies aus Pflicht-bewusstsein, aus Furcht um seine Ehre und Ansehen oder aus Angst vor der Strafe, die ihn wegen Feigheit erwarten würde.

Da eine solche Liebe nicht möglich ist, brauchen sich die Prinzen keine Sorgen machen, so in Liebe zu verfallen, dass sie nur noch schmachtend am Saum der Prinzessin knien würden. Eine derartige Forderung nach einer Zuneigung, die erst im Tode zerbricht, die sich selbst opfern würde, kann aus besagten Gründen nicht wortwörtlich verstanden werden!

Es kann dabei lediglich ein ziemlich hoher Grad an Achtung, Aufmerksamkeit, Treue und Respekt gemeint sein. Diese Prinzessin will höchst wahrscheinlich nicht, dass sie wie so viele Frauen nach ihrer Vermählung als lästiges Übel oder schlechte Zugabe mitgenommen wird, weil für den Herrn Gemahl allein das erworbene Königreich, dessen Größe und Pracht von Bedeutung ist.“

Ein weiterer Minister brachte sich ein:

„Die Liebe, man findet sie oder man findet sie nicht. Man hat sie oder man hat sie nicht. Man kann den Anfängen einer Liebe, dem Verliebt-sein, diesem 'Ineinander-sich-verlieben' nachhelfen. Durch gutes Aussehen, vor allem jedoch durch Charme, Eleganz, Freundlichkeit und Taktgefühl. Die Prinzen können sich nur darin üben, mit der Hoffnung, dass beim Werben um die Prinzessin die Sterne gut stehen, das Glück ihnen hold ist und es zwischen ihr und einem der beiden Prinzen richtig funkt. Wie tief die Liebe geht und wie man sich versteht, kann allein das Schicksal zeigen. Die Liebe zu einen Menschen lässt sich nicht erzwingen, sie stellt sich nicht ein, indem man es will.“

Sofort widersprach ihm die Mehrheit der Berater mit Nonono - Rufen.

“Gewiss“, erwiderte einer von ihnen, „alles, was das Verliebt-Sein fördert, ist von nicht zu unterschätzender Bedeutung für ein festes Band der Liebe. Doch diese innige Zuneigung, die sie darstellt, ist nicht wie ein Glücksstein, der uns wie ein Geschenk in den Schoß fällt, der weder der Pflege bedarf noch vor Verlust gehütet werden muss.

 

Vielmehr ähnelt diese Liebe einer Rose, die nach ihrem Keimen behutsamen, geduldigen, fürsorglichen Schutz benötigt, mit dem Wissen um deren Gedeihen. Sie lebt aus dem Herzen und dies bedarf der Herzensbildung. Jemanden lieben zu lernen ist möglich, selbst wenn man ihn oder sie nicht kennt.

Selbst dann, wenn man sich Hals über Kopf in jemanden verliebt, so kennt man sich doch nicht. Lediglich das äußere Bild entfesselt über die Augen in uns eine fantastische Begeisterung. Es ist ein Trick der Natur, der uns hilft, den ersten Schritt zu wagen, um das Fremde im Andern zu lieben. Dieses Verliebt-Sein befähigt uns, diesen schlummernden Keim in unserem Herzen zu wecken und ihn mit uneingeschränkter Zuwendung und größter Sorgfalt in uns zum Wachsen zu bringen!“

„Lieben zu lernen, sein Herz darin zu üben, ist es schwer oder problematisch? Können wir diese Fähigkeit in nur einem Jahr erlernen?“ fragt der ältere der Prinzen die Berater.

Schweigen, keiner sagte ein Wort, dann aber trat einer vor.

„Es wird nicht einfach aber machbar sein, wenn ihr den Willen aufbringt, euch zu verändern. Wenn ihr bereit seid, empfindsam zu werden, besonders für die Gefühle der anderen; wenn ihr willens seid, euren Panzer abzulegen, mit dem ihr eure sensible Seele schützt, der euch jedoch zugleich hindert, von ganzem Herzen zu geben sowie zu empfangen, um tiefere Gefühle zum Nächsten zu beleben. Seid ihr interessiert, das Wesentliche und Wichtige des Menschseins zu suchen und zu erkennen? Phantasie müsst ihr entwickeln, damit dieses Wissen in euch lebendig wird und eure Taten lenkt. An Begabung fehlt es keinem, aber,....aber ist euer Hunger groß genug, dass ihr in dieses Abenteuer der Gefühle hinein springt, so wie Kinder in kaltes Wasser?

Werden euch die Geduld, Ausdauer und Kraft nicht verlassen? Seid ihr bereit, euch selbst zu entdecken, und entschlossen, euch zu verwandeln?“

Laut denkend sprach der Ältere aus, was ihn bewegte:

“Ein hoher Preis, den man von uns verlangt. An sich selbst zu arbeiten, um zu werden wie das Ideal der Schöpfung. Für welchen Preis? Für eine Frau und ein unendlich großes Königreich? Warum sollte ich mir die Mühe machen mich zu verändern? Eigentlich fühle ich mich sehr wohl in meiner Haut. Mir genügt unser kleines Königreich mit allem, was mich vergnügt. Warum sollte ich für ein fremdes Königtum erneut die harte Schulbank drücken und mich belehren lassen, während mein Thron hier bequem ist und mich erhebt? Können die Macht, das Regieren und das Befehlen noch schöner und berauschender sein, wie ich es jetzt schon in meinem kleinen Reich genieße, das mein Vater mir zuteilt? Und was kann diese Prinzessin mir mehr bieten, für mich und mein Reich, als die verführerischsten Damen unserer noblen Gesellschaft?

Gewiss, ein jeder arme Knecht, der nichts besitzt, was ihn hält, würde hoch motiviert für dieses Angebot einstehen. Will er doch aus seinem Leben etwas machen und hat dabei nichts zu verlieren. Im Gegensatz dazu ich, der ich alles Erdenkliche besitze, welchen Vorteil oder Gewinn würde es mir bringen, damit sich die Mühe lohnt?“

Ein junger, unscheinbarer Berater, den man zu einem derartigen Thema keine Kompetenz zutraute, schob sich dezent nach vorne und bat mit leicht erhobener Hand um das Wort. Der König gewährte es ihm mit einem leichten Nicken. Er sprach mit einer sanften wohltuenden Stimme:

„Seine Majestät, verehrte Prinzen und Kollegen“ und lenkte dabei seinen Blick auf die Menge, „Sie werden zu einem neuen Menschen, zu einem neuen König.

Die Liebe, von der wir sprechen, verwandelt in ein besseres Sein. Es beflügelt und befreit uns von der Ängstlichkeit um das jetzige Dasein, um sich und die Welt mit neuen klaren Augen zu sehen. Wie ein Schmetterling, der seinem Raupenstadium entschlüpfte, einer Phase, in der er nur in sich hineinfraß, erfährt er die Dinge des Lebens aus einer gigantisch höheren und freieren Perspektive. Die Welt, sie liegt dem Verwandelten zu Füßen, trotz seines Dienstes an den bezaubernden Blüten der Blumen.

Er wusste bereits, dass er ein Teil des Ganzen ist, jetzt aber erst fühlt er sich darin einbezogen, erfüllt, erhaben und frei. Der Schmetterling erlebt die Wärme und die Farben der Sonne, die die Raupe am Boden nur erahnte. Verwandelt zu diesem edleren Wesen, kreist der Mensch nicht mehr um sich selbst.

Die Liebe entfesselt zu einem neuen Menschen und König, so dass weder die Arbeit eine Last, noch die Würde zu einer Bürde wird. Sie beschwingt, um tanzend zu triumphieren über das, was uns am Boden hielt. Meine Prinzen, kennt ihr nicht folgendes? Bei Festen, inmitten von Freunden und Gästen, beschenkt mit netten Gesten, bezaubert von Musik, Wein, Kerzenschein und dennoch nicht selten so unerträglich verlassen und allein? Jagen wir dann nicht nach überflüssigen Dingen, um über diese Leere in uns erhaben zu sein? Wir jagen nach Größe, betören die Sinne, weil wir festhalten wollen an diesem einfachen, täuschenden, oberflächlichen Schein.

Das Ziel und das Glück, dieser neue Bräutigam und König zu sein, liegen in der Fülle, sich selbst als wunderbar herrlichen Teil einer neuen Welt zu erfahren. In einer innigen harmonischen und lebendigen Gemeinschaft in der er seinen Nächsten als vertrauten Bruder oder Schwester begegnet.

Seinesgleichen näher zu kommen, ohne Vorbehalt und Abstufung, ihm zu seinem Wohle zu dienen. Darin liegt der Zauber, der befähigt, zu geben mit Wonne und Frohsinn. Bescheidenheit, Demut, alles hinnehmen und uneingeschränkt annehmen beschenken das Herz mit wohltuender Zufriedenheit.

Dankbar, bescheiden, fähig zu geben ohne etwas zu erwarten, beschenkt man uns wieder mit unendlichem Maß. Die, die wir zu tragen meinen, fangen ihrerseits an, uns über Berge zu tragen und beschenken uns damit, selbst in schwierigen Zeiten, geborgen und frei zu sein. Als neuer liebender König wird er das Leben mit Leichtigkeit lenken, er wird nicht vom Leben und seinen Zwängen beherrscht!

Fesseln, die versklaven, werden zerrissen. Umgürtet mit Gerechtigkeit und dem Schild von Ehrlichkeit und Solida-rität, erwächst die Kraft, über allen mit Güte und Hoffnung zu stehen. Selbst die Grenzen der Vergänglichkeit lösen sich in ihr auf.

Die Krone des Gewinners und seines zukünftigen Reiches wird seine Gemahlin sein. Von ihrer Liebe wird er sich getragen wissen wie auf den Flügeln des Adlers. Wie sein Reich wird er sie lieben, ehren und achten. Der eine wird des anderen Freude sein. Die Lippen werden sich hüten: kein schlechtes Wort geht aus ihnen hervor, einzig allein das, was das Herz des anderen ehrt.

Sie halten fest an Gerechtigkeit, Ehrlichkeit, Wahrheit und Güte. Sie werden nicht müde, sich selbst und das Volk darin zu bewahren. Stets wird sie Friede und Treue begleiten. Sie ernten, was sie säten. Alle Tage ein reich gedeckter Tisch und sonnige Wärme. Ihre Kinder vermehren zu allen Zeiten ihre Wonne, ihr ganzes Leben gleicht der Sonne. Im Gegensatz zu Ihrem Reich, mein König, wird dieses Reich und diese Liebe nie untergehen!“

Für die Zuhörer klang diese Beschreibung ein wenig verworren und doch erkannten sie die größere Dimension dieser Liebe.

Die Prinzen waren begeistert von dieser Darlegung, dieser Vision. Hoch motiviert wollten sie diesen Weg der Veränderung auf sich nehmen.

Doch schon standen sie vor einem neuen Problem und mit ihnen die Berater und Gelehrten.

Wie gelangten sie zu dieser Liebe? Wer von den Ministern sollte sie in dieser Kunst unterrichten?

Schwierig war es, da die unterschiedlichsten Überzeu-gungen vorherrschten, die zu einer heftigen Auseinander-setzung zwischen einem Dutzend der Minister führte. Nicht wenige waren von ihrem Wissen derart überzeugt, dass sie auf dieses Amt, die Söhne des Königs zu unterrichten, nicht verzichten wollten.

Sie machten ihren Anspruch lautstark geltend. Sie fühlten sich für diese Aufgabe begnadet und dazu berufen, eine derartige Stellung bei Hofe einzunehmen, um mit Ansehen und Einfluss über das Königshaus dem ganzen Land ihre Überzeugung einzupflanzen. Es beflügelte einige, ohne Selbstzweifel, ihre Ansicht als die einzig wahre zu verkaufen.

Der König aber war ein alter Fuchs, der nicht im Dunkeln tappen wollte. Er ließ wieder einen Minister nach dem anderen Bericht erstatten, um Einblick zu gewinnen, wer für die Einführung in diese Kunst am geeignetsten ist.

Weil der letzte Redner so begeisternd und erfrischend von dieser Liebe sprach, glaubte der König, er würde den Weg kennen und erteilte ihm erneut das Wort.

Der Liebe auf der Spur

„Seine Majestäten“, fuhr dieser fort, “von einfachen Leuten wurde mir berichtet, wie diese Liebe auf wunderbare Weise sie verwandelte, welche Kraft und Energie sie empfanden, selbst in schmerzlichen Stunden ihres Alltags. Ich konnte mich nicht satt davon hören, und immer mehr weckte es mein Begehren, selbst einzutauchen in diesen geistigen Raum, der die Gefühle bewegt. Doch wie sie in diesen Zustand gelangten, sie konnten es selbst nicht erklären. Sie waren von Natur aus dafür begabt. Wie ihr stehe ich nun hier, mit Freude, auf der Suche nach ihr!“

Der König und seine Söhne erwarteten ungeduldig mehr; und wieder schien die Aufgabe sehr schwer. Kaum hatte der junge Berater seine Darlegung abgeschlossen, machte sich ein anderer Kollege besonders wichtig, drängte sich vor und bat um Gehör. Weil er vehement vorgab, die Lösung zu kennen, entsprach die königliche Familie seiner Bitte. Hart und zackig sprach er:

„Im Gesetz liegt der Schlüssel zur Treue. Wer treu ist, findet die Liebe. So las ich in den kostbaren Büchern von den Alten und Weisen unseres Volkes. Wie die Ordnung uns bildet und hält, uns vor dem Chaos bewahrt, bringt uns das Gesetz auf die richtige Bahn. Wer dem Gesetz in jeglicher Lage die Treue hält, fängt an, es zu lieben. Um die Liebe in sich zu versenken, schlage ich vor, das 'gute Benehmen', die höfliche Etikette am Hof und die Liebe zur Prinzessin per Gesetz zu verankern. Wenn die Prinzessin sieht, wie peinlich genau ihr das Gesetz haltet und hütet, wird sie an eurer Treue sehen, dass ihr für sie alles tun würdet.

Wer treu ist, ist verlässlich. Auf wen man sich verlassen kann, ist des Vertrauens würdig. Wem man vertraut, den kann man lieben. Wenn die Königstochter eure Treue zum Gesetz erkennt, wird sie euch lieben, und ihr werdet sie lieben, weil sie für das Gesetz steht!“

Unter den zuhörenden Ministern begann ein Tumult, der die Aufmerksamkeit des Königs auf sich zog. Einen der Berater forderte er auf, den Grund für die Störung zu nennen.

„Mein Herrscher. Was ist, wenn die Prinzen aus tiefer Treue zum Gesetz unbemerkt lernen, das Gesetz um des Gesetzes willen zu lieben? Wenn sie in der Treue zum Gesetz blind werden für das, was die Menschen brauchen, die sie führen sollen? Ist nicht die Gefahr sehr groß, dass sie das Gesetz über das Wohl und das Leben des Volkes stellen? Diese Königstochter, die mit ihrem Herzen ganz nahe am Volke ist, würde sie verachten!“

„Was würdet ihr empfehlen?“ fragte ihn der König ein wenig beklommen.

„Ihr Prinzen, tut nichts Schlechtes und habt ein reines Herz!“

Sein Vorredner nahm sich das Wort und stellte ihn zur Rede:

„Was ist das anderes, als ich schon verlangte? Lehrt uns nicht das Gesetz, das Böse zu verabscheuen und das, was anständig und gut ist, zu halten? “

Sein Kollege erwiderte erbost:

„Wer erzogen wird das Gesetz zu erfüllen, peinlichst genau, um des Gesetzes willen, aus Pflichtbewusstsein und Fleiß, läuft leicht Gefahr zu erblinden. Verführerisch schön ist es, die Erfüllung der Gesetze als Auftrag, Sinn und Berufung zu sehen.

Wer stellt sein Handeln schon gerne in Frage und macht sich die Mühe, die Gebote wie Verbote und deren Sinn kritisch zu hinterfragen, wem sie nützen und wo sich ihre Unzulänglichkeit erweist?

Unbemerkt entschwindet das Empfinden für das Leben und für die Menschen, die einen umgeben, deren Nöte und Sorgen. Denn man fühlt sich dem Gesetz verpflichtet, hinter dem sich mancher nicht selten versteckt.

Diese Prinzessin, auf die wir blicken, wird keinen zum Manne nehmen, der Verantwortung weder für sich noch für andere übernimmt. Das Gesetz vermittelt einzig das Wissen um Ordnung und Recht, als Rahmen der Kultur, der wir folgen. Das Wesentliche, was zum höheren Dasein führt, was das eigene Herz wie das des Nächsten berührt, bleibt davon unberührt. Wir müssen lernen, einen Schritt weiter zu gehen. Edler und reiner.

 

Mit den Kleinigkeiten und Feinheiten, die den Menschen aufbauen, die ihn befähigen, sein Glück selbst zu schmieden, muss er lernen zu leben. Ohne gesetzliche Zwänge, auf die edelste Menschlichkeit hin ausgerichtet, die einem jeden von uns ins Innerste von Natur aus gegeben ist.

Das Gesetz, man beachte, schließt nie alle Lücken und unterliegt dem menschlichen Geist seiner Zeit. Ansonsten bräuchten wir keine neuen Gesetze oder Leute, die das Gesetz durch den Wandel der Zeit neu auslegen. Zudem wäre es fatal, alles einzuklagen, wo wir Menschen versagen. Wenn einer beim Spiel schwindelt und täuscht? Wenn aus Verlegenheit, Vorteil oder Angst jemand lügt oder die Wahrheit verzerrt? Wenn die Herren sich am Liebreiz der Damen ergötzen oder diese mit ihren Reizen die Männer zur Schwäche betören?

Es wäre nicht machbar und würde die Freiheit des Denkens, dessen Eifer zur Vollkommenheit, gewiss nur wenig beleben. Zwar würde man sich rechtens verhalten aus Zwang oder Ansehen. Was wir jedoch suchen, übersteigt dieses gewöhnliche Wissen, den Alltag zu meistern.

Gewiss ist die Treue für die Liebe unerlässlich, die sich einübt in der Treue zum Recht, ebenso wie in der Bereitschaft Verantwortung zu tragen. Zu beidem wird ein Mensch nur meisterlich fähig, wenn er freiwillig das Gute, das er für sich selbst begehrt, bewusst und verständig ebenso jedem anderen, selbst im Kleinen, gewährt. Seinen Nächsten sollte man beschirmen vor dem, was man selbst verurteilt. Dieses 'Über-dem-Gesetz-stehen' nach der Erkenntnis des Herzens, zum Wohle des Nächsten, macht das Herz offen für die Liebe, ebnet den Weg für einen Geist, der sich frei für das Rechte entscheidet und deren übergeordnetes Ziel mit Wonne anstrebt.

Ein Ehrenkodex, der sie ermuntert, ungezwungen und hoch motiviert das Gute zu suchen, das ist es, was es gilt in ihnen zu fördern.“

Es schien ein Durchbruch gelungen, aber weiter folgten Ratgeber, die sich mit diesem Stand der Dinge nicht begnügten. Interessiert und geduldig verfolgte der König die Debatte um Liebe, die seine Söhne betraf.

Ein neuer Redner erhob seine Stimme:

„Ein reines Herz ist wie eine wertvolle Schale, offen zum Aufnehmen von kostbaren Perlen, aus Liebe geformt. Nur einmal von einer Perle berührt, will es nichts mehr als immer diese Kostbarkeit in sich zu tragen. Dieses Herz wird genährt von einem empfänglichen Geist, der sich vom Leben und dieser Muße küssen lies und fortan sich nach ihrer Quelle verzerrt. Wie eine gesunde erlesene Rebe muss das Herz bereit sein sich nach der Sonne zu biegen und sich biegen zu lassen. Um in ihrem Schein zum Träger von zarten saftigen und süßen Trauben für sich und andere zu werden.

Die Prinzen müssen ihre Herzen zur Sonne hin ausrichten, sie mit der Freude an deren Licht und Wärme erfüllen. Einmal in diese Richtung geführt, wird es dem Geist leicht sein, dem Schatten, dem Schlechten zu entsagen. Ihr Geist nähre sich eifrig mit allem was diese Liebe stärkt.

Die Prinzen müssen an die holde Prinzessin des fernen Königreiches glauben, mit innerer Sehnsucht. Sie müssen verzaubert sein von deren Schönheit und Pracht, deren Wärme, Güte, Wissen und Treue. Täglich müssen sie sich zu ihr neigen, um durstig zu werden nach ihr. Schon jetzt müssen sie eine innige Beziehung zu ihr anstreben. Am Tag der Begegnung, wird sie dieses Vertrauen, dieses Hoffen auf sie in sich spüren und erwidern. Euer davon geprägtes Verhalten wird sie inspirieren und euch als würdig erkennen und euere Hand ergreifen.“

Ein anderer Minister unterbrach ihn und warf eine Frage ein:

„Niemand sah bis jetzt des 'großen Königs' edles Geschöpf. Was wissen wir von ihr? Was erwartet sie? Ist sie uns nicht völlig unbekannt?“

„Nein, dem ist nicht so“, erwiderte der aufmerksame König. „Aus der Einladung geht manches hervor, und man ist leicht ein Tor, wenn man annimmt, viel wolle sie nicht. Sie ist klug, zeigt Verstand, sie sucht und wird wählen aus den Edelsten ihres Standes. Ein ehrenhaftes Herz wie das ihre, und alles, was es so edel macht, erwartet sie zu ihren Füßen. Beeindruckt von diesem immensen, unschätzbaren Geschenk teilt sie mit Wonne ihr Leben, ihre Liebe und das Reich mit dem Prinzen, der talentiert ist sich zu wandeln, von Grund auf, in seiner tiefsten Seele, zum leuchtenden Juwel. Es zeigt sich, dass sie, klug, konsequent und aufrichtig sein muss. Ehrlich, einfühlsam korrekt und fein muss ihr Wesen in allen Bereichen sein!“

Ein mit Jahren gesegneter, erfahrener Minister fügte freudig erregt hinzu:

„Wir kennen ihren glorreichen Vater aus längst vergangenen Tagen. Ist nicht die Tochter wie er? Innig stand sie ihm allzeit zur Seite. Mit ihr teilte er seit langem, was das Leben und das Reich ihnen bot. Er kämpfte für Freiheit, für das Wohl seines Volkes. Er sorgte für Gerechtigkeit, holte die Witwen und Waisen in seine Häuser. Unrecht versetzt ihn in rasende Wut. Gnädig war er zu den Schuldnern, wenn er sah, dass auch sie die Schuld ihren Gläubigern erließen und die Last ihrer Landsleute milderten. Weise und respektvoll nennt man diese Nation unter den Völkern, weil sie von ihrem König lernten, die Würde eines jeden Einzelnen, einschließlich die des Knechtes zu achten. Im ganzen Land hört man nur Freude und Lachen. Die Kornkammern sind bis zum Bersten gefüllt. Das Grün ihrer Weiden kennt keine Dürre. Gnädig, geduldig, genau und besonnen wie der ruhmreiche Vater steht ihm die Tochter in nichts nach. Es freut sich ein jeder, der in ihrem Dienste stehen darf; und beglückt ist, der in ihrer Gegenwart sich bewegt.“

Ein neuer Berater brachte sich eifrig ein:

„Die Prinzen müssen nun lernen und verstehen, ihr Herz nicht auf Äußerlichkeiten, auf das äußere Erscheinen festzunageln, ist es auch noch so betörend und schön. Lernt, in das Herz eines Menschen zu sehen, was euch ähnlich und angenehm ist, was euch fehlt und fördert. An den Auswirkungen von dem, was schadet, lernt kritisch zu sein, um zu wachsen. Das Volk und euer Haus zum Guten zu führen, ist eure Aufgabe und Pflicht. Dies ist, was euch und die Prinzessin geistig vereint. Dazu seid ihr seit jeher bestimmt. Euer Ziel muss es sein, darin einander euch näher zu kommen und dieses Erbe zu stützen. Was sich geistig verbindet, wird sich auch körperlich finden. Wer gemeinsam den rechten Weg geht, wenn beide das Wohl für andere suchen, findet sich wieder in der Liebe, die nie sich erschöpft.

Das Band ihrer Freiheit wird nie zerreißen, wenn sie gemeinsam nach dem Höheren und Edleren streben, ohne dass einer versucht über dem anderen zu stehen. All das Wissen lasst uns nun nutzen. Wir zeichnen ein Bild mit all diesen Dingen, das diese Frau, deren Wesen und Werte zum Ausdruck bringt.

Eine Dame in edler und eleganter Gestalt, als Zeichen von Jugend und Grazie, ein langes, seidiges, schneeweißes Gewand. Reinheit und Treue spiegelt es wider. Eine Harfe in ihren Händen zeigt die Begabung, Freude zu schenken. Langes feines, glänzendes, schwarzes Haar offenbart Sorgfalt und Fleiß. Blumen in ihrem Schoß stellen ihre Offenheit dar für alles, was lebt. Das Zepter in ihrer Hand lässt erahnen, sie setzt sich ein für geordnete Bahnen. Die kleine Waage zu ihrer Seite mit Brot, Salz und Rosen darauf schildert eindeutig, sie scheut nicht zurück für Gerechtigkeit und Liebe zu streiten. Ein Adler über ihrem Haupte zeugt von Achtsamkeit, der Klugheit und Weitsicht, die sie begleitet. Das Lamm, das sich zu ihren Füßen kauert, macht die Geborgenheit und das Vertrauen sichtbar, die sie verbreitet.


Täglich sollen sich die Prinzen an diesem Bild inspirieren, ihre Seele am Wunderbaren dieser Größe weiden. Über dieses holde Wesen meditieren, bis sie selbst dieser Frau immer ähnlicher werden. Eine Sehnsucht wird geweckt, die in jedem von uns steckt, das Vollkommene zu berühren, in sich zu vereinen. Eine mentale Freundschaft erwächst, die zu einem Gefühl tiefster Verbundenheit führt. Wenn sie später der Liebsten gegenüberstehen, wird sie es merken und euch beglückt an ihre Seite holen“.

Applaus im ganzen Königshaus, die Minister waren höchst zufrieden mit ihrer Arbeit, den Darlegungen und der dadurch erreichten Anerkennung. Die königliche Familie war erleichtert. Ziel, Strategie und die nötigen Elemente schienen ausgemacht zu sein.

Fast ging man schon über ins amüsante Gespräch der täglichen Vergnügtheit.

Mit einem dumpfen, zweimaligen Räuspern, lenkte der vom König geschätzte Ratgeber alle Aufmerksamkeit auf sich, nachdem er die Mitte des Saales aufgesucht hatte.

Wie üblich begann seine Rede mit:

„Exzellenzen, ehrenwerte Kollegen und Freunde“, ohne auf die Zustimmung des Königs zu warten.

„Fast alles, was man zuletzt über die Liebe berichtete, empfinde ich als richtig, wichtig und äußerst bedeutsam. Eine derartige Liebe jedoch, wie wir sie verfolgen, in der man ganz aufgeht, die Besitz von einem ergreift bis in die entlegensten Adern der Seele, die Flügel verleiht, um in Höhen zu steigen, die keiner je kannte, die sich opfert um neu aus der Asche zu erstehen, ist und bleibt nur ein Schein, insofern man sie nicht ganz mit seinem Leben erfüllt.“

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